Alternative Behandlungskonzepte zur stationären Behandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind dringend erforderlich, um den Bedürfnissen psychisch erkrankter Kinder und Jugendlicher gerecht zu werden. Neben objektiven Parametern für die Effektivität einer Behandlung (z. B. Liegedauer, Wiederaufnahmerate, Outcome-Parameter der Behandlung) muss beim Etablieren neuer Behandlungsformen die Evaluation der Patientenzufriedenheit mit in den Blick genommen werden, da langfristig nur ein zufriedener Patient gut mit dem Arzt und Therapeuten zusammenarbeitet und so einen nachhaltigen Behandlungserfolg erzielt.

Hintergrund

Mattejat et al. (2001) berichteten schon 2001, dass „home treatment“ im Langzeitverlauf bei psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen gleich gute Behandlungsergebnisse erbringen kann wie eine stationäre Behandlung. Rhiner et al. (2011) beschrieben, dass über aufsuchende Behandlungen mehr Kinder und Jugendliche mit stationärer Behandlungsbedürftigkeit erreicht werden können. Aus der Erwachsenenpsychiatrie ist bekannt, dass Home treatment eine höhere Patientenzufriedenheit mit der Behandlung bedingt als stationäre Behandlungen (Killaspy et al. 2009). Dennoch sind aufsuchende Behandlungsmodelle in der Kinder und Jugendpsychiatrie alternativ zur stationären Behandlung noch nicht regelhaft etabliert.

In der dieser Arbeit zugrunde liegenden „Behandelt-zu-Hause-gesund-werden“(BeZuHG)-Studie von Boege et al. (2014) wurde ein neues sektorenübergreifendes Behandlungskonzept mit der stationären Regelbehandlung verglichen. Ziel des neuen Konzepts war es, die stationäre Behandlung gezielt zu verkürzen und durch eine sich anschließende 3-monatige intensive aufsuchende Behandlung, während derer Klinikelemente wie Klinikschule, Tagesklinikstatus oder einzelne Gruppentherapien noch genutzt werden konnten, zu ersetzen. Neben definierten Outcome-Parametern sollte die Patientenzufriedenheit als Qualitätsmarker für die erhaltene Therapieform evaluiert werden.

Langfristig arbeitet nur ein zufriedener Patient gut mit dem Arzt und Therapeuten zusammen (Speedling u. Rose 1985), und nur so ist ein nachhaltiger Behandlungserfolg zu erzielen. Patientenzufriedenheit ist daher primär als ein Marker der Ergebnisqualität zu verstehen (Längle et al. 2002; Mattejat u. Remschmidt 1993). Ebenso bildet sie aber auch Elemente der Behandlungsakzeptanz ab, stellt damit einen Aspekt der Prozessqualität dar (Reisel et al. 1998) und beeinflusst den Behandlungserfolg indirekt, indem es bei vorhandener Zufriedenheit zu einer Steigerung der Compliance kommt (Cleary 1991). Die subjektiv empfundene Güte einer Behandlung entscheidet dann darüber, ob der Patient sich im Fall einer wiederkehrenden Therapiebedürftigkeit frühzeitig erneut in Behandlung begibt bzw. eine Compliance mit den empfohlenen Maßnahmen zeigt, was die Prognose der Erkrankung langfristig verbessert (Wüthrich-Schneider 2000).

Zu beachten ist, dass direkt am Ende eines stationären Aufenthalts unabhängig von der erhaltenen Behandlung eine höhere Patientenzufriedenheit vorliegen kann. Allein das stationäre Setting mit Distanz zu familiären Konflikten wirkt schon entlastend (Branik 2001), während eine rasche Konfrontation mit Problemen im Alltag bzw. Konfrontation mit den innerfamiliären Konfliktpunkten, wie es sich bei Home treatment darstellt, die Beurteilung der zugrunde liegenden Güte einer Behandlung beeinflussen kann.

In der vorgestellten Studie wurde die Patientenzufriedenheit als Qualitätsmarker in beiden Behandlungsgruppen zum Zeitpunkt T2 [Ende der Behandlungsphase: Kontrollgruppe (Ende der stationären Behandlung), BeZuHG-Gruppe (Ende nach stationärem und Home-treatment-Anteil)] evaluiert.

Material und Methode

Stichprobe

Zwischen Oktober 2011 und Januar 2013 erfüllten 164 von 550 konsekutiv zur stationären Aufnahme vorgestellten Kindern und Jugendlichen die Einschlusskriterien. Es willigten 100 Familien ein, an der Studie teilzunehmen und wurden in die Interventionsgruppe (BeZuHG) bzw. Kontrollgruppe (KG; stationäre Regelbehandlung; Boege et al. 2014) randomisiert. Ausgewertet wurden in dieser Studie nur die von Jugendlichen (12 bis 18 Jahre) und deren Eltern ausgefüllten Patientenzufriedenheitsfragebogen. In die BeZuHG-Gruppe (3 Patienten: Drop-out vor Behandlungsbeginn) wurden 41 Jugendliche randomisiert, in die KG 36 (4 Drop-outs).

Datenerhebung und Instrument

In der zugrunde liegenden Studie waren Outcome-Parameter zu 3 Zeitpunkten erhoben worden: 14 Tage nach Aufnahme auf die Station (T1), nach der Entlassung aus der jeweiligen Behandlungsform (T2) und nach durchschnittlich 8 Monaten (T3). Die hier vorliegende quantitative Patientenzufriedenheitserhebung erfolgte zwischen April 2012 bis Januar 2013 zum Zeitpunkt T2. Patienten der KG erhielten bei ihrer Entlassung aus der stationären Behandlung den Fragebogen Behandlungseinschätzung stationär-psychiatrischer Therapie (BesT; Keller et al. 2006); Patienten der BeZuHG-Gruppe füllten nach Beendigung der BeZuHG-Behandlung einen modifizierten BesT-Fragebogen aus.

Fragebogen

Der BesT-Fragebogen dient der Erfassung und differenziellen Beschreibung der unterschiedlichen Aspekte der Behandlungszufriedenheit aus der Sicht der Patienten und deren Eltern (Keller et al. 2006). Dieser besteht für die Jugendlichen aus 36 “items“ und für die Eltern aus 29 Items. Die Items beinhalten Aussagen zur stationären Behandlung, die als Veränderungsfragen gestellt werden („… sollte besser werden“). Die Beantwortung der einzelnen Items erfolgt anhand einer 5-stufigen Likert-Skala (1: stimmt überhaupt nicht, 5: stimmt vollkommen). In der Auswertung werden die Antworten umgepolt, sodass immer die Beziehung „je höher der Wert, desto höher die Zufriedenheit“ besteht.

Die Validität des BesT, insbesondere die der Jugendlichenversion, wurde durch die Korrelationen zu den Fragebogen zur Beurteilung der Behandlung (FBB; Mattejat u. Remschmidt 1998) erhoben. Die Korrelation für die Gesamtzufriedenheit zwischen BesT-EJ und FBB betrug r = 0,84 (Naumann et al. 2013). Die Reliabilität wies in Bezug auf die Gesamtskala für den Elternfragebogen den Wert Cronbachs α = 0,94, bei dem Jugendfragebogen α = 0,91 auf.

Die KG erhielt die Originalversion des BesT, während den Teilnehmern der BeZuHG-Gruppe ein – in Absprache mit dem Originalautor des BesT – modifizierter Fragebogen ausgehändigt wurde. Dieser bestand aus 2 Teilen: Der 1. Teil bezog sich auf den verkürzten stationären Aufenthalt und entsprach, bis auf 7 Items, dem BesT-Fragebogen. Der 2. Teil bezog sich auf den BeZuHG-Behandlungsteil. Es wurden 14 Fragen des BesT auf eine ambulante Behandlung umformuliert und 5 Fragen spezifisch für die BeZuHG-Behandlung ergänzt. Der modifizierte Fragebogen enthielt so 60 Items (für die Jugendlichen) bzw. 55 Items (für die Eltern; Tab. 1).

Tab. 1 Übersicht der Fragen (verkürzt) am Beispiel des Elternfragebogens, bezogen auf die Kontroll- und BeZuHG-Gruppe

Statistische Auswertung

Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 21.0. Mittelwerte wurden deskriptiv verglichen. Mithilfe des Mann-Whitney-U-Tests für kategoriale Variablen wurde bei einem Signifikanzniveau von α = 0,05 auf Unterschiede zwischen den Studiengruppen getestet. Die statistische Überprüfung von Unterschieden erfolgte anhand von t-Tests an ungepaarten und gepaarten Stichproben, bei einem Signifikanzniveau von α = 0,05.

Zur differenziellen Beschreibung unterschiedlicher Aspekte der Behandlungszufriedenheit wurden Subskalen gebildet und über t-Tests ausgewertet (Abb. 1). Die Testung der Reliabilität der Subskalen ergab Cronbachs-α-Werte (Eltern) zwischen 0,698 und 0,922 bzw. zwischen 0,475 und 0,846 (Jugendliche).

Abb. 1
figure 1

Subskalen der Patientenzufriedenheit

Ergebnisse

Stichprobe

Die Rücklaufquote der Fragebogen betrug bei den Eltern 72,85 % und bei den Jugendlichen 68,57 %. In der BeZuHG-Gruppe (n = 41, 3 Drop-outs) konnten so die Angaben von 26 Eltern und 24 Jugendliche sowie in der KG (n = 36, 4 Drop-outs) die Angaben von 25 Eltern und 24 Jugendlichen ausgewertet werden.

Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in den Gruppen der Jugendlichen hinsichtlich Geschlecht (U = 662,000 p = 0,358, r = − 0,105), Alter [t(75) = 0,411, p = 0,682, d = 0,09] Intelligenzquotient [t(55) = − 0,033, p = 0,974, d = 0,01] und Verweildauer auf der Station [t(74) = 1,358, p = 1,79, d = 0,32; Tab. 2].

Tab. 2 Soziodemografische Daten

Mittelwertvergleiche

Stationäre Items

Siehe hierzu auch Abb. 2.

BeZuHG-Gruppe

Jugendliche bewerteten folgende Aspekte sehr positiv: Medikamentenaufklärung (M = 4,3) und Umgang mit vertraulichen Daten (M = 4,04). Positiv wurden die Wahrung der Privatsphäre (M = 3,33), das Absprechen der Behandlungsziele (M = 3,33) und, dass der Aufenthalt auf Station geholfen hat (M = 3,33), bewertet. Weniger zufrieden waren die Jugendlichen mit der Anzahl der Einzelgespräche (M = 2,79) und dem Mitspracherecht beim Entlassungstermin (M = 3,04).

Eltern fühlten sich bei den Familiengesprächen wohler (M = 3,92) als die Jugendlichen (M = 2,39). Sehr positiv wurden die Medikamentenaufklärung (M = 4,33), das Gefühl, vom Therapeuten ernst genommen zu werden, (M = 4,00), die Wahrung der Privatsphäre (M = 4,35) und der Umgang mit vertraulichen Daten (M = 4,38) empfunden.

Kontrollgruppe

Sehr positiv bewertet wurden von den Jugendlichen: Zufriedenheit mit dem Aufenthalt (M = 4,13), Medikamentenaufklärung (M = 4,33), das Gefühl, vom Therapeuten ernst genommen zu werden, (M = 4,55), Wirksamkeit der Einzelgespräche (M = 4,15) und Umgang mit vertraulichen Daten (M = 4,1). Weniger Zufriedenheit wurde auch hier mit der Anzahl der Einzelgespräche angegeben (M = 3,15).

Die Eltern fühlten sich bei den Familiengesprächen wohler (M = 4,26) als die Jugendlichen (M = 3,47). Sehr positiv wurden von den Eltern generell die Zufriedenheit mit dem stationären Aufenthalt (M = 4,5), die Medikamentenaufklärung (M = 4,36), das Gefühl, vom Therapeuten ernst genommen zu werden, (M = 4,55), die Wahrung der Privatsphäre (M = 4,40) und der Umgang mit vertraulichen Daten (M = 4,40) empfunden.

Abb. 2
figure 2

Mittelwertvergleich der stationären Items bei Jugendlichen und Eltern

Zufriedenheit zwischen KG und BeZuHG

Bei den Eltern fand sich kein signifikanter Unterschied im Vergleich der Gesamtmittelwerte beider Behandlungskonzepte (KG: M = 4,06, BeZuHG: M = 3,70, p = 0,106; Tab. 3).

Bei den Jugendlichen zeigte sich ein signifikanter Unterschied im Vergleich der Gesamtmittelwerte beider Behandlungskonzepte zugunsten der KG (KG: M = 4,81, BeZuHG: M = 3,29, p = 0,031; Tab. 3).

Stationärer und Home-treatment-Abschnitt der BeZuHG-Behandlung

Bei den Eltern war kein signifikanter Unterschied zwischen dem Vergleich zwischen stationärem und Home-treatment-Abschnitt zu verzeichnen (BeZuHG stationär M = 3,53, BeZuHG Home treatment: M = 3,80, p = 0,078; Tab. 3).

Bei den Jugendlichen konnte beim Vergleich von stationärem und Home-treatment-Abschnitt ein signifikanter Unterschied zugunsten des Home-treatment-Abschnitts aufgezeigt werden (BeZuHG stationär M = 3,21, BeZuHG Home treatment: M = 3,42, p = 0,007; Tab. 3).

Tab. 3 Vergleich der Mittelwerte zwischen KG und BeZuHG bzw. Vergleich der Mittelwerte zwischen dem stationären und Home-treatment-Abschnitt der BeZuHG-Behandlung

Evaluation der Subskalen

Behandlungszufriedenheit

Die Subskala der Behandlungszufriedenheit umfasst 4 Items: 1) insgesamt zufrieden mit der Behandlung, 2) der Aufenthalt hat unserem Kind geholfen/Aufenthalt hat mir geholfen, 3) Aufenthalt hat uns, als Eltern, geholfen, 4) Kind wieder in die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie bringen/mich wieder für die Klinik entscheiden.

Bei den Eltern fand sich hinsichtlich der Behandlungszufriedenheit zwischen BeZuHG (M = 3,75; SD ± 0,95) und KG (M = 4,40; SD ± 0,72) ein signifikanter Unterschied [t(48) = 2,75, p = 0,008, d = 0,79 bzw. r = 0,369]. Die Jugendlichen benannten in BeZuHG (M = 3,42; SD ± 1,04) und KG (M = 4,01; SD ± 1,09) keinen signifikanten Unterschied [t(46) = 1,94, p = 0,058, d = 0,57 bzw. r = 0,275].

Therapieerfolg

Die Subskala Therapieerfolg umfasst 3 Items: 1) Die Einzelgespräche unseres Kindes sollten dem Kind mehr bringen, 2) die Familiengespräche sollten mehr bringen, 3) der Aufenthalt sollte für das Problem unseres Kindes mehr bringen.

Bei den Eltern fand sich auf der Subskala Behandlungserfolg zwischen BeZuHG (M = 3,27; SD ± 1,06) und KG (M = 3,94; SD ± 1,26) ein signifikanter Unterschied [t(48) = 2,2024, p = 0,049, d = 0,58 bzw. r = 0,2804]. Bei den Jugendlichen zeigte sich zwischen BeZuHG (M = 3,09; SD ± 1,04) und KG (M = 3,86; SD ± 1,33) kein signifikanter Unterschied [t(46) = 2,202, p = 0,860, d = 0,65 bzw. r = 0,3088].

Therapeutische Beziehung

Die Subskala therapeutische Beziehung umfasst 5 Items: 1) Der Therapeut sollte uns als Eltern/mich ernster nehmen, 2) unser Kind/ich sollte sich/mich in den Einzelgesprächen wohler fühlen, 3) wir/ich sollten uns in den Familiengesprächen wohler fühlen, 4) es sollten mehr Einzelgespräche stattfinden, 5) es sollten mehr Familiengespräche stattfinden.

Bei den Eltern fand sich hier zwischen den Behandlungskonzepten BeZuHG (M = 3,72; SD ± 0,85) und KG (M = 3,99; SD ± 0,88) kein signifikanter Unterschied [t(48) = 1,088, p = 0,282, d = 0,31 bzw. r = 0,1552]. Auch bei den Jugendlichen war zwischen BeZuHG (M = 3,30; SD ± 0,83) und KG (M = 3,80; SD ± 0,97) kein signifikanter Unterschied zu verzeichnen [t(46) = 0,860, p = 0,064, d = 0,56 bzw. r = 0,2693].

Information

Die Subskala Information umfasst 4 Items: 1) Die Aufklärung über die Medikamente sollte besser werden, 2) die Aufklärung über die Krankheit bzw. das Problem sollte besser werden, 3) die Aufklärung über Behandlungsmöglichkeiten für das Problem, weswegen unser Kind/ich in Behandlung ist/gekommen bin, sollte besser werden, 4) die Ziele der Behandlung sollten mit uns/mir genauer abgesprochen werden.

Bei den Eltern konnte in Bezug auf die „Information“ zwischen BeZuHG (M = 3,73; SD ± 1,01) und KG (M = 3,75; SD ± 1,03) kein signifikanter Unterschied ermittelt werden [t(48) = 0,069, p = 0,945, d = 0,02 bzw. r = 0,0099]. Bei den Jugendlichen stellte sich zwischen BeZuHG (M = 3,44; SD ± 0,93) und KG (M = 3,67; SD ± 1,10) ebenfalls kein signifikanter Unterschied dar [t(46) = 1,453, p = 0,153, d = 0,43 bzw. r = 0,2095].

Autonomie

Die Subskala Autonomie umfasst 2 Items: 1) Mitspracherecht bei dem Entlassungstermin, 2) Mitspracherecht bei der Auswahl der Therapien.

Weder bei den Eltern fand sich diesbezüglich zwischen BeZuHG (M = 3,66; SD ± 1,19) und KG (M = 4,02; SD ± 1,12) ein signifikanter Unterschied [t(48) = 1,125, p = 0,630, d = 0,33 bzw. r = 0,1603] noch bei den Jugendlichen: BeZuHG [M = 3,26; SD ± 1,09, KG (M = 3,57; SD ± 1,23; t(46) = 0,921, p = 0,362, d = 0,27 bzw. r = 0,1345].

Diskussion

Auf den ersten Blick benannten Jugendliche der KG eine signifikant höhere globale Zufriedenheit mit der erhaltenen stationären Behandlung zum Entlassungszeitpunkt als Jugendliche in der BeZuHG-Gruppe. Dies muss allerdings differenziert betrachtet werden: So gaben Jugendliche aus der BeZuHG-Gruppe, die beide Behandlungssettings erlebt hatten, beim Vergleich zwischen dem stationären Anteil und dem BeZuHG-Anteil eine signifikant höhere Zufriedenheit mit dem BeZuHG-Behandlungsanteil als mit dem stationären Behandlungsanteil an. Dies kann sowohl an der kürzeren (und demnach in der BeZuHG-Gruppe nicht so effektiven) Dauer des stationären Anteils, aber auch an einer höheren Zufriedenheit mit dem Home-treatment-Anteil liegen (Corpus et al. 2014). Eltern benannten hingegen keine signifikanten Unterschiede in der Zufriedenheit mit den erhaltenen Behandlungsteilen. Sie stellten ihre Zufriedenheit mit beiden Behandlungsformen als gleichwertig dar.

Es ist zu vermuten, dass bei den Jugendlichen der Befragungszeitpunkt eine Rolle gespielt hat. So bedingt der Entlassungszeitpunkt aus den jeweiligen Behandlungssettings konzeptuell eine unterschiedlicher Behandlungsdauer (KG: 6 bis 8 Wochen, BeZuHG: ca. 4 Monate) sowie ein unterschiedliches Setting (KG: nur stationär, BeZuHG: stationär und ambulant). Beides kann das Antwortverhalten der Jugendlichen beeinflusst haben. Während Patienten der KG zum Zeitpunkt des Ausfüllens des Patientenzufriedenheitsbogens sich noch in der von Alltagskonflikten entlasteten Situation des stationären Aufenthalts befanden, waren Patienten und Eltern der BeZuHG-Gruppe schon seit 3 Monaten wieder mit alltäglichen Konflikten im familiären Umfeld konfrontiert. Schmidt et al. (2006) zeigten, dass der Behandlungserfolg direkt nach einer stationären Behandlung höher ist als bei Patienten, die ein Home treatment erhalten hatten, im Einjahres-follow-up aber die Home-treatment-Behandlung der stationären Behandlung überlegen war. Es ist zu vermuten, dass sich ggf. auch für BeZuHG zu einem späteren Zeitpunkt, wenn beide Gruppen im Rahmen der Nachsorge ambulante Behandlungssettings erfahren haben, ein anderes Ergebnis ergeben würde. Diese Interpretation wird dadurch unterstrichen, dass die Evaluation der Outcome-Parameter der zugrunde liegenden BeZuHG-Studie zum Zeitpunkt T2 leicht unterlegen, zum Zeitpunkt T3 dann aber der stationären Behandlung gleich gut bzw. überlegen waren (Boege et al. 2014). Dies weist auf die vorhandene Nachhaltigkeit der Home-treatment-Behandlung v. a. zum Zeitpunkt T3 hin.

In der Bewertung der Subskalen benennen die Jugendlichen der BeZuHG-Gruppe auf allen Subskalen eine gleich hohe Zufriedenheit mit der Behandlung wie die Jugendlichen der KG. Aus elterlicher Sicht hingegen stellt sich auf den Subskalen Behandlungszufriedenheit und Therapieerfolg in der KG eine höhere Zufriedenheit dar; hinsichtlich therapeutischer Beziehung, Information und Autonomie wird eine gleich gute Patientenzufriedenheit benannt. Trotzdem ergibt sich in der Gesamtpatientenzufriedenheit der Eltern kein signifikanter Unterschied zwischen Kontroll- und Interventionsgruppe. Dies lässt sich erklären, wenn man einbezieht, dass laut Warnke et al. (1998) für Patientenzufriedenheit nicht v. a. die Symptomreduktion, sondern das Gefühl der Lebensqualität und „das Gefühl, während der Behandlung Wertschätzung, Bestätigung und tragende Beziehungen erfahren zu haben“, verantwortlich ist. Per se spielen Beziehung und Wertschätzung beim Home treatment als Behandlungselement eine tragende Rolle, u. a. da im häuslichen Umfeld der Behandler neben seiner Fachkompetenz auch immer noch die Rolle des „Gastes“ erfüllt, was einen wertschätzenden Umgang miteinander voraussetzt. Der Faktor therapeutische Beziehung scheint aus Elternsicht so im häuslichen Umfeld eine die Gesamtzufriedenheit stärker beeinflussende Rolle zu spielen, als z. B. der eigentliche Therapieerfolg.

Limitierend für die Interpretation der Ergebnisse ist die geringe Rücklaufquote der Fragebogen anzusehen, die eine aussagekräftigere Evaluation erschwert. Diese ist ggf. der Länge des Fragebogens mit bis zu 60 Items geschuldet. Weiteren Studien sollte ein kürzerer Fragebogen zugrunde gelegt werden, um eine höhere Rücklaufquote wahrscheinlicher zu machen.

Fazit für die Praxis

  • Eltern zeigen keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf die Patientenzufriedenheit mit der erhaltenen Behandlung. Jugendliche der KG beschreiben eine höhere globale Patientenzufriedenheit.

  • In der BeZuHG-Gruppe benennen die Jugendlichen beim Vergleich zwischen dem stationären Anteil und dem Home-treatment-Anteil der BeZuHG-Behandlung eine höhere Zufriedenheit mit dem Home-treatment-Anteil als mit der stationären Behandlung.

  • Therapeutische Beziehung, Information und Autonomie sind wichtige Elemente in der aufsuchenden Behandlung und verstärken die Behandlungszufriedenheit.

  • Aufgrund der unterschiedlichen Settings zum Zeitpunkt der Befragung, die sich erst im Long-term follow-up nivellieren lassen können, lässt sich anhand dieser Daten noch keine abschließende Aussage tätigen.

  • Ein kürzerer Fragebogen zur Erhebung der Patientenzufriedenheit wäre von Vorteil.