Exostosen des äußeren Gehörgangs sind gutartige Knochenneubildungen, die mit einer Inzidenz von 3–6% in der Bevölkerung vorkommen. Meist zeigen sich bilateral multiple breitbasig wachsende Wucherungen. Ihr Ursprungsort sind die Nähte des Os tympanicum zur Pars petrosa und squamosa des Felsenbeins, also die Sutura petrotympanica und tympanomastoidea. Sie treten bevorzugt beim männlichen Geschlecht auf.

Exostosen sind lange asymptomatisch und werden daher oft als Zufallsbefund bei der otologischen Untersuchung entdeckt. Beträgt die Einengung des Gehörgangslumens 80% und mehr, kommt es zunehmend zur Anhäufung von Cerumen und Debris, d. h. einer Störung des Selbstreinigungsprozesses. Dies kann eine rezidivierende Otitis externa bedingen oder eine Schallleitungsstörung oder einen transienten Tinnitus. Die operative Therapie ist dann das Mittel der Wahl.

Bereits aus dem 19. Jahrhundert sind Untersuchungen zur Klärung der Ätiologie der Exostosen bekannt. So wurden neben erblichen und konstitutionellen Faktoren [2, 5, 9, 13, 25, 29, 30] auch physikalische (mechanische Belastung durch das Temporomandibulargelenk), chemische (Irritation durch Eiter) und bereits thermische (Wassertemperatur) Ursachen diskutiert [3, 10, 27, 29]. 1937 postulierte van Gilse [32] die wiederholte thermische Reizung durch kaltes Wasser als den auslösenden Faktor zur Entwicklung von Gehörgangsexostosen, nachdem er eine höhere Erkrankungsfrequenz bei Kaltwasserschwimmern im Vergleich zu Warmwasserschwimmern beobachtet hatte. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch andere Autoren, so auch di Bartolomeo, der an der kalifornischen Küste praktizierte und den Wassersport ebenfalls für einen auslösenden Faktor hielt [7]. In der Literatur finden sich daher auch die Synonyme „surfer’s ear“, „swimmer’s ear“ und auch „Australian’s ear“ [1, 4, 6, 7, 11, 12, 16, 17, 18, 19, 21, 23, 24, 26, 28, 31, 32, 34].

Anatomisch zeigt der knöcherne Gehörgang die Besonderheit einer festen Verbindung zwischen dünner Haut und Knochen (Epidermoperiost), wodurch es nach Wassereintritt in den Gehörgang zu einer kaum gedämpften thermischen Reizung des Knochens und des Periosts kommt (Abb. 1). Eine dadurch ausgelöste Hypertrophie des Knochens halten viele Autoren für die Ursache der Exostosenbildung. Es gibt jedoch auch Autoren, die Irritationen des Epithels durch eine pH-Verschiebung und andere chemische, physikalische und biologische Faktoren für die Entstehung der Exostosen mitverantwortlich machen [8, 15, 20].

Abb. 1
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Endoskopische Aufnahme eines rechten Ohres mit subtotaler Verlegung des Gehörgangs durch Gehörgangsexostosen

In der vorliegenden Arbeit wurden die Ergebnisse von 167 Exostosenoperationen aufgearbeitet, die in den letzten 11 Jahren bei 144 Patienten an der Würzburger HNO-Klinik durchgeführt worden sind. Ein Schwerpunkt der Untersuchung galt der Frage nach der Ätiologie der Krankheit, weil im Einzugsgebiet der Klinik aufgrund der Binnenlage nicht mit einer hohen wassersportlichen Aktivität gerechnet wurde.

Material und Methoden

Zur Erfassung des vollständigen Patientenkollektivs wurde eine Datenbankrecherche in der digitalen Ohrdatenbank durchgeführt. Insgesamt erfolgten in den letzten 11 Jahren bei 144 Patienten 167 Operationen wegen einer Exostosis des äußeren Gehörgangs. In 23 Fällen wurde bilateral operiert, bei 56 Operationen diente die Exostosenentfernung der Schaffung eines Zugangs zu Trommelfell oder Mittelohr im Rahmen einer Tympanoplastik. Die in dieser Arbeit aufgearbeiteten Ergebnisse beziehen sich daher auf die verbleibenden 109 Operationen an 92 Patienten, bei denen ausschließlich eine Exostosenabtragung zur Operationsindikation geführt hat. Die Auswertung der Daten erfolgte anhand der Krankenakten und des digitalen Datenbanksystems. Zudem wurde in Einzelfällen, wenn kein postoperatives Audiogramm in der Würzburger Klinik durchgeführt worden war, dieses vom Facharzt, der die Nachsorge übernommen hatte, angefordert.

Zusätzlich erfolgte eine standardisierte Patientenbefragung mit Hilfe eines Fragebogens, bei der wie bei di Bartolomeo [7] das wassersportliche Verhalten besondere Berücksichtigung fand.

Ergebnisse

Von den 92 Patienten, die ausschließlich aufgrund der Exostosen operiert wurden, waren 85 (91%) männlichen und 8 (9%) weiblichen Geschlechts. Die Exostosen waren in 72% der Fälle bilateral, in 28% unilateral lokalisiert. Die Patienten waren zum Zeitpunkt des Eingriffs zwischen 6 und 75 Jahren alt. Der Altersgipfel zum Zeitpunkt der Behandlung lag in der 6. Lebensdekade (Abb. 2).

Abb. 2
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Alter der Patienten zum Operationszeitpunkt. Der Altersgipfel lag im 6. Lebensjahrzehnt

Die Symptome, die zur Diagnosestellung geführt hatten, waren geordnet nach absteigender Häufigkeit (Abb. 3): Hörminderung (43%), externe Otitiden (33%), Ohrgeräusche (28%), Gehörgangsverlegung (17%) und Schmerzen (13%). Bei 11% der Patienten erfolgte die Diagnosestellung aufgrund einer Untersuchung wegen anderer Beschwerden als Zufallsbefund.

Abb. 3
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Symptomatik der Patienten. Hörminderung und Ohrgeräusche machen neben den rezidivierenden Entzündungen die Hauptbeschwerden aus

Wassersportliche Anamnese

Insgesamt konnten 78 der 92 Patienten (84%) erreicht und erfolgreich zur Wasserexposition befragt werden. Bei den übrigen Patienten konnten keine Daten erhoben werden: fehlende Kontaktdaten (8), demenzielle Erkrankung (1), verstorben (4), keine Befragung gewünscht (1).

Die Ausübung von Wassersport wurde von 73 der 78 Patienten (94%) bejaht. Über die Hälfte der Patienten (51%) gaben 2 oder mehr wassersportliche Aktivitäten an. Am häufigsten (91%) genannt wurde der Schwimmsport (64 Patienten), Tauchen/Schnorcheln gaben 26 Patienten (41%) an, Surfsport wurde von 5 (6%), Saunagänge (Tauchbecken) von 4 Patienten (9%) genannt. Lediglich 5 Patienten (6%) verneinten wassersportliche Aktivitäten.

Auffallend war die langjährige Ausübung der Aktivitäten bei vielen Patienten (Abb. 4). So gingen mehr als die Hälfte (62%) der Patienten ihrem Sport schon seit mehr als 20 Jahren nach, weitere 26% seit mehr als 10 Jahren. Zur Frequenz der Ausübung befragt, berichteten 40% der Patienten über tägliche Aktivitäten. Mehr als 4 Tage im Monat waren weitere 40%, wöchentlich 20% der Patienten aktiv. Die Angaben beziehen sich bei saisonal ausgeübten Aktivitäten auf den entsprechenden Zeitraum (Abb. 5). Dabei bestand bei 64% der Patienten eine Exposition gegenüber Süßwasser, bei 15% gegenüber Salzwasser und 21% der Patienten gingen der jeweiligen Sportart sowohl in Süß- als auch in Salzwasser nach (Abb. 6).

Abb. 4
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Dauer der wassersportlichen Aktivitäten. Eine langjährige Wasserexposition ging der Exostosenbildung voran

Abb. 5
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Häufigkeit der ausgeübten wassersportlichen Aktivitäten. Mehr als 80% der Patienten waren regelmäßig täglich oder mehrmals wöchentlich Wasser exponiert

Abb. 6
figure 6

Wasserart, in der der Sport ausgeübt wurde. Wie für Binnengebiete zu erwarten, übten 64% der Patienten Sport im Süßwasser aus

Chirurgische Ergebnisse

Die im Folgenden dargelegten Ergebnisse beziehen sich auf alle 109 Operationen, die allein aufgrund von Exostosen durchgeführt wurden. Der Eingriff wurde in 55% der Fälle in Allgemeinanästhesie und in 45% der Fälle in Lokalanästhesie durchgeführt. Der Zugang war in 64% der Fälle von enaural und in 36% der Fälle von retroaurikulär gewählt worden. Zur Abtragung der Exostosen wurde in 45% der Eingriffe der Bohrer, in 13% der Meißel und in 42% eine Kombination aus beidem verwandt.

Bei den 109 Eingriffen kam es in 18% der Fälle zu Komplikationen, die mit einer Ausnahme folgenlos abheilten (Tab. 1). So kam es intraoperativ bei 8 Patienten zu kleinen Trommelfellverletzungen, bei 4 Patienten zu einer kleinflächigen Mastoideröffnung und bei einem Patienten zu einer Paukeneröffnung durch Aushebelung des knöchernen Bettes des Anulus fibrosus. Postoperativ fand sich 2-mal ein neu aufgetretenes Ohrgeräusch, das nach einer rheologischen Infusionstherapie nach Stennert vollständig abklang. Zweimal kam es zu einer verzögerten Epithelialisierung des Gehörgangs aufgrund einer Wundheilungsstörung und einmal zu einer Perforation des Trommelfells, die mit einer Tympanoplastik Typ I revidiert werden musste. Bei keinem der Patienten traten schwerwiegende Komplikationen, wie z. B. die Schädigung des N. facialis oder eine Kiefergelenkverletzung auf.

Tab. 1 Komplikationen bei der operativen Abtragung von Exostosen

Symptomkontrolle

Vor dem Eingriff klagten 70% der Patienten über eine Hörminderung. Nach dem Eingriff berichteten 47% der Patienten über ein subjektiv verbessertes Hörvermögen, 53% der Patienten hatten keinen Unterschied bemerkt. Eine Verschlechterung des Hörvermögens wurde von keinem Patienten berichtet. Die Tonaudiogrammkontrollen zeigten im Gegensatz hierzu keinen signifikanten Unterschied zwischen prä- und postoperativer Untersuchung (Abb. 7). Über Ohrgeräusche zum Zeitpunkt der Operation berichteten 26% der Patienten. Zum Zeitpunkt der postoperativen Befragung gab ein gleicher Prozentsatz der Patienten (26%) ein Ohrgeräusch an. Otitiden des äußeren Gehörgangs waren vor der Operation bei 33% der Patienten meistens rezidivierend aufgetreten. Bis zum Zeitpunkt der Befragung hatten 17% der Patienten noch mindestens einmal eine Gehörgangsentzündung entwickelt.

Abb. 7
figure 7

Tonschwellenaudiometrie prä- und postoperativ. Es stellt sich keine Verbesserung der Luftleitungsschwelle postoperativ (blaue Line, ungefüllte Kreise) im Vergleich zur präoperativen Luftleitung (schwarze Linie, gefüllte Kreise) dar. 1195 Einzelwerte präoperativ, 781 Einzelwerte postoperativ (Mittelwerte, Fehlerbalken, Standardabweichung)

Diskussion

Die in dieser Arbeit aufgearbeitete Gruppe von Patienten mit Exostosen des äußeren Gehörgangs stellt eines der größten bisher zu diesem Thema untersuchten Patientenkollektive im deutschsprachigen Raum dar. Die beobachteten Exostosenerkrankungen traten ganz überwiegend bei männlichen Patienten im höheren Alter und bilateral auf. Dies entspricht den Angaben in der Literatur [26, 28]. Interessanterweise war auch in unserem Patientenkollektiv ein sehr großer Anteil Wassersportler, die zudem ihrer Betätigung oftmals sehr häufig und regelmäßig nachgingen. Dies war zu Beginn der Studie von den Autoren nicht vermutet worden, da das Einzugsgebiet der Würzburger Klinik nicht so für wassersportliche Möglichkeiten prädestiniert ist. Es bestätigte sich aber auch in unseren Daten die Hypothese, dass häufiger Kaltwasserkontakt eine Rolle bei der Entwicklung der Exostosen spielt.

Die chirurgische Behandlung von Exostosen ist, wie die Aufarbeitung der Ergebnisse zeigt, durchaus nicht selten mit Komplikationen verbunden. In den vorliegenden Daten lag die Komplikationsrate bei 18%. Doch war nur in einem Fall eine Nachoperation aufgrund der Operationskomplikationen notwendig (Tympanoplastik Typ I bei fortbestehender Trommelfellperforation), die anderen Komplikationen konnten intraoperativ beherrscht werden oder zeigten nach konservativer Behandlung eine vollständige Restitution. Schwere Komplikationen, insbesondere eine Schädigung des Gesichtsnervs oder eine Eröffnung des Kiefergelenks, traten im vorliegenden Patientenkollektiv nicht auf, sind aber nach Exostosenabtragung beschrieben worden [22, 33].

So sollte die Indikation zur Abtragung von Exostosen nach strengen Kriterien gestellt werden. Das alleinige Vorhandensein von Exostosen rechtfertigt nicht die Indikation zur Operation. Der Eingriff sollte nur erfolgen, wenn regelmäßig Beschwerden auftreten, die durch konservative Maßnahmen nicht langfristig gebessert werden. Dies können rezidivierende Gehörgangsentzündungen sein, die oft sehr schmerzhaft sind, ebenso ist die fortgesetzte Retention von Cerumen und Debris eine Operationsindikation, wenn sich der Gehörgang durch den HNO-Arzt nicht mehr ausreichend reinigen lässt. Dies ist bei einer Einengung des Gehörgangs von 80% und mehr zu erwarten. Die Frage nach der Notwendigkeit einer Operation sollte aber aufgrund der Beschwerdesymptomatik entschieden werden. In diesen Fällen berichten Patienten häufig über eine störende Hörminderung, die audiometrisch einer Schallleitungsstörung entspricht und ausschließlich durch Cerumen- und Debrisretention bedingt ist.

Zur operativen Sanierung von Exostosen kann ein enauraler oder retroaurikulärer Zugang gewählt werden. Im untersuchten Patientengut überwiegt der enaurale Zugang, der in der Mehrzahl der Fälle ausreicht. Die Paukenabdeckung und der Anulus fibrosus müssen nach Rückverlagerung der Gehörgangshaut in ihrer gesamten Zirkumferenz einsehbar sein. Ein retroaurikulärer Zugang gewährt zwar prinzipiell einen besseren Einblick bis in den tympanomeatalen Winkel, stellt jedoch ein größeres Trauma dar und sollte daher nur bei entsprechender Indikation eingesetzt werden.

Zur Schonung der Gehörgangshaut empfiehlt sich die H-förmige Inzision derselben über den Exostosen, womit die Haut gestielt bleibt. Bei großflächigen Hautdefekten muss diese durch haarfreie Spalthaut (z. B. von retroaurikulär) ersetzt werden. Gestielte Exostosen können leicht mit dem Meißel abgetrennt werden. Breitbasige Exostosen werden mit Hilfe des Bohrers abgetragen, sie werden dabei von innen ausgehöhlt, um die Gefahr einer Verletzung der Gehörgangshaut zu verringern.

Bei der Präparation ist immer auf eine ausreichende Spülung zu achten, damit keine thermisch bedingten Knochennekrosen entstehen, die zu Wundheilungsstörungen führen können. Nur vitaler Knochen kann eine Ernährung der bekleidenden Gehörgangshaut gewährleisten. Der Kontakt des Bohrers mit dem Trommelfell muss in jedem Fall vermieden werden, um ein Lärmtrauma zu verhindern. Nach Abschluss der Präparation wird eine Gehörgangstamponade angelegt, die für 3 Wochen belassen wird. An unserer Klinik werden dazu Silikonstreifen verwandt, die mit tetrazyklingetränkten Gelatineschwämmchen antamponiert werden [14].

Fazit für die Praxis

Die Entwicklung von Gehörgangsexostosen ist auch in Binnengebieten in der Mehrzahl mit einer langjährigen, regelmäßigen Wasserexposition verbunden. Die klinischen Folgen für die Patienten sind rezidivierende Gehörgangsentzündungen und Hörminderung, bedingt durch Cerumen- und Debrisretention. Die chirurgische Behandlung von Exostosen ist häufiger als erwartet mit kleineren Komplikationen behaftet. Die Indikation zur Abtragung sollte deshalb nach Abwägung des klinischen Bildes streng gestellt werden, wobei das alleinige Vorhandensein von Exostosen keine Operationsindikation darstellt. Wiederholt auftretende Gehörgangsentzündungen können durch die Exostosenabtragung suffizient vermieden werden. Eine Hörverbesserung ist nur durch die verbesserte Selbstreinigung des Gehörgangs zu erwarten.