Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) ist gekennzeichnet durch den rezidivierenden Kollaps des oberen Luftwegs im Schlaf. Der Ort des Kollapses liegt meistens im Pharynx, allerdings können auch andere Segmente betroffen sein [2, 22]. Mit einer Prävalenz von 2% bei Frauen und 4% bei Männern ist die OSA neben dem Diabetes mellitus und der arteriellen Hypertonie eine der verbreitetsten Volkskrankheiten in Industrienationen [25]. Die häufigsten Symptome (in absteigender Häufigkeit) sind unruhiger Schlaf, Schnarchen, Tagesmüdigkeit, verminderte intelektuelle Leistungsfähigkeit, Persönlichkeitsveränderungen und anderes [6]. Ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und eine erhöhte Mortalität wurden beschrieben [9].

Standardtherapie aller Schweregrade der OSA ist die nächtliche, intermittierende Beatmungstherapie mit kontinuierlich positivem Atemwegsdruck (CPAP-Beatmung, [20]). Die Langzeitcompliance der CPAP-Therapie liegt bei nur 68% [14]. Aus diesem Grund werden immer wieder weitere Therapieformen dahingehend untersucht, ob sie als Alternative zur CPAP-Therapie in Frage kommen [3, 21, 23].

Im vergangenen Jahr wurden 2 Geräte zur transkutanen bzw. enoral-transkutanen Elektrostimulation der Zungen- und Mundbodenmuskulatur auf dem deutschen Markt eingeführt. Die vorliegende Fallserie befasst sich mit dem transkutanen Elektrostimulationsgerät SilentOne® (Fa. Imperpuls, Chemnitz), welches in Deutschland derzeit in modifizierter Form unter dem Handelsnamen Somnotonus® in Apotheken und Medizinhandel verschreibungsfrei ("over the counter") als Therapieform für alle Schweregrade schlafbezogener Atmungsstörungen abgegeben wird.

Ziel der vorliegenden Pilotserie war es, die Effektivität, Sicherheit und Anwendbarkeit des SilentOne® während einer 4- bis 5-wöchigen Anwendung zu überprüfen.

Methode

Die Untersuchung wurde gemäß den ethischen Grundsätzen der Deklaration von Helsinki durchgeführt. Es war den Patienten zu jeder Zeit möglich, die Studie ohne Angabe von Gründen abzubrechen.

Im schlafmedizinischen Zentrum der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim wurde in 2 aufeinander folgenden Nächten mittels kompletter, überwachter Polysomnographie (PSG) eine schlafmedizinische Diagnose nach Standardkriterien [17, 18] gestellt.

In die Studie eingeschlossen wurden ausschließlich erwachsene Patienten mit einer OSA oder einem "upper airway resistance syndrome" (UARS, [8, 10]). Patienten mit anderen oder zusätzlichen Schlafstörungen wurden nicht in die Studie eingeschlossen. Wesentliches Einschlusskriterium war eine vermutete Obstruktion auf Höhe des Zungengrundes in der endoskopischen Untersuchung. Patienten mit anderen erkennbaren Obstruktionsorten als dem Zungengrund wurden nicht aufgenommen.

Die subjektive Tagesschläfrigkeit wurde mittels der Epworth Sleepiness Scale (ESS) erfasst [12]. Das Schnarchen wurde ausschließlich vom Bettpartner auf einer visuellen Analogskala (VAS) mit den Endpunkten 0 (kein Schnarchen) bis 10 (unerträgliches Schnarchen) beurteilt.

Die transkutane Elektrostimulation erfolgte mittels dem SilentOne® der Fa. Imperpuls über 2 konventionelle Hautklebeelektroden (EKG-Elektroden), welche submental positioniert wurden (Abb. 1). Die Behandlung wurde nach dem vom Hersteller vorgeschlagenen Therapieschema durchgeführt. Dieses umfasst eine halbstündige Trainingsphase mit hoher Reizintensität am Abend vor dem Schlafen und eine den gesamten Nachtschlaf begleitende Therapiephase mit niedrigerer Intensität. Da im Regelfall jeder Patient eine andere, auch subjektiv beeinflusste oder von Tag zu Tag schwankende Empfindlichkeitsschwelle aufweist, können keine festen Regelwerte für die Impulsdauer vorgegeben werden.

Abb. 1.
figure 1

Korrekte Position der Hautklebeelektroden

Die Impulse werden mit einer Frequenz von 6,5 Hz (fest vorgegeben) und einer Energie pro Puls von maximal 0,3 mWs abgegeben. Variiert wird die Impulsdauer zwischen 0 und 300 ms. Der Patient stellt diese Impulsdauer über die "+" und die "−" Tasten am Gerät selbst ein. Die Reizintensität soll hierbei während der Trainingsphase so hoch wie gerade noch tolerabel eingestellt werden. Während der Therapiephase wird die Reizintensität so niedrig eingestellt, dass sie nicht als störend empfunden wird. Nach einmaliger Einweisung in der Klinik führten die Patienten die Behandlung in Eigenregie durch.

Über die Dauer der Trainings- und Therapiephase, über die eingestellten Reizintensitäten und über eventuelle unerwünschte Nebenwirkungen wurde mittels Patiententagebuch Protokoll geführt.

Nach Ablauf von mindestens 4 und maximal 5 Wochen wurde die PSG unter gleichen Bedingungen wiederum an 2 aufeinander folgenden Nächten wiederholt. Die ersten 6 Patienten wurden 2-mal ohne Stimulation gemessen. Die nächsten 9 Patienten wurden jeweils eine Nacht mit und ohne Stimulation untersucht. Die Erfassung der Tagesschläfrigkeit und die Beurteilung des Schnarchens durch den Bettpartner erfolgte in identischer Weise wie vor der Therapie. Die Patiententagebücher wurden eingesammelt.

Die statistische Auswertung erfolgte mit dem SAS®-Programm. Zunächst wurden die Daten mittels Shapiro-Wilks-Test auf Normalverteilung überprüft. Hierbei ergab sich für keinen Parameter eine Normalverteilung.

Bei parametrischen, nicht normalverteilten Daten wurde daher ein Wilcoxon-Rangsummen-Test durchgeführt. Die im Folgenden angegebenen Werte entsprechen den Mittelwerten±der Standardabweichung des Mittelwerts. Von einer statistischen Signifikanz wird im Folgenden bei p-Werten <0,05 ausgegangen.

Ergebnisse

Eingeschlossen wurden 15 Patienten (14 Männer und 1 Frau) im Alter zwischen 37 und 74 Jahren (Mittelwert 59,6±10,7 Jahre). Der Body-mass-Index (BMI) lag im Durchschnitt bei 29,3±3,6 kg/m2. Die epidemiologischen Daten enthält Tabelle 1.

Tabelle 1. Epidemiologische Daten. SD: Standardabweichung

Es wurden weder Therapieabbrüche noch stimulationsbedingte Nebenwirkungen beobachtet. Die Dauer der Nutzung lag zwischen 28 und 35 Tagen (Mittelwert 30,4±2,9). Alle Patienten kamen mit der Behandlung selbstständig zurecht. Das Positionieren der Elektroden und die Inbetriebnahme bedurfte eines Zeitaufwandes von nur wenigen Minuten. Ein Patient (Ed.S.) entwickelte eine Allergie gegen den Kleber der Hautelektroden. Mit einem Wechsel des Elektrodenherstellers konnte die Therapie fortgesetzt werden. Es wurden keine weiteren unerwünschten Ereignisse, insbesondere auch keine subjektive Beeinträchtigung des Nachtschlafes durch die nächtliche Stimulation, berichtet.

Der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) konnte im Mittel von 29,2±12,5 vor der Behandlung auf 21,2±11,3 nach der Behandlung gesenkt werden. Die Unterschiede waren statistisch signifikant (p<0,05). Allerdings erfüllten nur 2 Patienten die Kriterien einer Heilung (AHI-Reduktion >50% und Reduktion <10). Bei einem Patienten (H.N.) kam es zu einer nennenswerten Zunahme des AHI von 13,5 auf 38,5. Der Sauerstoffentsättigungsindex verringerte sich ebenfalls von 21,1±13,1 vor der Therapie auf 16,3±10,8 nach der Behandlung. Diese Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant. Die polysomnographischen Rohdaten enthält Tabelle 2.

Tabelle 2. Rohdaten Atmungsparameter. Es sind jeweils die Mittelwerte der beiden prä- und posttherapeutischen Polysomnographien wiedergegeben. SD: Standardabweichung; ODI: Sauerstoffentsättigungsindex

Die Tagesschläfrigkeit (Epworth Sleepiness Scale, ESS) verringerte sich geringfügig, aber signifikant von 10,7 Punkten auf 9,4 Punkte (p<0,01). Des Weiteren kam es zu einer hoch signifikanten Reduktion des Schnarchens. Im Durchschnitt wurde eine Abnahme von 7,0±2,2 auf 3,4±2,0 Punkten auf der VAS angegeben (p<0,005).

Bei den 9 Patienten, bei denen während der Kontroll-PSG jeweils eine Nacht mit und eine Nacht ohne Elektrostimulation gemessen wurde, lag der durchschnittliche Ausgangs-AHI bei 30,8±12,0. Nach der Behandlung lag der AHI ohne Stimulation bei 28,6±13,3, mit Stimulation bei 23,4±14,3. Die Unterschiede in den Kontrollnächten mit und ohne Stimulation waren statistisch nicht signifikant.

Diskussion

Intradermale Elektrostimulation

Die Idee, die OSA mittels transkutaner Elektrostimulation zu behandeln, ist nicht neu. Nach Vorarbeiten in Tierversuchen veröffentlichten Miki et al. im Jahr 1989 erste Ergebnisse bei 6 Patienten [15]. Die Elektrostimulation wurde über 2 in der Submentalregion intradermal applizierte Silberchloridelektroden vorgenommen. Nach Detektion einer Apnoe in der simultan abgeleiteten PSG wurde für maximal 10 s (50 Hz, 15–40 V) elektrisch stimuliert, bis die Apnoe zum Ende kam. Die Autoren beschreiben eine signifikante Verbesserung der Schlafarchitektur und der Entsättigungen. Der AHI konnte hoch signifikant von 39,2 vor der Therapie auf 11,7 in der Therapienacht gesenkt werden.

Diese zunächst sehr ermutigenden Ergebnisse konnten in der Folgezeit von mehreren Arbeitsgruppen nicht bestätigt werden. Guilleminault et al. verwendeten den gleichen Therapieansatz von apnoegetriggerter Elektrostimulation und konnten weder eine Verbesserung des Schweregrades der OSA noch eine Verbesserung der Schlafarchitektur erreichen. Auch eine Stimulation vor der Apnoe konnte diese nicht verhindern [7].

Sublinguale Stimulation

Oliven et al. stimulierten die vordere Zunge mittels sublingual platzierter Oberflächenelektroden [16]. Gemessen wurde die Protrusionskraft der Zunge im Wachzustand und der Widerstand des oberen Luftweges im Schlaf bei 7 gesunden Probanden und 6 Schlafapnoikern. Im Wachzustand bewirkte die Elektrostimulation vergleichbare Protrusionskräfte bei Patienten und Kontrollen. In der Nacht bewirkte die sublinguale Elektrostimulation eine Abnahme des Atemwegswiderstands, und zwar sowohl bei den Gesunden als auch bei den Patienten mit OSA.

Mehrfachstimulation

Edmonds et al. verfolgten ein anderes Therapiekonzept [4]. Diese Autoren stimulierten 8 schwere Schlafapnoiker transkutan, submandibulär und ober- sowie unterhalb des Zungenbeins in 45-min-Intervallen (Impulsdauer: 0,3 ms; Frequenz: 50 Hz; Reizstärke: 15–40 mA). Es konnte weder eine Veränderung des AHI noch der Schlafarchitektur beobachtet werden. Weder in der zusätzlich durchgeführten schnellen Computertomographie noch mittels Pharynxdruckmessungen ergaben sich Hinweise darauf, dass diese Form der Elektrostimulation das Potenzial hat, die Kollapsibilität des oberen Luftweges zu verringern.

Änderungen der elektrischen Parameter sind insofern Grenzen gesetzt, als dass es eine Reizschwelle für zentrale Weckreaktionen (α-Arousals) gibt [7]. Eine Überschreitung dieser individuell unterschiedlichen Reizschwelle führt per se zu einer Alteration der Schlafarchitektur und ist daher nicht geeignet, die Symptome der OSA zu lindern.

Zusammenfassend lässt sich aus der gegenwärtigen Literatur kein eindeutig positiver Soforteffekt der Elektrostimulation während des Schlafes auf den Schweregrad der OSA—also auf den AHI—ableiten, egal ob intramuskulär, transmukös oder transkutan stimuliert wird.

Muskeltraining

Interessant ist daher ein Konzept, welches die Mundbodenmuskulatur am Tage im Sinne eines Muskeltrainings stimuliert. Bei dieser Strategie tritt die Wirkung nicht sofort, sondern erst mit einer gewissen Latenz auf. Ein erster Fallbericht beschreibt eine Verbesserung des AHI bei einem Patienten mit milder Schlafapnoe (AHI 13,2) nach nur 2-wöchiger, täglicher, submentaler Elektrostimulation im Wachzustand auf einen Wert von 3,9. Eine Placebobehandlung erzielte beim selben Patienten keine vergleichbare Wirkung [24].

Transkutane submentale Stimulation

Auch das in dieser Studie untersuchte SilentOne® verwendet—zusätzlich zur nächtlichen Stimulation—ein Muskeltraining des Mundbodens und der suprahyoidalen Muskulatur am Tage. Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse bestätigen, dass es sich für den Patienten um eine nebenwirkungsarme und leicht anwendbare Therapieform handelt.

Bezüglich der Wirksamkeit konnte nach 4- bis 5-wöchiger, täglicher Anwendung eine statistisch signifikante Reduktion des AHI um durchschnittlich 8 Punkte von 29,2 auf 21,2 erreicht werden (p<0,05). Allerdings gelang es nur in geringem Maße, die OSA mit dem SilentOne® zu heilen. So konnte bei nur 3 Patienten (20%) eine Reduktion des AHI um mindestens 50% gesehen werden, nur 2 Patienten (13,3%) erfüllten die Kriterien einer Heilung (Reduktion des AHI um mindestens 50% und auf einen Wert unter 10).

Enoral-transkutane Stimulation

Für das andere, neu auf dem deutschen Markt eingeführte Gerät (ApnoeStim®, Fa. BMR Neurotech, Überlingen) liegen Daten von 40 Patienten nach 5-wöchiger Anwendung vor [5]. Im Gegensatz zum SilentOne® verwendet das ApnoeStim® eine intraorale Elektrode und eine submentale Hautklebeelektrode. Das Therapieregime sieht eine Behandlung 2-mal täglich im Wachzustand für jeweils 30 min ohne Anwendung in der Nacht vor. Nach der Behandlung sank der AHI nicht signifikant von 31,8±20,4 (± SD) auf 20,4±19,7. Knapp 2/3 der Patienten (65%) zeigten allerdings eine Reduktion des AHI um mindestens 50%. Warum trotz dieser hohen Responderrate von 65% der AHI für die Gesamtgruppe nicht mehr und nicht statistisch signifikant gesenkt werden konnte, bleibt unklar, da in der Publikation leider keine Rohdaten angegeben werden, die eine weiterführende Interpretation der Ergebnisse zuließen.

Vergleich der Stimulationsorte

Inwieweit die unterschiedlichen Elektroden die Effektivität beeinflussen, bleibt angesichts der Ergebnisse von Guilleminault unklar [7]. Diese Autoren untersuchten sowohl die rein transkutane als auch die enoral-transkutane Elektrostimulation. Die rein transkutane Elektrostimulation zeigte im Wachzustand eine starke Reizung des Platysmas, während sich die Form des Pharynx nicht änderte. Demgegenüber zeigte die enoral-transkutane Stimulation eine deutliche Wirkung auf den M. genioglossus, mit allerdings Rückwärtsverlagerung der Zunge und Verengung des Pharynx. In jedem Fall erscheint eine gezielte Reizung gewisser Muskelgruppen der Zunge und des Mundbodens im Sinne einer alleinigen Erweiterung und Stabilisierung des Pharynx unter Verwendung von Oberflächenelektroden aufgrund der komplexen Anatomie dieser Muskulatur weder enoral noch transkutan möglich.

Vielversprechender ist daher die direkte Stimulation des N. hypoglossus [11, 19]. Diese Technik könnte sich in der Zukunft zu einer vielversprechenden Therapiemodalität für die OSA entwickeln [1, 13].

Kurzzeitergebnisse

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die objektiven Kurzzeitergebnisse eine gewisse Wirksamkeit der kombinierten, transkutanen Elektrostimulationstherapie am Tag und in der Nacht auf den Schweregrad der OSA belegen. Bei alleiniger Anwendung bleibt die Methode allerdings mit einer Heilungsrate von nur 13,3% in dieser Studie deutlich hinter der Effektivität einer CPAP-Therapie [14] und der operativer Verfahren [23] zurück.

Ob sich der Behandlungserfolg und damit die Heilungsrate durch veränderte elektrophysiologische Parameter (Reizdauer, Reizmuster, Reizstärke), durch eine Verlängerung der Therapiedauer (Trainingsperiode) oder aber durch eine bessere Selektion der Patienten (z. B. nur milde Schlafapnoiker) verbessern lässt, ist derzeit Gegenstand weiterer Untersuchungen.

Im Gegensatz zu den objektiven Atmungsparametern zeigen sich statistisch hoch signifikante Verbesserungen in der subjektiven Bewertung des Schnarchens durch den Bettpartner. Ob dieses Ergebnis auch objektiven Analysen der Atmungsgeräusche standhält, bleibt abzuwarten.

Fazit für die Praxis

Die transkutane Elektrostimulationstherapie mit dem Silent One® hat sich in der Anwendung über 4–5 Wochen als sicher und einfach anwendbar erwiesen. Eine ausreichende Wirksamkeit in der Behandlung der OSA konnte nicht gezeigt werden. Demgegenüber reduzierte sich das Schnarchgeräusch statistisch hoch signifikant in der subjektiven Beurteilung der jeweiligen Bettpartner. Auf der Basis dieser Kurzzeitergebnisse kann die transkutane Elektrostimulationstherapie derzeit nicht zur Therapie der OSA empfohlen werden.