Die Bereitstellung und Zulassung von Konstrukten für die Defektheilung des Gelenkknorpels setzt vor der Anwendung im Menschen präklinische Tests voraus. Dabei stehen u. a. verschiedene Tiermodelle zur Verfügung. Wissenschaftliche Überlegungen, das Studiendesign, die Zielparameter, die verfügbare Infrastruktur, aber auch ökonomische Überlegungen sind Faktoren, welche die Entscheidung für ein Tiermodell beeinflussen. Großtiermodelle eignen sich besonders, wenn biomechanische Untersuchungen an den Regeneraten durchgeführt werden sollen. Dieser Ansatz wird in Zukunft häufiger erfolgen, nachdem die biomechanische Kompetenz von Regeneraten für den Gelenkknorpelersatz in den Fokus tritt, insbesondere wenn es sich dabei um zulassungsrelevante Größen handelt.

Für die Grundlagenforschung zu immunologischen, zellbiologischen oder molekularbiologischen Fragestellungen eignen sich besonders Nager, wie die Maus oder die Ratte, als Versuchstiere. Die Maus – noch mehr als die Ratte – weil sie als athymisch, transgen oder Knock-out-Typ zur Verfügung steht [16]. Beide Nagerspezies sind stark reproduktiv, kostengünstig in der Haltung und meist gut verfügbar. Deshalb stehen auch viele Daten zu den beiden Spezies zur Verfügung, wodurch sich eine breite Diskussionsbasis ergibt. Ein großer Nachteil besteht in der Größe (Kleinheit) der Tiere, die Manipulationen am Gelenkknorpel erschwert. Relevant ist auch die Diskussion inwieweit die Ergebnisse aus dem Nagermodell auf die humane Situation übertragbar sind [16].

Häufig wird als größere Spezies das Kaninchen verwendet, welches auch günstig in der Haltung ist, eine Knorpeldicke bis zu 0,44 mm im Patellagleitlager bietet [71] und daher Manipulationen gut zulässt [13, 14]. Als grundsätzlicher Nachteil wird hier die hohe und schnelle Regenerationspotenz des Kaninchens gesehen [16, 43, 80], welche die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus dieser Spezies infrage stellt. Dennoch bietet das Kaninchen wegen seiner Größe die Möglichkeit, Defekte mit einem Durchmesser von mehreren Millimetern (3–4 mm) zu setzen [92, 93]. Bei Verwendung größerer Tiere können dann auch noch größere Defekte in einem Gelenk, meist dem Kniegelenk, gesetzt werden. Häufig verwendete Tierspezies sind das Schaf, das Schwein, die Ziege, der Hund und das Pferd.

Die zunächst in Studien eingesetzten Kleintiere können nur eingeschränkt einen Vergleich zur humanen Situation bieten. Meist ist auch nur ein Defekt pro Gelenkkompartiment möglich. Erst mit der Verwendung größerer Tiere kann die Anzahl und Größe der Defekte erhöht werden, was die aufwändigen Tiermodelle kostengünstiger werden lässt, aber auch die Verwendung mehrerer Kontrolldefekte ermöglicht, so dass eine Validierung innerhalb einer Studie möglich ist.

Die Einbeziehung beider Kniegelenke im Versuchsplan hat den Vorteil, dass zu einer hohen Wahrscheinlichkeit beide Gliedmaßen postoperativ gleich belastet werden. Bei dem Vorgehen muss aber die Belastung des Tieres im Sinne des Tierschutzes berücksichtigt werden und steht bei der Entscheidung, ob dieses Vorgehen gewählt werden kann, klar im Vordergrund zur Entscheidungsfindung [1]. Sollte eine Immobilisation des operierten Kniegelenks z. B. in Form einer Gipsanlage [4, 9, 17] notwendig werden, ist die Versorgung des kontralateralen Gelenks erschwert. Zudem hat die Immobilisation möglicherweise Auswirkungen auf die Knorpelregeneration [84]. Eine Studie beschreibt eine beidseitige Operation mit anschließender Immobilisierung mit Gips über 7 Tage beim Schwein [4].

Eine schmerzhafte Beeinträchtigung des Befindens der Tiere sollte nicht mehr als wenige Tage postoperativ andauern, so dass die Länge der Beobachtungszeit bis zu mehreren Monaten möglich ist. Darüber hinaus richtet sich die Standzeit nach der Annahme, wie lange das Implantat im Gelenk braucht, bis es zum kompetenten Regenerat „herangereift“ ist.

Bei der autologen Chondrozytentransplantation (ACT) bzw. der matrixassoziierten ACT (MACT) beim Menschen wird definitionsgemäß autologes Gewebematerial verwendet, ein Vorgehen, welches in einem geeigneten Tiermodell analog realisierbar sein sollte. Bei der Mehrzahl der Großtiermodelle, die mit zellbesiedelten Konstrukten arbeiten, werden autologe Zellen eingesetzt [26, 28, 59, 75].

Bei der Erzeugung von Regeneraten für den Gelenkknorpelersatz und seiner Beurteilung müssen also verschiedene Parameter berücksichtigt werden, um reproduzierbare und valide Ergebnisse erwarten zu dürfen, insbesondere wenn es darum geht, ein zulassungsrelevantes Modell zu generieren.

Die Einbeziehung biomechanischer Tests zur Beurteilung von Knorpelregeneraten wird immer mehr gefordert und zunehmend bei der Zulassung von Konstrukten von Bedeutung sein [25]. Dazu sind Regenerate notwendig, die einen Durchmesser deutlich über der Submillimetergröße haben. Defekte bis 3–4 mm Durchmesser [92, 93] können im Kaninchen realisiert werden, bei größeren Defekten werden Großtiere benötigt.

Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, bekannte Großtiermodelle darzustellen und aufzuzeigen, welche Möglichkeiten sie beschreiben, um Regenerate für den Gelenkknorpel in vivo zu erzeugen, die in vitro auch mit biomechanischen Tests charakterisiert werden können. Damit erwartet man eine anwendungsnahe Charakterisierung des gereiften Konstruktes.

Recherche

Mit einer ausgiebigen Literaturrecherche in PubMed sowie über das Internet (Google) konnten mit den Suchbegriffen „animal model“, „defect“, „cartilage“, „implant“, „ovine“, „minipig“, „goat“, „horse“, „canine“, „OATS“ sowie über die angegebenen Literaturverzeichnisse der einzelnen Aufsätze 105 Publikationen identifiziert werden. Es wurden Studien zusammengestellt, die anhand von Großtiermodellen mit Defektsetzungen im Knorpel eine Regeneration von Knorpel mittels ACT, MACT bzw. OATS („osteochondral autograft transfer system“) beschreiben und Informationen dazu liefern. Die Fragestellungen (Rationale) der einzelnen Untersuchungen standen nicht im Vordergrund. Allerdings wurden auch Doktorarbeiten einbezogen, die Informationen darüber enthielten, wie z. B. die Tiere das operative Vorgehen tolerierten. Die Beiträge stammen aus dem Zeitraum von 1991 bis 2012.

Tierspezies und -anzahl

Als Spezies wurden das Schaf (42 %), das Schwein (25 %), die Ziege (19 %), das Pferd (8,5 %) und der Hund (5,5 %) als geeignet und zur humanen Situation vergleichbar beschrieben. Hunde treten in neueren Publikationen immer mehr in den Hintergrund (Abb. 1). Die Anzahl der in den Studien eingeschlossenen Tiere lag zwischen 5 [7] und 65 [17], wobei im Durchschnitt 17,4 Tiere (Median: 14 Tiere) in den Studien eingesetzt wurden.

Alter der Tiere

Häufig wird das Alter der Tiere mit dem Hinweis ergänzt, dass es sich um ausgewachsene Tiere handelt [46]. Studien sollten dann an ausgewachsenen Tieren vorgenommen werden, wenn die zu untersuchende Therapie für den erwachsenen Menschen gedacht ist, juvenile Tiere könnten aber z. B. für Pilotstudien („proof of concept“) verwendet werden [16, 43, 80]. Die Wahl von erwachsenen Tieren ist wichtig, wenn biologische Umbauprozesse untersucht werden, da sich juvenile Tiere bezüglich der Regenerationsfähigkeit anders verhalten. Zudem handelt es sich bei der humanen Zielgruppe meist um Erwachsene. Als skeletal ausgewachsen gilt ein Tier i. d. R. dann, wenn die Wachstumsfugen geschlossen sind [7].

Abb. 1
figure 1

Prozentuale Anteile der Tierspezies in den untersuchten Großtiermodellen

Verwendetes Gelenk/Gelenkbereich

In den meisten Studien wurden im femorotibialen Gelenk Defekte realisiert, meist an der medialen Femurkondyle (75,3 % medial, 24,7 % lateral). Wird die laterale Kondyle als Defektort gewählt, werden bis auf 2 Fälle [19, 83] immer auch Defekte an anderer Stelle gesetzt. Auch die Trochlea femoris wird in etwa 23 % der Untersuchungen zum Ort der Defektsetzung ausgewählt [7, 36]. Ebenso kamen Kombinationen aus Defekten an den Kondylen und an der Trochlea vor (etwa 14 %). In einer Studie wurde ein allogenes Transplantat am Tibiaplateau eingesetzt [44]. Eine Studie am Schaf wird am Schultergelenk durchgeführt [35], zwei weitere am Sprunggelenk [6, 60]. Die Defekte werden bis auf wenige Ausnahmen [66] in den Belastungszonen der entsprechenden Kompartimente gesetzt, was u. a. der humanen Situation entspricht, weil es dort zu klinisch relevanten Läsionen kommt. Das Implantat unterliegt dann auch einem mechanischen Stimulus, was die Regeneration unterstützen kann. Zumindest im Schafsmodell wird kein Unterschied bei der Regeneration des Defektes mittels Röntgen oder histologischen Methoden zwischen der medialen oder lateralen Kondyle gesehen [54, 55]. Ebenso sei kein Unterschied in der Regeneration im Vergleich zwischen ostoechondralen Defekten an der Trochlea oder der medialen Kondyle beim Schwein festzustellen [50].

Abb. 2
figure 2

Auswahl und Verteilung der Defektorte. MFC medialer Femurkondylus, LFC lateraler Femurkondylus

Die Verteilung der gesetzten Defekte ist in Abb. 2 dargestellt. Die Lokalisationen entsprechen den Bereichen der Lastübertragung. Bei der Wahl des Defektortes spielen Aspekte wie die Anzahl und chirurgische Zugänglichkeit der Defekte eine wesentliche Rolle.

Defektgröße und -anzahl

Die passende Größe eines Defektes orientiert sich an verschiedenen Kriterien. Die sog. „critical size“ ist für die verschiedenen Spezies unterschiedlich beschrieben. So wird sie bei der Ziege mit 6 mm (4–7 mm) Durchmesser [45] und beim Schaf mit 7 mm (4,5–8 mm) Durchmesser [3] angegeben. Dieser Vergleich spiegelt die etwas kleineren Größenverhältnisse bei der Ziege wider. Es gibt jedoch auch Arbeitsgruppen, die im Schafsmodell selbst bei einem Defektdurchmesser von 4,5 mm keine Spontanregeneration sehen konnten [77]. Wann die „critical size“ erreicht wird, ergibt sich aus der Tatsache, dass innerhalb des Untersuchungszeitraums keine Spontanheilung auftritt [34, 40].

Für die „critical size“ wird meist ein Durchmesser in Millimetern angeben. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass Zellen vom Rand des erhaltenen Knorpelgewebes in den Kontrolldefekt (leer oder das zellfreie Konstrukt) migrieren, um ihn mit neuer extrazellulärer Matrix zu füllen. Die Berücksichtigung der Tiefe macht das Problem komplexer, weil der rein chondrale Defekt idealerweise die subchondrale Lamelle respektieren sollte, sie also unbeschädigt lässt. Im Fall der Defektsetzung ohne Eröffnung der subchondralen Lamelle sollte im Leerdefekt also keine Spontanheilung beobachtet werden [30, 39, 72].

Als weiteres Kriterium zur Festlegung der Defektgröße kann die Vergleichbarkeit mit der menschlichen Situation sein. Dabei wird für die Situation im Menschen ein Defektvolumen bis zu 1 cm3 angegeben [40].

Die Dicke des Knorpels ist dabei zu bedenken, welche in den verschiedenen Spezies sehr differieren kann. So sind z. B. die Knorpelhöhen je nach Lokalisation beim Hund mit etwa 0,5–0,7 mm, beim Schaf mit 0,5–0,7 mm, bei der Ziege mit 0,7–1,5 mm, beim Pferd mit 1,7–2 mm [29] und beim Minipig mit 0,7–0,9 mm angegeben [41], wobei beim Menschen mit einer Knorpeldicke von etwa 2 mm gerechnet werden kann [29].

Die Anzahl der Defekte, die je Seite in einem Gelenk gesetzt wird, variiert von 1 (49 %) bis zu 6 Defekten [7, 36]. Dabei bietet die Trochlea gut Platz für mehrere Defekte [7, 36], was aus unserer Erfahrung neben dem anatomischen Situs mit der operativen Zugänglichkeit zu erklären ist. In rund 30 % der Fälle werden Defekte beidseitig gesetzt, so dass deren Anzahl mit dem Vorgehen verdoppelt werden kann. Die Anzahl der gesetzten Defekte reicht je nach Spezies und Lokalisation von 1 [4] bis max. 3 Defekten [76] auf dem Kondyl und von 1 [21] bis zu 6 Defekten [7] auf der Trochlea.

Eröffnung der subchondralen Lamelle

Ein Diskussionspunkt ist, ob die subchondrale Lamelle geschont werden soll. Im Fall ihrer Eröffnung muss mit dem Einwandern von Stammzellen aus dem Knochenmark in das Konstrukt gerechnet werden, was eine zusätzliche Quelle für die Rekrutierung einer höher potenten Zellpopulation zur Regeneratentwicklung darstellen würde. Das Vorgehen ist eher bei der In-situ-Regeneration anzusiedeln [30, 73] als in der typischen ACT bzw. MACT, oder in der Versorgung mit zellfreien Konstrukten, wenn eine Rekrutierung der Zellen aus den angrenzenden Bereichen des Defektes beabsichtigt ist [30, 73]. Dennoch ähnelt dieses Vorgehen eher der klinischen Situation, in der möglichst ein Effekt, also die Regeneratentwicklung erreicht werden sollte. Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass durch die Eröffnung der subchondralen Lamelle der Weg in den Markraum eröffnet wird, und so das Konstrukt oder Teile davon immunologische Reaktionen eher hervorrufen könnten.

In etwa 20 % der analysierten Arbeiten, abgesehen von den Untersuchungen mit Knorpel-Knochen-Dübeln, wurde eine Eröffnung der subchondralen Lamelle beschrieben. In einigen Studien wird berichtet, dass es zu keinen Blutungen kam [50], andere wiederum beschreiben vereinzelt punktförmige Blutungen nach Defektsetzung [79]. Bei der anschließenden Analyse der Ergebnisse wurde dieses Phänomen als Kriterium offensichtlich nicht weiter beachtet.

Defektstandardisierung

Der sog. Full-thickness-Defekt passiert die Zone des kalzifizierten Knorpels und durchdringt die subchondrale Lamelle, Partial-thickness-Defekte ähneln Spalten und Fissuren die bei einer Osteoarthrose beobachtet werden [72]. Diese Defekte unterliegen normalerweise keiner Spontanheilung, da sie keinen Zugang zu Vorläuferzellen des Knochenmarks haben, der Partial-thickness-Defekt lässt die subchondrale Lamelle intakt [72].

Werkzeuge zur Tiefenbegrenzung sind technisch möglich, werden auch kaum beschrieben bzw. angewandt. Wenige Autoren beschreiben spezielle Instrumentarien zur reproduzierbaren Ausarbeitung des Defektes. So verwendet z. B. eine Gruppe ein Messerchen, das in einer bestimmten Richtung über den Knorpel gezogen wird und so die oberste Knorpelschicht abhebt [41].

Einige Autoren beschreiben ein Vorgehen, bei dem mit einer Art Locheisen die Positionierung des Defektes angegeben und der Knorpel bis zu einer gewissen Tiefe geschnitten wird, so dass eine ringförmige Markierung entsteht [21, 30]. Dann benutzt der Operateur häufig eine Kürette, mit welcher der Knorpel so abgeschabt werden kann, dass die subchondrale Lamelle erhalten bleibt [30, 31]. Allerdings birgt dieses Vorgehen den Nachteil, dass es vom Operateur abhängt, wie gut der Defekt ausgearbeitet wird. Das betrifft die Tiefe des Defektes, weniger die Ausprägung der Flanken und der äußeren geometrischen Form eines runden oder gar rechteckigen Defektes. Beide können aus geometrischen Überlegungen des so verwendeten Werkzeugs kaum erreicht werden. Die Verwendung der Kürette, manchmal auch in Kombination mit einem scharfen Löffel zum Ausarbeiten eines chondralen Defektes, wird in mehreren Arbeiten beschrieben [30, 77]. Zum Teil wird auf die Technik nicht detailliert eingegangen.

Kontrolldefekt

Mit der Anlage von Kontrolldefekten wird das verwendete Modell validiert. Zunächst sollen jedoch die Ergebnisse der geprüften Konstrukte mit den Ergebnissen aus den Kontrollgruppen quantifiziert und statistisch getestet werden, so dass ein Therapieeffekt – soweit vorhanden – mit den Methoden der Statistik als solcher identifiziert werden kann. Dazu können unbehandelte Defekte dienen, die als Leerdefekte gestaltet werden können [4, 7, 10, 18, 20, 26, 59, 74]. Es können auch Defekte mit Konstrukten ohne Zellen verwendet werden, solange die Implantate in der Verumgruppe mit Zellen beladen sind [64, 79]. Auch nativer Knorpel kann zum Vergleich herangezogen werden [69].

Häufig wird die Mikrofrakturierung der subchondralen Lamelle als Standardtherapieverfahren zur Kontrolle diskutiert und auch angewendet [9, 30]. Allerdings ergibt sich aus diesem Vorgehen dieselbe Problematik wie sie bei der Eröffnung der subchondralen Lamelle beschrieben ist. So scheint auch die technische Ausarbeitung einer Mikrofrakturierung einen Einfluss auf die Regeneratbildung haben zu können [56]. Darüber hinaus haben Follow-up-Studien gezeigt, dass mit Mikrofrakturierung behandelte Knorpelläsionen in 25–49 % der Fälle mit Knochenwucherungen verbunden sind. Solche Knochenwucherungen beeinträchtigen nicht nur die Integrität des Reparaturgewebes und den angrenzenden Knorpel, sondern auch die gegenüberliegende Seite des Gelenks [11]. Kombinationen, also die Anwendung verschiedener Kontrolldefektarten, sind möglich [10, 64].

Defekte mit einer Ausdehnung von knapp unter 20 % des lasttragenden Bereichs (durchschnittlich 7 mm) können auf der Kondyle des Schafes in den umgebenden Bereichen osteoarthrotische Veränderungen bewirken, die bereits nach 6 Wochen histologisch nachgewiesen werden können [77]. Bei größeren Defekten (durchschnittlich 14 mm) kann es zur Beeinträchtigung des korrespondierenden Tibiaplateaus kommen [77]. In anderen Untersuchungen wurde dieser Effekt jedoch nicht beschrieben [30]. Spezielle Studien zu der Fragestellung bei anderen Tierspezies wurden nach unserem Wissen nicht durchgeführt. Allerdings finden sich in anderen Untersuchungen, z. B. bei der Ziege, Hinweise, dass bei osteochondralen Defekten mit einem Durchmesser von 6 mm weitreichende Veränderungen, sowohl im darunterliegenden Knochen als auch im defektangrenzenden Knorpel auftreten können [45].

Fixierung des Konstruktes

Die Konstrukte benötigen eine ausreichende Primärstabilität, um sich im Defektlager zum Regenerat entwickeln zu können [23]. Ein aus dem Defekt luxiertes Konstrukt lässt ihn leer zurück, so dass eine Regeneratentwicklung lediglich als Spontanheilung zu bewerten wäre. Ob ein Regenerat, das frei im Gelenk liegt, zum Regenerat werden kann, ist bisher nicht bekannt. Theoretisch könnte sich daraus jedoch ein freier Gelenkkörper entwickeln. Allerdings unterliegt das freie Konstrukt keiner direkten mechanischen Belastung, so dass eine chondrale Differenzierung aus diesem Grund eher unwahrscheinlich erscheint.

Verschiedene Fixationsmaßnahmen werden angegeben. Sehr häufig wird mit resorbierbarem Material genäht. In 19 Studien wurde dieses Vorgehen gewählt [9, 37]. In 8 Arbeiten erfolgte eine Naht der Konstrukte mit dem Knorpel [49, 57], in 11 Studien wurde eine Deckung mit einer Membran durchgeführt, welche wiederum mit dem Knorpelgewebe vernäht war [8, 10]. Hier kann es sich sowohl z. B. um eine Kollagenmembran als auch um einen Periostlappen handeln. Das Annähen des Periostlappens kann eine negative Auswirkung auf den defektumgebenden Knorpel haben [81]. Im Bereich der Nähte kann schon nach kurzer Zeit eine Abnahme der Zelldichte und damit verbunden ein Abbau der Extrazellulärmatrix erfolgen [42]. Das Nähen verursacht im Knorpel fortschreitende Schädigungen, die an die Entstehung der frühen Osteoarthrose erinnern [42].

Oft werden die Konstrukte mit Fibrinkleber fixiert [7, 15, 19, 26, 28, 30]. Selten wird mit einem Pin fixiert [81, 90] oder es erfolgt eine Aushärtung mit UV-Licht [67]. Die Fixation mit Fibrinkleber und die Press-fit-Methode sind zwar Alternativen zur Naht, werden z. T. als weniger erfolgreich angesehen [8]. Press-fit als einzige Fixationstechnik wird hauptsächlich bei Studien zu OATS angewandt [32, 33, 51]. Bei einer Untersuchung handelte es sich um eine chondrale Deckung, bei der Fibrin zusätzlich als Dichtmittel benutzt wurde [47].

Immobilisation

Um die Primärstabilität zu sichern, immobilisieren manche Autoren die operierten Gliedmaßen des Tieres mit einer äußeren Schienung, meist in Form eines Gipsverbands [30]. Hierbei bieten Kunststoffe den Vorteil eines geringeren Gewichts [77]. Dieses Vorgehen soll die Belastung des Implantats sichern, ohne dass es Scherbelastungen ausgesetzt wird. So wird ein Herausschieben des Konstruktes aus seinem Lager bei Bewegung unwahrscheinlich. Das Vorgehen findet sich bei weniger als 10 % der zusammengestellten Literatur.

Die Dauer der Immobilisation betrug zwischen 5 und 7 Tagen. Eine Gruppe immobilisierte für 10 Tage durch Anbringen eines externen Fixateurs [67].

Beidseitiges Vorgehen unter Beachtung der Belastung

In 32 der eingesehenen Untersuchungen wurde ein beidseitiges Vorgehen angewandt. Das heißt, dass die Kniegelenke, an denen i. d. R. die Verfahren getestet wurden, auf beiden Seiten behandelt wurden. Der Vorteil dieses Vorgehens ist darin zu sehen, dass durch die beidseitige und gleichzeitige Behandlung der Gelenke die Symmetrie gewährleistet bleibt. Besonders die mechanische Beanspruchung bliebe gleich. Im anderen Fall muss damit gerechnet werden, dass die operierte Gliedmaße geschont wird, was die Regeneratentwicklung beeinflussen könnte, weil sie nicht in dem Maße belastet wird, wie es physiologisch erwartet werden kann. Zudem könnte sich eine Mehrbelastung der kontralateralen, also der unbehandelten, Extremität negativ auf die Integrität dieses Gelenks auswirken, was in der Folge zu einem frühzeitigen Verschleiß, also einer Osteoarthrose, führen könnte. Das würde umso mehr gefürchtet, wenn dieses Gelenk als Kontrolle dienen sollte. Des Weiteren muss man bedenken, dass bei einem beidseitigen Vorgehen weniger Tiere gebraucht werden.

Aus tierschutzrechtlicher Sicht ist aber dieses Vorgehen kritisch zu betrachten (BGBl. I S. 1206, 1313), da das Tier u. U. kein deutliches Schmerzvermeidungsverhalten zeigen kann. Deshalb muss in Betracht gezogen werden, in welchem Maße die operative Versorgung das Tier belastet und wie lange bzw. wie stark mit einer Beeinträchtigung zu rechnen ist. Gleichzeitig ist zu prüfen und bei Antragstellung – insbesondere bei der Durchführung des Versuches – darauf zu achten, dass eine ausreichende Schmerzmedikation zur Verfügung steht und die Tiere gut überwacht und auf evtl. Schmerzreaktionen untersucht werden.

In diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass Leerdefekte, die als Kontrolldefekte dienen, zu arthrotischen Veränderungen im Gelenk führen können. Dies ist abhängig von der geplanten Versuchsdauer. Immerhin wird nur ein Defekt in entsprechender Größe („critical size defect“) als Kontrolle dienen können. Allerdings stellt ein Defekt in dieser Dimension in jedem Fall zumindest eine fakultative präarthrotische Veränderung dar. Für die Führung des Tieres über den Versuchszeitraum bedeutet dies regelmäßige Kontrollen und Gabe von Schmerzmitteln, die geeignet sind, akuten postoperativen Schmerz sowie evtl. auftretenden Arthroseschmerz wirksam zu lindern. Wie im humanen Bereich bieten sich deshalb u. a. für die Veterinärmedizin zugelassene NSAR an.

Standzeit

Zeiträume von 6 bis 12 Monaten sind üblicherweise empfohlen [38, 43], um den Erfolg der Reparatur oder Regeneration von Gelenkknorpel basierend auf histologischen und biochemischen Untersuchungen beurteilen zu können. Das beinhaltet auch den Übergang zum angrenzenden Knorpel und zum subchondralen Knochen [5]. Standzeiten von mindestens einem Jahr werden z. B. von der FDA empfohlen, um eine ausreichende Einheilung gewährleisten zu können [2]. Diese Zeit sollte ausreichen, um eine Bewertung über einen beständigen therapeutischen Nutzen machen zu können, wobei bei humanen Studien normalerweise wesentlich längere Laufzeiten von bis zu 5 Jahren empfohlen werden [63].

Die Länge der Einheilungsphase der Konstrukte umfasst in der untersuchten Literatur einen Zeitraum von 2 Wochen [35] bis zu 24 Monaten [60, 91]. In der Immunhistologie ist bereits 6 Wochen nach Implantation eines Kollagenimplantats im Schwein eine schwache Kollagen-II-Färbung detektierbar, die im Verlauf des Versuchs bis zu 1 Jahr kontinuierlich ansteigt [79]. In einer anderen Untersuchung wird bei Full-thickness-Defekten nach 8 Wochen ebenfalls im Schwein Kollagen II und Proteoglykan in Teilen des Defektes nachgewiesen [85].

Bei der Wahl der Standzeiten muss man sich bewusst sein, dass der Prozess der Knorpel- und Knochenregeneration vermutlich länger andauert als 6 Monate. Zu diesem Zeitpunkt ist sie jedoch schon deutlich in Gang und signifikante Veränderungen können detektiert werden [5]. Nach einem Jahr sollten die Umbauprozesse soweit abgeschlossen sein, dass man signifikante Unterschiede, sowohl in der Histologie als auch in der Biomechanik, nachweisen kann. Eine zu kurze Standzeit kann zu dem Problem führen, dass das Regenerationsgewebe zu weich ist, um biomechanischen Tests standzuhalten [78].

Diese Kenntnisse spiegeln sich auch in den in der Literatur gewählten Standzeiten der Tiere wider. So werden Standzeiten über einem Jahr nur in 4 Fällen untersucht [6, 28, 60, 91]. Standzeiten von einem Jahr werden über 30-mal, 6 Monate sogar 40-mal gewählt. In vielen Studien wurden mehrere Standzeiten gewählt, um die Veränderungen im zeitlichen Verlauf beurteilen zu können [48, 49, 57, 87]. Die häufigsten Standzeiten sind 3, 6 und 12 Monate. Hierbei sollte bedacht werden, dass lange Standzeiten mit einem hohen Aufwand verbunden sind.

Autologe oder homologe Besiedelung

Es gibt unterschiedliche Lokalisationen, um die zur zellhaltigen Besiedlung benötigten Chondrozyten zu gewinnen. Meist wird Knorpelmaterial aus den nichtlasttragenden Bereichen des kontralateralen Knies entnommen und prozessiert [26, 61]. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Knorpelmaterial aus den zu füllenden Defekten zu verwenden [19, 58]. Das hat den Vorteil, keine anderen Bereiche des gesunden Knorpels zu schädigen, aber den Nachteil, dass die Isolierung einer ausreichenden Anzahl steriler Chondrozyten sichergestellt sein muss. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens wird darin gesehen, dass – wie im klinischen Fall auch – im Defektbereich mit entzündlichen Reaktionen zu rechnen ist, in den die Konstrukte im Rahmen eines zweizeitigen Vorgehens eingebracht werden. Natürlich besteht auch die Möglichkeit den Knorpel aus anderen Bereichen, wie z. B. aus den Rippen [7] oder vom Humeruskopf, [35] zu gewinnen. Dies ist allerdings mit dem Nachteil verbunden, dort Hebedefekte zu setzen.

Die Gewinnung homologer Zellen zur Besiedelung des Scaffolds bzw. des Defektes hat den Vorteil, auf einen operativen Eingriff beim Tier verzichten zu können und sicherzustellen, dass rechtzeitig eine ausreichende Anzahl an Zellen in gewünschter Qualität zur Verfügung steht. Die zeitliche Studienplanung ist deutlich vereinfacht, da auch die Kryokonservierung der Zellen möglich ist [22]. In den Publikationen, die in den beschriebenen Tiermodellen homologe Zellen einsetzen, werden keine Probleme bezüglich der Verträglichkeit beschrieben. Wenn auch dieses Vorgehen in der Durchführung einfacher erscheint, so ist es doch mit dem Vorgehen bei humanen Eingriffen im Sinne einer ACT weniger vergleichbar, da hier üblicherweise autologe Zellen eingesetzt werden. Allerdings kann mit dem Vorgehen eine Standardisierung auf Seiten des Zellmaterials erfolgen, welche aus wissenschaftlicher Sicht gewünscht und wichtig sein kann.

In Abb. 3 blickt man auf die distalen Gelenkflächen des linken Femurs eines ausgewachsenen Minipigs mit den beschriebenen und markierten Entnahmeorten zur Gewebeentnahme bei ACT bzw. MACT. Meist werden Stellen außerhalb der lasttragenden Bereiche ausgewählt. Elegant erscheint das Vorgehen, Gewebe aus den später zu besetzenden Defekten zu entnehmen.

Abb. 3
figure 3

Exemplarisch beschriebene Entnahmestellen von Knorpelgewebe am Knie zur späteren ACT bzw. MACT

Auswertung

Welche Methode zur Bestimmung des Behandlungszieles angewandt wird, beeinflusst das Studiendesign wesentlich. Dabei ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um eine Anwendung am lebenden Tier handelt oder ob Präparate dazu ex vivo notwendig sind.

Sehr nahe an der klinischen Situation ist die Verwendung von konventionellen Röntgenaufnahmen oder Schnittbildverfahren, wie das Magnetresonanz- (MRT; [6, 12, 26]) oder das Computertomogramm (CT; [45]). Dadurch kann auch ggf. die Anzahl der Tötungen zu den unterschiedlichen Zeitpunkten reduziert werden. Bodenreaktionskraftmessungen werden ebenfalls durchgeführt [53]. Der hohe Aufwand für solche Vorgehensweisen ist jedoch zu bedenken. Dagegen steht der Vorteil der Wiederholbarkeit der Analyse über den Beobachtungszeitraum [69].

Einen besonderen Stellenwert nimmt die Beurteilung des Therapieerfolgs mit dem MRT ein, nachdem es in klinischen Studien am Menschen ein etabliertes Verfahren ist [24] und wiederholt am selben Individuum angewandt werden kann [65]. Auch im Großtierversuch wird es eingesetzt [6, 26, 45, 52, 69, 84, 86, 89]. Das MRT setzt jedoch eine entsprechende logistische Ausstattung voraus. Ob es nur am lebenden Tier aussagekräftig ist, oder ob auch Präparate post mortem verwendet werden können, wird in der Literatur nicht diskutiert. Einige Autoren beschreiben Follow-up-Studien, wobei einige Aufnahmen in vivo und einige ex vivo aufgenommen und verglichen werden [6, 26, 69]. Die MRT-Untersuchung nach dem Töten des Tieres würde dem Versuchstier eine weitere Vollnarkose ersparen und eine zu erwartende gute Bildqualität gewährleisten. Eine vergleichende Untersuchung mit In-vivo- und Ex-vivo-Aufnahmen unter gleichen Bedingungen wurde jedoch nach unserem Kenntnisstand bisher nicht durchgeführt.

In den meisten Studien (94 %) wird eine histologische Beurteilung der Präparate vorgenommen. Zusammen mit den biochemischen Analysen lassen sich etablierte Scores wie der O’Driscoll-, Wakitani-, Pineda- und ICRS-Score [62, 68, 70, 88] anwenden. Des Weiteren werden in 9 % der Fälle molekularbiologische Analysen angewendet (PCR etwa 6 %, DNA-Analyse etwa 3 %; [4, 7, 27, 50]).

Um die biomechanische Kompetenz von Regeneraten für den Gelenkknorpel zu beurteilen, werden mechanische Testverfahren eingesetzt (etwa 33 %). Relevante Publikationen zu biomechanischen Untersuchungen sind in der Infobox 1 zu finden.

Diese Studien vermögen aus unserer Sicht sowohl Regenerate als auch Konstrukte für die regenerative Therapie grundsätzlich anwendungsnah zu beurteilen. Sie haben aber auch Vor- und Nachteile (s. Hurschler und Abedian „Möglichkeiten der biomechanischen Charakterisierung von Knorpelgewebe – eine Standortbestimmung“ in diesem Heft), zumal der Gelenkknorpel neben mehreren Stabilitätskriterien auch über hochwertige tribologische Kompetenzen verfügt [82].

Inwieweit histologisch-biochemische oder molekularbiologische Verfahren mit der biomechanischen Kompetenz von Knorpelregeneraten korrelieren und vice versa ist uns nicht bekannt. Daraus ergibt sich die Situation, dass wohl mehrere Analysemethoden zur Anwendung kommen sollten, um die Qualität regenerierten Knorpelgewebes tatsächlich abbilden zu können. Dies hat einen wesentlichen Einfluss auf das Studiendesign eines Großtierversuchs, da mechanisch getestete Präparate i. d. R. nicht zusätzlich mit anderen Methoden (z. B. Immunhistologie) analysiert werden können, weil sie meist zerstörenden Charakter haben (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Die am häufigsten angewandten Untersuchungsmethoden (%)

Fazit

  • Der Einsatz von Großtieren in der translationalen Forschung zur regenerativen Therapie von Gelenkknorpel eröffnet eine Vielzahl von Parametern, die in einer Studie berücksichtigt werden müssen.

  • Voraussetzung für Großtiermodelle ist eine entsprechende Infrastruktur zur artgerechten, meist längerfristigen Haltung, die moderne Auswertestrategien zulässt.

  • Die Beurteilung der biomechanischen Kompetenz von Knorpelgewebe ermöglicht eine realitätsnahe Analyse. Hierdurch wird das Spektrum der Zielkriterien erweitert, ohne bisher bekannte zu ersetzen.

  • Ein standardisiertes Vorgehen bei der Wahl des Modells kann innerhalb einzelner Arbeitsgruppen gesehen werden. Daneben werden fast in allen Studien histologische/immunhistologische und biochemische Auswerteverfahren benutzt, so dass dieses Vorgehen als derzeitiger Goldstandard zu bewerten ist.

  • Weitere Schritte zur Standardisierung in den Tiermodellen sind zu fordern, um eine zulassungsrelevante Vergleichbarkeit zu erreichen, den Einsatz von Versuchstieren zahlenmäßig zu reduzieren und dem Tierschutz gerecht zu werden.