Hintergrund und Fragestellung

Die neoadjuvante Chemotherapie ist ein Standardverfahren zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen Mammakarzinoms. Häufig führt die neoadjuvante Therapie zu einer deutlichen Verbesserung der Überlebensrate. Dies trifft insbesondere für Patientinnen mit einer Komplettremission zu [1]. Die Ansprechrate, häufig gemessen als Reduktion der Tumorgröße, wird dabei als ein relativ zuverlässiges Maß für die Wirksamkeit der Therapie angesehen.

Meist werden diese neoadjuvanten Behandlungen im Rahmen klinischer Studien durchgeführt. Studienprotokolle bestimmen daher im Wesentlichen die Untersuchungsintervalle für die bildgebende Diagnostik. Für die neoadjuvante Therapie der Mammakarzinoms werden ganz unterschiedliche Wirkstoffe eingesetzt: Zytostatika, antihormonelle und antiangiogenetische Medikamente. Häufig werden auch Therapien mit Antikörpern erprobt und durchgeführt. Die verschiedenen Behandlungsschemata werden entsprechend neuester Studienergebnisse laufend angepasst. Die durch bildgebende Verfahren feststellbare Tumorgröße und deren Veränderung unter Therapie sind neben dem histologischen Regressionsgrad und der Überlebensrate wichtige Outcomeparameter. Häufig wird nach etwa der Hälfte der Zyklen anhand der radiologischen Größenreduktion entschieden, welcher Behandlungsgruppe die Patientinnen zugeteilt werden. Somit beeinflusst der radiologische Befunder entscheidend den weiteren Therapieverlauf und trägt ein hohes Maß an Verantwortung. In den entsprechenden Studienprotokollen ist meist eine Messung der Tumorgröße anhand von Mammographie und Sonographie in Anlehnung an die RECIST-Kriterien (RECIST Response Evaluation Criteria in Solid Tumors) vorgesehen.

Stellenwert von Mammographie und Sonographie

Die Mammographie stellt auch bei lokal fortgeschrittenen Mammakarzinomen die Basisuntersuchung dar. Die Ansprechrate wird häufig als Reduktion der Tumorgröße beschrieben und in der klinischen Routine mittels B-Mode-Sonographie und Mammographie quantifiziert. Möglicherweise spiegeln jedoch die Veränderungen der Tumorgröße allein die Response nicht in aussagekräftiger Weise wider. Weitere Aspekte, wie die Reduktion der Durchblutung, das Zerfallen des Tumors in mehrere Fragmente oder die Quantifizierung des Tumorvolumens, sind mit der Mammographie und Sonographie nicht adäquat zu erfassen. Darüber hinaus besteht bei der manuellen Vermessung des Tumors eine relativ hohe Inter- und Intraobservariabilität [2].

Mammographisch ist die Abschätzung der Tumorgröße insbesondere in dichtem Drüsengewebe schwierig, da ein maligner Herdbefund häufig von gesundem Parenchym überlagert wird und die röntgenologische Dichte sehr ähnlich sein kann. Dies gilt insbesondere für das lobuläre Mammakarzinom, das häufig nur in einer Ebene mammographisch sichtbar ist und gehäuft multifokal auftritt. Die Mammographie korreliert im Vergleich zur MRT deutlich schlechter mit der tatsächlichen (pathologisch ermittelten) Tumorgröße. Auch eine histologische Komplettremission kann mit der MRT deutlich zuverlässiger vorhergesagt werden (Abb. 1; [3]).

Abb. 1
figure 1

Invasiv duktales Mammakarzinom links. Aufgrund der Überlagerung ist die Größenbeurteilung des Befundes mammographisch nur schlecht möglich (a), was für die Dignitätsbeurteilung keine Rolle spielt. Eine Verlaufsbeurteilung unter neoadjuvanter Chemotherapie kann jedoch mammographisch nicht erfolgen. In der kontrastverstärkten MRT ist die Größenbeurteilung wesentlich besser möglich (b)

Stellenwert der kontrastverstärkten Mamma-MRT

Die Angioneogenese ist eine wichtige Voraussetzung für das Tumorwachstum. Invasive Karzinome weisen im Vergleich zu gesundem Drüsenparenchym häufig eine höhere Konzentration an Gefäßen und undichte, schadhafte Gefäße („capillary leakage“) auf [4]. Dies ist u. a. der Grund für eine starke Kontrastmittel- (KM-)Anreicherung der Befunde in der MRT [5]. Im Verlauf einer neoadjuvanten Chemotherapie kann die Anzahl der Gefäße in einem malignen Tumor abnehmen [6, 7]. Es existiert eine Reihe verschiedener MRT-Protokolle für die Untersuchung der Brust. Bislang konnte aber darüber kein Konsens erreicht werden und auch der Grad der Standardisierung ist bei der Mamma-MRT im Vergleich zur Röntgenmammographie deutlich geringer. Das am weitesten verbreitete Verfahren basiert auf einer relativ niedrigen zeitlichen Auflösung (ca. 1 min) und einer relativ hohen Ortsauflösung (Matrix 512×512 oder 1024×1024). Damit kann eine sehr detailgenaue morphologische Analyse von Herdbefunden erfolgen. Gleichzeitig wird der zeitliche Verlauf der Änderungen der Signalintensität bewertet [8], der sich im Verlauf einer neoadjuvanten Therapie substanziell ändern kann. Das gesamte Drüsenparenchym inklusive der Axillae wird abgebildet [9, 10].

Bisher wurden verschiedene Methoden zur Quantifizierung der Ansprechrate mit der Mamma-MRT vorgestellt. Die am weitesten verbreitete Methode basiert auf dynamischen, T1-gewichteten Sequenzen mit relativ geringer zeitlicher Auflösung (ca. 1 min). Die Methode bietet den Vorteil einer relativ hohen Ortsauflösung (Matrix 512×512 oder 1024×1024) und einer Abbildung des gesamten Drüsenparenchyms beider Mammae. Dadurch können Herdbefunde und fokale KM-Anreicherungen zuverlässig detektiert und präzise morphologisch beschrieben werden [9, 10]. Eine höhere zeitliche Auflösung (ca. 1–2 s) erlaubt eine genauere Beschreibung der Perfusion und Gefäßpermeabilität, die räumliche Abdeckung ist jedoch auf wenige Schichten begrenzt [11]. Bei diesem Verfahren kann über Kompartmentmodelle auch der Wert der absoluten Durchblutung eines Herdbefundes in ml/min ermittelt werden. Um die Vorteile beider Optionen zu verbinden, wurden Protokolle mit einem 2-maligen KM-Bolus vorgeschlagen. Der erste KM-Bolus wird zur Akquisition von Bilddaten mit hoher räumlicher bei relativ geringer zeitlicher Auflösung genutzt und soll dem Nachweis suspekter Herde und für deren detailgenaue morphologische Analyse dienen. Der zweite KM-Bolus wird dagegen für eine schnelle Messung einzelner Schichten verwendetet, die auf den (die) einzelnen Herdbefund(e) geplant sind [12]. Neuere Ansätze betreffen Methoden der repetitiven radiären K-Raum-Auslesung nach Applikation von KM (Propeller- oder Blade-Sequenzen), die mit geringer Ortsauflösung und hohem Kontrast das gesamte Drüsenparenchym in wenigen Sekunden abdecken können.

Reproduzierbarbare Quantifizierung mittels MRT

Die nachfolgend vorgestellte Methode zur Quantifizierung des Ansprechens von Mammakarzinomen bei neoadjuvanter Therapie kann mit Standard-MRT-Protokollen durchgeführt werden und benötigt keinen zweiten KM-Bolus. Dadurch ist sie auch für die klinische Routinegeeignet. Die Zuverlässigkeit der Methode wurde bereits anhand einer explorativen retrospektiven Studie untersucht [13].

Untersuchungsprotokoll

Zunächst werden eine Short-time-inversion-recovery- (STIR-)Sequenz (32 Schichten, TR 4920 ms, TE 68 ms, Flipwinkel 180°, TI 150 ms, Matrixgröße 512×512 Pixel, Schichtdicke 4 mm) und eine T2-gewichtete 2D-Turbospinechosequenz (32 Schichten, TR 4000 ms, TE 71 ms, Flipwinkel 180°, Matrixgröße 512×512, Schichtdicke 4 mm) durchgeführt. Im Anschluss folgt eine dynamische, T1-gewichtete Gradientenechosequenz („3D fast low angle shot“, 64 Schichten, TR 9,1 ms, TE 4,8 ms, Flipwinkel 25°, Matrixgröße 256×256 Pixel, „field of view“ [FOV] 350 mm, Schichtdicke 2 mm, zeitliche Auflösung 6-mal 87 s). Die erste Messung der Dynamik erfolgt nativ, gefolgt von 5 Messungen nach KM-Gabe (Magnevist®, Bayer Schering, Deutschland, 0,15 mmol/kgKG, Injektionsrate 2 ml/s und ein Bolus mit 20 ml isotoner NaCl-Lösung mit gleicher Injektionsgeschwindigkeit). Die Bilddaten der dynamischen Untersuchung werden nachfolgend ausgewertet. Bei Scannern mit der Möglichkeit der parallelen Bildgebung kann die Matrix in der dynamischen T1w-Sequenz auch auf 512×512 oder 1024×1024 Pixel erhöht werden.

Bildverarbeitung

Die Bilddaten werden im Dicom-Format exportiert. Die Auswertung erfolgt mit der Bildverarbeitungssoftware PMI 0.3, die bereits für zahlreiche Studien im Bereich der Perfusionsbildgebung verwendet wurde [14, 15, 16]. Die native Untersuchung wird von den kontrastverstärkten Serien subtrahiert, um Signalinhomogenitäten auszugleichen. Es wird ein Bild mit dem relativen Enhancement (in Prozent) nach KM-Gabe erstellt (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Die obere Bildreihe (a) zeigt ein histologisch gesichertes invasiv duktales Mammakarzinom über mehrere Schichten. Die untere Reihe (b) zeigt das relative Enhancement der Läsion. Signalinhomogenitäten über das „field of view“ werden ausgeglichen und der Datensatz kann nachfolgend semiquantitativ ausgewertet werden

Nach der semiautomatischen Segmentierung des Herdbefundes wird das Karzinomvolumen bestimmt. Die Segmentierungsschritte sind ausführlich in Abb. 3 beschrieben. Die Methode stellt nur eine Annährung an die histologische Tumorgröße dar, weist jedoch eine hohe Reproduzierbarkeit auf [13].

Abb. 3
figure 3

Segmentierungsschritte – aus dem Bild mit dem relativen Enhancement werden nur Pixel selektiert, die eine Signalsteigerung von ≥50% aufweisen (a). Nachfolgend wird der Herdbefund manuell ausgeschnitten (b). Die Schnittmenge der Schwellwert- und manuellen Segmentierung ist erreicht (c)

Innerhalb des segmentierten Befundes werden folgende Enhancementparameter bestimmt:

  • maximales Enhancement (MAX),

  • maximale Steigung (MS),

  • Fläche unter der Kurve (AUC) und

  • Zeit bis zum Erreichen des maximalen Enhancements (TTP).

Diese Parameter und das Tumorvolumen (SIZE) werden vor Beginn und nach Abschluss der neoadjuvanten Therapie gemessen und stellen ein Maß für die Ansprechrate dar. Ein invasiv duktales Mammakarzinom vor und nach Therapie mit den korrespondierenden Signalintensitätskurven zeigt Abb. 4.

Abb. 4
figure 4

Invasiv duktales Mammakarzinom vor und nach neoadjuvanter Chemotherapie. Die in der farbkodierten Abbildung rot dargestellten Anteile weisen ein starkes Enhancement auf. Dieses nimmt unter Chemotherapie ab. Die Signalintensitätskurve ist nach Chemotherapie deutlich flache.

Aus der klinischen Routine ist bekannt, dass Tumoren mit einem hohen HER2/neu-Status (2+ mit positivem FISH-Test oder 3+) gut, Tumoren mit hohen Hormonrezeptorscores (Östrogen- oder Progesteronrezeptor) eher schlecht auf eine zytostatische Therapie ansprechen [17]. Die Änderung der Volumetrie- und Enhancementparameter im MRT unter Chemotherapie wurde daher mit diesen histopathologischen Prognosefaktoren verglichen.

Ergebnisse

Insgesamt wurden MRT-Untersuchungen vor und nach Chemotherapie von 65 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 47 Jahren untersucht [13]. Alle Patientinnen hatten ein lokal fortgeschrittenes Mammakarzinom. Die Größe des segmentierten Tumorvolumens betrug vor Therapiebeginn im Mittel 25 ml. Die Interobservervariabilität des Tumorvolumens war mit R2=0,98 sehr niedrig.

Das Volumen (SIZE) und alle Enhancementparameter zeigten einen signifikanten Rückgang unter neoadjuvanter Chemotherapie. Dabei wiesen die Tumorgröße und einige Enhancementparameter (MAX und AUC) eine gute Korrelation mit dem HER2/neu-Status auf: Tumoren mit einem hohen Score (HER2 2+ und positivem FISH-Test oder HER2 3+) sprechen deutlich besser an. Die Ergebnisse sind in Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1 Rückgang der Tumorgröße sowie der Enhancementparameter in Abhängigkeit vom HER2-Status. Die Parameter SIZE, MAX und AUC unterscheiden sich signifikant zwischen den beiden Gruppen

Tumoren mit einem hohen Östrogenrezeptorscore zeigen in Bezug auf das maximale Enhancement und die Tumorgröße ein im Vergleich zu Tumoren mit hohem HER2/neu-Status deutlich schlechteres Ansprechen [13].

Insgesamt besteht zwischen der Reduktion der Tumorgröße und des maximalen Enhancements keine Korrelation. Es gibt demnach Malignome, die unter Therapie bei gleich bleibender Durchblutung deutlich kleiner werden und andere, die ihre Größe kaum verändern und dennoch einen starken Rückgang der Durchblutung aufweisen. Tumorgröße und Durchblutung können demnach als komplementäre Parameter angesehen werden.

Diskussion

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein geeignetes bildgebendes Verfahren für die Verlaufsbeurteilung unter neoadjuvanter Therapie zu identifizieren. Häufig ist der klinische Verlauf eindeutig und eine Abschätzung mit Mammographie und Sonographie ausreichend. Seit längerem ist jedoch bekannt, dass die kontrastverstärkte MRT am besten die histologische Tumorgröße voraussagen kann und im Vergleich zu Mammographie und Ultraschall auch besser mit einer histologischen Komplettremission korreliert [3]. Möglicherweise ist es daher sinnvoll, in unklaren Situationen die MRT zur Quantifizierung der Ansprechrate heranzuziehen. Die in diesem Beitrag vorgestellte Methode zeigt eine hohe Korrelation mit dem HER2/neu-Status und bestätigt die Erwartungen, die auf den klinischen Erfahrungen beruhen. Die Reduktion der Tumorgröße und die Reduktion der Durchblutung (maximales Enhancement) unter neoadjuvanter Therapie zeigen keinen statistischen Zusammenhang (r=0,22; [13]). Daher erscheint es sinnvoll, beide Parameter zur Dokumentation der Ansprechrate heranzuziehen.

Bisher ist unklar, ob die Reduktion der Größe und die Reduktion der Enhancementparameter im MRT möglicherweise unabhängige Prognosefaktoren darstellen. Weitere Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe sollen diesen Zusammenhang klären.

Neuere Therapien mit antiangiogenetischen Medikamenten wirken gezielt auf die Gefäßversorgung der Karzinome. Die in der klinischen Routine weit verbreite Größenbestimmung der Tumoren mit Mammographie und Ultraschall berücksichtigt solche funktionelle Parameter jedoch nicht. Dabei erscheint es sinnvoll, Bildakquisition und Auswertung möglichst einfach zu gestalten. Ein einfaches Untersuchungsprotokoll würde auch die Anzahl potenzieller Studienzentren erhöhen, die an der Erprobung neuer Therapieansätze teilnehmen können.

Auch die Sonographie hat als Schnittbildverfahren bei der Verlaufsbeurteilung unter Chemotherapie einen hohen Stellenwert. Moderne Geräte ermöglichen eine mit der MRT vergleichbare Volumetrie von Herdbefunden. Die Durchblutung kann möglicherweise basierend auf der Duplex- und KM-verstärkten Sonographie ebenfalls reproduzierbar quantifiziert werden.

Fazit für die Praxis

Mammographie und Sonographie sind die am weitesten verbreiteten bildgebenden Verfahren zur Bewertung des Erfolgs einer neoadjuvanten Chemotherapie bei lokal fortgeschrittenem Mammakarzinom. Durch den Einsatz der MRT mit einer standardisierten Segmentierung der Tumorgröße kann ein reproduzierbares Maß für das Therapieansprechen generiert werden. Neuartige Therapieverfahren, die gezielt auf die Durchblutung des Tumors wirken, können durch die Messung des KM-Enhancements möglicherweise besser beurteilt werden.