Das invasive Vulvakarzinom gehört zu den seltenen Malignomen der Frau. In Deutschland kommen auf ein Vulvakarzinom 50 Mammakarzinome, 10 Ovarialkarzinome und 6 Zervixkarzinome. Die Inzidenz liegt bei 2 pro 100.000 Frauen und Jahr; sie steigt von 0,4 bei 30-jährigen auf 20 bei über 70-jährigen Frauen. Insgesamt nimmt die Inzidenz stetig weiter zu [40, 59]. Das 5-Jahresüberleben ist deutlich stadienabhängig und spreizt sich zwischen 87% für das Stadium I bis 22% für das Stadium IV [3]. Vulväre intraepitheliale Neoplasien (VIN) werden immer häufiger diagnostiziert, die Inzidenz liegt über 2 pro 100.000 Frauen und Jahr [54]. Die jüngeren Frauen sind immer häufiger betroffen, die Gruppe der unter 35-Jährigen stellt die Mehrheit. Als zentraler ätiologischer Faktor gilt der Nachweis von Papillomaviren in zytologischen Präparaten und histologischen Hautbiopsaten, zumeist HPV 16. In der Folge eines Lichen sclerosus tritt ein Vulvakarzinom nur in <5% auf. HPV 16/18 findet man dagegen nicht selten bei der gemischten und der hypertrophischen Dystrophie [48] und bei allen VIN-Formen [30]. Risikofaktoren sind Immunsuppression, besonders eine HIV-Infektion [43], und der Nikotinabusus [53].

Wahrscheinlich gibt es 2 Formen des Plattenepithelkarzinoms der Vulva [27, 55, 57]:

  • zum einen ein HPV-positives Karzinom, das bei jüngeren Frauen (im Mittel 55 Jahre) vorkommt und nicht selten gleichzeitig oder aufeinanderfolgend mit einem zweiten Karzinom in der Zervix, der Vagina oder perianal kombiniert ist [26, 58];

  • zum anderen Vulvakarzinome ohne HPV-Nachweis aber mit starker fibromyxoider Stromareaktion bevorzugt bei älteren Frauen (im Mittel 77 Jahre; [1]).

Die Symptomatik bei Vulvamalignomen ist uncharakteristisch. Chronischer Juckreiz tritt aber häufig schon bei präkanzerösen Veränderungen auf.

Prätherapeutische Diagnostik

Inspektion der Vulva

Bei der Inspektion der Vulvahaut ist auf Veränderungen der Farbe und des Oberflächenreliefs zu achten [5, 23]. Erhabene, verdickte, weißliche, aber auch bräunliche, erythematöse und besonders ulzerierende Oberflächenveränderungen sind tumorverdächtig. Dazu kommt eine sorgfältige Tastuntersuchung der Vulva.

Kolposkopie

Die Kolposkopie resp. Vulvoskopie mit dem Kolposkop ist eine sehr geeignete Methode, um einen pathologischen Prozess im Bereich der Vulva zu erkennen. Dabei wird die Vulva nach 2 min Einwirkung von 3% Essigsäure untersucht. Mit dieser Methode wird der Ort der maximalen Veränderungen und dann ggf. der Biopsien festgelegt.

Toluidinblauprobe (Collins-Test)

Nach Säuberung der Vulva wird diese überall mit einer 1%igen Toluidinblaulösung mit Stieltupfern oder Watteträgern sorgfältig angefärbt. Rund 2–3 min später wird versucht, die Farbe mit 2%iger Essigsäure zu entfernen. Das Prinzip dieser Methode beruht darauf, dass sich Areale ohne Verhornungsabdeckung intensiver und länger anfärben [9]. Nicht regulär verhornte Areale behalten ihre Blaufärbung oder dunkeln nach, keratinisierte Herde bleiben weißlich. Entzündliche Veränderungen und Ulzerationen gutartiger Natur können ebenso positiv sein wie karzinomverdächtige Areale. Für die Differenzialdiagnose ist dieses Verfahren daher nur eingeschränkt geeignet.

Zytologie

Die Zytodiagnostik spielt in der Krebsfrüherkennung im Vergleich zur Zervix nur eine untergeordnete Rolle [50], sie kann aber in der Hand des Erfahrenen sehr wohl auf epitheliale Neoplasien hinweisen [23]. Bei der Verlaufskontrolle histologisch definierter Läsionen kann die Zytologie die klinisch-kolposkopische Untersuchung ergänzen.

Biopsie zur histologischen Sicherung

Die Diagnose ist nur durch die histologische Untersuchung möglich. In Frage kommt in erster Linie die Stanzbiopsie, die eine klare Orientierung für den Pathologen und damit eine orthograde Einbettung ermöglicht. Schwieriger zu verarbeiten ist die Knipsbiopsie, die sich leicht verwirft und häufig die tieferen Schichten nicht genügend erfasst. Bei zirkumskripten, auf eine VIN verdächtigen Herden, die im Gesunden entfernt werden sollen, kann ein Exzisionspräparat eingesandt werden. Bei pigmentierten Herden muss auf angemessenen Sicherheitsabstand geachtet werden.

Screening

Das Vulvakarzinom ist ein relativ seltenes Karzinom und zeigt den Altersgipfel bei älteren postmenopausalen Patientinnen. Ein allgemeines Screening ist in dieser Situation wenig erfolgversprechend [50].

Prätherapeutisches Staging

Etwa 80% aller Vulvakarzinome sind im Bereich der großen und kleinen Schamlippen lokalisiert, 10% im Klitorisbereich und 10% im Bereich der hinteren Kommissur. Die Ausbreitung des Vulvakarzinoms erfolgt kontinuierlich auf die Vagina, die Urethra, den Damm und den Anus und diskontinuierlich in die inguinalen und femoralen Lymphknoten. Ein direkter Befall pelviner Lymphknoten ist sehr selten und wird bei der Therapieplanung nicht berücksichtigt. Eine Metastasierung in die femoralen Lymphknoten ist dagegen auch ohne Befall der inguinalen Lymphknoten möglich. Fernmetastasen in Lunge, Leber und Knochen sind selten. Die Metastasierung in die Leistenlymphknoten steht in direkter Beziehung zum Stadium, zum Tumordurchmesser und zur Invasionstiefe [5].

Das Staging erfolgt entsprechend den Empfehlungen der FIGO von 1988, 1994 und der UICC [66] unter Berücksichtigung des Operationsergebnisses (Tabelle 1).

Tabelle 1. Stadieneinteilung der FIGO und der UICC. (Nach [66])

Gynäkologische Untersuchung

Bei der Inspektion muss die Vulva entfaltet und der gesamte Bereich sorgfältig durchgemustert werden, einschließlich der Urethramündung, des Introitus, der Vagina, der Zervix und des Anus.

Die Palpation umfasst die gesamte Vulva, die Vagina und das innere Genitale, den Anus und das Rektum, die Beckenwand sowie die Leisten einschließlich der Schenkelgruben. Alle suspekten Veränderungen sollen vermessen werden, alternativ kann eine Fotodokumentation hilfreich sein.

Bildgebende Verfahren

Zum Nachweis von Metastasen sind in der präoperativen Phase bis zum Stadium II, abgesehen von der für die Anästhesie notwendigen Thoraxaufnahme, keine bildgebenden Untersuchungen indiziert. Sind die Vagina, die Urethra oder das Rektum mitbefallen, sind eine vaginale und eine rektale Sonographie sowie die Zystoskopie und die Rektoskopie erforderlich. Eine Computertomographie des kleinen Beckens und Abdomens kann Hinweise auf Lymphknotenmetastasen geben und in fortgeschrittenen Fällen die therapeutische Planung unterstützen.

Histomorphologische Diagnostik und Nomenklatur

Biopsie zur Diagnose

Die Diagnose erfolgt an einer Biopsie, möglichst an einer Stanzbiopsie oder an einer Exzisionsbiopsie. Die Schnittführung hat so zu erfolgen, dass eine eindeutige Diagnose möglich ist und dass insbesondere bei prämalignen und frühinvasiven Veränderungen das maximale Tiefenwachstum des Prozesses ermittelt werden kann. Ist eine Exzisionsbiopsie entfernt worden, so muss diese unmittelbar nach der Entnahme auf einer Unterlage aufgespannt werden, um ein problemgerechtes Aufarbeiten zu ermöglichen [5].

Prämaligne Veränderungen

Die International Society for the Study of Vulvar Disease (ISSVD) hat zusammen mit der International Society of Gynecological Pathologists (ISGP) eine verbindliche Terminologie für vulväre Epithelveränderungen festgelegt (Tabelle 2; [63, 64]).

Tabelle 2. Nomenklatur der vulvären Epithelveränderungen nach ISSVD und ISGP

Die Begriffe Bowenoide Papulose (VIN I–III), Morbus Bowen, Erythroplasie Queyrat und Carcinoma in situ simplex werden unter der Bezeichnung VIN 3 geführt. Allerdings fehlt es nicht an Hinweisen, dass es grundsätzlich verschiedene Entstehungswege des Vulvakarzinoms und auch verschiedene Präkanzerosen gibt [27, 45, 53, 55, 57, 61]. Der M. Paget hat morphologisch und klinisch einen abweichenden Charakter, deswegen wird er separat abgehandelt (s. unten).

Invasives Karzinom

Im Bereich der Vulva treten nahezu ausschließlich Karzinome auf. Am häufigsten sind Plattenepithelkarzinome (90% aller Vulvamalignome). Die ISGP hat eine herkunftsorientierte Gliederung der malignen Tumoren im Bereich der Vulva empfohlen (Tabelle 3). Wegen besonderer Bedeutung für die Ausbreitung und die Therapieplanung ist die präzise Angabe der Invasionstiefe erforderlich. Als Definition haben sich die ISGP und die ISSVD auf die Entfernung zwischen der tiefsten Invasion zur höchsten benachbarten Papille geeinigt [65].

Tabelle 3. Einteilung der malignen Vulvatumoren. (Nach [63])

Prognosefaktoren

Der stärkste Prognosefaktor ist das Stadium [5, 23, 32, 47]. Dazu gehören der Durchmesser der Läsion an der Oberfläche und die Tiefe der Invasion. Die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung in die regionären Lymphknoten steht in direkter Korrelation zur Flächenausdehnung des Tumors und zur Invasionstiefe: Daten von insgesamt 578 Patientinnen aus dem Stadium I zeigen bei einer Invasionstiefe von ≤1 mm keine Lymphknotenmetastasen, bei 1,1–2 mm in 7,7% der Fälle, bis 3 mm in 8%, bis 5 mm in 26,7% und über 5 mm in 34,2% [5, 19, 25].

In Abhängigkeit vom Lymphknotenbefall überleben 91,3% der Patientinnen mit tumorfreien regionären Lymphknoten 5 Jahre, während dies nur für 52,4% der Patientinnen mit metastatisch befallenen Lymphknoten gilt.

Die Bedeutung des histologischen Subtyps und das Ausmaß einer Lymphgefäßinvasion sind weniger untersucht. Eine starke fibromyxoide Stromareaktion [1], eine hohe Mikrogefäßdichte und eine hohe VEGF-Expression weisen auf eine schlechte Prognose hin [2, 41]. Die S-Phase-Fraktion könnte für die Prognose Bedeutung haben, p53 eher nicht [16, 29], dagegen aber die Expression des EGF-Rezeptors [28].

Stadienabhängige operative Therapie

Vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN)

Therapiepflichtig ist die VIN 3, bei den leichteren Formen kann unter regelmäßiger fachkundiger Kontrolle zugewartet werden. Ausschlaggebend für die Therapie sind das Alter der Patientin, der Umfang und die Verteilung der VIN und evtl. simultan vorhandene Befunde wie eine squamöse Hyperplasie. Insbesondere bei jüngeren Patientinnen stellt die Erhaltung der Anatomie der Vulva und ihrer sexuellen Funktion einen wichtigen Therapiegesichtspunkt dar [5].

Umschriebene Epithelveränderungen sollten mit einer 5–10 mm breiten Manschette gesunden Gewebes exzidiert werden. Nur bei sehr ausgedehntem Befall kommt die sog. "skinning vulvectomy" in Betracht, bei der die Epithel- und obere Koriumschicht der Haut in einer Tiefe von etwa 3–5 mm abgetragen wird. Der Defekt wird in Abhängigkeit von den individuellen Bedingungen direkt verschlossen oder durch einen Spalthautlappen gedeckt [38]. Dieser kann von der Innenfläche des Oberschenkels oder von der Gesäßhaut entnommen werden. Alternativ zur Exzision ist—nach ausgiebiger histologischer Sicherstellung des präinvasiven Charakters—auch eine ablative Therapie mit dem CO 2 -Laser möglich [4, 51].

Die Rezidivraten nach Skinning-Vulvektomie, Laservaporisation und Exzision im Gesunden liegen unabhängig vom Verfahren zwischen 23 und 30%. Die Auswahl des Verfahrens sollte am klinischen Befund ausgerichtet werden.

Therapie des invasiven Karzinoms

Bei der Planung der Behandlung müssen das Alter der Patientin, die allgemeine Operationsfähigkeit sowie die Vorstellungen und Bedürfnisse der Patientin bezüglich eines konservierenden Vorgehens, soweit es die Tumorausbreitung erlaubt, berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist die Therapie abhängig von [52]:

  • der lokalen Ausdehnung, evtl. Multizentrizität,

  • dem Lymphknotenbefall, der schon bei geringer Invasionstiefe möglich ist,

  • Metastasen in pelvinen Lymphknoten, insbesondere wenn in der Leiste eindeutig vergrößerte Knoten palpabel sind oder wenn 3 oder mehr Lymphknoten befallen sind.

Stadium T1

Handelt es sich um eine umschriebene Läsion bei ansonsten unauffälliger Vulva, so ist eine vollständige lokale Exzision mit einem tumorfreien Exzisionsrand von 1 cm ausreichend [20, 46]. Bei umgebender VIN oder anderen Vulvadermatosen wird bei alten Patientinnen eine einfache Vulvektomie, bei jüngeren eine Kombination aus der lokalen Exzision weit im Gesunden ( "wide local excision") und einer konservierenden Behandlung der umgebenden Hautareale z. B. mittels CO2-Laser bevorzugt. Ist das Karzinom bei einer jüngeren Frau in der Nähe der Klitoris lokalisiert, sodass die Sicherheitszone von 1 cm nicht mit einem Erhalt der Klitoris vereinbar wäre, so ist in einem Zentrum mit spezieller Erfahrung unter optimaler histopathologischer Kontrolle ein Kompromiss möglich. Erst wenn die Infiltrationstiefe von 1,0 mm überschritten ist, so ist eine inguinofemorale Lymphknotendissektion erforderlich [5, 8, 23, 37, 65].

Bei klar einseitiger Lokalisation des Karzinoms ist eine ausschließlich ipsilaterale Lymphknotendissektion möglich, da sich bei dieser Situation nur sehr selten (<1%) Metastasen in den kontralateralen Leistenlymphknoten finden [7]. Ist die Primärläsion zentral oder weit ventral und klitorisnahe gelegen, so ist eine beidseitige inguinofemorale Lymphonodektomie angezeigt. Sind die Lymphknoten histologisch negativ oder findet sich nur 1 metastatisch befallener Lymphknoten, so ist keine weitere Therapie erforderlich. Bei mehr als 2 kleinen Metastasen oder bei 1 Metastase über 10 mm, einem Kapseldurchbruch oder einer Ausdehnung des Tumorwachstums in das umgebende Gewebe ist die Planung einer postoperativen Nachbestrahlung zu erwägen. Sind die Lymphknoten bereits im Rahmen von intraoperativen Schnellschnittuntersuchungen als befallen erkannt, so ist bei guter Operabilität die Erweiterung des Eingriffs um eine ipsilaterale extraperitoneale pelvine und eine kontralaterale inguinofemorale Lymphonodektomie angezeigt [5, 23].

Das Verfahren der Sentinel-Lymphknoten-Biopsie wird zurzeit in mehreren Studien geprüft. Nachdem Pilotstudien eine ausgezeichnete Nachweisquote erbracht haben [12, 60], wird zurzeit die Vorhersagekraft der Sentinel-Knoten bei gleichzeitiger kompletter inguinofemoraler Lymphonodektomie überprüft. In anderen Studien wird bei freien Sentinel-Lymphknoten bereits prospektiv randomisiert zwischen keiner weiteren Lymphknotenentfernung und kompletter Lymphonodektomie (EORTC-Studie).

Stadium T2 und günstige T3

Bei dieser Tumorausbreitung ist eine radikale Vulvektomie und eine beidseitige inguinofemorale Lymphonodektomie angezeigt. In Abhängigkeit von der Position des Tumors kann auch eine teilweise Mitentfernung benachbarter Strukturen wie von Anteilen der Vagina oder der Urethra erforderlich sein. Dabei kann der äußere Teil (1 cm) der Urethra ohne das Risiko einer Inkontinenz entfernt werden. Auch bei der radikalen Vulvektomie ist auf die Sicherheitszone von 1 cm zum Absetzungsrand zu achten. Handelt es sich um sehr junge Patientinnen und ist die operative Möglichkeit zu einem vulvakonservierenden Vorgehen unter Beachtung des Sicherheitsabstandes möglich, so ist auch bei diesen Patientinnen eine lokale Exzision weit im Gesunden vertretbar.

Die bilaterale Lymphknotenentfernung aus der Leiste kann durch En-Bloc-Resektion oder zur Senkung der Morbidität [22] durch separate Inzisionen ausgeführt werden. Bei ventralem Tumorsitz und bei vergrößerten Leistenlymphknoten ist die klassische radikale Vulvektomie unter Mitnahme der Leistenhautbrücken zu empfehlen, da sonst gehäuft Rezidive aus diesen Regionen entstehen. Das Fett- und Lymphknotengewebe aus der Leiste bis etwa 2 cm oberhalb des Leistenbandes und das Lymphknoten tragende Gewebe medial der A. femoralis dorsal der Lamina cribrosa wird entfernt. Die insbesondere bei älteren Frauen und Zusatzerkrankungen gehäuften Sekundärheilungen im Bereich der Vulva, besonders aber der Leiste können konservativ behandelt werden oder mit Lappenplastiken verschlossen werden [31, 42, 56]. Bei allgemein inoperablen Patientinnen ist es indiziert, palliative Resektionen unter schonenden anästhesiologischen Bedingungen (lokale oder regionale Anästhesie) mit dem Ziel verbesserter lokaler Pflegbarkeit durchzuführen und auf die Lymphonodektomie zu verzichten [39].

Ungeklärt ist die optimale Behandlung der pelvinen Lymphknoten bei befallenen inguinalen Lymphknoten. Aus einer randomisierten Studie der GOG [24] ergab sich, dass eine perkutane Bestrahlung die späteren Rezidive im kleinen Becken nicht verhindern kann, dass aber nach der Bestrahlung Leistenrezidive seltener auftreten. Die randomisierte Studie wurde vorzeitig abgebrochen, weil in der nur operierten Patientengruppe zu viele Leistenrezidive auftraten. Bei operablen Patientinnen ist die Chance einer extraperitonealen pelvinen Lymphonodektomie vom Leistenschnitt aus in der selben Operation zu erwägen. Bei nicht operablen Patientinnen ist eine postoperative Radiatio indiziert.

Ungünstige T3 und T4

Eine primäre operative Entfernung dieser Tumoren ist meist nur im Rahmen eines exenterativen Vorgehens möglich. Die ausgedehnten Operationen bringen eine nicht zu vernachlässigende Morbidität und Mortalität mit sich. Die Strahlentherapie allein ist aber meist nicht in der Lage, in diesen Fällen eine Tumorsterilisation zu erreichen. Als alternatives Konzept wurde die Kombination einer präoperativen Bestrahlung mit einer Salvage-Operation eingesetzt [6]. Dieses radiochirurgische Vorgehen beginnt mit einer intrakavitären resp. perkutanen Bestrahlung der vaginalen und pelvinen Region; im Anschluss erfolgt eine Tumorbettresektion, als Salvage-Operation zumeist in Form einer radikalen Vulvektomie mit beidseitiger inguinofemoraler Lymphonodektomie. Nach den positiven Resultaten einer primären Radiochemotherapie beim Zervixkarzinom ist bei entsprechend belastbaren Patientinnen und Plattenepithelkarzinomen der Vulva die Kombination mit der Chemotherapie der alleinigen Strahlentherapie vorzuziehen.

Große, verbackene Leistenlymphknoten (N2, N3)

Diese Patientinnen werden mit einer radikalen inguinofemoralen und gegebenenfalls mit einer pelvinen Lymphonodektomie behandelt. Bei eingeschränkter Operabilität ist ein Debulking in der Leiste ohne komplette Lymphonodektomie sinnvoll, um bei obligater Nachbestrahlung die Summe der Nebenwirkungen von Operation plus Bestrahlung in Grenzen zu halten [18].

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie ist bei Vulvakarzinomen gut wirksam [62]. Die Problematik einer primären Vulvabestrahlung liegt jedoch darin, dass oft vor Erreichen einer antineoplastisch wirksamen Strahlendosis eine erhebliche Vulvitis auftritt (bedingt durch tangentiale Bestrahlung und Feuchtigkeit), die zum Abbrechen der Therapie zwingt. Aus diesem Grund ist bei lokaler und allgemeiner Operabilität die Operation vorzuziehen.

Indikationen für eine primäre Radiatio oder Radiochemotherapie im Stadium I/II bestehen bei Patientinnen mit sehr hohem allgemeinem Operationsrisiko oder bei nachhaltigem Wunsch der Patientinnen, nicht operiert zu werden. In fortgeschrittenen Stadien III und IV mit begrenzter lokaler Operabilität kann die primäre Radiatio oder Radiochemotherapie im Rahmen des Behandlungsplans angeraten sein. Diese Therapieform ist auch als palliativer Ansatz bei allgemeiner Inoperabilität einzusetzen.

In seltenen Fällen bei jungen Frauen und Tumorsitz an der Klitoris kann die primäre Bestrahlung versucht werden; die Tumorfreiheit muss anschließend durch Biopsien gesichert werden.

Eine adjuvante postoperative Radiatio der Leisten und des kleinen Beckens ist bei Befall von mehr als 2 Leistenlymphknoten mit kleinen Metastasen bis 5 mm oder bei einer Makrometastase von über 10 mm oder bei Kapselüberschreitung indiziert [17], wenn keine operative Therapie des kleinen Beckens erfolgt.

Ein Benefit ist auch bei histologisch zu knapp oder nicht sicher im Gesunden abgesetztem Tumorpräparat zu erwarten, wenn keine Nachoperation erfolgt. Dazu zählen auch klitorisnahe Tumoren bei jungen Frauen, die mit kompromisshaft schmalen freien Tumorrädern operiert wurden. Wegen der geschilderten Nebenwirkungen kann die Bestrahlung aber ein ungeeignetes Operieren nie vollständig ausgleichen.

Die Bestrahlung des kleinen Beckens ist immer dann angezeigt, wenn eine pelvine Lymphonodektomie trotz ausgedehnten Befalls der Leisten nicht durchgeführt wurde.

Chemotherapie

Die Chemotherapie wird bis heute nur selten und zumeist in Kombination mit der Bestrahlung bei lokal weit ausgedehnten Karzinomen eingesetzt [11, 33, 35, 44]. Daher weiß man, dass 5-Fluorouracil, Cisplatin, Mitomycin C und Bleomycin wirksam sind und zu Remissionen führen. Ob aber die nicht wenig toxische Kombination mit der Strahlentherapie das Leben dieser Patientinnen mehr verlängert als eine Strahlentherapie allein, ist nicht gesichert.

Fernmetastasen können in seltenen Fällen eine Indikation zur Chemotherapie bei einer Patientin in gutem Allgemeinzustand mit tumorbedingten Beschwerden darstellen. Zum Einsatz kommen Adriamycin, Bleomycin, Methotrexat, Mitomycin C und Platinderivate. Einer beträchtlichen Toxizität der Polychemotherapie steht eine Ansprechwahrscheinlichkeit von etwa 30% und eine Remissionsdauer von nur wenigen Monaten gegenüber.

Seltenere Vulvamalignome

Malignes Melanom

Bei einer Infiltrationstiefe von weniger als 0,76 mm ist eine radikale lokale Exzision mit einem gesunden Gewebsmantel von mindestens 1 cm ausreichend. Bei größerer Infiltrationstiefe (ab Clark's Level III) erfolgt eine En-Bloc-Resektion von Tumor und regionären Lymphknoten [5, 23], bei lateralem Tumorsitz ipsilateral und bei medialem Sitz bilateral. Eine pelvine Lymphonodektomie ist nicht angezeigt, da bei Tumorbefall der pelvinen Lymphknoten die Prognose so schlecht ist, dass ein therapeutischer Effekt dieses Operationsschrittes nicht mehr erkennbar wird [49].

Karzinom der Bartholinschen Drüse

Etwa 4–7% aller Vulvamalignome gehen von den Bartholinschen Drüsen aus. Die häufigsten Differenzierungen sind plattenepithelial (49%), dann drüsig (28%) und adenoid-zystisch (13%). Metastasen in den Lymphknoten finden sich in ca. 33–47% der Fälle ipsilateral, in 5–14% kontralateral [10, 36]. Fernmetastasen sind selten [13, 15].

Die radikale Vulvektomie mit beidseitiger inguinofemoraler Lymphonodektomie ist eher eine Übertherapie. Ein weitgehend konservierendes Vorgehen wie eine Hemivulvektomie oder radikale lokale Exzision mit gesundem Gewebsmantel in Kombination mit ipsilateraler inguinofemoraler Lymphknotenentfernung ist ausreichend. Eine postoperative Bestrahlung der Vulva kann bei nicht gesicherter Radikalität der Operation die Lokalrezidivrate vermindern. Sind die Leistenlymphknoten positiv und Hinweise für einen Resttumor vorhanden, so ist auch eine bilaterale Bestrahlung der Leisten zur Verminderung des Rezidivrisikos angezeigt. Bei Fixation des Tumors an knöcherne Strukturen ist eine präoperative Bestrahlung zu erwägen.

Morbus Paget der Vulva

Therapie der Wahl ist die operative Exzision weit im Gesunden. Die Läsionen reichen erfahrungsgemäß horizontal weit über die makroskopisch sichtbar veränderte Hautläsion hinaus, deshalb muss der Präparatrand präzise histologisch beurteilt werden. Wenn keine Invasion gefunden wird, ist die inguinofemorale Lymphonodektomie nicht erforderlich. Bei unterliegenden Adenokarzinomen muss die Therapie individuell adaptiert und ausgedehnt werden. In etwa 15–33% sind Adenokarzinome der benachbarten Haut, aber auch anderer Lokalisationen wie Zervix, Blase, Ovar, Mamma oder Gallenblase zu erwarten [21].

Basalzellkarzinom der Vulva

Etwa 5% der Vulvakarzinome sind Basalzellkarzinome. Ihre Prognose ist sehr gut, wenn sie im Gesunden entfernt werden [14]. Im Wesentlichen verhalten sie sich wie eine VIN 3. Wegen des höheren Risikos eines Progresses zu einer metastasierenden Läsion ist die Exzision im Gesunden (1 cm) erforderlich. Bei ausgedehnten Fällen ist eine oberflächliche Hautresektion ("skinning vulvectomy") mit dem Skalpell oder eine CO2-Laserkoagulation angezeigt.

Verruköses Karzinom der Vulva

Diese hochdifferenzierte Variante des Plattenepithelkarzinoms tritt überwiegend in der Postmenopause auf. Ein exophytisch wachsender Tumor mit blumenkohlartiger Oberfläche kann Juckreiz, Ulzerationen und Infektionen bedingen. Die Therapie besteht in der Exzision weit im Gesunden, die Leistenlymphknoten werden nicht befallen. Rezidive treten in etwa 40% auf, insbesondere wenn die Absetzung nicht sicher im Gesunden erfolgte [21].

Rezidivtherapie

Etwa 15–40% der Patientinnen mit einem Plattenepithelkarzinom entwickeln ein Rezidiv. In 55% der Rezidive ist alleine die Vulva betroffen, in 28% die Leisten und in etwa 8% das kleine Becken oder andere Organe [34]. Die häufigen lokalen Rezidive können in vielen Fällen durch einfache chirurgische Exzision entfernt werden. Ist eine Bestrahlung vorausgegangen, so sind bei größeren Rezidivtumoren Verschiebelappen oder myokutane Lappenplastiken erforderlich. Sind die Nachbarorgane Harnblase oder Anus/Rektum einbezogen, ist eine exenterative Operation mit zu diskutieren.

Das Rezidiv in der Leiste wird individuell behandelt; das Risiko für zusätzliche pelvine Absiedlungen ist hoch und die alleinige Operation kann häufig keine komplette Sanierung weit im Gesunden erreichen. In diesen Fällen wird zusätzlich die Bestrahlung eingesetzt, wenn noch eine Bestrahlungsreserve gegeben ist.

Fernmetastasen können nicht zufriedenstellend therapiert werden. Die Chemotherapie kann nur in begrenztem Umfang und in diesen Fällen nur für eine begrenzte Zeit Symptome zurückdrängen.

Nachsorge

Ziel der Nachsorge ist die Früherkennung lokaler und regionärer Rezidive sowie die Vorsorge bezüglich assoziierter Läsionen der Zervix und Vagina. Wesentlicher Bestandteil der Nachsorge ist die klinische Untersuchung des unteren Genitale und der Leisten ggf. unter Zuhilfenahme des Kolposkops sowie die zytologische Abstrichentnahme und bei fraglichen Läsionen die Stanzbiopsie. Nur bei Beschwerden werden symptomorientiert bildgebende Verfahren wie Sonographie, CT, Phlebographie etc. eingesetzt.

In Anlehnung an die Empfehlungen für andere Genitaltumoren sollte die Nachsorge für 3 Jahre alle 3 Monate, dann für 2 Jahre alle 6 Monate und ab dem 6. Jahr 1-mal jährlich angeboten werden. Dieses Schema kann großzügig an individuelle Situationen und Bedürfnisse angepasst werden.

Ein Vulvakarzinom in der Vorgeschichte stellt keine Kontraindikation für eine Hormonsubstitution in der Postmenopause dar.

Fragen zur Zertifizierung

1. Mit welcher Methode erfolgt die definitive Diagnostik vulvärer Läsionen?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Inspektion

DefinitionListEntry b) Description

Zytologie

DefinitionListEntry c) Description

Vulvoskopie

DefinitionListEntry d) Description

Biopsie

DefinitionListEntry e) Description

Computertomographie

2. Welche Läsionen der Vulva sind onkologisch therapiepflichtig?

  1. I.

    VIN 1

  2. II.

    Plattenepithelkarzinom T1a

  3. III.

    Condylomata acuminata

  4. IV.

    VIN 3

  5. V.

    Plattenepithelhyperplasie

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

I, II und III sind richtig

DefinitionListEntry b) Description

II, III und IV sind richtig

DefinitionListEntry c) Description

III, IV und IV sind richtig

DefinitionListEntry d) Description

II und IV sind richtig

DefinitionListEntry e) Description

Alle sind richtig

3. Ab welcher Infiltrationstiefe ist bei Plattenepithelkarzinomen der Vulva eine Lymphonodektomie erforderlich?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

0,76 mm

DefinitionListEntry b) Description

1 mm

DefinitionListEntry c) Description

2 mm

DefinitionListEntry d) Description

5 mm

DefinitionListEntry e) Description

1 cm

4. Welche Tumorposition erlaubt bei T1-Tumoren den Verzicht auf eine kontralaterale Lymphonodektomie?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

Klitorisnah

DefinitionListEntry b) Description

Lateral

DefinitionListEntry c) Description

Medial

DefinitionListEntry d) Description

Bilateral

DefinitionListEntry e) Description

Perianal

5. Welche Lymphknoten sollen bei einem Vulvakarzinom T1, Infiltration 5 mm, operativ entfernt werden?

  1. I.

    Inguinal

  2. II.

    femoral

  3. III.

    iliakal

  4. IV.

    pelvin

  5. V.

    paraaortal

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Nur I

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Nur II und III

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Nur I und II

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Nur II, III und IV

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Alle.

6. In welchen Fällen ist eine postoperative Nachbestrahlung angezeigt?

  1. I.

    Bei jungen Patientinnen

  2. II.

    bei kompromisshaft schmalem gesundem Absetzungsrand

  3. III.

    bei T2-Tumoren

  4. IV.

    bei Kapseldurchbruch einer Leistenmetastase

  5. V.

    bei Lymphangiosis in der Tumorumgebung

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Bei I und II

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Bei II und III

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Bei III und IV

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Bei II und IV

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Bei II, IV und V

7. Unter welchen Bedingungen sollte eine pelvine Lymphonodektomie erwogen werden?

  1. I.

    Bei T3-Tumoren

  2. II.

    bei klitorisnahem Sitz

  3. III.

    bei mehr als 2 befallenen Leistenlymphknoten

  4. IV.

    bei allen gut operablen Patientinnen

  5. V.

    bei einer großen Leistenmetastase (2 cm)

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Bei I und II

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Bei II, III und IV

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Bei III und V

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Bei III, IV und V

DefinitionListEntry e) Description

Bei I, II und V

8. Welcher Zusatzfaktor führt zu einer primären Radiochemotherapie im FIGO-Stadium II?

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Lymphangiosis in der Tumorumgebung

DefinitionListEntry b) Description

Allgemeine Inoperabilität

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Vergrößerte Leistenlymphknoten

DefinitionListEntry d) Description

Ältere Patientin

DefinitionListEntry e) Description

Tumortyp des verrukösen Karzinoms

9. Welche ist die Therapie der Wahl beim M. Paget der Vulva?

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Laservaporisation

DefinitionListEntry b) Description

Vulvabestrahlung

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Einfache Vulvektomie

DefinitionListEntry d) Description

Radikale Vulvektomie mit Lymphonodektomie

DefinitionListEntry e) Description

Exzision weit im Gesunden

10. Welche Vulvaläsionen können mit dem CO2-Laser behandelt werden?

DefinitionList DefinitionListEntry a) Description

VIN 3

DefinitionListEntry b) Description

Verruköses Karzinom

DefinitionListEntry c) Description

T1a-Karzinom

DefinitionListEntry d) Description

Melanom

DefinitionListEntry e) Description

Fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom