Zusammenfassung
Achsfehlstellungen des Kniegelenks nach Knietotalendoprothese (Knie-TEP) stellen die Ursache für frühzeitige Lockerungen, verstärkten Abrieb und schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigungen dar. Dabei ist die schmerzbedingte Funktionsbeeinträchtigung einer Knie-TEP heute ein mindestens genauso häufiger Revisionsgrund wie eine Prothesenlockerung.
Der Erfolg der Korrekturoperation hängt im Wesentlichen ab von 1. der achsgerechten Positionierung der Komponenten, 2. dem Erreichen einer symmetrischen, gleichmäßigen Bandspannung in Flexion und Extension, 3. der Wiederherstellung der Gelenklinie sowie 4. der Einstellung der korrekten Patellahöhe.
Bei der Korrekturoperation ist die Auswahl des korrekten Kopplungsgrades der zu implantierenden Prothese von großer Bedeutung, da einerseits starr gekoppelte Prothesen eine höhere Lockerungsrate zeigen, aber auch eine verbleibende Instabilität über die Zunahme des Abriebs und der schmerzhaften Funktionsstörung zum Fehlschlagen der endoprothetischen Versorgung führen kann.
Im vorliegenden Manuskript wird ein diagnostischer und operativer Algorithmus für den Umgang mit Achsfehlstellungen dargestellt.
Abstract
Implant malalignment is a major cause for early loosening, increased wear, painful limitation of motion, and patient dissatisfaction in total knee arthroplasty. Validated diagnostic algorithms and a deeper understanding of the pathological mechanisms underlying functional deficits and pain resulting from malalignment explain the increasing number of revision operations on unloosened prostheses, which are now nearly as common as revisions for implant loosening.
Common reasons are component malpositioning are a shifted joint line, or a non-physiological patella position. The success of any revision procedure basically depends on: (1) correct component positioning, (2) equal and symmetrical flexion and extension gaps, (3) restoration of joint line, and (4) a physiological patella height.
The adequate grade of implant constraint has to be determined intra-operatively. A higher loosening rate of constrained implants as well as increased wear and painful limitation of motion in case of instability have to be taken into account.
In the present work, a diagnostic and therapeutic algorithm for malalignment of knee prostheses is presented.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Derzeit werden in Deutschland jährlich etwa 80.000 Knietotalendoprothesen (Knie-TEP) mit steigender Tendenz implantiert. Es besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen den sehr guten Langzeitergebnissen mit >95%iger Überlebensrate nach 10 Jahren und dem in der Literatur gleichzeitig beschriebenen Anteil von 12–23% unzufriedenen Patienten [11, 12, 13, 15, 18, 19]. Der prozentuale Anteil von operativen Revisionsnotwendigkeiten bei nicht gelockerten Knie-TEP nimmt dabei immer weiter zu. Achsfehlstellungen sowie die daraus resultierende pathologische Biomechanik mit ausgeprägten funktionellen Beschwerden stellen einen Hauptgrund für Revisionsoperationen nach Knie-TEP dar.
Weichteilimbalancen und eine fehlerhafte Biomechanik des implantierten Kniegelenks sind oft klinisch und röntgenologisch schwer zu diagnostizieren, scheinen jedoch eine wesentliche Ursache der divergierenden subjektiven und objektiven Wahrnehmung der Behandlungsergebnisse zu sein [7, 9, 25]. Entsprechend nimmt der prozentuale Anteil von operativen Revisionsnotwendigkeiten bei nicht gelockerten Kniegelenken in der Revisionsknieendoprothetik immer weiter zu. Im Jahr 2004 wurden von 72 Wechseloperationen am Kniegelenk in unserer Klinik nur noch 24 (33,3%) wegen einer Lockerung durchgeführt. Darüber hinaus korrelieren Malalignment und Malpositionierung mit einer mechanisch bedingten aseptischen Lockerung und stellen möglicherweise deren Hauptursache dar [1, 4, 30].
Achsfehler treten in der Knieendoprothetik sowohl primär infolge von Implantationsfehlern als auch sekundär durch progrediente Fehlstellung infolge von Implantatlockerungen, Instabilität, ausbleibender Integration, Kollaps von strukturierten Knochentransplantaten etc. auf.
Für die klinische Beurteilung hat sich folgende Unterteilung bewährt:
-
Achsfehlstellungen von Tibia und Femur (differenziert zwischen intra- und extraartikulär),
-
Veränderungen der Gelenklinie (bzw. korrekter der Gelenkfläche),
-
Veränderungen der Position der Patella.
Achsfehler, die primär die Tibia- oder die Femurkomponente betreffen, sind in allen Raumebenen möglich. Achsfehler betreffen jedoch nicht nur die klassischen 3 Raumebenen und somit primär das Tibia- und das Femurteil, sondern ebenso die Patella und die Höhe des Gelenkspalts (Tabelle 1). Nach Fehlern in allen Positionen ist daher radiologisch und klinisch danach zu fahnden.
Kombinationen mehrerer Achsfehler müssen nicht zwangsläufig zu einer klinischen Fehlstellung führen, sind aber praktisch immer mit einer pathologischen, biomechanischen Situation vergesellschaftet. Beispiele hierfür sind z. B. eine Varusposition der Tibia bei Valgusposition des Femurs mit daraus resultierender schräg verlaufender Gelenkfläche und gerader Gesamtachse oder aber der Ausgleich einer Varusposition der Tibia durch Innenrotation der Komponente (in Zusammenhang mit dem „posterioren slope“) und insgesamt gerader Beinachse.
Achsfehler müssen nicht implantatassoziiert sein und können auch bei korrekter Implantatpositionierung infolge einer primären, intraoperativen Bandverletzung oder sekundärer Instabilität auftreten (Tabelle 2).
Von außerordentlicher klinischer Relevanz sind die häufig übersehenen Stellungsveränderungen der Patella nach TEP. Ursachen für die Veränderung der Position der Patella und eine daraus resultierende Malfunktion fasst Tabelle 3 zusammen.
Klinische Symptomatik
Die klinische Symptomatik ist unspezifisch und variiert stark. Sie kann sowohl fehlen (z. B. inkorrekte Positionierung der Femurkomponente in der Sagittalebene, Abb. 1) als auch bis zum vollständigen Verlust der Funktionsfähigkeit, einhergehend mit starken Schmerzen, führen. Die klassischen Zeichen bei der klinischen Untersuchung sind die Instabilität, die Deformierung und die Bewegungseinschränkung. Sekundär treten Schmerzen, Ergussbildung und Überwärmung im Gelenk auf. Wesentliche Differentialdiagnosen zeigt Tabelle 4.
Diagnostischer Algorithmus
Während die Wertigkeit der Achsfehler in der Frontal- und Sagittalebene für die Schmerzhaftigkeit des Kniegelenks bisher nicht eindeutig belegt ist, erscheint die Entstehung funktioneller Beschwerden und postoperativer Schmerzen infolge einer femoralen Fehlrotation als gesichert [2, 5]. Insbesondere nach diesen in konventionellen Röntgenbildern nicht zu sichernden Fehlstellungen ist deshalb zu fahnden. Primär erfolgt immer eine Röntgenaufnahme in 2 Ebenen mit langer Platte. Bei dringendem Verdacht auf eine Fehlstellung in der Frontalebene bzw. auf eine schräg verlaufende Gelenklinie sind darüber hinaus Langaufnahmen im Stand, die sowohl den Hüftkopfmittelpunkt, das Kniegelenk und das Sprunggelenk abbilden, indiziert. Beurteilt wird dabei zunächst standardisiert das Vorliegen von Lockerungszeichen, infektbedingten oder abriebinduzierten Veränderungen.
Anschließend wird nach Fehlpositionierungen der Implantate gesucht. Die zur Beurteilung notwendigen Landmarken sind in Abb. 2 dargestellt. In der Frontalebene lassen sich ein Varus-/Valgusmalalignment von Tibia- und Femurteil, ein mediolaterales Überstehen der Komponenten sowie die Gelenklinie in Bezug zum Fibulaköpfchen beurteilen. Die Sagittalebene erlaubt die Kontrolle des tibialen „slopes“, der Flexion des Femurteils, der a.-p.-Position von Tibia- und Femurteil (Hoffa-Impingement bzw. Notching) sowie der Gelenklinie in Bezug zur Patellahöhe. Letztere entspricht zwar keiner Achsfehlstellung im engeren Sinne, ist aber von entscheidender klinischer Relevanz, da eine zu hoch stehende Patella (Patella alta) häufig zu einer verringerten Stabilität des Gelenks führt, eine zu tief stehende Patella (Patella baja) dagegen oftmals Ursache für eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung, insbesondere für den vorderen Knieschmerz, ist [21].
Tangentialaufnahmen der Patella (sog. „Sunrise-view-Aufnahmen“) oder Patella-défilé-Aufnahmen geben wertvolle Informationen über das femoropatellare Alignment und können Anhaltspunkte für eine Fehlrotation der Femur- oder seltener der Tibiakomponente geben. Darüber hinaus ist eine Bewertung hinsichtlich der Ursache eines möglicherweise vorhandenen Malalignments jedoch mit dieser Aufnahme allein nicht möglich.
Abschließend sollte daher bei schmerzhaftem Kniegelenk oder aber bei einer ausgeprägten Bewegungsstörung (Flexion <70°), bei der andere Ursachen mit den genannten Techniken ausgeschlossen worden sind, die Rotationsbestimmung der Tibia- und der Femurkomponente im CT erfolgen (Abb. 3).
Planung des operativen Eingriffs
Ziel des geplanten operativen Eingriffs ist die Wiederherstellung normaler Gelenkverhältnisse im Sinne einer achskorrekten Implantation bei ausreichender Stabilität.
Zum Erreichen dieses Ziels ist zuerst die Frage zu klären, welchen Kopplungsgrad die zu implantierende Revisionsendoprothese haben soll. Grundsätzlich gilt, dass bei einem präoperativ vorhandenen Achsfehler immer eine pathologische biomechanische Situation vorliegt, die zu einer fehlerhaften Be- und evtl. auch Überbeanspruchung der anatomischen Bandstrukturen geführt hat. Die eingeschränkten Releasemöglichkeiten des hinteren Kreuzbandes (HKB), seine komplexe und in weiten Strecken noch unverstandene Kinematik sowie die guten reproduzierbaren Ergebnisse unter Verwendung kreuzbandsubstituierender Designs machen den Ersatz des HKB bei jeder achsstellungsbedingten Revision sinnvoll [25, 29].
Die Beurteilung der Kollateralbänder muss klinisch erfolgen und ist unter Relaxation im Operationssaal (OP) zu wiederholen. Dabei ist zu beachten, dass in Extension eine Kollateralbandinsuffizienz durch das Anspannen der dorsalen Kapselstrukturen verdeckt werden kann. Es ist daher zwingend erforderlich, die Stabilität in verschiedenen Flexionsstellungen (0°, 30°, 60°, 90°) zu prüfen. Eine sog. „Midflexionsinstabilität“ bei 30° und 60° deutet meist auf einen pathologischen Versatz der Gelenklinie hin [21]. Eine mit Flexion stetig zunehmende mediale Instabilität kann auf einen insuffizienten tiefen Innenbandanteil ebenso wie auf eine vermehrte Außenrotation des Femurteils hinweisen. Eine in Beugung stetig zunehmende laterale Instabilität deutet meist auf eine Innenrotation der Femurkomponente, seltener auf eine Durchtrennung der Popliteussehne hin [2, 5, 28].
Grundsätzlich sollte eine achsgeführte Prothese immer im OP vorgehalten werden, um auf neue, evtl. sich erst intraoperativ ergebene Aspekte adäquat reagieren zu können. Zuerst wird die Tibia geplant, d. h. deren Größe und deren korrekte Position. Die Gelenkfläche wird in einem Winkel von 90° zur mechanischen Achse in der Frontalebene eingezeichnet. Die dorsale Neigung ist vom verwendeten Implantat abhängig und liegt im Regelfall bei 0–3°. Danach ist die Notwendigkeit von Stielverlängerungen zu bestimmen. Semiconstraint- und Constraint-Prothesen benötigen ebenso eine Stielverankerung, wie alle Versorgungen bei ausgedehnten Knochendefektrekonstruktionen (≥1 cm).
Insbesondere wichtig ist für die Planung die Höhe der Gelenklinie. Für deren korrekte Bestimmung sind die entsprechenden anatomischen Landmarks zu verwenden (s. Abb. 2). Für die Tibia- und die Femurkomponente ist zu prüfen, ob asymmetrische Stiele („off-set stems“) für eine korrekte Implantation benötigt werden, um z. B. ein mediales Überstehen des Tibiaplateaus oder ein Notching des Femurteils zu vermeiden. Die Größe und Position des Femurteils wird eingezeichnet, wobei das zentrale Augenmerk auf die resultierende Position im Verhältnis zu den Femurkondylen und auf die resultierende Patellaposition zu legen ist, wohingegen bei der Verwendung von Stielen die Position in der Frontal- und Sagittalebene vergleichsweise einfach bestimmbar ist.
Operative Besonderheiten
Ist eine Instabilität Ursache der Revisionsoperation, wird bevorzugt eine gekoppelte Prothese Verwendung finden, da durch die pathologische Biomechanik des instabilen Kniegelenks weit überwiegend eine Alteration aller Bänder vorliegt [8, 22].
Die Implantation in der Frontalebene und der Sagittalebene wird weitestgehend durch die obligatorischen Stiele (Stems) dieser Prothesen bestimmt. Die genaue Rotationsausrichtung der Komponenten ist weniger bedeutend als bei ungekoppelten oder teilgekoppelten Prothesen, da die ligamentäre Situation weitestgehend unberücksichtigt bleiben kann, wenn die rotationsbestimmenden Strukturen (Kollateralbänder, Popliteussehne, HKB, Tractus iliotibialis, Hamstrings) reseziert werden. Unbedingt zu achten ist jedoch auf die Höhe der Gelenklinie.
Nachteile gekoppelter Prothesen sind die höhere Infektions- und Lockerungsrate sowie die eingeschränkten Revisionsmöglichkeit, v. a. bei Infektionen [10]. Die Zielstellung sollte daher bei jeder Revisionsoperation sein, nicht mehr „Kopplung als nötig“ zu implantieren. Die posterior stabilisierten und teilgekoppelten Prothesen stellen daher bei Achsfehlstellungen infolge von Lockerung oder bei primären Implantationsfehlern ohne wesentliche Instabilität die erste Wahl dar [25].
Besondere Schwierigkeiten bereitet die korrekte Bestimmung der Rotationsstellung der Femurkomponente bei Revisionseingriffen. Vor einer Wiederverwendung der alten Resektionsflächen ist dringend zu warnen. Rotationsfehler stellen nach unserer Erfahrung den häufigsten Implantationsfehler bei der Primäroperation dar. Aus diesem Grund sollte die Bestimmung der korrekten Rotation nach 2 Gesichtspunkten erfolgen, wenn eine nicht- oder teilgekoppelte Prothese bei der Revision Verwendung findet: Die initiale Bestimmung der Rotationsstellung der Femurkomponente erfolgt bei 90° Flexion, wobei diese nach der Tibia ausgerichtet wird. Dieser „funktionelle Ansatz“ ist danach mit der Lage der transepikondylären Achse („anatomische Ausrichtung“) zu vergleichen. Die Bestimmung der Epikondylen kann teilweise Schwierigkeiten bereiten. In der Literatur wird die Intraobserver-Abweichung mit durchschnittlich 5° (maximal 15°) und die Interobserver-Variabilität mit durchschnittlich 9° (maximal 15°) angegeben [17]. Durch Präparation der Bandansätze lässt sich dieses Problem jedoch reduzieren.
Besteht hier eine Abweichung von >5° zwischen diesen beiden Achsen, sollte noch einmal geprüft werden, ob das Weichteilrelease vollständig durchgeführt wurde. Verbleibt trotz eines adäquaten Weichteilreleases eine Achsdifferenz von >5°, empfehlen wir die Implantation einer gekoppelten Prothese, da sonst oftmals Einschränkungen der Stabilität oder der Funktion insbesondere in Beugung des Kniegelenks verbleiben [8].
Grundsätzlich gilt für alle Revisionseingriffe, dass die Knochenresektion so sparsam wie möglich erfolgen sollte. Insbesondere bei vorherbestehenden Achsfehlern sollten für solche Revisionen unterschiedliche metallische Keile („wedges“) neben allogenen Transplantaten zur Verfügung stehen, um die Notwendigkeit einer unbedingten 90° Resektion zur Frontalebene zu vermeiden. Eine schräge, knochensparende Resektionsebene kann z. B. mit schrägen Wedges und nachfolgender korrekter Stellung der Gelenklinie ausgeglichen werden (Abb. 4). Aus diesem Grund sollte das Verwendung findende Revisionssystem des Kniegelenks neben einer hohen Modularität unterschiedlichste Möglichkeiten des Defektaufbaus anbieten [14].
Asymmetrische Instabilität
Die asymmetrischen Instabilitäten sind die häufigsten mechanischen Komplikationen nach endoprothetischem Kniegelenkersatz [7, 26]. Infolge der ligamentären Asymmetrie oder bei inkorrekten Knochenresektionen resultiert eine Instabilität des Gelenks mit nachfolgender Achsfehlstellung (Abb. 5). Die häufigste Ursache ist dabei das inadäquate Release der präoperativ verkürzten Bänder. Bei der Revision solcher Fälle sollte bei festsitzenden Komponenten zuerst immer kontrolliert werden, ob durch ein Release der kontrakten Seite und die nachfolgende Implantation eines höheren Inlays eine vollständige Achskorrektur und gute Stabilität erreicht werden kann [6]. Dieser Ansatz wird durch die damit einhergehende Proximalisation der Gelenklinie limitiert und sollte daher bei HKB-Erhalt 3 mm Versatz bzw. 10 mm Inlayerhöhung nie überschreiten. Die Folgen wären eine Patella baja und eine Midflexionsinstabilität. Daher ist in den meisten Fällen die Prothese zu wechseln.
Bei einem primären oder sekundären Knochensubstanzverlust mit nachfolgender Deformität gelten die grundsätzlichen Regeln des Knochendefektaufbaus. Eine Resektion des Knochens am tiefsten Punkt ist im Regelfall die falsche Entscheidung. Die Resektion sollte sparsam (2 mm) erfolgen. Die Achskorrektur kann dann durch asymmetrische Wedges erreicht werden — ist dies nicht möglich, ist der Knochendefekt in Stufenform („step cuts“) zu resezieren, um die bestmögliche Abstützung des defektfüllenden Implantats, des Knochentransplantats bzw. bei kleineren Defekten des Zements zu erreichen.
Patellofemorales Malalignment
Unterschiedliche Designfaktoren und technische Fehler können Ursache eines patellofemoralen Malalignments sein (s. Tabelle 3). Folgende Vorgehensweisen sind notwendig:
-
Sollte die Tiefe der Patellargrube der Femurkomponente unzureichend sein (ältere Prothesenmodelle), ist die Prothese zu wechseln.
-
Bei Positionierung der Femurkomponente in Innenrotation kommt es zu einem verstärkten Zug auf den lateralen Halteapparat der Patella, wenn das Knie gebeugt wird (Abb. 6). Nach unseren Erfahrungen, sollte die Revision bei einem Achsfehler von ≥7° erfolgen und im Zweifelsfall dann eher in leichter Außenrotation implantiert werden (s. Abb. 3).
-
Fehlrotationen der Tibiakomponente führen zu einer Veränderung des Insertionspunktes der Patellarsehne. Eine Innenrotation der Tibiakomponente führt konsekutiv zu einer Lateralisierung der Tuberositas tibiae und somit zu einer externen Rotation des Unterschenkels, die von einer Instabilität bis zur Luxation der Patella führen kann (Abb. 7). Die Therapie besteht in einer Neuausrichtung des Tibiateils und nicht in dem operativen Versatz der Tuberositas tibiae, da meist die Ursache eine Malposition der Tibiakomponente und nicht eine pathologische intrinsische Tibiakopftorsion ist (Stellung Tuberositas tibiae zu Fibulaspitze zu Sprunggelenkgabel).
-
Weitere Ursache kann eine persistierende Außenrotationskontraktur nach primärer Implantation bei Valgusarthrose sein. Diese oft nicht beachtete rotatorische Komponente der ligamentären Valguspathologie wird insbesondere bei Verwendung rotierender Plattformen symptomatisch, da diese eine Kontrolle über die tibiofemorale Rotation voraussetzen und eine vorliegende Rotationskontraktur verstärken. Die Revision muss hier auf ein Implantat erfolgen, das die rotatorische Kontrolle gewährleistet, da ein alleiniger Weichteileingriff in diesen Situationen mit einem hohen Rezidivrisiko einhergeht. Im Regelfall wird daher ein Varus-/Valgus-stabilisiertes Kniesystem oder eine achsgekoppelte Prothese zu wählen sein.
-
Ein zu straffes laterales Retinakulum ist eine absolut seltene Ursache für eine Patellasubluxation oder -luxation. Hier sind zunächst alle anderen Ursachen auszuschließen. Die Revision erfolgt dann durch ein ausgedehntes laterales Release.
-
Eine ebenfalls meist nur symptomatische und daher oft unzureichende Therapie ist der alleinige Patellarückflächenersatz [20, 24]. Dennoch kann die höhere Kongruenz zum Femurschild, die Möglichkeit einer Lateralisation und Distalisation bei bewusst versetzter Implantation eines kleinen Rückflächenersatzes das patellofemorale Tracking verbessern.
Ausblick
Die wichtigste Option in der Therapie der Achsfehlstellungen nach Kniegelenkendoprothetik ist deren Prävention während der Primäroperation. Eine relevante Möglichkeit zur Vermeidung von Implantationsfehlern ist die Anwendung der Navigation. Die Literatur zeigt eine verbesserte Genauigkeit des Alignments der Achsen von Tibia- und Femurkomponente [3, 16, 27, 28]. Ob die Verbesserung der Implantatposition die Nachteile der Navigation rechtfertigt (Kosten, längere Operationsdauer, potentiell höheres Infektionsrisiko u. a.), bleibt abzuwarten.
Fazit für die Praxis
Die Evaluierung des Patienten mit einem schmerzhaften, funktionsgestörten Kniegelenk sollte nach einem standardisierten Algorithmus erfolgen. Vor der Entscheidung für eine Revisionsoperation aufgrund einer Achsfehlstellung ist zu klären, ob die Achsfehlstellung die geklagten Beschwerden erklärt oder ob andere Faktoren allein oder anteilig ursächlich sind.
„Noch tolerierbare“ Abweichungen von Normwerten sind bisher nicht klar definiert. Nach unseren Erfahrungen rechtfertigen Abweichungen in der Frontalebene von >10° und in der Transversalebene von >5° eine Revisionsoperation. Für die Sagittalebene kann die Operationsindikation nur durch funktionelle Gesichtspunkte begründet werden (z. B. Instabilität). Verschiebungen der Gelenklinie von ≥1 cm bzw. eine Schrägstellung der Gelenkfläche („Gelenklinie“) von >5° lassen eine Revisionsoperation bei schmerzhaften Funktionszuständen ebenfalls aussichtsreich erscheinen. Evidenzbasierte Daten dazu liegen derzeit jedoch noch nicht vor.
Literatur
Bankes MJ, Back DL, Cannon SR, Briggs T W (2003) The effect of component malalignment on the clinical and radiological outcome of the Kinemax total knee replacement. Knee 10: 55–60
Barrack RL, Schrader T, Bertot AJ, Wolfe MW, Myers, L (2001) Component rotation and anterior knee pain after total knee arthroplasty. Clin Orthop 392: 46–55
Bathis H, Perlick L, Tingart M, Luring C, Zurakowski D, Grifka J (2004) Alignment in total knee arthroplasty. A comparison of computer-assisted surgery with the conventional technique. J Bone Joint Surg Br 86: 682–687
Berend ME, Ritter MA, Meding JB et al. (2004) Tibial component failure mechanisms in total knee arthroplasty. Clin Orthop 428: 26–34
Berger RA, Crossett LS, Jacobs JJ, Rubash HE (1998) Malrotation causing patellofemoral complications after total knee arthroplasty. Clin Orthop 356: 144–153
Brooks DH, Fehring TK, Griffin WL, Mason JB, McCoy TH (2002) Polyethylene exchange only for prosthetic knee instability. Clin Orthop 405: 182–188
Callaghan JJ, O’Rourke MR, Saleh KJ (2004) Why knees fail: lessons learned. J Arthroplasty 19: 31–34
Clarke HD, Scuderi GR (2003) Flexion instability in primary total knee replacement. J Knee Surg 16: 123–128
Fehring TK, Odum S, Griffin WL, Mason JB, Nadaud, M. (2001) Early failures in total knee arthroplasty. Clin Orthop 392: 315–318
Hassenpflug J (2003) Gekoppelte Knieendoprothesen. Orthopäde 32: 484–489
Hawker G, Wright J, Coyte P et al. (1998) Health-related quality of life after knee replacement. J Bone Joint Surg Am 80: 163–173
Heck DA, Robinson RL, Partridge CM, Lubitz RM, Freund, DA (1998) Patient outcomes after knee replacement. Clin Orthop 356: 93–110
Huang CH, Ma HM, Lee YM, Ho FY (2003) Long-term results of low contact stress mobile-bearing total knee replacements. Clin Orthop 416: 265–270
Hube R, Reichel H (2003) Modulare Revisionssysteme in der Knieendoprothetik. Möglichkeiten und Techniken. Orthopäde 32: 506–515
Ito J, Koshino T, Okamoto R, Saito T (2003) 15-year follow-up study of total knee arthroplasty in patients with rheumatoid arthritis. J Arthroplasty 18: 984–992
Jenny JY, Boeri C (2001) Computer-assisted implantation of total knee prostheses: a case-control comparative study with classical instrumentation. Comput Aided Surg 6: 217–220
Jenny JY, Boeri C (2004) Low reproducibility of the intra-operative measurement of the transepicondylar axis during total knee replacement. Acta Orthop Scand 75: 74–77
Jones CA, Voaklander DC, Johnston DW, Suarez-Almazor ME (2000) Health related quality of life outcomes after total hip and knee arthroplasties in a community based population. J Rheumatol 27: 1745–1752
Keating EM, Meding JB, Faris PM, Ritter MA (2002) Long-term followup of nonmodular total knee replacements. Clin Orthop 404: 34–39
Khatod M, Codsi M, Bierbaum B (2004) Results of resurfacing a native patella in patients with a painful total knee arthroplasty. J Knee Surg 17: 151–155
Laskin RS (2002) Joint line position restoration during revision total knee replacement. Clin Orthop 404: 169–171
McAuley JP, Engh GA (2003) Constraint in total knee arthroplasty: when and what? J Arthroplasty 18: 51–54
Moran M, Khan A, Sochart DH, Andrew G (2003) Expect the best, prepare for the worst: surgeon and patient expectation of the outcome of primary total hip and knee replacement. Ann R Coll Surg Engl 85: 204–206
Muoneke HE, Khan AM, Giannikas KA, Hagglund E, Dunningham TH (2003) Secondary resurfacing of the patella for persistent anterior knee pain after primary knee arthroplasty. J Bone Joint Surg Br 85: 675–678
Pagnano MW, Hanssen AD, Lewallen DG, Stuart MJ (1998) Flexion instability after primary posterior cruciate retaining total knee arthroplasty. Clin Orthop 356: 39–46
Sharkey PF, Hozack WJ, Rothman RH, Shastri S, Jacoby SM (2002) Insall award paper. Why are total knee arthroplasties failing today? Clin Orthop 404: 7–13
Sparmann M, Wolke B, Czupalla H, Banzer D, Zink, A. (2003) Positioning of total knee arthroplasty with and without navigation support. A prospective, randomised study. J Bone Joint Surg Br 85: 830–835
Stockl B, Nogler M, Rosiek R, Fischer M, Krismer M, Kessler O (2004) Navigation improves accuracy of rotational alignment in total knee arthroplasty. Clin Orthop 426: 180–186
Waslewski GL, Marson BM, Benjamin JB (1998) Early, incapacitating instability of posterior cruciate ligament-retaining total knee arthroplasty. J Arthroplasty 13: 763–767
Werner FW, Ayers DC, Maletsky LP, Rullkoetter PJ (2005) The effect of valgus/varus malalignment on load distribution in total knee replacements. J Biomech 38: 349–355
Interessenkonflikt:
Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Perka, C., Tohtz, S. & Matziolis, G. Achskorrektur bei Knietotalendoprothesenrevisionen. Orthopäde 35, 136–142 (2006). https://doi.org/10.1007/s00132-005-0905-7
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00132-005-0905-7