Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrages …

  • sind Sie in der Lage, leitliniengerechte Therapiekonzepte zu entwickeln,

  • können Sie einschätzen, welche weiterführenden diagnostischen Maßnahmen in der Entscheidungsfindung hilfreich sein könnten,

  • wissen Sie, welche Prognosen für das jeweilig angewandte Verfahren anhand evidenzbasierter Daten zulässig sind,

  • können Sie unterscheiden, welche Verfahren praxisrelevant sind und welche Verfahren nur bedingt untersucht sind.

Hintergrund und Ziele der Arbeit

Die Behandlung von Zielsymptomen der Schizophrenie (SZ) mit nichtinvasiver („non-invasive brain stimulation“, NIBS) und invasiver Hirnstimulation (tiefe Hirnstimulation, THS) hat in den letzten Jahren in der klinischen Behandlung und Forschung zunehmend an Bedeutung gewonnen. In Anbetracht dessen, dass eine relevante Subpopulation von Patienten mit Schizophrenie auf pharmakologische, psychosoziale und verhaltenstherapeutische Ansätze nur bedingt anspricht oder Langzeitnebenwirkungen der Pharmakotherapie auftreten, wird die Notwendigkeit der Entwicklung evidenzbasierter Konzepte in der nichtinvasiven und invasiven Hirnstimulation zur selektiven Behandlung refraktärer SZ-Symptomdomänen immer dringlicher.

Daher sollen unter Berücksichtigung der S3-Leitlinien und der aktuellen Literaturdatenlage im ersten Abschnitt dieses Übersichtsartikels die Wirksamkeit und Sicherheit semiinvasiver (Elektrokonvulsionstherapie, EKT) und nichtinvasiver Hirnstimulationsverfahren (transkranielle Gleichstromstimulation [tDCS], transkranielle Wechselstromstimulation [tACS], repetitive transkranielle Magnetstimulation [rTMS], transkutane Vagusnervstimulation [tVNS]) dargestellt werden.

Im zweiten Abschnitt wird das therapeutische Potenzial der invasiven, stereotaktischen THS und der stereotaktischen Magnetresonanz(MR)-thermal-gestützten tiefen Ultraschallablation („high-intensity focused ultrasound“, HIFU) zusammenfassend dargestellt.

Die Validierung der einzelnen anatomischen Zielpunktstrukturen und bedarfsadaptierten Stimulationsparadigmen für selektive SZ-Symptomdomänen ist unter besonderer Berücksichtigung diagnostischer Modalitäten wie Magnetenzephalographie (MEG), Elektroenzephalographie (EEG) und neurobildgebenden Verfahren (strukturell/funktionell) aktuell im Fokus klinischer Forschung. In Anbetracht der Anzahl der zur Verfügung stehenden Hirnstimulationsverfahren und der gegenwärtig diskutierten anatomischen Zielstrukturen stellt die Implementierung einer multimodalen[-fokalen], personalisierten und prädiktiven Hirnstimulation (MPPH) ein zentrales Vorhaben dar und soll abschließend im letzten Abschnitt diskutiert werden.

Untersuchungsmethoden

Eine kriterienbasierte systematische Literaturrecherche wurde in den Datenbanken PubMed (bis April 2018) und MEDLINE (bis April 2018) mit folgenden Suchbegriffen oder deren Kombination durchgeführt: schizophrenia treatment – brain stimulation (non-invasive) – deep brain stimulation – electroconvulsive therapy – transcranial current stimulation (direct/alternating) – transcranial magnetic stimulation – high/low intensity ultrasound ablation/lesioning – vagus nerve stimulation – optogenetic stimulation – personalized, predicitve brain stimulation. Eingeschlossen wurden Veröffentlichungen aus Peer-Review-Zeitschriften, wobei Kongressbeiträge (Abstracts) nicht berücksichtigt wurden.

Elektrokrampftherapie (semiinvasive, selektive NIBS)

Gemäß der zur Bearbeitung anstehenden S3-Leitlinie zur Behandlung von SZ-Symptomdomänen besteht für die EKT ein Empfehlungsgrad C (möglicherweise wirksam). Als Indikationen werden die Katatonie (perniziöse Form) und im Sinne einer Einzelfallentscheidung therapieresistente Verlaufsformen benannt. Die Datenlage für persistierende akustische Halluzinationen (PAH) wird als nicht ausreichend eingestuft, um die EKT regelhaft in die Behandlung zu implementieren [1]. In einem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) aus dem Jahr 2015 erfolgt keine wesentliche Änderung der Beurteilung der S3-Leitlinien. Eine zusammenfassende Bewertung der Leitlinien der einzelnen Fachgesellschaften spricht divergente Empfehlungen aus, obgleich die National Institute for Health and Care Excellence (NICE)-Leitlinie zu der folgenden Einschätzung kommt:

Die vorliegenden Studien sprechen für eine Wirksamkeit der EKT, jedoch fehlen weitergehende Untersuchungen unter Berücksichtigung von vergleichenden Interventionen (Pharmakotherapie, Verhaltenstherapie) und systematischen Analysen zu den technischen Parametern der EKT [2].

Aktuelle vergleichende Interventionsstudien zur EKT als Augmentation zu Clozapin und/oder Nicht-Clozapin-Antipsychotika berücksichtigen Aspekte der Wirksamkeit/Sicherheit und beziehen die systematische Erfassung standardisierter Stimulationsprotokolle und potenzieller molekularbiologischer Biomarker ein. Mehrere Kohortenstudien (davon 4 retrospektiv, 3 prospektiv), 3 Metaanalysen sowie Biomarker-assoziierte Studien (Neurobildgebung, Molekularbiologie) wurden 2017 zum Augmentationspotenzial der EKT veröffentlicht [3].

In einer retrospektiven Studie (Spiegelbild-Design) mit 2074 Patienten wurde die Wirksamkeit der EKT plus Medikation vs. Medikation allein analysiert und es konnte gezeigt werden, dass die Gruppe mit EKT plus Medikation eine geringere Rehospitalisationsrate aufwies (Cave: Probanden mit mehrfacher EKT wurden nicht eingeschlossen). Insgesamt wurden 4 EKT-Paradigmen bei 62 Patienten exploriert:

  • 1. Arm: bitemporal – Pulsweite 0,5 ms – altersbasierter Schwellenwert vs.

  • 2. Arm: bitemporal – Pulsweite 0,5 ms – titrierter Schwellenwert vs.

  • 3. Arm: unilateral frontal rechts – Pulsweite 0,5 ms – altersbasierter Schwellenwert vs.

  • 4. Arm: bifrontal – Pulsweite 1 ms – titrierter Schwellenwert.

Es zeigte sich eine Reduktion um 40 % in der Brief Psychiatric Rating Scale (BRPS) bei zwei Drittel der Probanden sowie ein Ansprechen für alle EKT-Paradigmen mit Ausnahme der bifrontalen Stimulation [3]. Das Augmentationspotenzial der EKT wurde in weiteren nichtkontrollierten prospektiven Studien mit folgenden 3 Stimulationsparadigmen evaluiert:

  • 1. Gruppe: unilateral frontal rechts vs.

  • 2. Gruppe: bifrontal vs.

  • 3. Gruppe: bitemporal.

Allerdings betrug die gewählte Pulsweite 1,5 ms, entgegen der meist in der Praxis üblichen EKT-Pulsweite von 0,5–1,0 ms („ultrabrief –brief pulses“). Alle 3 EKT-Paradigmen erzielten eine vergleichbare Verbesserung mit dem geringsten Nebenwirkungsprofil (Kognition) bei unilateraler, rechtsfrontaler Elektrodenlage verglichen mit bifrontal und bitemporal [4, 5]. In einer Metaanalyse mit 13 EKT-Augmentationsstudien (in 6 Studien wurde Clozapin mit EKT kombiniert, in 7 Studien andere Antipsychotika) zeigte sich ein verbessertes Ansprechen auf EKT unabhängig von der antipsychotischen Medikation [6]. Eine nichtkontrollierte EKT-Machbarkeitsstudie konnte unter einer „low amplitude seizure therapy“ (EKT-LAST) mit der Applikation eines 6‑fachen konvulsiven Schwellenwertes und resultierenden Amplituden zwischen 500–600 mA (konventionelle EKT erreicht 800–900 mA) eine Verbesserung in der BPRS bei deutlich verkürzter Latenz (4,5 min) bis zur Wiedergewinnung der vollen Orientierung und geringerem kognitivem Nebenwirkungsspektrum nachweisen [7].

In Anlehnung an die Forderungen des Positionspapiers der DGPPN zur Beurteilung der EKT ist festzustellen, dass zunehmend vergleichende Augmentationsstudien unter Berücksichtigung anderer antipsychotischer Medikation bei Clozapin-Resistenz veröffentlicht wurden. Dabei wurden Parameter wie Dosis-Wirkungs-Beziehung (Elektrodenlage, Stimulationsintensität, Pulsweite, Frequenz, Anzahl/Dauer der Behandlungen), Sicherheit und Verträglichkeit systematisch erfasst und eine erhöhte klinische Responserate bei der Kombination von EKT und antipsychotischer Medikation ermittelt.

Insgesamt deutet immer mehr darauf hin, dass die EKT ein sinnvolles Add-on bei Clozapin-Resistenz darstellt [2, 3, 6].

Die Charakterisierung der EKT-Therapie mit/ohne Pharmakotherapie mittels neurobildgebender Verfahren (multimodale Magnetresonanztomographie [MRT], strukturelle und funktionelle Veränderungen erkrankungsspezifischer Netzwerke), elektrophysiologischer und molekularbiologischer Analysen (Neuroinflammation, Oxytocin) steht noch am Anfang, allerdings zeigen auch hier erste Daten strukturelle und morphologische Unterschiede verglichen mit gesunden Kontrollen [3].

Transkranielle Gleichstrom- und Wechselstromstimulation (nichtinvasiv)

Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) ist gegenwärtig nicht in der S3-Leitlinie berücksichtigt. Es ist jedoch bei zunehmend positiver Bewertung in randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) mit einer Aufnahme in die zur Revision anstehende S3-Leitlinie zu rechnen [1, 2]. Je nach Zielsymptom kamen zwei verschiedene tDCS-Paradigmen des dorsolateralen Präfrontalkortex (DLPFC) zur Anwendung.

  • Bei dem temporoparietalen Paradigma (TPJ) wird die anodale tDCS-Elektrode (exzitatorisch) über dem linken DLPFC und die kathodale tDCS-Elektrode (inhibitorisch) über dem temporoparietalen Kortex positioniert.

  • Bei dem PFC-Muster wird die anodale tDCS-Elektrode über dem linken DLPFC und die kathodale tDCS-Elektrode am kontralateralen DLPFC (rechts) oder extrazephal positioniert.

Das TPJ-Stimulationsparadigma wurde in der Behandlung akustischer Halluzinationen untersucht, während das PFC-Paradigma therapeutisch bei Negativsymptomatik und SZ-assoziierter kognitiver Einschränkung zur Anwendung kam [8]. Sowohl PFC- als auch TPJ-Paradigmen wurden bi- und unihemisphärisch hinsichtlich ihres Wirkungsspektrums evaluiert [9, 10].

In ersten Arbeiten finden sich divergente Beobachtungen zu tDCS-Effekten im Rahmen der Behandlung von PAH, Positiv‑/Negativsymptomatik und der SZ-assoziierten kognitiven Störung (Arbeitsgedächtnisstörung, [8]). Sowohl für das TPJ- als auch für das PFC-Paradigma wurde in Sham-kontrollierten Studien eine Verbesserung (nichtsignifikant) für die PAH und die Negativsymptomatik beobachtet [2, 8]. Das ESPRIT-Projekt („efficacy and mechanisms of DCS-enhanced cognitive training in schizophrenia“) verwendet in einem Sham-kontrollierten Cross-over-Studiendesign das PFC-Paradigma, um ein homogenisiertes Patientenkollektiv mit im Vordergrund stehender Beeinträchtigung der Kognition (Arbeitsgedächtnisstörung) zu behandeln. Zur genauen Reproduzierbarkeit der beobachteten tDCS-Effekte wurden in ESPRIT die Stimulationsparameter (Polaritäten [TPJ vs. PFC], Intensitäten, kumulative Stimulationsintensität, Lateralität, Anzahl/Dauer der Behandlungen) unter unveränderter Pharmakotherapie standardisiert evaluiert [8].

Palm und Kollegen konzipierten eine PFC-tDCS-Machbarkeitsstudie bei Patienten mit prädominanter Negativsymptomatik (primärer Endpunkt: Verbesserung in der Scale for the Assessment of Negative Symptoms [SANS], sekundärer Endpunkt: Verbesserung in der Positive and Negative Syndrome Scale [PANSS]) unter Einschluss der depressiven Komorbidität sowie kognitiver Testbatterien. Ergänzend wurden Hirnveränderungen mittels funktioneller und struktureller Parameter (multimodaler MR-Verfahren) evaluiert [9].

Die Zielpunkt- und Zielsymptomdefinition (Negativsymptomatik – DLPFC) dieser Studie spiegelt die eminente Rolle des DLPFC mit seinen frontostriatalen und frontothalamoparietalen Projektionen in der Pathophysiologie der SZ-assoziierten Negativsymptomatik und kognitiven Alteration (Störung des Arbeitsgedächtnisses und der Aufmerksamkeit, exekutive Dysfunktion, Defizit des verbalen/visuellen Lernens) wider [9, 10]. Es zeigte sich ein Unterschied zwischen Verum- und Sham-Stimulation (10 Behandlungen, 2 mA, 20 min) im SANS und im globalen PANSS (SANS: Verum-tDCS −36,1 % vs. Sham-tDCS −0,7 %, PANSS: Verum-tDCS −23,4 % vs. Sham-tDCS −2,2 %); interessanterweise wurden Veränderungen des funktionellen Konnektoms u. a. im präfrontalen Kortex beobachtet. Die sekundären Endpunkte wie depressive Komorbidität (Calgary Depression Scale for Schizophrenia, CDSS) und Arbeitsgedächtnis/kognitive Defizite (Self-Ordered Pointing Task [SOPT], Trail-Making Test Version [TMT A/B]) zeigten keinen Unterschied [9].

Eine aktuelle veröffentlichte Übersichtsarbeit hat insgesamt 7 Sham-kontrollierte RCT-Studien zur tDCS für die PAH, Positiv‑/Negativsymptomatik und die SZ-assoziierte kognitive Störung evaluiert und soll im Folgenden nach Zielsymptom geordnet dargestellt werden [11].

Persistierende akustische Halluzination

Hierzu wurden insgesamt 5 RCTs veröffentlicht mit einem kumulativen Patientenkollektiv von 143 SZ-Patienten (80 Verum-tDCS vs. 63 Sham-tDCS). denEs konnte eine Verbesserung (nichtsignifikant) in der Auditory Halluzinations Rating Scale (AHRS) unter Verum-tDCS gezeigt werden; der Unterschied zwischen beiden Behandlungsarmen nahm kumulativ zu [11].

Positiv- und Negativsymptome (PANSS)

In jeder der vorliegenden Studien wurden PANSS-Subskalen für Positiv- und Negativsymptome unter Verum- und Sham-tDCS (n = 200 SZ-Patienten [n = 97 Verum-tDCS vs. n = 93 Sham-tDCS]) evaluiert [11]. Bei gegebener Verbesserung im globalen PANSS, ergab sich kein Unterschied hinsichtlich der Positivsymptome zwischen beiden Gruppen. Im Gegensatz dazu wurde bei den entsprechenden PANSS-Subskalen für Negativsymptome ein Unterschied zwischen beiden Vergleichsgruppen (p = 0,02) beobachtet [11, 12].

Kognitive Einschränkung (Arbeitsgedächtnisstörung)

Eine Phase-II-RCT evaluierte die Effekte einer 3‑monatigen tDCS auf SZ-assoziierte kognitive Einschränkungen und Negativsymptome und konnte nach Verum-tDCS einen Unterschied hinsichtlich des Outcomes für Negativsymptomatik sowie den kumulativen/globalen PANSS registrieren, nicht jedoch für die kognitive SZ-Domäne (Measurement and Treatment Research to Improve Cognition in Schizophrenia Consensus Cognitive Battery, MATRICS; [11, 12]).

Die Wirksamkeit und Sicherheit der transkraniellen Wechselstromstimulation (tACS) zur Behandlung der PAH wurde in einer vergleichenden Arbeit (tACS vs. tDCS vs. Sham-Behandlung, TPJ-Paradigma, 10 Behandlungen, 2‑mal täglich, 10 Hz, „peak-to-peak“ 2 mA links) bei 22 SZ-Patienten evaluiert [13]. Sowohl für den primären (AHRS) als auch für den sekundären Endpunkt (PANSS, Brief Assessment of Cognition in Schizophrenia [BACS]) zeigte sich kein Unterschied für tACS vs. tDCS vs. Sham-Stimulation, jedoch ergab sich die größte Effektstärke (tACS = 1,31, tDCS = 0,17, Sham = 1,06) unter tACS-Behandlung [13].

Eine reproduzierbare Aussage oder gar Empfehlung hinsichtlich der Wertigkeit der tACS bei SZ-Symptomdomänen lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt anhand der aktuellen Datenlage noch nicht aussprechen.

Repetitve transkranielle Magnetstimulation (nichtinvasive, selektive Neuromodulation)

Die repetitive transkranielle Magnetstimulation wird in der gegenwärtigen S3-Leitlinie (2005) mit Empfehlungsgrad C (möglicherweise wirksam) eingestuft [1].

In einem Übersichtsartikel von Hasan und Kollegen erfolgte eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse der rTMS auf die PAH (TPJ-Paradigma links), Negativsymptome (DLPFC-Paradigma links) und die SZ-assoziierte kognitive Alteration (DLPFC links) sowie eine Beurteilung des therapeutischen Potenzials der kontinuierlichen Theta-Burst-Stimulation (TBS; [2]). Unter der Annahme, die PAH-assoziierte temporale Hyperaktivität zu inhibieren, werden überwiegend inhibitorische 1‑Hz-rTMS-Paradigmen verwendet. Umgekehrt wird zur Aktivierung eines hypoaktiven frontalen Netzwerkes (Negativsymptomatik) die exzitatorische 10- bis 20-Hz-rTMS des linken DLPFC eingesetzt [2, 14, 15]. Zu beiden Paradigmen finden sich inkonsistente Beobachtungen in einigen Übersichtsartikeln/Metaanalysen, allerdings wurden die meisten monozentrisch durchgeführt. Gemäß einer Konsensempfehlung wird die niedrigfrequente rTMS des linken TPJ (PAH als Zielsymptom) und die hochfrequente rTMS des linken DLPFC bei SZ mit prädominanter Negativsymptomatik empfohlen. Keine Empfehlung hingegen kann für die hochfrequente rTMS/TBS des linken TPJ (PAH), niedrigfrequente rTMS des rechten DLPFC (Negativsymptome) und bilaterale, hochfrequente rTMS des DLPFC (Negativsymptome) ausgesprochen werden [14, 15, 16].

Die größte randomisierte kontrollierte Multicenterstudie (Repetitive Transmagnetstimulation for the Treatment of Negative Symptoms of Schizophrenia, RESIS) zeigte im Vergleich zu Sham keine Überlegenheit der rTMS auf Negativsymptome im Langzeitverlauf [14, 15]. Ein Ansprechen der kognitiven Einschränkung wurde in kleineren Fallserien nach hochfrequenter (10–20 Hz) rTMS des linken DLPFC berichtet, jedoch nur mit bedingter Reproduzierbarkeit (Kognitionsparameter). Die kontinuierliche Theta-Burst-Stimulation (50-Hz-Dreifachpulse appliziert im 5‑Hz-[Theta-]Rhythmus) erscheint nach ersten Pilotstudien vor allem bei der PAH als Zielsymptom von klinischem Interesse, bedarf jedoch weiterführender Untersuchungen [2].

Eine aktuell erschienene Metaanalyse mit 30 rTMS-RTC-Studien (n = 668 Patienten) konnte diese Empfehlungen für die Symptomkomplexe PAH und Negativsymptomatik bestätigen. Unabhängig vom Zielsymptom stellten Zielregion, Frequenz, motorischer Schwellenwert und Dauer/Anzahl der Behandlungen eine signifikante Einflussgröße auf die rTMS-Response dar [11]. Dabei variierten die einzelnen applizierten Parameter: Frequenz (1–20 Hz), Anzahl der Behandlungen [4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30] und Dauer der Behandlungen (2–30 Tage). Es folgt nun eine zusammenfassende Ergebnisdarstellung nach Zielsymptom geordnet [11].

Persistierende akustische Halluzination (Zielpunkt TPJ)

Insgesamt finden sich 14 RCTs mit kumulativ 340 Verum-rTMS vs. 238 Sham-rTMS behandelten SZ-Patienten. Im Vergleich zwischen beiden Behandlungsarmen schnitt die Verum-Behandlung hinsichtlich der PAH (AHRS) besser ab. Weiterhin waren ein höheres Alter und eine höhere Medikamentendosis mit einem verminderten Ansprechen verbunden, während die AHRS-Reduktion mit einer kürzeren Behandlungsdauer (<3 Wochen) korrelierte [11].

SZ-Positivsymptomatik (Zielpunkte TPJ/DLPFC)

In 22 Studien (RCTs) mit 999 untersuchten Patienten (585 Verum vs. 414 Sham-rTMS) zeigte sich in der Analyse der PANSS-Positivsymptomatik-Skala kein signifikanter Unterschied. Höheres Alter war unabhängig von anderen Parametern mit einer PANSS-Verschlechterung verbunden, was als TPJ-rTMS induzierte Nebenwirkung in dieser Subpopulation interpretiert wurde. Weiterhin korrelierten eine PANSS-Verschlechterung mit höheren rTMS-Frequenzen (10–20 Hz), motorischem Schwellenwert von 110 %, Behandlungsdauer >3 Wochen und PFC als Zielgebiet der rTMS [11].

SZ-Negativsymptome (Zielpunkt DLPFC)

Für diese Symptomdomäne finden sich insgesamt 19 RCTs mit 869 Patienten (496 Verum vs. 373 Sham), wobei für die Verum-Gruppe ein Ansprechen auf rTMS des linken DLPFC gezeigt werden konnte. Subgruppenanalysen ergaben, dass weibliches Geschlecht und höheres Alter mit einer verbesserten Response einhergingen. Dies traf ebenfalls zu bei rTMS-Frequenzen zwischen 10–20 Hz, motorischem Schwellenwert von 110 %, Behandlungsdauer länger als 3 Wochen sowie bei unilateraler Stimulation des linken DLPFC [11].

Zusammenfassend können die unilaterale, linksseitige TPJ-rTMS (inhibitorisch) für die PAH und die unihemisphärische, linksseitige DLPFC-rTMS (exzitatorisch) für die Negativsymptomatik als Erfolg versprechend eingestuft werden. Der Stellenwert der linksseitigen DLPFC-rTMS für die kognitive Dysfunktion kann zu diesem Zeitpunkt nicht eindeutig beurteilt werden. Vergleichbar mit früheren Veröffentlichungen fand sich auch in dieser Metaanalyse eine Verschlechterung der Positivsymptomatik unter exzitatorischer TPJ-rTMS (10–20 Hz). Weitere wichtige Outcomeparameter stellen die Stimulationsparameter, das Zielgebiet (TPJ – DLPFC) sowie die Anzahl und Dauer der rTMS-Behandlungen dar. Eine höhere Rate an rTMS-assoziierten Nebenwirkungen fand sich in der Verum-Gruppe, mit Kopfschmerz als häufigster Nebenwirkung [11].

Die Magnetkrampftherapie (MKT), die ähnlich der EKT unter Narkose und Relaxation therapeutische Krampfanfälle induziert, entspricht einer hochfrequenten TMS-Applikation und fand überwiegend in der Behandlung der Depression Anwendung. In einer kürzlich veröffentlichten Pilotstudie konnte für die MKT ein klinisches Ansprechen mit geringerem kognitivem Nebenwirkungsprofil bei 8 SZ-Patienten beobachtet werden [17]. Diese vorläufigen Ergebnisse bedürfen jedoch weiterer Reevaluierung in kontrollierten Studien.

Stereotaktische tiefe Hirnmodulation (THS, invasiv/HIFU/LIFU, nichtinvasiv)

Historische Wurzeln

Um gegenwärtige und zukünftige Perspektiven der tiefen Hirnstimulation (THS) kontextuell und konzeptuell richtig einzuordnen, ist nach Ansicht der Autoren eine kurze Darstellung der historischen Entwicklung unerlässlich.

Gottlieb Burkhardt (Psychiater, 1836–1907) ist der Begründer der modernen Ära der Psychochirurgie. Seinen Hypothesen zufolge haben Affekt und Verhalten ein kortikales morphologisches Korrelat, d. h. höhere Hirnfunktionen sind im Neokortex repräsentiert. Im Wesentlichen lassen sich seine Arbeitshypothesen wie folgt zusammenfassen:

  1. 1.

    Mentale Erkrankungen besitzen ein morphologisches Korrelat.

  2. 2.

    Das zentrale Nervensystem ist funktionell organisiert (Afferenz/Input-System – assoziatives System – Efferenz/Output-System).

  3. 3.

    Mentale Funktion (Emotion, Verhalten) lässt sich einer spezifischen Hirnregion zuordnen.

Hieraus leitete er ab, dass multifokale partielle Kortexablationen assoziativer Hirnareale (heute TPJ) zur Reduktion von Positivsymptomen (akustische Halluzinationen) der SZ führen. Diese multifokalen Läsionen wurden als bilaterale Topektomie bezeichnet, welche Burkhardt erstmals 1888 durchführte. Insgesamt behandelte er 6 Patienten mit der Diagnose Primäre Verrücktheit (klassifiziert als SZ). Auf dem Medizinkongress in Berlin im Jahre 1889 wurde Burkhardt für diese Eingriffe vehement kritisiert und stellte weitergehende Untersuchungen ein [18]. Einige Jahre später griff der estische Neurochirurg Pussepp die Topektomie mit wenig Erfolg wieder auf.

Es waren Fulton und Jacobsen, die im Rahmen des 2. Neurologischen Weltkongresses die Ergebnisse ihrer Studie zur frontalen Topektomie mit Teilremissionen präsentierten [18]. Der portugiesische Neurologe und Psychiater Egas Moniz (1874–1955) führte mit seinem neurochirurgischen Kollegen Almeida Lima (1903–1985) über 100 derartige Eingriffe bei zweifelhafter Indikationsstellung durch. Ausgerechnet für die frontale Lobotomie erhielt Moniz 1949 den Nobelpreis für Medizin, obgleich er mehrfach für die Entwicklung der zerebralen Angiographie 1929 nominiert, aber nicht berücksichtigt worden war [18]. Diese unglückliche Entwicklung setzte sich in den USA weiter fort mit den kontrovers diskutierten Arbeiten des Nervenarztes Walter Freeman (1895–1972) und des Neurochirurgen James Watts (1904–1994), die in die transorbitale Lobotomie („Eispickelmethode“) mündeten. Ungeachtet der damit verbundenen schweren funktionellen Komplikationen fand diese Prozedur eine weite Verbreitung [18, 19].

Robert G. Heath (1915–1999, Psychiater/Neurologe) hat in dem Bestreben, eine sichere Alternative zur frontalen Lobotomie zu entwickeln, mit neurochirurgischen Kollegen als einer der ersten die Effekte der temporären, subkortikalen Hirnstimulation („septal area“, „Brodman area 9/10“) bei Schizophrenie exploriert [20]. Da der Stereotaxierahmen erst 1949 eingeführt wurde, war Heath gezwungen seine ersten Hirnelektroden „offen“ zu implantieren. In seiner 1954 erschienen Monographie Studies in Schizophrenia berichtete er über 25 Patienten, die mittels tiefer Hirnstimulation verschiedener Zielpunkte („septal area“, Hippokampus, Amygdala, Hypothalamus, Nucl. caudatus und Zerebellum) und unter Austestung verschiedener Stimulationsmuster behandelt wurden. In einer Kasuistik von 1955 berichtete Heath, dass elektrische Stimulation der Amygdala je nach Stimulationsmuster zu Wutausbrüchen oder Angstzuständen führte [20].

Jean Talairach (1911–2007, Neurochirurg) war maßgeblich an der Entwicklung stereotaktischer Atlanten und Ringsysteme beteiligt [21]. Wesentliche Eckpunkte seiner Arbeitshypothesen sind:

  1. 1.

    Stereotaxie kann präzise pathologische Knotenpunkte/Nuclei läsionieren.

  2. 2.

    Dies führt zur Inhibition/Normalisierung eines aberranten Netzwerkes.

  3. 3.

    Erhaltene strukturelle Integrität der Fasersysteme (Interkonnektivität) und Nuclei des pathologischen Netzwerkes bildet die Grundlage der physiologischen Restrukturierung des Netzwerkes (Neuroplastizität).

  4. 4.

    Diese vulnerable Phase muss multimodal therapeutisch unterstützt werden.

Gleichwohl fehlten Jean Talairach seinerzeit die technischen Voraussetzungen (bildgebende Verfahren, elektrophysiologische Techniken), um diese Hypothesen zu belegen. Mithilfe der Stereotaxie stand nun aber ein selektives, hochpräzises und minimal-invasives Verfahren zur Verfügung. Das historisch verwurzelte Konnektomkonzept erfährt eine wissenschaftliche Renaissance im Bereich der heutigen NIBS/THS-Forschung. Nach der Einführung der Psychopharmakotherapie 1952 durch Delay/Denicker (ironischerweise arbeiteten diese Protagonisten im gleichen Krankenhaus wie Jean Talairach) verloren die invasiven Hirnstimulationsverfahren (THS) der damaligen Zeit an Bedeutung [21].

Stereotaktische tiefe Hirnstimulation (invasive, selektive Neuromodulation)

Zweifelsfrei ist die THS als invasives Verfahren und in Anbetracht des experimentellen Charakters auf der Basis von Einzelfallentscheidungen derzeit als Ultima-Ratio-Therapieoption einzustufen [22, 23, 24].

Es existieren zwei sich in Durchführung befindliche THS-Pilotstudien, die als Zielpunkt den medialer PFC (mPFC; inklusive des subgenualen Fasertraktes), den Nucleus accumbens (NAc) und die Substantia nigra pars compacta (SNrC) untersuchen [22]. In einem ersten Fallbericht aus der benannten mPFC/Nac-THS-Studie (n = 8 Patienten, NCT [Nationale Centrum für Tumorerkrankungen] 0237505) wurde eine Reduktion der Positivsymptomatik um 62 % und eine Verbesserung der Negativsymptomatik um 33 % nach 4 Wochen NAc-THS beobachtet. Interessanterweise kam es unter bilateraler Stimulation zu stimulationsassoziierter Akathasie mit der Notwendigkeit einer Neuprogrammierung auf ein unilaterales Paradigma. Hierunter konsolidierte sich die verbesserte Positivsymptomatik, während es zu einem Rückfall der anfangs gebesserten Negativsymptomatik kam [22]. In einer weiteren aktuell laufenden Pilot-THS werden die Effekte der SNrC-THS (NCT 02361554) auf Positivsymptome evaluiert.

Die SNrC besitzt reziproke anatomische Verbindungen zum medialen Thalamuskomplex (inklusive der intralaminären Thalamuskerne) und zum Präfrontalkortex (DLPFC/mPFC), der als möglicher Zielpunkt Gegenstand aktueller Studien mit nichtinvasiven Hirnstimulationsverfahren ist [11]. Hippokampus, ventrales Tegmentum (VTA), ventrales Striatum (NAc) und Präfrontalkortex repräsentieren weitere anatomische Projektionen der SNrC [22]. Basierend auf bildgebenden, pharmakologischen und experimentellen Daten werden gegenwärtig weitere potenzielle THS-Zielpunkte wie das assoziative Striatum, das ventrale Striatum (NAc), der anteriore Hippokampus und die intralaminären Thalamuskerne (Centrum-medianum-Parafaszikularis, CmPf) diskutiert.

Daher bedarf es vor dem historischen Hintergrund intensiver, interdisziplinärer Forschung bis zur Verifizierung geeigneter THS-Zielpunkte für SZ-Symptomdomänen [22].

Die rTMS und THS sind als nichtinvasive/invasive Verfahren primär nicht kompetitiv, sondern können klinisch als komplementär angesehen werden. TMS vor THS kann wertvolle Informationen über die der Erkrankung zugrunde liegende Netzwerkstörung aufzeigen und somit zu einer THS-Zielpunktverifizierung beitragen mit der Möglichkeit, THS-induzierte funktionelle und strukturelle Veränderungen sowie die THS-Response zu charakterisieren [25].

Besonders vor diesem historischen Hintergrund werden aktuell ethische Aspekte der THS fächerübergreifend kontrovers diskutiert. Diese ethischen Debatten sind nach Ansicht der Autoren von besonderer Bedeutung für die Bewertung der THS als ein invasives Verfahren [26, 27, 28].

Erschwerend kommt hinzu, dass hinsichtlich Diagnosestellung/Krankheitsdefinition Verfechter der biologischen Psychiatrie Vertretern der konstruktiven Psychiatrie gegenüberstehen, d. h. je nach wissenschaftlicher Überzeugung die THS zu Recht oder Unrecht bevorzugt oder abgelehnt wird. Als weitere kritische Punkte sind die Art der Studien (Studiendesign), Auswahl geeigneter Probanden und die Frage nach dem Eingriff in die Persönlichkeit und THS-induzierter Veränderungen des Verhaltens zu nennen [26, 27].

Aus wissenschaftlicher Sicht sollten THS-Studien Placebogruppen (Stimulation AUS) beinhalten, dieses wird aus ethischer Sicht zunehmend kritisch bewertet, da eine Progression/Verschlechterung des Gesundheitszustandes unter diesen Bedingungen befürchtet wird. Probanden für THS-Studien sind als „schwer krank“ oder/und „therapierefraktär“ klassifiziert. Kritiker sehen hier eine Gefahr für das Scheitern der THS, da auf dem Boden der Grunderkrankung mit zunehmenden morphologischen Alterationen der Zielregion gerechnet werden muss mit konsekutiv reduzierter Wahrscheinlichkeit eines Therapieansprechens auf die THS [26]. Ein anderer wichtiger ethischer Punkt in der THS-Diskussion beschäftigt sich mit der krankheitsbedingt eingeschränkten Kognition der Probanden, die nicht nur die Einwilligungsfähigkeit beinträchtigen kann [27]. Bis jetzt existiert keine studienbasierte Evidenz für eine THS-induzierte Alteration mit negativer Wirkung auf die psychische Gesamtverfassung. Von besonderem Interesse ist hier das Burden-of-normality-Syndrom, d. h. die Schwierigkeit erfolgreich behandelter THS-Patienten, sich an das verbesserte Outcome im Alltag zu gewöhnen.

Abschließend soll diese berechtigte ethische THS-Diskussion an einer neuen Indikation der THS „Übergewicht“ veranschaulicht werden. Aus Sicht eines neurobiologisch orientierten Psychiaters bestehen bei „Übergewicht“ Überschneidungen hinsichtlich Hirnveränderungen, wie sie bei Suchtverhalten mittels bildgebender Verfahren quantifiziert werden konnten. Die Folge ist, dass „Übergewicht“ mit einer „neuen Krankheitswertigkeit“ definiert wird. Hieraus entsteht aber ein Konflikt über die Gültigkeit der Grundlagen der Krankheitsdefinition „Übergewicht“ [28].

Daher sollten grundsätzlich und immer die drei wesentlichen Eckpunkte Nutzen, Nichtschaden und individuelle Autonomie in Überlegungen zur THS im Rahmen der klinischen Anwendung in der Psychiatrie miteinbezogen werden [26].

Stereotaktische MR-thermal-gestützte Ultraschallablation (nichtinvasive, ablative Hirnstimulation)

Die stereotaktische MR-thermal-gestützte tiefe Ultraschallablation („high intensity focused ultrasound deep brain lesioning“, HIFU) stellt ein innovatives und nichtinvasives Hirnstimulationsverfahren dar [29]. Dabei erzeugen über 1024 Transducer mit einer Frequenz zwischen 650–720 kHz präzise Läsionen (0,5–2,5 mm anteroposterior/mediolateral) in tief gelegenen Hirnarealen (Thalamuskerne, Striatum, Pallidum). Im Rahmen dieser Wachprozedur wird der Patient in einen Stereotaxierahmen im MRT-Gerät, der in einer mit Wasser gefüllten, haubenförmigen Vorrichtung integriert ist, fixiert. In Echtzeit kann MR-thermal-unterstützt die Läsionskernkerntemperatur bestimmt werden. Läsionskerntemperaturen bis 48 °C erzeugen reversible Ablationen, während bei Läsionstemperaturen von 58–60 °C die Ablation permanent/irreversibel ist (Abb. 1).

Abb. 1
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a Magnetresonanz(MR)-thermal Mapping-gestützte Ultraschallablation. b Die Behandlungsplattform ist in das Magnetresonanztomographie(MRT)-Gerät integriert. c Die haubenförmige Vorrichtung mit integrierten 1024 Transducern (Frequenz 650–720 kHz) ermöglicht eine präzise tiefe Hirnablation (thermische Ablation). Im Rahmen dieser Wachprozedur ist der Patient in einem Stereotaxierahmen im MRT-Gerät fixiert. (Mit freundlicher Abdruckgenehmigung von Insightec Inc., Haifa, Israel)

Dies ermöglicht die intraprozedurale klinische Testung/Untersuchung und trägt zur Zielpunktverifizierung bei. Zwecks stereotaktisch basierter Zielpunktberechnung werden ähnlich wie beim Vorgehen bei der THS vor der HIFU-Prozedur ein Feinschichtspiral-CT (Knochenfenster, 1‑mm-Schichten) mit variablen MR-Datensätzen (T1, T2, „fluid attenuated inversion recovery“ [FLAIR], „diffusion tensor imaging“ [DTI]) fusioniert und das Target anhand stereotaktisch bildgestützter Berechnung festgelegt. Eine Zielpunktkorrektur ist innerhalb der HIFU-Prozedur mittels MR-thermal-Mapping möglich (Abb. 2). Neben Bewegungsstörungen (Parkinson, Tremor), neuropathischen Schmerzsyndromen (VPL, Thalamusablation) und Epilepsien (Ablation fokal kortikaler Dysplasien) werden zunehmend psychiatrische Indikationen, wie depressive Störungen und Zwangserkrankungen, evaluiert [29]. Hierzu liegen erste Erfolg versprechende Ergebnisse in klinischen HIFU-Pilotstudien bei Zwangserkrankungen und bei Depression vor. Phase-I-Studien evaluieren aktuell das Wirkspektrum und die Sicherheit der stereotaktischen HIFU bei Angst- und depressiven Störungen (anteriore zinguläre Kortex ACC-HIFU/frontotemporale HIFU, NCT 02348411/NCT 02685488).

Abb. 2
figure 2

Präprozedural werden multimodale Bilddatensätze (Feinschichtspiral-CT [Knochenfenster, 1‑mm-Schichtdicke] und MR-Datensätze [T1, T2, FLAIR, DTI]) fusioniert. Basierend auf stereotaktischen Atlanten und Vektorenberechnung werden Koordinaten (x = anterior-posterior/y = mediolateral/z = kraniokaudal) mit Bezug zum Mittelpunkt der Linie zwischen Commissura anterior et posterior festgelegt. a Stereotaktische Zielpunktberechnung (CT/MRT), b Applikation fokussierter Ultraschall, c MR-thermal-Feedback in Echtzeit (reversibel), d Zielpunktverifizierung/Läsion bei 55–60 °C. CT Computertomographie, MR Magnetresonanz, FLAIR „fluid attenuated inversion recovery“, DTI „diffusion tensor imaging“. (Mit freundlicher Abdruckgenehmigung von Insightec Inc., Haifa, Israel)

Die HIFU-Ablation des anterioren zingulären Kortex (ACC), der anterioren Grenze der Capsula interna (ALIC), des subgenualen zingulären Kortex (sgC) und des ventralen Striatums (NAc) ist Gegenstand aktueller Untersuchungen bei Zwangserkrankungen (OCD, NCT 01986296/NCT 03156335), jedoch liegen noch keine Daten zur Behandlung von Symptomdomänen der SZ vor [29].

Vollständigkeitshalber sei auf die Low-intensity-focussed-ultrasound(LIFU)-Therapie hingewiesen, die sich gegenwärtig in präklinischer Untersuchungen und Phase-I-Studien zur Thrombolyse (Schlaganfall), fokalen Neuromodulation (aläsionell) und zur Modulierung der Blut-Hirn-Schranke („blood-brain barrier opening“ – M. Alzheimer) befindet [29].

Resümee und Perspektiven

Aktuell erscheinen die Ergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit der nichtinvasiven Hirnstimulationsverfahren (EKT [semiinvasiv], tDCS, tACS, rTMS) zur selektiven Behandlung von Zielsymptomen der SZ vielversprechend. Erste positive Ergebnisse liegen zur Magnetkrampftherapie (MKT) in einer Pilotstudie vor.

Zur EKT finden sich Positivergebnisse in vergleichenden Interventionsstudien in der Augmentation der Pharmakotherapie (Clozapin/Nicht-Clozapin-Antipsychotika). Die tDCS gewinnt an Bedeutung in der Behandlung der Negativsymptomatik (links DLPFC). Für die PAH liegen inkonsistente Ergebnisse in der Bewertung für das TPJ-tDCS-Paradigma vor. Unter Berücksichtigung der aktualisierten Datenlage ist eine Aufnahme in die S3-Leitlinien zu erwarten, während die tACS weiterer klinischer Aufarbeitung bedarf. Eine Reihe vergleichender rTMS-Studien trägt der Empfehlung des Konsenspapiers der DGPPN zunehmend Rechnung. Insgesamt spricht die Datenlage positive Empfehlungen für die TPJ-rTMS (links, 1 HZ) mit Zielsymptom PAH und die DLPFC-rTMS (links, 10–20 Hz) für die Negativsymptomatik aus. Eine evidenzbasierte Aussage zur Überlegenheit/Unterlegenheit der tDCS zur rTMS ist aufgrund fehlender vergleichender Untersuchungen gegenwärtig nicht zulässig. Zu dem therapeutischen Nutzen der nichtinvasiven transkutanen VNS der Rami auriculares n. vagi auf SZ-Symptomdomänen kann aktuell keine evidenzbasierte Aussage zur Empfehlung dieses Verfahrens getroffen werden [30].

Das therapeutische Potenzial der THS als ein invasives Hirnstimulationsfahren ist vielversprechend. Man darf hier sicherlich auf die Ergebnisse der ersten beiden Pilotstudien gespannt sein. Eine aktuelle Empfehlung lässt sich anhand der existierenden Daten nicht ableiten. Dies gilt in gleichem Maß für die stereotaktische HIFU- und LIFU-Prozedur.

Die nichtinvasiven Hirnstimulationsverfahren (NIBS) unterliegen einer zunehmenden Weiterentwicklung. Drahtlos kontrollierte NIBS-Stimulationssysteme mit integrierter Closed-loop-Funktion werden zukünftig in der Lage sein, pathologische Muster in krankheitsspezifischen Netzwerken zu erkennen, in Echtzeit an den behandelnden Arzt zu übermitteln und ggf. nach Bedarf zu stimulieren (Telemedizin, [31]). Die Optogenetik als hochexperimentelles Verfahren ist unter Einsatz von Licht verschiedener Wellenlänge gezielt in der Lage, gentechnisch (Virenvektoren) veränderte Hirnareale zu beeinflussen (Aktivierung/Inhibierung). Basierend auf der Annahme einer modulären Netzwerkorganisation des Gehirns lassen sich bestimmte Verbände von Neuronen mit optogenetischer Stimulation (OGS) selektiv aktivieren oder inhibieren. Neben der Modulation einzelner Population von Neuronen besitzt die OGS eine diagnostische Bedeutung, da die OGS eine anatomisch-funktionelle Zuordnung von pathologischen Mustern und aberranten Netzwerken ermöglichen könnte. Aktuell stellt die OGS ein in der präklinischen Prüfung befindliches NIBS-Verfahren dar, besitzt aber langfristig das Potenzial in der klinischen SZ-Therapie möglicherweise Anwendung zu finden. In den USA werden bereits erste Strukturen für die Humanetablierung der OGS aufgebaut [32, 33].

Multimodale(-fokale), personalisierte und prädiktive Hirnstimulation

Die Dichotomisierung in Responder/Nichtresponder wird zunehmend kritisiert; stattdessen wird eine objektive Quantifizierung und das individualisierte präprozedurale Mapping spezifischer Netzwerke als eine geeignete Methodologie propagiert, um die inter- und intraindividuelle Variabilität der zugrunde liegenden Netzwerkstörung zu erkennen bzw. in die Zielpunktdefinition und die Auswahl des geeigneten NIBS/THS-Verfahrens zu integrieren. Unabhängig von dem zur Anwendung kommenden Verfahren bedarf es noch intensiver klinischer Forschung bis zur Etablierung standardisierter Stimulationsprotokolle, die unter Einbeziehung des führenden Zielsymptoms und des Zielpunktes beurteilt werden müssen.

Aufgrund der Komplexität und des dynamischen Charakters der SZ sowie der zugrunde liegenden Netzwerkpathologie/-störung sollten zukünftig multimodale Stimulationsparadigmen unter Berücksichtigung multifokaler Zielpunkte diskutiert werden. Zur Etablierung dieser multimodalen(-fokalen), personalisierten und prädiktiven Hirnstimulation (MPPH) können strukturelle/funktionelle bildgebende Verfahren, elektrophysiologische Diagnostika (EEG, MEG) und ggf. molekularbiologische Analysen herangezogen werden. Zweifelsfrei ergeben sich aus einem solchen Vorhaben große Datenmengen. Vor diesem Hintergrund wird der Stellenwert datenbankbasierter, automatisierter und lernender Mustererkennungssysteme immens an Bedeutung gewinnen. [34, 35]. Die Identifizierung potenzieller objektiver Biotypen und prädiktiver Faktoren ist gegenwärtig Gegenstand klinischer NIBS/THS-Forschung. Die Implementierung eines spezifischen MPPH-Paradigmas in die klinische Praxis stellt ein aufwendiges und komplexes, jedoch zukunftweisendes Vorhaben dar, kann aber den nächsten Schritt in der klinischen und wissenschaftlichen Weiterentwicklung der invasiven und nichtinvasiven Hirnstimulation zur Behandlung von Zielsymptomen der SZ markieren [36].

Fazit für die Praxis

  • Nichtinvasive Hirnstimulationsverfahren (rTMS, tDCS, tACS) stellen ein sinnvolles Addendum zu etablierten Therapien in der selektiven Behandlung von Symptomdomänen (Negativsymptomatik, akustische Halluzination) der Schizophrenie dar. Im Bereich der invasiven Hirnstimulation (THS) sind erste Ergebnisse laufender Pilotstudien abzuwarten.

  • In ersten positiven Pilotstudien finden innovative und läsionelle Verfahren (Ultraschallablation, HIFU) Anwendung bei Depression und Zwangserkrankungen. Für SZ-Symptomdomänen liegen bis jetzt keine klinischen Daten vor.

  • Die optogenetische Stimulation befindet sich aktuell in der präklinischen SZ-Forschung, daher ist eine Beurteilung des therapeutischen Potenzials dieses Verfahrens gegenwärtig nicht möglich.

  • In Anbetracht der Anzahl der zur Verfügung stehenden NIBS-Verfahren ist die Einführung standardisierter Stimulationstechniken und Behandlungsprotokolle unerlässlich. Dies würde eine verbesserte Reproduzierbarkeit der Effekte und die Stratifizierung innovativer Hirnstimulationskonzepte ermöglichen.