Zur Behandlung von kindlichen Achsfehlstellungen des Knies in der Frontalebene ist die temporäre Hemiepiphysiodese bei ausreichendem Wachstumspotenzial die Behandlungsmethode der ersten Wahl. Noch relativ wenige Erkenntnisse hat man über das Rebound-Phänomen, also das Wiederauftreten der initialen Fehlstellung nach zunächst erfolgreicher Korrektur der Beinachse und Entfernung des Implantats. Der vorliegende Beitrag gibt eine Übersicht bisheriger Studien zu Häufigkeit und möglichen Risikofaktoren dieses Rebound-Phänomens.

Einleitung

Die Behandlung krummer Beine zählt zu den fundamentalen Aufgaben der Orthopädie. Über die Behandlungsbedürftigkeit dieser Achsabweichungen bestehen häufig Unsicherheiten. Die Fähigkeit zur Beurteilung, ob eine abweichende Beinachse im Wachstumsalter noch als normal oder bereits als pathologisch angesehen werden muss, setzt eine genaue Kenntnis der physiologischen Beinachsenentwicklung voraus. Bei therapiebedürftigen Deformitäten des Knies in der Frontalebene besteht im Kindes- und Adoleszentenalter bei ausreichendem Restwachstum die Möglichkeit, das Wachstum der Epiphysenfugen mittels temporärer Hemiepiphysiodese zu beeinflussen. Bei dieser Wachstumslenkung macht man sich das Wachstumspotenzial der Epiphysenfugen zunutze und es kommt zu einer vorübergehenden, einseitigen Blockierung der Epiphysenfuge. Im Gegensatz zu einer aufwändigen und risikobehafteten Umstellungsosteotomie im Erwachsenenalter besteht die Therapie der Wachstumslenkung in der Regel aus zwei minimal-invasiven, komplikationsarmen Eingriffen, ohne die Notwendigkeit einer speziellen Nachbehandlung oder Entlastung. Die Schwierigkeit liegt darin, dass der Zeitpunkt der Operation unter Berücksichtigung des noch zu erwartenden gesamten Längenwachstums der betroffenen Skelettabschnitte bestimmt werden muss. Eine sorgfältige präoperative Indikationsstellung und Planung, präzise Operationstechniken sowie achtsame postoperative Kontrolluntersuchungen sind zwingende Voraussetzungen für den gewünschten Therapieerfolg.

Noch relativ wenige Erkenntnisse hat man über das sogenannte Rebound-Phänomen. Darunter versteht man das Wiederauftreten der initialen Fehlstellung nach zunächst erfolgreicher Korrektur der Beinachse und Entfernung des Implantats. Angaben zur Häufigkeit des Rebounds variieren sehr stark. Auch über mögliche Ursachen ist bisher wenig bekannt. Der vorliegende Beitrag stellt den aktuellen, evidenzbasierten Kenntnisstand zu diesem Themenkomplex dar.

Literaturrecherche

Für diese narrative Literaturübersicht wurde eine Literaturrecherche in den elektronischen Datenbanken „Medline“, „PubMed“, „Embase“ und „Cochrane Library“ von drei unabhängigen Gutachtern (FS, JH, HB) durchgeführt. Eingeschlossen wurden Studien zur Wachstumslenkung mittels temporärer Hemiepiphysiodese durch verschiedene operative Techniken und Implantate bei Patienten*innen mit Achsfehlstellungen des Knies in der Frontalebene. Eine weitere Voraussetzung war, dass die Studien Angaben zu Häufigkeit und/oder Prädiktoren bzw. Risikofaktoren eines Rebounds nach Entfernung des Implantats gemacht haben. Bei potenziell relevanten Publikationen wurde neben dem Abstract der Volltext studiert. Bei den letztendlich eingeschlossenen Studien wurde zusätzlich das jeweilige Literaturverzeichnis bezüglich weiterer relevanter Quellen geprüft. Es wurden Studien (Originalarbeiten in Volltextversion, systematische Übersichtsartikel und Metaanalysen) in englischer und deutscher Sprache einbezogen, die in Fachzeitschriften mit Peer-Reviewed-Prozess veröffentlicht wurden. Die Literaturrecherche beschränkte sich auf Studien, die im Zeitraum von 1. Januar 2007 bis einschließlich 28. Februar 2021 veröffentlicht wurden. Dabei wurde die Studie von Stevens [21] als Pionierarbeit zu diesem Themenkomplex angesehen. In dieser Arbeit wurde erstmalig eine durch nicht winkelstabile kanülierte Schrauben befestigte, 8‑förmige 2‑Loch-Titanplatte (Eight-PlateTM, Fa. Orthofix GmbH, Valley, Deutschland) zur temporären Hemiepiphysiodese bei frontalen Beinachsendeformitäten vorgestellt. Diese sogenannten Zuggurtungsplatten haben die früher zur Wachstumslenkung verwendeten Klammern größtenteils abgelöst und stellen bis heute das Standardimplantat bei temporären Hemiepiphysiodesen dar.

Insgesamt konnten 20 Studien [2, 3, 5,6,7,8,9,10,11,12, 14,15,16,17, 19,20,21, 24,25,26] eingeschlossen und ausgewertet werden, die über ein Rebound-Phänomen bei Kindern und Jugendlichen nach einer temporären Hemiepiphysiodese aufgrund einer Achsfehlstellung berichten (Tab. 1). Lediglich 4 Studien [9, 12, 16, 19] geben zudem Gründe oder Risikofaktoren für das Auftreten eines Rebounds an.

Tab. 1 Studienübersicht (chronologisch nach dem Jahr der Veröffentlichung) zu Häufigkeit und Prädiktoren für einen Rebound nach Wachstumslenkung mittels temporärer Hemiepiphysiodese bei Beinachsendeformitäten in der Frontalebene im Kindes- und Jugendalter

Praxisbeispiel Rebound

Die Abb. 1a, b zeigt eine 12-jährige Patientin mit Valgusfehlstellung und Indikation zur Wachstumslenkung (temporäre Hemiepiphysiodese). Die Platten wurden für insgesamt 8 Monate im Gelenk belassen. Zum Zeitpunkt der Metallentfernung ist sowohl die statische Beinachse (Abb. 1c) als auch die dynamische Gelenkbelastung (Abb. 1d) im physiologischen Bereich. Bereits 6 Monate nach Metallentfernung zeigt das Röntgenbild ein Wiederkehren der initialen Valgusfehlstellung im Sinne eines Rebounds (Abb. 1e). Auch die instrumentelle Ganganalyse zeigt 6 Monate nach Metallentfernung erneut eine Tendenz zu pathologischen Kniegelenkmomenten in der Frontalebene (v. a. auf der rechten Seite) im Vergleich zu einer gesunden Referenzgruppe (Abb. 1f).

Abb. 1
figure 1

12-jährige Patientin mit Valgusfehlstellung und Indikation zur temporären Hemiepiphysiodese. a Präoperative röntgenologische Fehlstellung der Beinachse (mechanische Achsabweichung (MAD) links: 16 mm lateral, rechts: 11 mm lateral; mechanischer femorotibialer Winkel (mFTW) links: 6° Valgus, rechts: 5° Valgus). Der Intermalleolenabstand beträgt 7 cm. b Dynamische Informationen aus der instrumentelle Ganganalyse präoperativ: pathologische Kniegelenkmomente in der Frontalebene in der 1. Hälfte der Standphase im Vergleich zu einer gesunden Referenzgruppe. c Situation zum Zeitpunkt der Metallentfernung: physiologische Beinachse (MAD: 3 mm medial, rechts: 6 mm medial; mFTW links: 0, rechts: 1 Varus). d Physiologische Kniegelenkmomente in der Frontalebene im Vergleich zu einer gesunden Referenzgruppe. e Situation 6 Monate nach Metallentfernung. Erneute röntgenologische Fehlstellung der Beinachse (MAD links: 16 mm lateral, rechts: 11 mm lateral; mFTW links: 5° Valgus, rechts: 5° Valgus) im Sinne eines Rebounds, der Intermalleolenabstand beträgt 6 cm. f Instrumentelle Ganganalyse 6 Monate nach Metallentfernung zeigt erneute Tendenz zu pathologischem Kniegelenkmomente in der Frontalebene (v. a. auf der rechten Seite) im Vergleich zu einer gesunden Referenzgruppe

Häufigkeit des Rebound-Phänomens und Studienlimitationen

Bei der temporären Hemiepiphysiodese sind engmaschige Kontrollen des Korrekturverlaufs und eine zeitgerechte Metallentfernung zur Vermeidung von Über- und Unterkorrekturen notwendig. Des Weiteren ist die Aktivität der Fuge nach Auflösung der temporären Blockade nicht vorhersagbar. Dies kann zu einem Rebound-Phänomen mit Rezidiv der zunächst korrigierten Fehlstellung führen. Daher sollte der Zeitpunkt der Maßnahmen so gewählt werden, dass ein ausreichendes Restwachstum vorhanden ist, um eine vollständige Korrektur erreichen zu können. Andererseits sollte der Zeitpunkt der Implantatentfernung möglichst nah am Wachstumsabschluss liegen, um Rezidivfehlstellungen und damit Reoperationen zu vermeiden.

Wie Tab. 1 zu entnehmen ist, variiert die Rebound-Rate in den eingeschlossenen Studien zwischen 0 % und 77 %. Bei 10 Studien liegt die Rebound-Quote über 25 % [2, 6, 7, 9, 12, 15, 16, 19, 20, 24]. Bei den restlichen 10 Studien liegt die Rebound-Quote unter 25 % [3, 5, 8, 10, 11, 14, 17, 21, 25, 26]. Diese heterogene Studienlage hinsichtlich der Rebound-Häufigkeit hat mehrere Gründe und liegt an den teilweise elementaren Limitationen der Studien. Lediglich bei 7 Studien konnten keine grundlegenden Limitationen beim Studiendesign festgestellt werden [6, 7, 12, 15, 16, 19, 24]. Bei diesen Studien lag die Rebound-Quote im Mittel bei 48 % (±15 %).

Keine standardisierte Nachbeobachtung

Gerade bei den Studien mit einer niedrigen Rebound-Rate fehlen konkrete Angaben zum Nachbeobachtungszeitraum nach Entfernung des Implantats. Das heißt, die Patienten*innen werden nach Metallentfernung entweder gar nicht mehr in der Klinik vorstellig oder nur sehr unregelmäßig bzw. über einen zu kurzen Zeitraum. Um das Rebound-Phänomen besser verstehen und beurteilen zu können, sollten nach der Metallentfernung regelmäßige Verlaufskontrollen der Beinachse im Abstand von maximal 6 Monaten bis zum Wachstumsabschluss durchgeführt werden. Gerade bei jungen Patienten*innen mit großem Wachstumspotenzial sollte die Nachbeobachtungszeit nach Metallentfernung entsprechend verlängert werden.

Zur Problematik der nicht standardisierten und häufig zu kurzen Nachbeobachtungszeit kommt hinzu, dass aufgrund der Strahlenbelastung eine röntgenologische Kontrolle der Beinachse generell nur bei äußerlich sichtbaren Auffälligkeiten (z. B. Abweichungen des physiologischen Intermalleolen- bzw. Interkondylenabstands im Stehen) indiziert ist, was eine systematische Kontrolle der Beinachse erschwert [3, 6, 8, 9, 12]. Wie dem Beitrag „Dynamische Analyse der Gelenkbelastung bei Beinachsendeformitäten in der Frontalebene“ in diesem Themenheft zu entnehmen ist, kann hier die nichtinvasive instrumentelle Ganganalyse zur systematischen Verlaufskontrolle nach Metallentfernung Abhilfe verschaffen und eine valide Alternative zur röntgenologischen Beurteilung der Beinachse darstellen. In einer kürzlich durchgeführten Studie [23] konnte der Nachweis erbracht werden, dass die statische Bestimmung der Beinachse mittels lichtreflektierender Marker über die instrumentelle Ganganalyse bei Patienten*innen mit Varus- oder Valgusfehlstellung sehr gut mit der radiologischen Achsfehlstellung korreliert.

Heterogene Patientengruppen mit geringer Fallzahl

Eine weitere Limitation vieler durchgeführten Studien sind die heterogenen Patientengruppen mit geringer Fallzahl. So wurden häufig idiopathische Beinachsendeformitäten mit posttraumatischen Beinachsendeformitäten und Achsfehlstellungen aufgrund von spezifischen Grunderkrankungen (z. B. fibulare Hemimelie, Rachitis, Morbus Blount oder Chondrodysplasie) zusammen betrachtet und ausgewertet. Lediglich bei 2 Studien wurden ausschließlich idiopathische Achsfehlstellungen (hauptsächlich Genu valgum) eingeschlossen [9, 16]. Die Rebound-Quote bei diesen Studien mit einer Fallzahl von 33 [9] bzw. 34 [16] Patienten*innen und einer Nachbeobachtungszeit > 1 Jahr nach Metallentfernung beträgt 69 % [9] bzw. 41 % [16]. Auch beim Alter der behandelten Patienten*innen gibt es eine große Variabilität. Die Streubreite reicht von 1 [8] bis 17 Jahre [21] bei Behandlungsbeginn. Aus der aktuellen Studienlage ist es daher nicht möglich, altersspezifische und auf die Grunderkrankung bezogene Empfehlungen, z. B. zur Vermeidung von Komplikationen oder einer Überkorrektur der Beinachse, zu geben. Generell wurden wesentlich mehr Patienten*innen bzw. Extremitäten mit einer Valgusfehlstellung (ca. 85 %) als mit einer Varusfehlstellung (ca. 15 %) in den 20 Studien eingeschlossen und analysiert.

Fehlende Standardisierung bei der Definition eines Rebounds

Zusätzlich fehlt es bis heute an einer klaren Definition, ab welchem Winkel oder welcher Achsabweichung ein Rebound überhaupt vorliegt. So sind in 12 der 20 eingeschlossenen Studien keine konkreten Angaben zur Definition eines Rebounds gemacht worden. In 4 Studien wurde der mechanische laterale distale Femurwinkel (mLDFW) bzw. der mechanische mediale proximale Tibiawinkel (mMPTW) mit einer Abweichung ≥ 3° [16] und > 3° [8] bzw. ≥ 5° [15, 19] zur Norm als Rebound definiert. Weiterhin kommen der mechanische femorotibiale Winkel (mFTW) > 5° [12] und der anatomische laterale distale Femurwinkel (aLDFW) bzw. der anatomische mediale proximale Tibiawinkel (aMPTW) als Richtwert für ein Rezidiv zur Anwendung. In der Studie von Farr und Kollegen [9] wurde eine MAD von mehr als 3 mm zwischen der Metallentfernung und dem Nachbeobachtungszeitpunkt als Rebound klassifiziert. Hier ist der gewählte Grenzwert von lediglich 3 mm zur Definition eines Rebounds hinsichtlich der klinischen Relevanz sicher kritisch zu hinterfragen. Besser geeignet ist die Definition nach Westberry und Kollegen [24], die von einem Rebound ab einer MAD > als das 50. Perzentil der mittleren Kniegelenkbreite (Breite der proximalen Tibiaepiphyse) sprechen. Die Beurteilung der Abweichung der Mikulicz-Linie anhand einer Einteilung des Kniegelenks in verschiedene Zonen/Quadranten in Relation zur Breite der proximalen Tibiaepiphyse hat zudem den Vorteil, dass sowohl die anthropometrischen Gegebenheiten der Patienten*innen als auch mögliche Vergrößerungseffekte in Verbindung mit der röntgenologischen Aufnahme berücksichtigt werden. Dies wird bei der absoluten Angabe der mechanischen Achsabweichung in Millimeter in Relation zum Kniegelenkzentrum (Mitte der Eminentia intercondylaris) nicht berücksichtigt und kann dazu führen, dass die tatsächliche Abweichung der mechanischen Beinachse über- oder unterschätzt wird [2, 3, 7, 10, 13, 14, 25].

Inwieweit ein Rebound mit einem schlechten klinischen Ergebnis zu interpretieren ist, hängt also zum einen von der zugrundeliegenden Definition und zum anderen vom Auge des Betrachters ab. Liegt z. B. eine initiale Valgusfehlstellung von 9° (mFTW) vor, die sich durch eine temporäre Hemiepiphysiodese normalisieren lässt und sich bei Wachstumsabschluss zu einem Rezidiv von 4° Valgus (mFTW) zurückentwickelt, kann das finale Ergebnis durchaus kontrovers diskutiert werden. Die derzeitige Studienlage lässt keine evidenzbasierte Aussage zu, wann ein Rebound therapiebedürftig und eine erneute Hemiepiphysiodese indiziert und wann ein Rebound klinisch noch tolerierbar ist.

Überkorrektur

Bei 4 Studien [8, 11, 14, 25], die über eine geringe Rebound-Rate berichten ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Entfernung des Implantats nach einer Überkorrektur der Beinachse erfolgt ist. Folglich ist die geringe Rebound-Rate bei diesen Untersuchungen nicht verwunderlich und verfälscht den Gesamteindruck. Oder mit anderen Worten: Um eine geringe Rebound-Rate zu erzielen, ist eine Überkorrektur notwendig. Eine detaillierte Angabe zum Ausmaß der Überkorrektur wird allerdings nur in einer Studie gemacht [11]. Hier fand die Metallentfernung erst bei einer Überkorrektur des mLDFW bzw. des mMPTW von 5° statt. Obwohl aufgrund der dargestellten Rebound-Problematik nach temporären Hemiepiphysiodesen eine Überkorrektur vor Implantatentfernung von manchen Autoren empfohlen wird [8, 11, 14, 21, 22, 25], fehlt es an altersspezifischen und auf die Grunderkrankung bezogenen Empfehlungen.

Mögliche Ursachen für das Auftreten eines Rebounds

Lediglich 4 [9, 12, 16, 19] von 20 Studien geben statistisch geprüfte Gründe oder Risikofaktoren für das Auftreten eines Rebounds an (Tab. 1) Die meisten anderen Studien haben aufgrund von heterogenen Patientengruppen und der geringen Fallzahl auch nicht die statistische Power, um eine entsprechende Prädiktorenanalyse durchführen zu können. Die Rebound-Rate der 4 hier näher in Betracht gezogenen Studien beträgt im Mittel 54 % (±12 %). Die statistische Analyse zur Definition von möglichen Prädiktoren für einen Rebound basierte entweder auf einer multivariaten logistischen Regressionsanalyse [9, 12, 16] und/oder es wurde ein Gruppenvergleich zwischen Patienten*innen mit und ohne Rebound durchgeführt [12, 16, 19]. Folgende 6 Risikofaktoren konnten dabei identifiziert werden:

  • Jüngeres Alter bei Behandlungsbeginn und/oder Metallentfernung [12, 16, 19] und speziell bei männlichen Patienten mit idiopathischer Valgusfehlstellung [9]. Leveille und Kollegen [12] geben hier die Werte < 10 Jahre bei Mädchen und < 12 Jahre bei Jungen bei Behandlungsbeginn an.

  • Erhöhter [9] bzw. geringerer BMI [16] bei idiopathischer Valgusfehlstellung.

  • Mehr Restwachstum nach Metallentfernung [9].

  • Größere initiale Fehlstellung (> 20° mFTW) [12].

  • Eine höhere Korrekturrate der Valgusfehlstellung vom Zeitpunkt der Implantation bis zum Zeitpunkt der Explantation [16, 19], wobei die Studie von Ramazanov und Kollegen [19] dabei speziell das femorale Segment identifizieren konnten.

  • Eine Überkorrektur von femoralen Segmenten [19].

Eine Schwierigkeit bei der temporären Hemiepiphysiodese ist die Festlegung des richtigen Zeitpunktes für die Im- und Explantation des Implantats. Für das Verfahren der Wachstumslenkung sollte die Wachstumsreserve ausreichend groß sein. Auf der anderen Seite sollte der Eingriff so terminiert werden, dass zum Zeitpunkt der Metallentfernung die Epiphysenfugen möglichst geschlossen sind und kaum Restwachstum vorhanden ist. Ein junges Alter bei Behandlungsbeginn bzw. Metallentfernung mit hohem Restwachstumspotenzial nach Metallentfernung stellt somit ein erhöhtes Risiko für einen Rebound dar [9, 12, 16, 19]. Es konnte allerdings auch gezeigt werden, dass es nach Wachstumsabschluss im Erwachsenenalter zu einem Rebound nach Achskorrektur mittels valgisierender Umstellungsosteotomie kommen kann [18]. Somit kann das vorhandene Restwachstum nach Implantatentfernung kein alleiniger Faktor für ein mögliches Rezidiv sein.

Praktische Konsequenzen und Ausblick

Um das Rebound-Phänomen bei Achskorrekturen besser verstehen und beurteilen zu können, sollten nach der Metallentfernung regelmäßige Verlaufskontrollen der Beinachse im Abstand von maximal 6 Monaten bis zum Wachstumsabschluss durchgeführt werden. Zum Thema Überkorrektur zur Vermeidung eines Rebounds im Rahmen einer temporären Hemiepiphysiodese fehlt es bis heute an altersspezifischen und auf die Grunderkrankung bezogenen Standards und konkreten Empfehlungen für die Praxis. Somit bleibt das Rebound-Phänomen ein bis heute ungelöstes Problem.

Wie der Beitrag „Dynamische Analyse der Gelenkbelastung bei Beinachsendeformitäten in der Frontalebene“ in diesem Themenheft zeigt, kann die dynamische Kniegelenkbelastung auch zur Vorhersage des Outcomes nach einer operativen Achskorrektur hilfreich sein. Prodromos und Kollegen [18] konnten diesbezüglich zeigen, dass das präoperative Knieadduktionsmoment beim Gehen eine entscheidende Rolle für das langfristige Outcome (ca. 3 Jahre nach Operation) einer valgisierenden Umstellungsosteotomie spielt. In der Gruppe mit präoperativ erhöhten Adduktionsmomenten im Kniegelenk kam es zu einem Wiederauftreten der Varusfehlstellung (Rebound), während dies in der Gruppe mit signifikant niedrigeren präoperativen Knieadduktionsmomenten nicht der Fall war. Dabei spielte die statische Achsfehlstellung übrigens keine Rolle, da diese in beiden Gruppen nicht unterschiedlich stark ausgeprägt war. Diese Studie zeigt sehr eindrücklich, dass Informationen über die präoperativen Gelenkmomente beim Gehen wichtige Hinweise für das postoperative Outcome geben können. Sind z. B. die Adduktionsmomente (Varusmomente) im Knie bei einer Varusfehlstellung deutlich erhöht, müsste aufgrund der Erkenntnisse folglich über eine geplante leichtgradige Überkorrektur der Beinachse (in Richtung Valgus) nachgedacht werden, um das Risiko eines Rezidivs zu minimieren.

Erste, bisher nicht veröffentlichte Ergebnisse eines von der Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Multicenter-Projekts mit Projektpartnern an der Klinik für Orthopädie (Friedrichsheim) des Universitätsklinikums Frankfurt am Main, an der Orthopädischen Kinderklinik in Aschau im Chiemgau, an der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule in Hannover und am Waldkrankenhaus in Eisenberg/Universitätsklinikum Jena zeigen, dass die Methode der instrumentellen Ganganalyse zu einer Optimierung der Behandlung von kindlichen Achsfehlstellungen mittels temporärer Hemiepiphysiodesen führen und das Risiko für eine wiederkehrende Achsfehlstellung minimieren kann. Ähnlich zu den Studienergebnissen von Prodromos und Kollegen [18] zeigen die vorläufigen Ergebnisse des Multicenter-Projekts, dass das präoperative Knieadduktionsmoment beim Gehen zum Zeitpunkt der Implantation ein Risikofaktor für das Auftreten eines Rezidivs nach Metallentfernung sein kann. In Anlehnung an das Hueter-Volkmann-Gesetz [1] aus dem Jahr 1862 wird angenommen, dass z. B. eine erhöhte Druckbelastung des lateralen Gelenkkompartiments bei einer Valgusfehlstellung zu einer lateralen physealen Wachstumshemmung bei gleichzeitiger Stimulierung des Wachstums an der medialen Epiphysenfuge durch geringere Druck- und vermehrte Zugbelastung führt und es so zu einer weiteren Progression der Valgusdeformität kommt [4]. Diese asymmetrischen Verhältnisse an der Wachstumsfuge könnten dann auch nach erfolgreicher Korrektur der Beinachse überdauern und dann für das Auftreten eines Rebounds verantwortlich sein. Weitere Untersuchungen im Rahmen des Multicenter-Projekts sollen außerdem zeigen, welchen Einfluss ein Knick-Senk-Fuß auf die Valgusfehlstellung und den Rebound hat. Um eine umfassende Beurteilung einer Achsfehlstellung zu erhalten und das Risiko für das Auftreten eines Rebounds zu minimieren, sollte daher in Zukunft der Austausch zwischen biomechanischer Forschung und klinischer Anwendung intensiviert und ein einheitliches Konzept zur Optimierung der Behandlung von kindlichen Achsfehlstellungen unter Berücksichtigung von Statik (Röntgen) und Dynamik (instrumentelle Ganganalyse) etabliert werden. Ein konkreter Behandlungsalgorithmus wird im Beitrag „Dynamische Analyse der Gelenkbelastung bei Beinachsendeformitäten in der Frontalebene“ in diesem Themenheft vorgestellt.

Auch heute liegen noch relativ wenige Erkenntnisse über das sogenannte Rebound-Phänomen vor

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auch heute noch relativ wenige Erkenntnisse über das sogenannte Rebound-Phänomen vorliegen. Die in der Literatur angegebenen Rebound-Raten variieren sehr stark und haben aufgrund von elementaren Studienlimitationen häufig nur eine geringe Evidenz. Bei den 4 neueren Studien [9, 12, 16, 19], mit ausreichender statistischer Power für die Untersuchung von Prädiktoren für einen Rebound, liegt die Rebound-Quote im Mittel um die 50 %. Diese Zahl scheint durchaus realistisch und unterstreicht die klinische Relevanz der Thematik. Die derzeitige Studienlage lässt aber keine evidenzbasierte Aussage zu, wann ein Rebound therapiebedürftig, eine erneute Hemiepiphysiodese indiziert und wann ein Rebound klinisch noch tolerierbar ist. Die vorliegende Literaturübersicht zum Thema Rebound zeigt außerdem, dass neben der mechanischen Belastung vor allem auch ein junges Alter bei Behandlungsbeginn mit hohem Restwachstumspotenzial nach Metallentfernung ein potenzielles Risiko für einen Rebound nach einer temporären Hemiepiphysiodese darstellt. Dann sollte zur Vermeidung eines Rezidivs über eine entsprechende Überkorrektur der Beinachse nachgedacht werden.

Fazit für die Praxis

  • Die Aussagekraft der meisten Studien zur Rebound-Rate ist durch einen nichtstandardisierten Nachbeobachtungszeitraum, heterogene Patientengruppen mit geringer Fallzahl und fehlenden Angaben zur Definition eines Rebounds limitiert.

  • Die mittlere Rebound-Quote bei Studien ohne elementare Limitationen beim Studiendesign ist hoch (ca. 50 %).

  • Um das Rebound-Phänomen bei Achskorrekturen besser verstehen und beurteilen zu können, sollten nach der Metallentfernung regelmäßige Verlaufskontrollen der Beinachse im Abstand von 6 Monaten bis zum Wachstumsabschluss durchgeführt werden.

  • Neben der mechanischen Belastung beim Gehen stellt ein junges Alter bei Behandlungsbeginn mit hohem Restwachstumspotenzial nach Metallentfernung ein erhöhtes Risiko für einen Rebound dar, welches durch eine entsprechende Überkorrektur der Beinachse minimiert werden kann.