Anamnese

Ein 70-jähriger Patient stellte sich mit seit mehreren Wochen bestehenden entzündlichen Hautveränderungen an Armen und Unterschenkeln vor. Zudem beklagte der Patient Schwellungen der Hand- und Fußgelenke. In der Jugend sei aufgrund einer nicht erinnerlichen, rheumatischen Erkrankung der Gelenke eine Therapie mit Goldspritzen erfolgt.

Befunde

Körperliche Untersuchung inklusive Hautbefund

Bei Aufnahme zeigten sich an den Unterschenkeln und Unterarmen mit Betonung der Streckseiten erythematöse, teils exkoriierte Papeln bis Nodi mit zum Teil fibrinös hämorrhagischen Krusten (Abb. 1a, b).

Abb. 1
figure 1

a Erythematöse Papeln, teils krustig belegt, sowie Rötungen und Schwellungen im Bereich der kleinen Gelenke b Erythematöser, erosiver Nodus mit hämorrhagisch seröser Kruste

Im Bereich der proximalen Interphalangealgelenke sowie der Metakarpophalangeal- und Metatarsalgelenke bestanden schmerzhafte Schwellungen sowie Rötungen. Zudem fiel eine Ulnardeviation der Hände beidseits auf.

Dermatohistopathologischer Befund

Im Hautbioptat vom linken Unterschenkel zeigten sich unter einer ortholog strukturierten Epidermis dichte perivaskulär und periadnexial akzentuierte entzündliche Infiltrate mit Nachweis multipler neutrophiler Granulozyten sowie auch Kernstaub in der tiefen Dermis bzw. des subkutanen Fettgewebes (Abb. 2a, b).

Abb. 2
figure 2

a, b Prominentes, aus neutrophilen Granulozyten bestehendes dermales Infiltrat

Laborbefunde

Bei Aufnahme zeigte sich ein erhöhtes CRP [6,5 mg/dl, Referenzbereich (RB): < 0,5 mg/dl]. Die Leukozyten waren normwertig. Im Differenzialblutbild zeigte sich sowohl eine relative als auch eine absolute Neutrophilie. Das 25-Hydroxy-Vitamin D3 war deutlich erniedrigt (13 ng/ml, RB: 30–70 ng/ml). Der Rheumafaktor (17,8 IU/ml, RB: < 15,0 IU/ml) sowie die Anti-CCP-Antikörper (8 U/ml, RB: < 5 U/ml) waren erhöht.

Weitere Untersuchungen

In den Röntgenaufnahmen der Hände und Füße zeigten sich eine erosive Arthritis mit Betonung der proximalen Interphalangealgelenke sowie eine Subluxationsstellung einiger Metakarpophalangeal- und Metatarsalgelenke.

Die weiterhin veranlassten Untersuchungen inklusive einer Sonographie des Abdomens, einer Röntgenaufnahme des Thorax, eines Hämoccults sowie einer Gastroskopie und Koloskopie ergaben keine Hinweise auf ein malignes oder infektiöses Geschehen.

Diagnose

Rheumatoide neutrophile Dermatitis

Therapie und Verlauf

Unter der eingeleiteten systemischen Therapie mit Prednisolon 50 mg/Tag sowie einem Triamcinolonacetonid-haltigen Externum 2-mal/Tag kam es zu einem deutlichen Rückgang der Hautveränderungen sowie der Gelenkschmerzen und -schwellungen. Überlappend erfolgte die Einleitung einer systemischen Therapie mit Methotrexat 15 mg per os 1-mal wöchentlich, worunter der Patient auch nach Reduktion der Prednisolon-Dosis auf 10 mg/Tag über mehrere Monate komplett beschwerdefrei blieb.

Zudem erfolgte die Substitution des Vitamin-D-Mangels mit Vigantoletten 1000 IE/Tag.

Diskussion

Die seltene rheumatoide neutrophile Dermatitis wurde erstmals 1978 von Ackermann beschrieben [1]. Klinisch ist sie gekennzeichnet durch erythematöse, teils indurierte bzw. krustig belegte Papeln und Plaques sowie subkutane Nodi, die vornehmlich symmetrisch an den Streckseiten der Extremitäten lokalisiert sind [5, 6].

Charakteristischerweise leiden die Patienten an einer aktiven, seropositiven und meist schwer verlaufenden rheumatoiden Arthritis. Diese besteht im Durchschnitt seit etwa 8,2 Jahren [5]. Das durchschnittliche Manifestationsalter beträgt 57,4 Jahre, wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer [4].

Zu den Diagnosekriterien der rheumatoiden Arthritis, die 2010 von dem American College of Rheumatology und der European League of Rheumatism aufgestellt wurden, gehören die in Tab. 1 aufgeführten [2].

Tab. 1 Vom American College of Rheumatology und der European League of Rheumatism 2010 aufgestellte Diagnosekriterien der rheumatoiden Arthritis

Ein Score von ≥ 6/10 wird benötigt, um die definitive Diagnose einer rheumatoiden Arthritis zu stellen [2].

Es wurden jedoch auch Fälle einer rheumatoiden neutrophilen Dermatitis in Assoziation zu einer seronegativen rheumatoiden Arthritis beschrieben [3, 7].

Zudem wurde in den vergangenen Jahren auch eine Variante der rheumatoiden neutrophilen Dermatitis beobachtet, die mit Blasenbildung einhergeht. Diese scheint sich u. a. durch ein schlechteres therapeutisches Ansprechen auf systemische sowie topische Glukokortikosteroide von der bisher beobachteten rheumatoiden neutrophilen Dermatitis zu unterscheiden. Jedoch zeigte diese Variante ein gutes Ansprechen auf Medikamente wie Dapson und Colchizin, die gegen neutrophile Granulozyten gerichtet sind und auch in der Behandlung anderer neutrophiler Dermatosen eingesetzt werden [4].

Histologisch zeichnet sich die Erkrankung durch ein prominentes, aus neutrophilen Granulozyten bestehendes, dermales Infiltrat aus, weshalb sie der Gruppe der neutrophilen Dermatosen zugeordnet wird. Die neutrophilen Granulozyten können so zahlreich vorhanden sein, dass es zu (Mikro-)Abszedierungen in der Dermis kommen kann [6]. Wie von Mrowietz et al. in einer Übersichtsarbeit dargestellt, hat die direkte Immunfluoreszenz keine diagnostische Relevanz [5].

Zu der Therapie der rheumatoiden neutrophilen Dermatitis gibt es widersprüchliche Angaben. Bei einem Teil der Patienten – insbesondere wenn Blasen zu beobachten waren – zeigten sich systemische Steroide unwirksam [4]. Bei anderen Patienten führten topische und systemische Glukokortikosteroide zu einem befriedigenden Ergebnis. Bei einem weiteren Teil der Fälle kam es wiederum erst nach Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit Hydroxychloroquin oder Goldsalzen zu einer Abheilung der Effloreszenzen [5].

Die Zusammenschau der klinischen Befunde mit einem Klassifikationsscore der rheumatoiden Arthritis von 9 (> 10 betroffene Gelenke 5, niedrig positiver Rheumafaktor und ACPA 2, erhöhtes CRP 1, Dauer der Symptome > 6 Wochen 1) sowie die histologischen Zeichen einer neutrophilen Dermatose ohne prominente vaskulitische Komponente führten bei unserem Patienten zu der Diagnose einer rheumatoiden neutrophilen Dermatitis, die wir erfolgreich mit Methotrexat und Glukokortikosteroiden behandelten.