Die periprothetische Infektion ist eine schwerwiegende Komplikation der Gelenkersatzchirurgie, die aber mit einer Infektionsrate von ca. 1–2% heute selten ist [1]. Die Therapie besteht aus der chirurgischen Revision mit Entfernung allen Fremdmaterials und einer antibiotischen Therapie, die sich aus dem Nachweis des Erregers und der Resistenzprüfung gegen Antibiotika im Einzelfall herleitet.

Auch wenn das Vorgehen uneinheitlich ist, haben sich empirisch bestimmte Vorgehensweisen als erfolgversprechend erwiesen. Unstrittig ist, dass eine Entfernung des Fremdmaterials, von Ausnahmen abgesehen, zur Beseitigung dieser Infektion erforderlich ist [4].

Die Anwendung der Antibiotika richtet sich nach der Art des chirurgischen Vorgehens und unterstützt dieses. Antibiotika können lokal an Träger gebunden oder systemisch angewendet werden.

Ziel dieser Publikation ist es, die Prinzipien der Anwendung von Antibiotika bei verschiedenen Vorgehensweisen darzustellen.

Bedeutung der Pathogenese für die Therapie

Besonderheit der periprothetischen Infektion ist es, dass ein Fremdkörper den Kristallisationspunkt für die Infektionskrankheit bildet und damit im Gegensatz zu anderen Infektionen eine komplexe Interaktion zwischen Fremdkörper und Wirtsorganismus, Wirtsorganismus und Erreger sowie Erreger und Wirtsorganismus entsteht [6, 8].

Bakterien kontaminieren den Fremdkörper und besiedeln diesen. Da der Fremdkörper selbst eine Störung der lokalen Abwehr bewirkt [30], ist die weitere Ausbreitung des Erregers auf dem Fremdkörper möglich. Die Bakterien ihrerseits verändern ihre Natur, wenn sie sich an die Fremdkörperoberflächen anheften, sie wechseln von der planktonischen Phase in die sessile [8]. Dies ist in sofern von Interesse, als sessile Formen sich durch eine deutlich verlängerte Generationszeit, von z. T. über 20 h, im Gegensatz zu 35 min bei Staphylokokken, auszeichnen [28]. Diese langen Generationszeiten wirken sich sowohl auf die Wirksamkeit der Antibiotika wie auch auf die Zeit zwischen Inokulation und Manifestation der periprothetischen Infektion aus.

Die Fähigkeit sessiler Bakterien, Biofilm zu bilden, schränkt die Wirksamkeit der antibiotischen Therapie weiter ein: Der Biofilm kann einerseits bei einigen Bakterienarten, wie Pseudomonas aeruginosa, eine Diffusionsbarriere darstellen, wichtiger ist aber, dass die Wirtsabwehr nur eingeschränkt in der Lage ist, die Bakterien zu eliminieren [26, 30]. Antibiotika sind aber in Bezug auf die Erregerelimination auf die zelluläre Abwehr angewiesen, da auch bakterizide Antibiotika nicht in der Lage sind, alle Bakterien abzutöten. Granulozyten und Makrophagen beenden eine Infektion durch ihre Phagozytoseaktivität, nicht die Antibiotika allein.

Bedeutsam ist auch der Manifestationsort der periprothetischen Infektion: Jede Entzündung geht mit einer Schwellung des Gewebes einher. Anders als andere Gewebe ist das Knochengewebe aufgrund seines mineralischen Gerüstes nicht in der Lage sich auszudehnen, wodurch der Druck auf das Gefäßbett zu einer funktionellen Gefäßinsuffizienz führt. Dadurch ist diese Infektion sowohl für Mediatoren der Abwehr wie auch für Pharmaka schwer zugänglich [17].

Optionen der Antibiotikatherapie

Die periprothetische Infektion erfordert die chirurgische Revision in Zusammenhang mit einer gezielten antibiotischen Therapie. Ist die chirurgische Therapie bei dem Patienten nicht möglich, kann eine Suppressionstherapie vorgenommen werden, wie sie in der Option 1 dargestellt ist. Die Antibiotikatherapie muss in ein chirurgisches Konzept eingebettet und für das jeweilige chirurgische Therapiekonzept angepasst sein.

Sowohl die Antibiotikatherapie wie auch die chirurgische Revision verfolgen das gleiche Ziel, nämlich die zahlenmäßige Reduktion der Erreger. Die chirurgische Therapie ist über die Entfernung des Fremdmaterials hinaus in der Lage, die Bedingungen für sessile, biofilmbildende Bakterien dahingehend zu moderieren, dass Bedingungen geschaffen werden, unter denen diese sessilen Formen sich nicht ausbilden. Dies ist einer der Gründe, weshalb die Radikalität des Débridements von Knochen und Weichgeweben inklusive des Bandapparates entscheidenden Einfluss auf den Erfolg der Behandlung hat. Die Infektbeherrschung hat ähnlich wie in der Tumorchirurgie Vorrang vor dem funktionellen Ergebnis. Antibiotika sind aber in der Lage, diesen Erfolg nachhaltig abzusichern.

Allgemeine Regeln der Antibiotikatherapie

Die Antibiotikatherapie sollte, wenn möglich, gezielt erfolgen. Das bedeutet, dass die Antibiotika nach Erregernachweis und Resistenztestung und nach den pharmakologischen Eigenschaften—bezogen auf den Infektionsort—ausgewählt werden. Da in der klinischen Praxis häufig eine Antibiotikatherapie erforderlich ist, bevor mikrobiologische Daten vorliegen, muss in diesen Fällen eine kalkulierte oder ungezielte Antibiotikatherapie durchgeführt werden. Diese richtet sich nach den zu erwartenden Erregern und ihrem zu vermutenden Resistenzmuster unter Berücksichtigung der pharmakologischen Eigenschaften am Infektionsort [23]. Eine ungezielte Therapie ist häufig erforderlich, wenn eine lebensbedrohliche Situation wie eine Meningitis oder eine Septikämie vorliegt (Interventionstherapie).

Die periprothetische Infektion besitzt ein Erregerspektrum, bei dem Staphylokokken, Streptokokken und Propionibakterien ganz im Vordergrund stehen [25], sodass dies nahe legen könnte, dass eine kalkulierte Therapie sinnvoll angewendet werden kann. Dass das nicht so ist, liegt daran, dass bei Staphylokokken, die mit über 60% den größten Anteil der Erreger darstellen, die Resistenzlage aufgrund einer Vielzahl von Resistenzen nicht vorhersehbar ist [14]. In der überwiegenden Zahl der Infektionen handelt es sich um sog. Low-grade-Infektionen oder chronischen Verläufe, die keiner Interventionsbehandlung bedürfen. In diesen Fällen kann die mikrobiologische Diagnostik abgewartet werden.

Geeignete Antibiotika sind solche, die am Ort der Infektion, also im Knochengewebe, eine gute Bioverfügbarkeit besitzen. Hierbei ist zu beachten, dass aufgrund der oben geschilderten funktionellen Gefäßinsuffizienz eine hochdosierte Antibiotikatherapie erforderlich ist [17]. Eine Auswahl geeigneter Substanzen ist in Tabelle 1 dargestellt. Bezüglich der Therapiedauer wird ein Zeitraum von mindestens 4–6 Wochen als angemessen betrachtet [23, 11]. Diese Therapiedauer leitet sich aus tierexperimentellen Untersuchungen über die Revaskularisierung des Knochens nach einer Osteotomie ab, die 3–4 Wochen benötigt [17].

Tabelle 1 Geeignete Antibiotika zur Behandlung von Infektionen am Knochen und bei periprothetischer Infektion (in Anlehnung an Koch und Masche [13]) Die angegebenen Dosierungen gelten für Erwachsene

Da die Antibiotikatherapie diesen pathophysiologischen Gegebenheiten sowohl von der Höhe der Dosierung als auch der Dauer der Therapie her Rechnung tragen muss, steigt das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Es ist eine therapiebegleitende Überwachung von Leber- und Nierenfunktion und ggf. eine Dosisanpassung der Antibiotika erforderlich. Geeignete Laborparameter sind die Nierenretentionswerte und ggf. die Bestimmung der Kreatininclearance sowie der Cholinesterase (CHE) als Indikator für eine Lebersyntheseleistungsstörung. Für einige Antibiotika besteht auch die Möglichkeit des Drugmonitorings, wie für Vancomycin und Gentamicin [19]. Zur Erfolgskontrolle sollte das C-reaktive Protein (CRP) herangezogen werden [20].

Ein spezielles Problem stellen Durchfallerkrankungen dar. Hier ist zu unterscheiden zwischen den Diarrhöen, die aus allgemeinen Einflüssen der Antibiotika auf die Darmflora resultieren, und solchen, die toxininduziert sind, wie die pseudomembranöse Kolitis durch Clostridium difficile. Die Therapie besteht in der oralen Gabe von Vancomycin oder Teicoplanin bzw. von Metronidazol ([12]; z. B Clont®). Die zusätzliche Gabe von Hefen der Spezies Saccharomyces boulardii (Perenterol®) hat sich bewährt [16].

Sonderfall: lokale Antibiotikatherapie

Bei der systemischen Therapie wird das Medikament, direkt oder indirekt, über das Blut verteilt und erreicht so den Wirkort. Für die Wirkung vor Ort ist dabei zu berücksichtigen, dass es zu einer primären Verdünnung im gesamten Blutvolumen kommt. Für die meisten Gewebe ist dies unproblematisch, da ausreichend hohe Wirkspiegel erreicht werden können, ohne dass toxische Effekte an den gefährdeten Zielorganen auftreten. Durch die funktionelle Minderversorgung werden deutlich niedrigere Konzentrationen als im Serum oder in parenchymatösen Organen erreicht. Die Dosierung der verabreichten Antibiotika ist durch dosisabhängige toxische Effekte z. B. an der Niere, der Leber oder am zentralen Nervensystem begrenzt.

Der Ansatz der lokalen Anwendung von Antibiotika besteht darin, hohe Konzentrationen am Ort der Infektion zu erzeugen und toxische Wirkungen an anderen Organen zu vermeiden. Das Pharmakon hat am Ort der Infektion die höchste Konzentration und wird von dort im Körper verteilt. Es werden so Konzentrationen realisiert, die bei Benutzung von PMMA-Knochenzement 1000fach über denen im Serum liegen [9]. Wichtig ist, dass ein Wirkstoffträger benutzt wird, der den Wirkstoff verzögert freigibt. Beim „plaster of Paris“, mit Antibiotika vermischtem Gips, werden die Antibiotika unmittelbar aus einer wässrigen Phase dem Blut zur Verfügung gestellt, wodurch die Möglichkeit von Überdosierungen grundsätzlich besteht. Bei diesen Wirkstoffträgern sollte eine Dotierung erfolgen, die auch intramuskulär appliziert werden kann.

Bei der lokalen Antibiotikatherapie ist in Zusammenhang mit der periprothetischen Infektion der PMMA-Knochenzement der meist benutzte Wirkstoffträger. Ein Großteil der therapierelevanten Antibiotika steht nicht als industriell gefertigter antibiotikabeladener PMMA-Knochenzement zur Verfügung, sodass die intraoperative Zumischung von Hand erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Antibiotika in Pulverform dem Polymerpulver des Knochenzementes zugegeben werden müssen. Es muss ein homogenes Gemenge hergestellt werden, um sowohl das Auslöseverhalten zu optimieren als auch die mechanischen Eigenschaften des Knochenzementes weitgehend zu erhalten.

Der Technik der Gemengeherstellung kommt dabei besondere Bedeutung zu: Das Antibiotikumpulver wird vollständig in einer Rührschale vorgelegt und zu gleichen Teilen mit Polymerpulver mit einem Spatel vermengt. Die so erhaltene Mischung wird wiederum zu gleichen Teilen mit Polymerpulver gemischt. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis das Polymerpulver aufgebraucht ist. Dann erst wird das flüssige Monomer dazugegeben. Da nicht alle Antibiotika zur Zumischung geeignet sind, ist in Tabelle 2 eine Auswahl geeigneter Substanzen aufgelistet.

Tabelle 2 Zur Zumischung zum PMMA-Knochenzement geeignete Antibiotika (Zumischung in Pulverform zu PMMA-Polymer-Pulver)—Auswahl

Option 1: Antibiotika ohne Chirurgie

Der Einsatz von Antibiotika ohne chirurgische Intervention ist nur in Ausnahmen zu rechtfertigen, da in der Regel nur die Erreger in der planktonischen Form beeinflusst werden, nicht aber die sessilen Formen im Biofilm. Bengtson gibt für Kniegelenke eine Erfolgsrate von 11% bei einer Nachbeobachtung von 5 Monaten an [2]. Solche Therapien sind dazu geeignet, die klinischen Symptomatik zu unterdrücken, nicht aber den Erreger zu eliminieren. Nach Absetzen ist mit einem Rezidiv zu rechnen.

Soll nicht die dauerhafte Infektberuhigung angestrebt werden, kann in Ausnahmefällen eine (lebenslange) Suppressiontherapie erfolgen [4]. Als Bedingungen für die Suppressionstherapie werden folgende Kriterien genannt:

  1. 1.

    Prothesenentfernung unmöglich,

  2. 2.

    wenig virulenter Erreger,

  3. 3.

    sehr gute Empfindlichkeit des Erregers gegenüber geeigneten oral applizierbaren Antibiotika,

  4. 4.

    Verträglichkeit der Antibiotikatherapie, und

  5. 5.

    ein nicht gelockertes, funktionstüchtiges Prothesensystem.

Sind alle Bedingungen erfüllt, berichten Goulet über eine erfolgreiche Suppressionstherapie in 63% der Fälle bei diesem hochgradig selektierten Krankengut [10].

Diese palliative Therapie stellt eine Ultima ratio dar und sollte dann in Zusammenarbeit mit einem infektiologisch versierten Arzt vorgenommen werden.

Von der Suppressionstherapie abgegrenzt werden muss die Interventionstherapie, die bei drohender oder schon bestehender Sepsis erforderlich ist, um die Zeit bis zur Operation zu überbrücken. Aber auch in diesen Fällen ist eine chirurgische Intervention mit Gelenkeröffnung oder einer arthroskopischen Spülung des Gelenkes anzustreben.

Option 2: Antibiotika und Prothesenentfernung allein

Eine weitere Möglichkeit der Behandlung ist die Entfernung der Prothese mit allen sonst vorhandenen Fremdmaterialien, Débridement von Weichteilen und Knochen, gefolgt von der Anlage einer Resektionsarthroplastik. Dies ist gut z. B. bei Hüftgelenken (Girdlestone-Arthroplastik) oder an der Schulter möglich. An anderen Gelenken wie Knie-, Ellenbogen- oder Sprunggelenk ist dies aus funktionellen Gründen in der Regel nur mit einer Arthrodese mittels Fixateur externe möglich, wenn dauerhaft einliegendes Osteosynthesematerial wie ein Arthrodesestab vermieden werden soll. Diese chirurgischen Maßnahmen müssen von einer gezielten antibiotischen Therapie über 6–8 Wochen begleitet werden.

Die Frequenz für die Arthrodese am Kniegelenk wird im schwedischen Prothesenregister mit 12/10.000 angeben [22]. Nachteil dieses Vorgehens ist, das die Infektberuhigung immer durch einen Funktionsverlust erkauft ist. Hier sind die Lebenssituation des Patienten und seine funktionellen Bedürfnisse zu beachten.

Einen weiteren Weg bei anders nicht beherrschbarer Infektion, insbesondere auch bei lebensbedrohlichen Zuständen, stellt die Amputation der betroffenen Extremität bzw. im Falle des Hüftgelenks die Exartikulation dar. Das Antibiotikaregime richtet sich hier danach, ob die Resektion im infektfreien Bereich möglich war. Die antibiotische Therapie muss in diesen Fällen im Einzelfall auf die klinische Situation des Patienten abgestellt werden. Für Amputationen bei infizierten Kniegelenksprothesen wird im schwedischen Prothesenregister eine Frequenz mit 2/10.000 angegeben [22]

Option 3: Antibiotika und Revision mit Belassung der Prothese in situ

In bestimmten Situationen ist es möglich, die Prothese zu erhalten. Voraussetzung für den Erfolg dieses von Zimmerli etablierten Konzeptes ist ein funktionstüchtiger, nicht gelockerter Gelenkersatz, eine schnelle Intervention nach Auftreten der ersten klinischen Infektionszeichen, das chirurgische Débridement mit folgender antiseptischer Spülung und der Einsatz einer verlängerten Antibiotikatherapie mit Chinolonen und Rifampicin für 3–6 Monate bei Staphylokokken als Erreger [29]. Bei Anwendung strenger Auswahlkriterien und Verträglichkeit des Regimes wird eine sehr hohe Erfolgsrate berichtet.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgen Mella-Schmidt und Steinbrink: Bei Infektionen, die sich bis 6 Wochen nach Implantation eines Kunstgelenkes manifestieren, wird eine Revision mit radikalem Débridement unter Belassung der Prothese mit anschließender Spül-Saug-Drainage und systemischer Antibiotikatherapie für ca. 4 Wochen vorgenommen. Bei Staphylococcus aureus und β-hämolysierenden Streptokokken konnten damit über 50% der Prothesen in situ belassen werden [18].

Bei diesen Verfahren wird der Erfolg wesentlich von der Dauer von den ersten klinischen Infektionszeichen bis zum Therapiebeginn bestimmt. Eine Untersuchung von Tattevin belegt: je schneller die Intervention erfolgt, desto besser sind die Chancen auf Erfolg [27].

Option 4: Antibiotika und Prothesenaustausch

Unter funktionellen Gesichtspunkten ist der Austausch des Prothesensystems anzustreben. Dieser kann einzeitig oder zweizeitig erfolgen.

Beide Konzepte existieren nebeneinander und werden auch nach über 25 Jahren häufig nicht ideologiefrei vertreten.

Einzeitiger Prothesenwechsel

Der einzeitige Wechsel geht auf Buchholz zurück. Er beobachtete, dass bei der periprothetischen Infektion die systemische Antibiotikatherapie trotz ausgetesteter Wirksamkeit versagte. Er suchte daher nach einer Möglichkeit, hohe Antibiotikakonzentrationen lokal am Ort der Infektion zu erreichen. Dabei erwies sich der PMMA-Knochenzement, der zur Prothesenfixierung diente, als geeigneter Wirkstoffträger für eine Reihe von Antibiotika [5]. Daraus wurde das einzeitige Wechselkonzept der ENDO-Klinik entwickelt.

Das einzeitige Wechselkonzept besteht aus folgenden Elementen:

  1. 1.

    dem verlässlichen Erregernachweis,

  2. 2.

    dem radikalen Débridement von Knochen und Weichteilen mit Entfernung der Prothese und allen Fremdmaterials,

  3. 3.

    der Implantation einer neuen Prothese unter Benutzung von PMMA-Knochenzement, und

  4. 4.

    einer gezielten systemischen Antibiotikatherapie für 10–14 Tage, wenn vom klinischen Verlauf keine längere Therapie erforderlich ist.

In 10 unterschiedlichen Studien wird der Erfolg, definiert als frei von Infektzeichen mit 38–100% angegeben. Von diesen zeigen 7 Erfolgsraten zwischen 80 und 90% [15].

Da bei einzeitigem Wechsel heutzutage fast ausnahmslos lokale Antibiotika eingesetzt werden, ist bei dieser Methode der präoperative Erregernachweis unabdingbar.

Zwei- oder mehrzeitiger Prothesenwechsel

Die verbreitetste Form des Prothesenwechsels im Infekt ist der zwei- oder mehrzeitige Wechsel. Das Prinzip ist dabei, dass nach Entfernung der Prothese über eine systemische Antibiotikatherapie in Abwesenheit des Fremdkörpers die Infektberuhigung erfolgt und erst danach eine neue Prothese implantiert wird. Wenn nötig, werden im prothesenlosen Intervall weitere Revisionen durchgeführt.

Um die Alteration der Weichteile zu minimieren, werden zunehmend Platzhalter (Spacer) z. B. aus PMMA-Knochenzement eingelegt, die eine Schrumpfung des bindegewebigen Halteapparats, insbesondere am Kniegelenk, verhindern sollen [23]. Diese werden häufig auch zur lokalen Antibiotikatherapie genutzt, indem dem Knochenzement, wie beim einzeitigen Wechsel, Antibiotika gezielt zur Therapie zugesetzt werden. Es werden mittlerweile industriell vorgefertigte Spacersysteme mit Antibiotikazusatz (z. B. PROSTALAC) angeboten.

Der zweizeitige Wechsel besteht damit aus folgenden Elementen:

  1. 1.

    dem radikalen Débridement von Knochen und Weichteilen,

  2. 2.

    ggf. Einlage eines Platzhaltersystems (Spacer) mit oder ohne lokale Antibiotikatherapie,

  3. 3.

    einem prothesenfreien Intervall mit einer hochdosierten systemischen Antibiotikagabe,

  4. 4.

    Reimplantation der Prothese nach klinischer Infektberuhigung überwiegend nach ca. 6 Wochen und

  5. 5.

    einer nachgehenden systemischen Antibiotikatherapie.

Für die Reimplantation können beim zweizeitigen Wechsel sowohl zementierte als auch unzementierte Kunstgelenke verwendet werden.

Eine Infektberuhigung wird ohne Benutzung von lokalen Antibiotika nach Angaben in der Literatur in 86% erreicht, bei Verwendung von antibiotikahaltigem Knochenzement in bis zu 93%. Diese Daten beruhen auf einer Auswertung der Literatur von Langlais et al. [15]. Bei ihren eigenen Patienten geben sie eine Erfolgsrate von 85% (222 Fälle) an, der 88% (117 Fälle) beim einzeitigen Wechsel gegenüberstehen. Der Unterschied ist statistisch nicht signifikant [15].

Diskussion

Die alleinige Antibiotikatherapie ohne chirurgische Therapie ist ungeeignet für eine dauerhafte Infektionsberuhigung, da durch sie die Bakterien im Biofilm unzureichend erreicht werden. Damit ist nur die Unterdrückung der Symptome möglich. Ist diese allerdings das Ziel, wie bei der Suppressionstherapie bei inoperablen Patienten, kann diese unter Beachtung strenger Auswahlkriterien durchgeführt werden [10]. Abzugrenzen davon ist die Interventionstherapie bei septikämischen Patienten zur Abwendung einer lebensbedrohlichen Situation.

Bei frühen, nicht etablierten Infektionen kann aber in einer Kombination aus chirurgischem Vorgehen zusammen mit einer ausgedehnten, hochdosierten Antibiotikatherapie die Prothese in situ belassen werden. Dieses Vorgehen ist aber an streng einzuhaltende Bedingungen geknüpft und wurde von Zimmerli eingeführt [29]. Ein Verfahren, das in der frühen postoperativen Phase Erfolge zeitigen kann, ist der Erhaltungsversuch des Kunstgelenkes durch qualifiziertes Débridement, Spül-Saug-Drainage und systemische Antibiotikatherapie [19]. Bei beiden Vorgehensweisen muss die Behandlung unmittelbar nach Auftreten der ersten Symptome begonnen werden.

Wenn die periprothetische Infektion etabliert ist, besteht die Behandlung bei allen therapeutischen Ansätzen aus dem radikalen, chirurgischen Débridement und der Fremdkörperentfernung, begleitet von einer gezielten Antibiotikatherapie.

Anzustreben ist ein Prothesenaustausch. Die Art des Vorgehens, ein- oder mehrzeitig, ist aus infektiologischer Sicht nachrangig, da beide Konzepte das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Entfernung des infizierten Fremdkörpers und Reduktion der Anzahl der Erreger und des infizierten (erregerhaltigen) Knochen- und Weichgewebes. Beim einzeitigen Wechsel, der—aus Sicht des Autors—ausschließlich unter Benutzung lokaler Antibiotika erfolgen sollte, ist der Ansatz, die Oberfläche des neu implantierten Kunstgelenkes einerseits vor einer Rekolonisation durch Bakterien zu schützen und andererseits in der perioperativen Phase hohe Konzentrationen von Antibiotika am Ort der Infektion zu erreichen.

Der zweizeitige Wechsel ermöglicht, bei der Reimplantation auch die Prothese zementfrei zu verankern und beinhaltet damit einen weiteren Freiheitsgrad. Auch erleichtert die Abwesenheit einer fixierten Prothese, falls dies klinisch erforderlich ist, ein erneutes Débridement. Aber auch hier werden die Ergebnisse, wie von Robbins et al. dargestellt, durch Einsatz von lokalen Antibiotika, vorzugsweise als Zusatz im Spacer, von 82 auf 91% verbessert [21].

Der direkte Vergleich des einzeitigen Wechsels mit dem zweizeitigen aufgrund der Literatur ist schwierig, da es in beiden unterschiedliche Vorgehensweisen und Verfahren gibt. Dies betrifft sowohl die Auswahl der Antibiotika, deren Dosierung und die Dauer der systemischen Therapie als auch das taktische Vorgehen. Beim zweizeitigen gibt es dabei aufgrund der beschriebenen Freiheitsgrade eine deutlich größer Variabilität als beim einzeitigen Wechsel.

Der einzeitige Wechsel ohne Benutzung von lokalen Antibiotika spielt in neueren Untersuchungen keine Rolle. Der zweizeitige Wechsel wird mit und ohne Spacer, antibiotikabeladen oder nicht, durchgeführt. Bei Reimplantation werden die Prothesen sowohl zementiert als auch unzementiert verankert. Bei der zementierten Verankerung werden dem Knochenzement z. T. auch Antibiotika zugemischt. Diese Vielfalt macht es schwer, die unterschiedlichen Serien zu vergleichen.

Direkte Vergleiche sind selten und beziehen sich häufig auf kompilierte Ergebnisse, wie dies bei Prothesenregistern der Fall ist. Auffallend ist, dass die Ergebnisse häufig dann besser sind, wenn große Serien mit einem Regime an einem Ort behandelt wurden. Langlais berichtet bei direktem Vergleich von einzeitigem und zweizeitigem Vorgehen im eigenen Krankengut keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen einzeitigem und zweizeitigem Vorgehen [15].

Die Indikationen für beide Wechselregime sind erfahrungsbasiert, ohne dass sie in großen kontrollierten Studien überprüft wurden. Wichtig ist es, die Grenzen der einzelnen Verfahren zu ermitteln und daraus klare Indikationen abzuleiten.

Amputationen sind selten geworden und stellen die Ultima ratio der Infektionschirurgie beim endgültigen Versagen anderer Therapieformen dar.

Die Antibiotikatherapie ist die notwendige Ergänzung der einzelnen Therapieformen und unterscheidet sich für alle Formen unwesentlich, da sich die Vorgaben aus der Lokalisation der Infektion im Knochen ergeben. Der Erfahrung der Endo-Klinik folgend kann die systemische Therapie zusammen mit lokalen Antibiotika im PMMA-Knochenzement und primärer Stabilisierung des Interfaces auf 10–14 Tage begrenzt werden, wenn die Weichteilsituation und der klinische Verlauf keine längere Therapie erfordern. Leitparameter dabei ist der CRP-Verlauf. Ist das Interface nicht primär stabilisiert, wie beim zweizeitigen Wechsel, und ist keine lokale Antibiotikatherapie vorhanden, die über längere Zeit ausreichende Wirkspiegel gewährleistet, ist wie bei anderen Infektionen am Knochen oder bindegewebigen Halteapparat eine systemische Gabe von 4–6 Wochen postoperativ erforderlich.

Die periprothetische Infektion ist eine seltene, schwerwiegende Komplikation einer weit verbreiteten Methode, des Gelenkersatzes. Aus infektiologischer Sicht ist für den Erfolg weniger das operative Verfahren ausschlaggebend als vielmehr die Erfahrung des behandelnden Teams. Diese Operationen, einzeitig oder zweizeitig, sollten in Kompetenzzentren zusammengeführt werden, in denen auch offene Fragen, wie die nach Indikation und Grenzen der einzelnen Verfahren, über kontrollierte Studien beantwortet werden können.

Fazit für die Praxis

Die periprothetische Infektion ist eine fremdkörperassoziierte Infektion, die durch im Biofilm sessile Bakterien im Wechselspiel mit planktonischen Bakterien, die die klinische Manifestation verursachen, entsteht. Antibiotika wirken überwiegend auf die planktonischen Formen, nicht auf sessile im Biofilm. Die systemische Antibiotikatherapie ohne Débridement und Entfernung des Fremdmaterials hat deswegen wenig Aussicht auf dauerhaften Erfolg, kann aber zur Suppressionstherapie eingesetzt werden.

Bei frühen, nicht etablierten Infektionen können Staphylokokkeninfektionen durch chirurgisches Débridement und eine mindestens 3-monatige systemische Therapie u. a. mit Rifampicin unter Belassung der Prothese behandelt werden. Entscheidend für den Erfolg ist rascher Therapiebeginn nach Auftreten der ersten Symptome. Bei etablierten Infektionen muss das Fremdmaterial entfernt werden. Die Erfolge desein- und des zweizeitigen Wechselssind ähnlich bei erfahrenen Op.-Teams.

Gelenkersatzplastiken oder Arthrodesen ohne dauerhaft implantiertes Fremdmaterial sind in einzelnen Fällen erforderlich, um den Infekt zu beherrschen. Bei lebensbedrohlichen Situationen ist die Amputation die Ultima ratio.

Alle Verfahren müssen von einer qualifizierten systemischen Antibiotikatherapie begleitet werden. Die lokale Antiotikatherapie mittels PMMA-Knochenzement ergänzt die jeweilige Vorgehensweise und ist beim einzeitigen Wechsel Bedingung. Die Dauer der systemischen Antibiotikatherapie richtet sich nach dem jeweiligen Verfahren (ca. 2 Wochen–6 Monate) und bedarf der Überwachung, um potenziellen Gefahren durch unerwünschte Arzneiwirkungen frühzeitig begegnen zu können.

Alle Vorgehensweisen sollten durch erfahrene Teams in Kompetenzzentren durchgeführt werden.