Hinter dem sog. Knochenmarködem verbergen sich verschiedene Krankheiten, die zu Krankheitsgruppen zusammengefasst werden können. Steht das Knochenmarködem im Vordergrund, sind insgesamt 3 Gruppen möglich, nämlich

  1. 1.

    das vaskulär-ischämische Knochenmarködem,

  2. 2.

    das mechanisch-traumatische Knochenmarködem und

  3. 3.

    das reaktive Knochenmarködem.

Während der letzten 15 Jahre hat sich die Magnetresonanztomographie (MRT) als bildgebende Methode der Wahl zur Beurteilung des schmerzhaften bzw. symptomatischen Kniegelenks und der gelenknahen Knochenabschnitte entwickelt. Viele Gelenk- und Knochenerkrankungen zeigen charakteristische Veränderungen in der MRT, manche anatomischen Strukturen und deren Erkrankungen, wie Menisken, Kapsel-Band-Apparat, Gelenkknorpel, subchondrale Knochen bzw. das Knochenmark und die Weichteile können erstmals direkt visualisiert werden.

Das sog. Knochenmarködem ist eine Veränderung, die mit der MRT sehr sensitiv erkannt werden kann, jedoch per se unspezifisch ist. Erst die genauere morphologische Betrachtung wie Größe, Form, Verteilungsmuster, Lokalisation sowie die Kombination mit weiteren MR-Veränderungen und insbesondere klinischen Informationen, erlaubt eine genauere Zuordnung (Abb. 1). Das Knochenmarködem ist in der MR-Diagnostik nicht nur unspezifisch, weil verschiedene Erkrankungen als Knochenmarködem imponieren können, sondern auch, weil neben einer Wasseranreicherung im Knochenmark verschiedene pathomorphologische Prozesse und histologische Veränderungen zusätzlich vorkommen. Der Begriff selbst ist deswegen tendenziell untertreibend, da er eine Geringfügigkeit und Flüchtigkeit andeutet, die oft nicht vorliegt.

Abb. 1
figure 1

a Das Schema zeigt Ausprägungsgrade eines Knochenmarködems bzgl. der Ausdehnung (groß und klein), des Signalverhaltens (signalreich und -arm) und der Dichte (kompakt und locker); b das Schema zeigt die verschiedenen Ursachen eines Knochenmarködem: Zur vaskulär ischämischen Gruppe zählend mit SONK (Morbus Ahlbäck), dem vaskulär ischämischen Knochenmarködemsyndrom (KMÖS), der Osteochondrose dissecans (OD) und dem migrierenden Knochenmarködemsyndrom, weiter der mechanisch traumatologischen Gruppe zugehörig mit Knochenkontusion bis zur osteochondralen Fraktur, der überlastungsbedingten Stressfraktur und dem Ödem im Rahmen der Fehlbelastung in Form eines Achsenfehlers. Am rechten Tibiakopf ist die Gruppe der reaktiven Ödeme dargestellt wie Ödeme bei einer Meniskusläsion, Ödeme im Rahmen einer Gonarthrose, postoperative, reaktive Ödeme und Ödeme als Begleitreaktion einer Tumorerkrankung oder tumorähnlichen Erkrankung wie z. B. im Rahmen eines Osteoidosteoms

MRT-Darstellung und Morphologie

Signalverhalten

Das Knochenmarködem (KMÖ) zeigt bzgl. des Signal- und Kontrastmittelverhaltens sowie der Morphologie ein typisches Muster; es ist typischerweise T1-gewichtet signalarm und T2-gewichtet signalreich. In einer T2-gewichteten Sequenz besteht eine Signalintensität, die jener von fetthältigem Knochenmark ähnelt. Bei Verwendung einer Fettunterdrückung zeigt sich jedoch der charakteristische Schwarz-weiß-Kontrast. Die hohe Signalintensität in einer T2- gewichteten Sequenz wird durch vermehrte intra- und extrazelluläre Flüssigkeit verursacht.

Kontrastmittelverhalten

Nach intravenöser Kontrastmittelgabe findet sich meist eine kräftige Kontrastmittelanreicherung, wobei hier mit Fettunterdrückung ein ähnlicher Bildeindruck wie bei einer STIR- oder T2-gewichteten Sequenz mit Fettunterdrückung entsteht. Wie eine kürzlich publizierte Studie zeigte, bestehen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des angezeigten Ödemvolumens zwischen kontrastmittelverstärkten T1-gewichteten Sequenzen mit Fettunterdrückung einerseits und STIR-Sequenzen andererseits. Auch Varianten der MR-Aufnahmeparameter für die beiden Sequenzen sowie Injektionen unterschiedlich hoher Kontrastmitteldosen änderten nichts an diesem Ergebnis [18]. Die Signalintensität des Ödems ist sehr ähnlich, tendenziell sogar höher als bei einer STIR-Sequenz; so ist die Kontrastmittelanreicherung Ausdruck einer vermehrten Vaskularisation, vermehrten Gefäßpermeabilität und Vermehrung des interstitiellen Raums.

Morphologie

Morphologisch zeigt ein Knochmarködem ein netzförmiges Binnenmuster. Der Rand eines KMÖ stellt sich unregelmäßig landkartenartig mit teilweise streifenförmigen Ausläufern dar. Innerhalb des KMÖ ist typischerweise die Signalintensität des fetthaltigen Knochenmarks reduziert, aber nie vollständig aufgebraucht — dieses Zeichen ist ein wichtiger differenzialdiagnostischer Hinweis zu den meisten blastomatösen Prozessen — dadurch entsteht der Eindruck, dass das Knochenmarködem das originäre Knochenmark überlagert, aber nicht aufbraucht oder vollständig verdrängt. Aus diesem Grund kann die Kompaktheit eines Knochenmarködems beschrieben werden, wobei hier eine semiquantitative Graduierung schwierig ist.

Beschreibungsparameter

Größe

Ein weiterer Parameter zur Beschreibung des Knochenmarködems ist die Größe. Für den Routinegebrauch ist eine Messung des größten Durchmessers oder der jeweiligen größten Durchmesser in den 3 Hauptebenen wichtig. Die Bestimmung der Anfangs- und Endpunkte ist beim Knochenmarködem naturgemäß schwierig. Diese grobe Größenbestimmung scheint aber für den Routinebetrieb auszureichen. Für wissenschaftliche Auswertungen kann die volumetrische Berechnung mit Definition von Schwell- oder Bezugswerten als Goldstandard angesehen werden [17].

Signalintensität

Die Signalintensität ist ein weiter Parameter zur Erfassung eines Knochenmarködems. Eine Graduierung kann schwierig sein, besonders wenn in Sequenzen mit Fettunterdrückung die Signalintensität des Fettgewebes als einfacher semiquantitativer Bezugspunkt fehlt. Ersatzweise kann eine Flüssigkeitsansammlung als Bezugspunkt dienen und demnach die Signalintensität als hypointens (Muskulatur) und hyperintens (Flüssigkeit) eingestuft werden. Für wissenschaftliche Auswertungen hat sich eine computerassistierte Berechnung mit Schwellwertdefinition als am besten geeignet erwiesen [17].

Lage

Die Lage ist ein weiteres zu beschreibendes Element: Sind der mediale, laterale oder beide Femurkondylen betroffen, der mediale oder laterale Anteil des Tibiakopfes oder die Patella, ist das Ödem zentral oder am Gelenkrand gelegen? Das typische Knochenmarködem des Kniegelenks ist unmittelbar subchondral gelegen, genau diese Region kann aber auch ausgespart sein. Das Knochenmarködem zeigt in der MRT eine typische Morphologie und ein charakteristisches Signalverhalten. Kompaktheit, Signalintensität, Größe und Lage sind variable Parameter, die hinsichtlich Graduierung und Differenzialdiagnostik von Interesse sein können.

Vaskulär-ischämisches Knochenmarködem

Zur Form des vaskulär-ischämischen Knochenmarködems zählen

  • die Osteonekrose,

  • das Knochenmarködemsyndrom und

  • die Osteochchondrosis dissecans (OD).

Osteonekrose

Die Osteonekrose ist als eine vaskulär-ischämische Nekrose des Knochens mit subchondraler Lage definiert. Die häufigste Lokalisation ist das Hüft-, gefolgt vom Kniegelenk. Am Kniegelenk können 2 Formen der Osteonekrose differenziert werden:

  1. 1.

    die primäre oder spontane (SONK, spontane Osteonekrose des Kniegelenks) und

  2. 2.

    die sekundäre Form.

Die 1. Form findet sich bei älteren, über 55 Jahre alten Patienten, ohne die typischen Risikofaktoren einer Osteonekrose. Bevorzugt ist das weibliche Geschlecht befallen. Die häufigste Manifestation ist im Bereich des medialen Femurkondylus. Für Patienten mit einem Alter über 55 Jahren und Knieschmerz ist die Prävalenz einer spontanen Osteonekrose 1,4% und höher [21]. Histologisch finden sich hier subchondrale Mikrofrakturen und nekrotisches Knochengewebe [25, 27].

Der stadienhafte Verlauf der SONK beginnt mit einem subchondralen Knochenmarködem des medialen Femurkondylus (Stadium I). Eine Manifestation im Bereich des Tibiakopfes ist ungewöhnlich. Üblicherweise wird die Diagnose in diesem Stadium gestellt. Das Initialstadium ist reversibel, ein Fortschreiten allerdings führt zu einer subchondralen Frakturlinie oder Demarkationslinie (Stadium II), weiter zu einer osteochondralen Fraktur (Stadium III mit Abflachung) und schließlich zur sekundären Arthrose (Stadium IV; [27]).

Davon zu unterscheiden ist die 2. Form, die meistens jüngere Patienten (20–55 Jahre) mit Risikofaktoren für eine Osteonekrose betrifft. Neben einer singulären Erscheinungsform sind hier multiple Osteonekrosen in Kombination mit Knocheninfarkten in allen Abschnitten typisch. Zusätzlich können auch noch andere Gelenke betroffen sein. Die Risikofaktoren entsprechen denen einer Hüftkopfnekrose. Die Stadieneinteilung gilt hier nach ARCO, nämlich ein reversibles Knochenmarködem im Stadium I und ein Demarkationssaum im subchondralen Abschnitt als Stadium II. Der Demarkationssaum ist T1-gewichtet signalarm und T2-gewichtet in Abhängigkeit vom Alter der Osteonekrose zunehmend signalarm. Das demarkierte Areal selbst ist fettmarkäquivalent oder zumindest teilweise fettmarkäquivalent signalgebend. Eine subchondrale Fraktur gilt mit dem Ausdruck der mechanischen Insuffizienz als Stadium III, wobei hier noch keine Impression der Gelenkfläche vorliegt. Ein Einbruch der Osteonekrose bis zur Sekundärarthrose gilt schließlich als Stadium IV.

Knochenmarködemsyndrom

Synonyme für das Knochenmarködemsyndrom sind Algodystrophie, transientes Knochenmarködemsyndrom und, ein irreführendes Synonym, der Begriff „transiente Osteoporose“. Ob dieses Knochenmarködemsyndrom (KMÖS; engl. BMES, bone marrow edema syndrome) ein Subtyp der Osteonekrose ist, wird unverändert kontrovers diskutiert [10, 14, 26]. Das KMÖS ist eine vaskulär-ischämische Erkrankung des Knochenmarks, das mit starken Schmerzen einher geht und einen selbstlimitierenden Charakter hat. Die Krankheit verläuft über 3–12 Monate. Das Röntgenbild ist am Anfang völlig unauffällig. Nach 2–3 Monaten zeigt sich eine geringfügige Demineralisation. Im Gegensatz zur Osteoporose ist jedoch nicht die Knochensubstanz reduziert, sondern vermehrt, es liegt jedoch eine Demineralisation, also reduzierter Hydroxilapatitgehalt vor.

Die Diagnose eines Knochenmarködemsyndroms kann nur mit der MRT gestellt werden. Es findet sich oft ein ausgeprägtes Knochenmarködem eines oder auch mehrerer Kniequadranten (Abb. 2). Die Diagnose kann nur als Ausschlussdiagnose gestellt werden, wenn andere morphologische Veränderungen, eine Traumaanamnese und Achsenfehler usw. fehlen. Eine spezielle Form des Knochenmarködems ist die migrierende Form des Knochenmarködemsyndroms [8, 16]. Das Knochenmarködem kann beim neuerlichen Auftreten das andere Kniegelenk oder einen weiteren Kniegelenkquadranten nach einem asymptomatischen oder MR-tomographisch unauffälligen Intervall betreffen.

Abb. 2a, b
figure 2

Knochenmarködemsyndrom mit einer koronalen STIR-Sequenz (a) sowie einer koronalen Kontrastmittelserie mit Fettunterdrückung (b). Es findet sich ein ausgeprägtes Knochenmarködem des medialen Femurkondylus, das über die Epiphyse hinaus bis nach metaphysär reicht; in der Kontrastmittelserie ist eine deutliche Anreicherung zu erkennen, zusätzlich besteht ein begleitender Gelenkerguss; an den Kniebinnenstrukturen besteht ein unauffälliger Befund

Neben einer chirurgischen Maßnahme in Form einer Knochenbohrung zur Druckentlastung und symptomatischer Schmerzbehandlung mit nichtsteroidaler antiinflammatorischer Medikation besteht eine interessante neue Behandlungsmöglichkeit mit Iloprost (Ilomedin, Schering, Berlin), einem Prostazyklinanalogon [1, 2].

Osteochondrosis dissecans (OD)

Bei der Erstbeschreibung wurden 3 mögliche Ursachen angeführt:

  • eine traumatologische,

  • eine vaskulär-ischämische und

  • eine entzündliche.

Letztere führte damals zur Namensgebung — Osteochondritis dissecans — ist aber heute pathognomonisch nicht mehr zutreffend. Es findet daher zunehmend der Begriff Osteochondrosis dissecans Verwendung.

Die OD betrifft typischerweise das Kniegelenk und ist eine Erkrankung des adolenzenten Patienten. Neben der vaskulär-ischämischen Komponente ist die Ursache wahrscheinlich multifaktoriell mit Ossifkationsstörungen und einer fokalen Stresssituation. Die Verlaufsprognose einer OD ist besser als die der Osteonekrose eines Erwachsenen. Eine OD findet sich typischerweise ebenfalls am medialen Femurkondylus, jedoch nicht im gewichttragenden Abschnitt, sondern interkondylär, und läuft stadienhaft ab. Typischerweise ist hier nur eine flache, subchondrale Läsion mit einem wesentlichen knorpeligen Abschnitt betroffen.

Die klassische Einteilung der OD stammt aus der Pathologie und orthopädischen Literatur und ist vierteilig. Unter Einsatz der MRT ist eine Frühdiagnose im Knochenmarködemstadium möglich, sodass sich mit diesem zusätzlichen Stadium eine fünfteilige Stadieneinteilung [15] ergibt:

  • Stadium I: Knochenmarködem,

  • Stadium II: subchondraler Demarkierungssaum,

  • Stadium III: partielle Ablösung,

  • Stadium IV: komplette Ablösung, jedoch in anatomischer Position,

  • Stadium V: Dislokation des Dissekats.

Mechanisch-traumatologisches Knochenmarködem

Zu dieser Gruppe gehören 3 Subgruppen:

  • Knochenmarködem bei „einmaligem“ Knochen- und Gelenktrauma,

  • Knochenmarködem bei repetitiver Belastung, sprich Stresstrauma, und

  • Knochenmarködem bei Stressreaktion aufgrund eines Achsenfehlers.

Traumatische Ursachen

Vor dem Einsatz der MRT wurden Knochenverletzungen mit dem Röntgen diagnostiziert. Damit konnte auch ein Großteil der Knochenverletzungen, besonders der klinisch relevanten, erfasst werden. War die Knochenverletzung im Röntgenbild nicht nachweisbar, die klinischen Frakturzeichen aber positiv, wurden Röntgenkontrollen in 2, 4 und spätestens 6 Wochen durchgeführt, um hier im Rahmen der Knochenheilung die Fraktur auf Basis der Knochenresorption nachzuweisen, um unverschobene, unterschiedlich ausgedehnte Frakturen zu erkennen [4].

Mit der Einführung der MRT wurde für diese Patienten mit positivem MR-, aber primär negativem Röntgenbefund der Begriff „radiologisch okkulte Knochenverletzung“ eingeführt. Mit diesem Begriff vermag die MRT eine weitere Graduierung vorzunehmen, wobei die geringfügigen Knochenverletzungen häufiger, die ausgedehnteren Verletzungsformen seltener sind. Die Skala beginnt bei der geringfügigsten Form, der Knochenkontusion, Knochenprellung oder „bone bruise“, gefolgt von MR-tomographisch nachweisbaren Frakturlinien innerhalb des Knochenmarks. Bei weiterer Ausdehnung einer Knochenverletzung ist der kortikale Knochen betroffen. Bei der stärksten Ausprägungsform einer radiologisch okkulten Knochenverletzung sind der gesamte Knochenquerschnitt oder auch der Gelenkknorpel betroffen [4].

Knochenkontusion

Die Knochenkontusion beinhaltet histologisch nicht nur ein Knochenmarködem, sondern auch Einblutungen und trabekuläre Mikrofrakturen. Im weiteren Verlauf finden sich hier auch kurz nach der Fraktur einsprossendes fibrovaskuläres Gewebe und Knochenheilung. Die Knochenkontusion kann durch direktes oder indirektes Trauma verursacht werden. Es findet sich meist ein Kontraktions- oder Schertrauma; in allen Fällen ist die Unfallmechanik von Bedeutung. Bei einer Distraktionsverletzung mit knöchernen Ausrissen kann auch bei einer kompletten Fraktur eine Knochenmarkveränderung vollständig fehlen. Aus diesem Grunde können auch kortikale Ausrissverletzungen der MR-Diagnostik vollständig entgehen.

Bei einer indirekten Gewalteinwirkung kann das Verteilungsmuster von Knochenkontusionen auf den Verletzungsmechanismus und auf weitere Verletzungen hinweisen. So gelten z. B. Knochenmarködeme entlang der dorsolateralen Tibiakante und am anterolateralen Rand des lateralen Femurkondylus als indirekte Zeichen für eine komplette vordere Kreuzbandruptur.

Posttraumatische Frakturlinien können entweder nur T1- oder T2-gewichtet oder in beiden Gewichtungen nachweisbar sein. Wichtig ist die T2-gewichtete Sequenz mit oder ohne Fettunterdrückung, da sie die Beurteilung der Frakturlinienausdehnung in den kortikalen Knochen und den Gelenkknorpel erlaubt. Eine solche Frakturausdehnung ist, auch wenn sie radiologisch nicht nachweisbar ist, per definitionem als schwerwiegendere Verletzung im Vergleich zur Knochenprellung zu werten. Die MRT ist die sensitivste Methode zum Nachweis einer geringfügigen Knochenverletzung, die Multislice-CT die Methode zur bestmöglichen Darstellung von Frakturdetails.

Stressödem als Frühstadium einer Stressfraktur

Stressfrakturen können in Frakturen eines gesunden Knochens mit Überlastung wie bei sportlicher Betätigung oder einer normalen Belastung eines minderwertigen Knochens wie bei Osteoporose (Insuffizienzfrakturen) eingeteilt werden.

Am Kniegelenk sind diese Stressfrakturen oder -ödeme eher tibialseitig lokalisiert (Abb. 3). Diese finden sich sowohl am Übergang von der Tibiaepi- zur Metaphyse als auch im Bereich des proximalen Tibiaschafts. Im Frühstadium ist das KMÖ prinzipiell uncharakteristisch. Die Lokalisation, die u. U. die Subchondralregion aussparen kann, ist jedoch ein Hinweis. Weiter findet sich beim Stressödem oft eine deutliche periostale Verbreiterung, ebenso ist eine pseudoinflammatorische Weichteilreaktion möglich.

Abb. 3a–c
figure 3

Knochenmarködem als Ausdruck einer frühen Stressfraktur. Sagittale protonengewichtete Sequenz mit Fettunterdrückung (a), axiale protonengewichtete Sequenz mit Fettunterdrückung (b) und koronale STIR (c); es zeigt sich eine deutliche Knochenmarködemzone des medialen Tibiakopfes, zusätzlich finden sich eine periostale Verbreiterung und Signalanhebung in der protonen- und T2-gewichteten Sequenz; eine Frakturlinie ist nicht bzw. noch nicht erkennbar; die Anamnese ergibt eine subakute Überlastung, wobei Anordnung, Morphologie und Anamnese mit dem Frühstadium einer Stressfraktur vereinbar sind

Zur sicheren Diagnose ist im Ödemstadium oft eine typische Belastungs- oder Sportanamnese notwendig. Im weiteren Verlauf findet sich eine typische Stressfrakturlinie in der MRT, die wellenförmig verlaufend, sowohl T1-gewichtet als auch in der STIR-Sequenz signallos ist.

Stressbezogenes Knochenmarködem bei Achsenfehler

Bei Achsenfehlern kommt es zu einer chronisch-mechanischen Fehl- oder Überbelastung. Hier lässt sich ein Knochenmarködem noch vor dem Vorliegen einer Arthrose oder Früharthrosezeichen beobachten [6, 24].

Da in der MRT aufgrund des Bildausschnitts bestenfalls andeutungsweise erkannt oder beurteilt werden kann, ist hier eine radiologische Achsenbeurteilung im langen Format notwendig. Durch die MRT kann jedoch ein Hinweis gegeben werden, wenn das Knochenmarködem entweder am medialen oder lateralen Gelenkrand fokussiert ist und hier sowohl der tibiale als auch femorale Abschnitt betroffen sein kann, aber nicht muss [11].

Dennoch finden sich auch Zeichen einer frühen, degenerativen Veränderung, wie fetthaltige osteophytäre Randanbauten oder eine gleichmäßige Knorpelverschmälerung, die ebenfalls im Bereich des maximalen Knochenmarködems betont erscheinen. Der Übergang von einem stressbezogenen Knochenmarködem auf Basis eines Achsenfehlers zur aktivierten Arthrose kann naturgemäß fließend sein.

Reaktives Knochenmarködem

Zu dieser Form des Knochenmarködems kann eine Vielzahl von Ursachen angeführt werden, die folgende Einteilung nimmt 3 wichtige Ursachen heraus, nämlich das

  • reaktive Knochenmarködem bei Arthrose,

  • reaktive Knochenmarködem postoperativ,

  • reaktive Knochenmarködem bei Tumorerkrankungen.

Zusätzlich sind weitere Ursachen zu nennen, z. B. das Knochenmarködem im Rahmen einer Meniskusverletzung, wobei sich hier eine schmale Knochenmarködemzone zeigt. Typisch ist ein exzentrisches dorsal oder dorsomedial an der Tibiakante gelegenes Ödem des Knochenmarks bei einem häufigen medialen Meniskushinterhornriss. Weiter finden sich meistens kleinere Knochenmarködeme bei umschriebenen Knorpeldefekten, posttraumatischen Knorpelläsionen oder auf Basis einer Chondromalazie. Knochenödeme um intraossäre Ganglien lassen erkennen, dass hier eine Wachstumstendenz vorliegt.

Knochenmarködem bei Gonarthrose

Das subchondrale Knochenmarködem korreliert sehr gut mit dem Begriff der aktivierten oder schmerzhaften Arthrose [5]. Darüber hinaus repräsentiert das Knochenmarködem einen Risikofaktor für eine schneller fortschreitende Arthrose [6]. Wie sehr dieses degenerativ verursachte Knochenmarködem auch eine vaskulär-ischämische Komponente beinhaltet, ist unverändert in Diskussion. Dies umso mehr, da auf diesem Wirkmechanismus ansetzende Medikamente einen positiven Einfluss auf die Ödementwicklung zu haben scheinen.

Neben dem Knochenmarködem im Rahmen einer aktivierten Gonarthrose (Abb. 4) bietet die MRT Zeichen der Knorpelverschmälerung, osteophytäre Randanbauten, subchondrale Veränderungen wie unterschiedlich große Zystenbildungen, fibrosierende Veränderungen und Sklerosen.

Abb. 4a, b
figure 4

Knochenmarködem bei aktivierter Gonarthrose mit einer sagittalen, protonengewichteten mit Fettunterdrückung (a) und koronalen STIR (b). Es besteht eine deutliche Verschmälerung des Gelenkknorpels im medialen tibiofemoralen Gelenkabschnitt, der Meniskus ist nach außen verlagert; das subchondrale Knochenmark ist sowohl tibial- als auch femoralseitig signalverändert, signalreich protonen- und T2-gewichtet im Sinne eines Knochenmarködems

Postoperatives Knochenmarködem

Die MRT wird häufig nach chirurgischen Eingriffen mit erneuten oder persistierenden Schmerzen eingesetzt. Ein postoperatives Knochenmarködem wird regelmäßig nach Bandrekonstruktionen, Bohrungen und chirurgischen Maßnahmen im osteochondralen Abschnitt beobachtet. Diese reaktiven Knochenmarködeme können bis zu 6 oder 12 Monate nach dem chirurgischen Eingriff vorkommen [9]. Auch nach Arthroskopien mit partiellen Meniskektomien [13, 19, 23] oder Bandrekonstruktionen werden subchondrale Knochenmarködeme beobachtet [3].

Bei Patienten mit Meniskusrissen (n=94) wurde arthroskopisch eine partielle Meniskektomie vorgenommen [13]. Bei diesen Patienten, die alle vor der Operation ein normales, subchondrales Knochenmark hatten, zeigte die postoperative MRT, dass bei 34% der Fälle ein femorales oder tibiales subchondrales Knochenmarködem in der Region der Meniskektomie vorlag (Abb. 5). Es bestand keine Korrelation mit Alter, Geschlecht oder dem Zustand des Gelenkknorpels, jedoch lag eine Korrelation mit dem Ausmaß der Meniskusresektion vor [13]. Kam es bei einer frühzeitigen Diagnose zu einer Teilentlastung, war eine Rückbildung des Ödems in vielen Fällen nachweisbar [23].

Abb. 5a, b
figure 5

Reaktives Knochenmarködem bei einem medialen Meniskusriss. In einer sagittalen protonengewichteten mit Fettunterdrückung (a) und koronalen STIR (b) findet sich ein Knochenmarködem an der dorsomedialen Kante des medialen Femurkondylus; direkt angrenzend daran erkennt man eine Rissbildung des medialen Meniskus, einem reaktiven Knochenmarködem entsprechend

Das Risiko, dass sich eine manifeste Osteonekrose nach einer partiellen Meniskomie entwickelt, scheint ab dem 50. Lebensjahr zuzunehmen [19, 22]. Prädisponierende Faktoren dürften dabei eine Ischämie und ein lokales Trauma während der Arthroskopie ebenso wie eine postoperative mechanische Überlastung sein [20, 23].

Reaktive Knochenmarködeme bei Tumoren oder „tumor like lesions“

Das Kniegelenk und angrenzende Abschnitte sind die häufigsten Lokalisationen für primäre Knochentumoren. Die Diagnose wird meist anhand des Röntgenbildes gestellt. Die MRT hat hier die Aufgabe des lokalen Stagings, wobei hier Tumor und Tumorgrenzen erkannt werden können. Ein perifokales Knochenmarködem kann vorkommen, steht aber meistens im Verhältnis zum Tumor im Hintergrund [7, 12].

Selten ist ein reaktives Knochenmarködem im Rahmen einer Tumorerkrankung so ausgeprägt, dass es einen dominierenden Bildeindruck bietet (Abb. 6). Bei Osteoidosteomen kann jedoch das Knochenmarködem so deutlich sein, dass die eigentliche Ursache, das Osteoidosteom, nicht unmittelbar erkannt werden muss. Immer wenn es sich um ein atypisches Verteilungsmuster eines Knochenmarködems handelt oder eine Therapieresistenz vorliegt, ist unbedingt an ein Osteoidosteom zu denken. Auch bei anscheinend negativer MRT ist eine ergänzende CT-Abklärung eine sehr sinnvolle Maßnahme.

Abb. 6a, b
figure 6

Reaktives Knochenmarködem bei Tumor bzw. tumorähnlichen Erkrankungen. Es zeigt sich ein perifokales Knochenmarködem im Rahmen eines intraossären Ganglions in einer koronalen STIR (a) und einer koronalen Kontrastmittelserie mit Fettunterdrückung (b); das intraossäre Ganglion im Bereich des Fibulaköpfchens ist T2-gewichtet an der hohen Signalintensität und einer T1-gewichteten Signalabsenkung mit Kontrastmittel zu erkennen; das perifokale Knochenmarködem ist T2-gewichtet signalreich und zeigt eine sehr gleichmäßige Kontrastmittelanreicherung, sodass bzgl. des Knochenmarködems ein ähnliches Bild im Vergleich zur STIR-Sequenz entsteht

Fazit für die Praxis

Der Begriff KMÖ des Kniegelenks ist zusammen mit der Einführung der MRT in die klinische Routinediagnostik des Kniegelenks entstanden. Ein KMÖ kann mit der MRT sehr sicher erkannt werden. Es ist jedoch unspezifisch, sodass sich hier eine Reihe von Differenzialdiagnosen ergibt. Steht ein Knochenmarködem im Vordergrund, ist die Zusammenschau mit klinisch-anamnestischen Angaben bzw. Befunden unverzichtbar, um eine verlässliche Diagnose stellen zu können.

Im Wesentlichen sind hier 3 Gruppen relevant:

  • traumatologisch stressbedingte,

  • reaktive und

  • vaskulär-ischämische Ursachen.

Beim Vorliegen eines im Bildbefund dominierenden Knochenmarködems ergeben sich folgende 10 Fragen:

  1. 1.

    Gibt es eine Traumaanamnese oder ein nicht adäquates Trauma? — Von der Knochenkontusion (bone bruise) bis zur ausgedehnten MR-tomographisch nachweisbaren Fraktur (Abb. 7).

  2. 2.

    Gibt es eine Stressanamnese in Form einer sportlichen Belastung? — Knochenmarködem aus Ausdruck eines frühen Stadiums einer Stressfraktur.

  3. 3.

    Kam es zu einer Stressreaktion in Form eines Achsenfehlers? — Erkennbar an einer Röntgenaufnahme im Stehen und langem Format.

  4. 4.

    Finden sich Zeichen einer Arthrose im Röntgen- oder MRT-Bild? — Knochenmarködem im Rahmen einer aktivierten Gonarthrose.

  5. 5.

    Gibt es eine Operationsanamnese der letzten Monate, offen oder Zustand nach Arthroskopie? — Postoperatives reaktives Knochenmarködem.

  6. 6.

    Liegen ein atypisches Verteilungsmusters oder eine Therapieresistenz des Knochenmarködems als mögliche Hinweise auf ein noch nicht entdecktes Osteoidosteom vor?

  7. 7.

    Findet sich bei einem adoleszenten männlichen Patienten ein Knochenmarködem an der medialen Seite des medialen Femurkondylus mit breitem Bezug zum Gelenkknorpel? — Frühstadium einer Osteochondrosis dissecans.

  8. 8.

    Gibt es — möglicherweise an unterschiedlicher Stelle — die Anamnese eines bereits statt gehabten Knochenmarködems? — Migrierendes, vaskulär-ischämisches Knochenmarködemsyndrom.

  9. 9.

    Bestehen Risikofaktoren für eine Osteonekrose und liegen die Ödeme evtl. auch multipel oder an anderen Gelenken vor? — Frühstadium multipler Osteonekrosen.

  10. 10.

    Findet sich ein Knochenmarködem am medialen Femurkondylus bei einem weiblichen Patienten von über 55 Jahren? — SONK (Morbus Ahlbäck).

Sind alle bisher gestellten, differenzialdiagnostischen Fragen negativ zu beantworten, liegt bei einem großen Knochenmarködem mit hoher Wahrscheinlichkeit ein primäres, vaskulär-ischämisches Knochenmarködem des Kniegelenks vor.

Abb. 7a, b
figure 7

Knochenmarködem als Ausdruck Knochenprellung (bone bruise) nach einer Patellaluxation in einer sagittalen protonengewichteten Sequenz mit Fettunterdrückung (a) und einer koronalen Stir (b). Knochenmarködem des lateralen Femurkondylus anterolateral, als indirektes Trauma im Rahmen der Patellaluxation