Unter der Sammelbezeichnung Achillodynie werden Erkrankungen der Achillessehne, der umgebende Weichteilgewebe und des Knochens geführt: Paratenonitis, Tendinitis, Tendinose mit Teilruptur, Insertionstendopathie, Bursitis subachillea und Bursitis retroachillea, Haglund-Exostose und Fersensporn. Diese Krankheitsbilder können einzeln oder in Kombination auftreten. Betroffen sind vorwiegend übergewichtige, deutlich über 30-jährige Freizeitsportsportler, in der Mehrzahl Männer, wie auch in unserem Krankengut (Tabelle 1). Häufig sind dies Patienten mit vorwiegend sitzender Tätigkeit, ungesundem Ernährungsverhalten und mehr oder weniger regelmäßigem Training.

Tabelle 1. Operative Therapie bei Achyllodynie im eigenen Krankengut

Als exogene Faktoren können ungeeignete Sportplätze und Untergründe, z. B. Beton, ungeeignetes Schuhwerk und zu abrupte Belastungssteigerungen zum Auftreten dieser Erkrankungen beitragen.

Als intrinsische, pathogenetische Faktoren finden sich in dieser Altersgruppe häufig intratendinöse, degenerative Schäden auf dem Boden von repetitiven Mikrotraumen, Durchblutungsverminderung, Bewegungsmangel oder von Fehlbelastung. Histologisch finden sich an der Achillessehne — v. a. in einem Bereich ca. 2–4 cm proximal des Kalkaneus — kollagene Faserdesorientierung ohne Entzündungszellen, Hypozellularität, rarifizierte Blutgefäße, Nekrosen, Kalzifizierung, Minderperfusion, Gewebehypoxie und defekte Zellernährung.

Biomechanik und Pathophysiologie

Pathologische Veränderungen der Funktion des Fußes als Stoßdämpfer, Standfläche und Abstoßelement führen zu einer Veränderung des physiologischen Abrollvorgangs. Die Achillessehne wird fehlbelastet durch erhöhte Verformbarkeit des Fußes, Insuffizienz der Haltemuskulatur, insbesondere der Peroneal- und Tibialismuskulatur und der Insuffizienz der Bandverbindungen des Sprunggelenks und des Rückfußes. Durch Knochenausziehungen am posterosuperioren Kalkaneus und durch Veränderungen der Fußwölbung mit Längswölbung wie Calcaneus varus, Pes cavus oder excavatus kommt es zur punktförmigen Druckbelastung der Achillessehne am Knochen, insbesondere beim Laufen bergauf oder bergab. Bei der Landung des Rückfußes kommt es zu einer abrupten Valgisation des Rückfußes mit pathologischer Hyperpronation bei Knickfuß oder Varisierung des Rückfußes mit Hypersupination bei fibularer Bandinstabilität. Beim Abstoß führt die Veränderung des Achillessehnen-Kalkaneus-Winkels bei pathologischer Rückfußstellung zur chronischen, lokalen Überbeanspruchung durch asymmetrischen, meist medialseitigen Zug an der Achillessehne.

Durch die erhöhte Gewichtsbelastung bei Adipositas und begleitende Stoffwechselveränderungen wie Hypercholesterinämie und Hyperurikämie wird die Anfälligkeit des Sehnengewebes für Läsionen begünstigt. Gerade beim Adipösen kann bei zu weichem Schuhwerk durch die Gewichtsbelastung eine verstärkte Deformierung der Sohle und damit weitere Verstärkung der Fehlbelastung auftreten. Durch neue, unpassende Schuhe oder zu harte Fersenkappen können knöcherne Reaktionen am Kalkaneus begünstigt werden.

Diagnostik

Der Achillessehnenschmerz kann akut bei Belastung oder schleichend einsetzen. Anlaufschmerz im Bereich des Kalkaneus oder der distalen Achillessehne, später Ruheschmerz sowie zunehmende Belastungsunfähigkeit weisen auf die Achillodynie hin. Bei der Inspektion kann eine spindelförmige Verdickung der Achillessehne oberhalb des Kalkaneus oder Verdickung und Prominenz am dorsalen Kalkaneus ebenso wie Fehlstellungen im Rückfuß und Fußgewölbeveränderungen auffallen. Palpatorisch finden sich eventuell dort Verhärtung, Druckschmerz, Dehnungsschmerz oder Zangenschmerz.

Mit der Sonographie lässt sich die echoarme, spindelförmige Verdickung der Achillessehne eventuell mit lokalen zentralen Veränderungen der Echogenität, bisweilen ein Flüssigkeitssaum im Paratenon nachweisen. Die Sehnenansatzzone ist durch Artefaktbildung sonographisch nicht sicher zu beurteilen. In der Kernspintomographie können ebenfalls spindelförmige Achillessehnenverdickungen mit lokalen Signalveränderungen und vermehrtem Flüssigkeitsnachweis in der T2-Wichtung (Abb. 1), die Teilruptur am Achillessehnenansatz (Abb. 2), die Verdickung der Bursae subachilleae oder retroachilleae sowie Konturveränderungen des dorsalen Kalkaneus mit Exostosen (Abb. 3) oder ein dorsaler Fersensporn (Abb. 4) nachgewiesen werden. Bei chronischen Verläufen kann es auch zu Verkalkungen der Achillessehne kommen (Abb. 5).

Abb. 1
figure 1

Spindelförmige Verdickung (T1) mit lokalen Signalveränderungen mit vermehrtem Flüssigkeitsnachweis in der T2-Wichtung in der Sehne

Abb. 2
figure 2

Teilruptur am Achillessehnenansatz

Abb. 3
figure 3

Konturveränderungen des dorsalen Kalkaneus mit Haglund-Exostose

Abb. 4
figure 4

Dorsaler und plantarer Fersensporn

Abb. 5
figure 5

Verkalkung der Achillessehne

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch kommen beim Achillessehnenschmerz in Betracht:

  • tendinöse Ursachen wie die Paratenonitis, Tendinitis, Tendinose mit Teilruptur, Insertionstendopathie,

  • Veränderungen der Gleitgewebe wie Bursitis subachillea und Bursitis retroachillea,

  • ossäre Ursachen wie Kalkaneussporn oder die Haglund-Exostose.

Seltener sind Apophysitis calcanei, die Stressfraktur oder ein pathologischer Proc. posterior calcanei. Jede dieser Erkrankungen kann einzeln oder in Kombination auftreten. Seltener können umgebende Strukturen wie ein Os Trigonum, eine talokalkaneale Instabilität, Vorfußerkrankungen wie Hallux rigidus oder Sesamoiditis, Hüftrotationseinschränkungen oder Knieerkrankungen zur Fehlbelastung führen. Dagegen sind mit Adipositas vergesellschaftete Stoffwechselerkrankungen wie Hyperurikämie, Hypercholesterinämie oder Xanthomatose häufig mitverantwortlich für degenerative Prozesse der Achillessehne. Eine Rarität ist die Epithelzyste als Ursache der Achillodynie.

Therapie

Therapeutisch stehen in der akuten Phase Sportpause, bzw. Trainingsänderung auf reduzierte Achillessehnenbelastung mit Wegnahme des Körpereigengewichts, z. B. durch Radfahren oder Schwimmen, lokale oder systemische Antiphlogistika, Kryo- und Elektrotherapie im Vordergrund. Im postakuten Stadium können physiotherapeutische Maßnahmen wie Stretching, Muskeldetonisierung, Massagen oder Ultraschall eingesetzt werden.

Gleichzeitig muss jedoch die Überprüfung des Schuhwerks erfolgen, gegebenenfalls zu weiches Schuhwerk eliminiert, bzw. orthopädische Schuhzurichtungen entsprechend der Fehlstellungen und unterstützende Einlagen verordnet werden. Insbesondere ist die Normalisierung des Abrollvorgangs, optisch oder per videogestützter Bewegungsanalyse anzustreben. Mit Infiltrationen der Achillessehne sollte sehr zurückhaltend umgegangen werden, gegen eine Infiltration der Bursae oder des Paratenons ist nichts einzuwenden.

Beim Adipösen sollte natürlich eine deutliche Gewichtsreduktion mit Wechsel auf Sportarten mit geringere Achillessehnenbelastung angestrebt werden.

Operative Therapie

Bei hartnäckig, therapieresistenten Fällen ist die Operation die letzte Option. Abhängig von den betroffenen Strukturen kommt bei der Achillodynie die operative Lösung von Adhäsionen, Ausschneidung von Nekrosen der Achillessehne, Längsdurchtrennung, Teilnaht oder Naht der Achillessehne, ggf. Verstärkung oder Augmentation mit autologem Sehnenmaterial zur Anwendung (Abb. 6). Bei Vorliegen einer Haglund-Exostose wird diese einschließlich der Bursa subachillea abgetragen (Abb. 7).

Abb. 6
figure 6

Operative Revision bei mehrzeitiger Achillessehnenteilruptur

Abb. 7
figure 7

Operative Revision bei Achillessehnenteilruptur mit Haglund-Exostosenabtragung, Achillessehnenteilnaht und Fadenankerfixation

Heilverläufe bis zu einem Jahr sind aufgrund der bradytrophen Gewebesituation bis zur vollen Ausheilung keine Seltenheit.

Diskussion

Die Achillodynie ist eine typische Erkrankung des wohlgenährten, mittelalten Menschen. Freizeit oder Gelegenheitssportler sind besonders betroffen. Das Übergewicht ist als verstärkender Faktor mit stoffwechselbedingten Gewebeveränderungen und anlagebedingten orthopädischen Fußfehlstellungen zu sehen. Durch prophylaktische und konservative Maßnahmen ist die Operation meist vermeidbar [1, 3, 4].

Die Ergebnisse der beschriebenen operativen Eingriffe sind bei unvermeidlicher, langer Rehabilitationszeit gut [3, 5]. Davon abzugrenzen ist die in der Literatur [1, 2, 3, 4] beschriebene Achillodynie des Leistungssportlers der Lauf- und Sprungsportarten mit oft hartnäckigen, karrierebedrohenden Verläufen.

Fazit für die Praxis

Die Achillodynie auf dem Boden einer Adipositas ist eine vermeidbare, jedoch meist gut therapierbare Zivilisationserkrankung. Die Therapie erfolgt zumeist konservativ mit antiphlogistischen, physikalischen und belastungsreduzierenden Maßnahmen. Ergänzend sollte eine Gewichtsreduktion ohne Laufbelastung und eine Versorgung mit orthopädischen Schuhzurichtungen erfolgen. Bei chronischen Verlaufsformen ist die operative Therapie abhängig von den betroffenen Strukturen mit Nekrosenausschneidung der Achillessehne, Achillessehnenteilrekonstruktion, Bursektomie, Paratenektomie oder Haglund-Exostosenabtragung angezeigt.