Nach Angaben des statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2013 in Deutschland knapp 80.000 Schilddrüsenoperationen durchgeführt [15]. Dabei wurde in den letzten Jahren ein Trend zur radikalen Schilddrüsenchirurgie beobachtet. Den Operationsanlass stellen zum Hauptteil benigne Schilddrüsenerkrankungen dar. Bei etwa 10,1 % der Eingriffe liegt ein Schilddrüsenkarzinom vor [19].

Spezifische Komplikationen nach Schilddrüsenoperationen sind Stimmbandlähmungen und Hypokalzämien. Diese Komplikationen sind als besonders schwerwiegend anzusehen, wenn sie permanent, d. h. 6 Monate oder länger fortbestehen. Weitere mögliche Komplikationen sind postoperative Blutungen und Wundinfektionen [2, 7, 13].

Das Ziel dieser Arbeit war die Ermittlung von Komplikationsraten der Versorgungsrealität nach Operationen wegen benigner Struma in Deutschland. Darüber hinaus wurden Volume-Outcome-Zusammenhänge untersucht.

Methodik

Datengrundlage

Die Analysen basierten auf anonymisierten Routinedaten der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Diese umfassten Diagnosen und Prozeduren aus der Krankenhaus- und vertragsärztlichen Versorgung sowie Versichertenstammdaten wie Alter, Geschlecht und Überlebensstatus. Die ausgewerteten Patientendaten entsprachen den Kriterien des Leistungsbereichs „Operation bei benigner Schilddrüsenerkrankung“ des Projektes Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR) und waren Grundlage der Entwicklungsarbeit des QSR-Expertenpanels Endokrine Chirurgie [19].

Eingeschlossen wurden Fälle, bei denen im initialen Krankenhausaufenthalt eine Thyreoidektomie, Hemithyreoidektomie, partielle Resektion oder Operation der Schilddüse durch Sternotomie (Operationen- und Prozedurenschlüssel [OPS]: 5–061 bis 5–064) in den Jahren 2008 bis 2010 vorgenommen wurde und als Hauptdiagnose eine euthyreote Struma, Hyperthyreose oder Thyreoiditis (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems [ICD]-10: E01/4/5/6, D34) dokumentiert wurde. Fälle mit Patienten unter 18 Jahren, Entfernung von zervikalen Lymphknoten (OPS: 5–40[1/2/6].0, 5–403), Hyperparathyreoidismus (ICD-10: E21.0–E21.3) oder Krebserkrankungen (ICD-10: C00–C97, D00–D09, D37–D48) wurden ausgeschlossen (Abb. 1). Der vorgenommene Krebsausschluss umfasste Neubildungen unsicheren Verhaltens, da anhand der Routinedaten bei diesen nicht zwischen benigne und maligne unterschieden werden konnte.

Abb. 1
figure 1

Aufgreifkriterien und schrittweiser Fallausschluss. OPS Operationen- und Prozedurenschlüssel, ICD International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems

Fälle entsprechend den oben genannten Kriterien wurden als Erstaufenthalte bezeichnet. An einen Erstaufenthalt sich anschließende Verlegungen wurden dem Erstaufenthalt zugerechnet. Für jeden Patienten wurde ein Nachbeobachtungszeitraum von 365 Tagen ab Entlassung aus dem Erstaufenthalt betrachtet. Unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen wurden die verwendeten AOK-Daten so anonymisiert, dass die Identität der Patienten weder bekannt noch ermittelbar war.

Endpunkte

Die QSR-Indikatoren des Leistungsbereichs „Operation bei benigner Schilddrüsenerkrankung“ wurden als Endpunkte verwendet [19]. Der Indikator Lähmung der Stimmlippen (181–365 Tage) bildete permanente Stimmbandlähmungen ab. Da diese im Regelfall nicht zu einer stationären Wiederaufnahme führen, wurden für diesen Endpunkt Routinedaten der ambulanten Versorgung herangezogen. Indikatorereignisse wurden über die Kombination der Prozedur Lupenlaryngoskopie (Einheitlicher Bewertungsmaßstab [EBM]: 09311, 20310) und der Diagnose Lähmung der Stimmlippen (ICD-10: J38.0) definiert. Prozedur und Diagnose mussten von dem gleichen Arzt dokumentiert worden sein. Patienten mit bestehender ambulanter Diagnose vor der stationären Aufnahme wurden nicht gezählt.

Die Indikatoren Revisionsbedürftige Blutungen (7 Tage) und Revisionsbedürftige Wundinfektionen (3–14 Tage) bildeten Blutungen und Wundinfektionen ab, die einen Revisionseingriff erfordern. Revisionsbedürftige Blutungen wurden über die Kombination der Blutungsdiagnose (ICD-10: T81.0) und einer der Prozeduren Einlegen einer Drainage, Revision der Operationswunde oder Reoperation (OPS: 5–060.1/3, 5–983) definiert. Revisionsbedürftige Wundinfektionen wurden über die Kombination der Diagnosen Infektion oder Sepsis (ICD-10: A40/1, B95/6, T81.4) und einer der oben genannten Prozeduren (OPS: 5–060.1/3, 5–983) definiert. Zusätzlich wurde die chirurgische Wundtoilette am Hals (OPS: 5–893.[0/1/2/3/x]5, 5–896.[0/1/2/3/x]5) als revisionsbedürftige Wundinfektion definiert.

Für den Endpunkt Hypokalzämie wurde kein Indikator entwickelt, da eine genaue Abbildung auf Basis von Routinedaten nicht möglich war. Sowohl stationäre als auch ambulante Routinedaten gaben lediglich Hinweise auf das Vorhandensein einer Störung des Kalziumstoffwechsels, ließen jedoch deren Schweregrad unbestimmt. Auch Daten über die Rezeptierung von Kalzium oder Vitamin-D-Produkten gaben kein eindeutiges Indiz auf das Vorhandensein einer Hypokalzämie.

Prozentangaben beziehen sich auf die auswertbare Fallmenge. Patienten, die nicht während der kompletten Nachbeobachtungszeit bei der AOK versichert waren und kein Ereignis aufwiesen, wurden ausgeschlossen. Die Dropout-Raten der Indikatoren betrugen: Lähmung der Stimmlippen (181–365 Tage) 2,3 %, Revisionsbedürftige Blutungen (7 Tage) sowie Revisionsbedürftige Wundinfektionen (3–14 Tage) jeweils 0,3 %.

Volume-Outcome-Analyse

Das Krankenhausvolumen wurde als die Anzahl durchgeführter Schilddrüsenoperationen (OPS: 5–061/2/3/4) laut Selbstangabe im strukturierten Qualitätsbericht (SQB) des Jahres 2010 definiert. Entsprechend dem Krankenhausvolumen wurden die AOK-Fälle in Quintile aufgeteilt. Die Grenzen wurden so gewählt, dass möglichst gleich große Fallgruppen gebildet wurden (Tab. 1).

Tab. 1 Einteilung der Krankenhäuser in Volumenkategorien

Der Effekt des Krankenhausvolumens auf die Indikatoren wurde anhand multivariater logistischer Regressionsmodelle bestimmt. Die Regressionsmodelle beinhalteten das Krankenhausvolumen als zusätzliche Einflussgröße bei gleichzeitiger Adjustierung nach Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen, Operationsumfang, Rezidivstatus, Behandlungsanlass und präoperativer Medikation.

Das Alter wurde anhand dichotomer kategorischer Variablen definiert, welche die AOK-Fälle in Quintile einteilten. Begleiterkrankungen wurden entsprechend der Definitionen nach Elixhauser identifiziert [11]. Krebserkrankungen wurden nicht berücksichtigt, da entsprechende Patienten nicht im Fallkollektiv enthalten waren. Operationsumfang, Rezidivstatus, Behandlungsanlass und präoperative Medikation wurden entsprechend dem QSR-Leistungsbereich definiert [19].

Die Modellselektion wurde, ausgehend von einem Modell mit allen Adjustierungsvariablen, anhand des Stepwise-backward-Algorithmus durchgeführt. Das erhaltene Modell wurde um die Einflussgröße des Krankenhausvolumens erweitert.

Alle Auswertungen wurden mit der Software STATA 11.2 (StataCorp, College Station, Texas) durchgeführt.

Ergebnisse

Der untersuchte Datensatz umfasste 66.902 AOK-Fälle. Deskriptive Statistiken des Fallkollektivs sind in Tab. 2 dargestellt. Der Anteil an Frauen betrug 76,8 % und der Anteil an Männern 23,2 %. Der Altersmedian der Patienten betrug 55 Jahre, ein Viertel der Patienten war jünger als 45 und ein Viertel älter als 65 Jahre. Bei 86,4 % der Patienten wurde als Hauptdiagnose eine euthyreote Struma dokumentiert. Der Anteil an Patienten mit Hyperthyreose oder Thyreoiditis betrug 12,4 % bzw. 1,2 %. Thyreoidektomien wurden mit 44,3 % am häufigsten vorgenommen, gefolgt von partiellen Resektionen mit 37,6 % und Hemithyreoidektomien mit 18,1 %. Ein Zugang über eine Sternotomie war in weniger als 1 % der Fälle notwendig. Die Jahre 2008 bis 2010 zeigten einen Anstieg des Anteils an durchgeführten Thyreoidektomien und Hemithyreoidektomien von 38,8 % auf 50,4 % bzw. von 16,7 % auf 19,2 %. Im Gegensatz dazu sank der Anteil an partiellen Resektionen von 44,5 % auf 30,4 %. Ein Neuromonitoring des N. recurrens wurde bei 76,7 % der Fälle dokumentiert. Der Anteil stieg von 71,8 % in 2008 auf 81,0 % in 2010.

Tab. 2 Deskriptive Statistik der einbezogenen AOK-Fälle (2008–2010)

Eine permanente Lähmung der Stimmlippen trat bei 1,5 % der Patienten auf (Abb. 2). Der Anteil bei Patienten mit bzw. ohne Monitoring des N. recurrens betrug 1,5 % bzw. 1,4 %. Die Rate an revisionsbedürftigen Blutungen innerhalb von 7 Tagen nach dem Eingriff betrug 1,8 % (Abb. 2). Eine taggenaue Analyse der postoperativen Komplikationszeitpunkte zeigte, dass über 95 % der revisionsbedürftigen Blutungen am Tag der Operation bzw. innerhalb der ersten beiden postoperativen Tage auftraten (Abb. 3). Revisionsbedürftige Wundinfektionen innerhalb von 3 bis 14 Tagen nach dem Eingriff wurden bei 0,4 % der Patienten beobachtet (Abb. 2). Im Erstaufenthalt traten 56,2 % der Wundinfektionen auf. Eine stationäre Wiederaufnahme wurde durch 43,8 % der Infektionen ausgelöst.

Abb. 2
figure 2

Komplikationsraten der QSR-Indikatoren für Schilddrüsenoperationen bei benigner Schilddrüsenerkrankung basierend auf den einbezogenen AOK-Fällen 2008 bis 2010. QSR Qualitätssicherung mit Routinedaten

Abb. 3
figure 3

Revisionsbedürftige Blutungen innerhalb von 7 Tagen nach dem Eingriff. Die Prozentangabe entspricht dem Anteil an allen revisionsbedürftigen Blutungen innerhalb von 7 Tagen pro postoperativem Tag

Die gebildeten Krankenhausvolumenkategorien, inklusive der unadjustierten Indikatorraten, sind in Tab. 1 dargestellt. Von 1.096 im Datensatz enthaltenen Krankenhäusern konnte bei 852 eine SQB-Fallzahl zugeordnet werden. Dies entsprach 93,5 % der im Datensatz enthaltenen AOK-Fälle. Die unadjustierten Raten zeigten für den Indikator Lähmung der Stimmlippen eine Häufigkeit von 1,9 % in Kategorie I (geringe Fallzahl) gegenüber 0,9 % in Kategorie V (hohe Fallzahl). Für den Indikator Revisionsbedürftige Blutung lag die unadjustierte Rate in den Kategorien II–V bei 1,8–1,9 %. Die unadjustierte Rate der Kategorie I entsprach 1,5 %. Für den Indikator Revisionsbedürftige Wundinfektion schwankte die Rate über alle Volumenkategorien um 0,3 und 0,4 %. Das Krankenhausvolumen hatte einen signifikanten Effekt auf den risikoadjustierten Indikator Lähmung der Stimmlippen (Tab. 3). Das Risiko einer permanenten Stimmlippenlähmung stieg mit Abnahme des Krankenhausvolumens. Ausgehend von Volumenkategorie V war das Risiko in den Volumenkategorien IV–II um 50–70 % erhöht, in der Volumenkategorie I war das Risiko mehr als verdoppelt (Tab. 3). Dieses Ergebnis ist besonders im Zusammenhang mit der Verteilung des Krankenhausvolumens in Deutschland relevant. Insgesamt 50 % der untersuchten Krankenhäuser gehörten zu Volumenkategorie I (Tab. 1). Im Hinblick auf das Blutungsrisiko bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Kategorien II–V. Kategorie I wies im Vergleich zu Kategorie V ein signifikant niedrigeres Risiko auf. Auf den Indikator Revisionsbedürftige Wundinfektionen hatte das Krankenhausvolumen keinen signifikanten Einfluss.

Tab. 3 Logistische Regressionsanalyse zur Bestimmung der Einflussfaktoren (Odds Ratio) auf die entwickelten Indikatorena

Weitere risikoerhöhende Faktoren in Bezug auf den Indikator Lähmung der Stimmlippen waren der Rezidivstatus, Alter ≥60 Jahre und Störungen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes (Tab. 3). Für den Indikator Revisionsbedürftige Blutungen waren die Faktoren AIDS, Koagulopathie und Drogenabusus stark risikoerhöhend (Tab. 3). In Bezug auf den Indikator Revisionsbedürftige Wundinfektionen hatten unter anderem die Faktoren Störungen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes, kardiale Arrhythmie und Adipositas risikoerhöhenden Einfluss (Tab. 3).

Diskussion

Die Analyse von bundesweiten Komplikationsraten nach einer Schilddrüsenoperation auf Basis von Routinedaten wurde in dieser Arbeit erstmalig vorgenommen. Die berichteten Raten bilden die Versorgungsrealität ab und werden im Folgenden mit Literaturdaten verglichen. In Bezug auf den Endpunkt „Lähmung der Stimmlippen“ ist zu beachten, dass sich die hier berechnete Indikatorrate auf die Anzahl der Operationen bezieht. Literaturangaben beziehen sich dagegen zum Teil auf die Anzahl der „nerves at risk“.

In einer großen deutschen multizentrischen Studie berichteten Dralle et al. eine Rate permanenter Stimmbandlähmungen von 0,8 % pro „nerves at risk“ nach Operation wegen benigner Struma [7]. Bezogen auf die Anzahl durchgeführter Eingriffe entsprach dies, ausgehend von 82 % beidseitig durchgeführten Operationen, einer Rate von 1,5 %. In ihrer Folgestudie berichteten Dralle et al. ebenfalls eine Rate von 0,8 %, jedoch wurden hier weniger Operationen beidseitig durchgeführt [8]. Bezogen auf die Anzahl durchgeführter Eingriffe ergab sich eine Rate permanenter Stimmbandlähmungen von 1,4 %. Eine weitere deutsche Studie berichtet eine Rate von 2,9 % an permanenten Stimmbandlähmungen [5]. Diese Rate ist höher als die hier berichtete, jedoch beinhaltete das Patientenkollektiv ausschließlich Fälle mit wenigstens subtotaler Schilddrüsenresektion. Eine schwedische Studie berichtete eine Rate permanenter Stimmbandlähmungen von 1,0 % [2]. Diese Rate ist geringer als die hier berichtete Rate. Für die Erfassung postoperativer Stimmbandlähmungen ist eine routinemäßige postoperative Laryngoskopie unerlässlich, da nicht alle Patienten mit Stimmbandlähmung klinisch auffällige Symptome aufweisen. Im Gegensatz zu den deutschen Leitlinien ist eine postoperative Laryngoskopie nicht in allen Staaten empfohlen. Zudem konnten in der Studie nicht alle Patienten vollständig nachbeobachtet werden, sodass die Rate permanenter Stimmbandlähmungen laut der Autoren bis zu 1,7 % betragen kann [2]. Die Raten einer permanenten Stimmbandlähmung bei Patienten mit bzw. ohne Monitoring des N. recurrens unterschieden sich in dieser Studie kaum. Es ist jedoch zu beachten, dass bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten ein Neuromonitoring durchgeführt wurde.

Im Hinblick auf Blutungskomplikationen werden in der Literatur Ereignisraten von 1,2–2,1 % angegeben [2, 3, 10, 17, 18]. Dabei werden in der Regel postoperative Ereignisse während des gesamten initialen Krankenhausaufenthaltes betrachtet. Die hier berichtete Indikatorrate von 1,8 % lag im gleichen Bereich. Zusätzlich konnte anhand der vorliegenden Ergebnisse gezeigt werden, dass das Risiko für revisionsbedingte Blutungskomplikationen direkt nach dem Eingriff am höchsten war und innerhalb der ersten beiden postoperativen Tage stark abnahm (Abb. 3). Dennoch treten im postoperativen Zeitfenster von 24–48 h 19,5 % der revisionsbedürftigen Blutungen auf.

Wundinfektionen sind im Zusammenhang mit einem Eingriff an der Schilddrüse selten. Die in der Literatur berichteten Raten liegen zwischen 0,1–1,6 % [2, 6, 12, 18]. Die in unserer Studie berichtete Wundinfektionsrate von 0,4 % liegt in der unteren Region des angegebenen Bereichs. Es ist jedoch anzumerken, dass der hier verwendete Indikator ausschließlich stationär behandelte Wundinfektionen erfasste, bei denen ein Revisionseingriff notwendig war. In der Literatur ist der Schweregrad einer Wundinfektion häufig unbestimmt.

Der Zusammenhang zwischen wachsendem Operateur-Volumen und sinkendem Komplikationsrisiko bei Schilddrüsenoperationen wurde in mehreren Studien beschrieben [1, 7, 14, 16, 18]. In den meisten Studien wurden jedoch verschiedene Komplikationsereignisse wie Blutungen, Wundinfektionen und Lähmungen der Stimmlippen zusammengefasst. Einzig die Studie von Dralle et al. untersuchte den wichtigen Endpunkt der permanenten Stimmbandlähmung separat [7]. Die vorliegende Studie bestätigt dieses Ergebnis auf Ebene des Krankenhausvolumens. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass mit abnehmendem Krankenhausvolumen das Komplikationsrisiko nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft zunahm. Starke Anstiege des Komplikationsrisikos fanden an den Übergängen von Volumenkategorie V zu IV und Volumenkategorie II zu I statt. Dies deutet darauf hin, dass das Risiko einer permanenten Stimmbandlähmung durch Spezialisierung der behandelnden Klink deutlich verringert werden kann. Eine zusätzlich durchgeführte Sensitivitätsanalyse zeigte, dass die signifikanten Unterschiede zwischen den Volumenkategorien bestehen blieben, wenn die Volumengrenzen um 10 % variierten.

Im Hinblick auf revisionsbedürftige Blutungen und revisionsbedürftige Wundinfektionen wurden keine klaren Volume-Outcome-Korrelationen beobachtet. Der einzige Unterschied wurde zwischen den Volumenkategorien V und I im Zusammenhang mit revisionsbedürftigen Blutungen beobachtet. Dieser steht im Wiederspruch zu den Angaben aus der Literatur, laut der mit steigendem Operationsvolumen des Chirurgen das Blutungsrisiko sinkt [1, 3, 16, 18]. Mögliche Ursachen hierfür sind Unterschiede in den Definitionen des Endpunktes oder innerhalb der untersuchten Patientenkollektive. Unseres Wissens gibt es keine weitere Studie anhand deutscher Patientendaten, welche den Volume-Outcome-Zusammenhang für Blutungskomplikationen nach Schilddrüsenoperationen untersucht hat.

Limitationen

Die Aussagekraft dieser Studie unterliegt verschiedenen Limitationen. Zum ersten handelt es sich bei den vorliegenden Ergebnissen um eine Sekundärdatenanalyse auf Basis von Routinedaten. Daher konnten nur Komplikationsereignisse betrachtet werden, die anhand der zur Verfügung stehenden Katalogsysteme valide abgebildet werden konnten. Diagnosen werden beispielsweise fallgenau dokumentiert, besitzen aber keinen Datumsbezug. Um die Validität der Abbildung von Komplikationsereignissen zu erhöhen, wurden diese ausschließlich über Prozeduren oder als Kombination von Prozeduren und Diagnosen definiert. Dennoch ist eine Unter- oder Überdokumentation einzelner Komplikationsereignisse nicht auszuschließen. Weiterhin ist es möglich, dass die Häufigkeit der Stimmbandlähmungen unterschätzt wurde, da entsprechend der Leitlinienempfehlung nur Patienten berücksichtigt wurden, bei denen eine Lupenlaryngoskopie durchgeführt wurde [4]. Im Hinblick auf die Komplikationen nach Schilddrüsenoperationen ist eine weitere Limitation, dass kein Indikator für den Endpunkt Hypokalzämie definiert werden konnte. Weder die Auswertung stationärer oder ambulanter Daten noch die Rezeptierung von Kalzium- oder Vitamin-D-Produkten erlaubten eine Schlussfolgerung auf das Vorliegen einer Hypokalzämie. Hier kann erst die Hinzunahme klinischer Daten oder eine Ergänzung der Routinedaten eine Aussage ermöglichen.

Hinsichtlich der externen Validität der Ergebnisse bestehen Einschränkungen, da das betrachtete Patientenkollektiv ausschließlich aus AOK-Versicherten besteht. Obwohl das Versichertenkollektiv der AOK ca. ein Drittel aller Krankenhausfälle in Deutschland darstellt, bestehen gewisse Unterschiede zur Versichertenpopulation anderer gesetzlicher Krankenkassen hinsichtlich Altersstruktur und Komorbidität [9].

Fazit

In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals die Versorgungsrealität im Hinblick auf die Häufigkeit von Komplikationen nach Schilddrüsenoperationen anhand von Routinedaten aus dem deutschen Gesundheitswesen untersucht. Durch die Verknüpfung von Routinedaten aus der stationären und ambulanten Versorgung konnte neben den Endpunkten der revisionsbedürftigen Blutungen und Wundinfektionen auch der relevante Endpunkt der permanenten Stimmbandlähmung abgebildet werden. Weiterhin wurde für den Endpunkt der permanenten Stimmbandlähmung ein signifikanter Zusammenhang zwischen Fallzahlstärke und besserem Outcome festgestellt. Der Literaturvergleich zeigte eine hohe Übereinstimmung der QSR-Ergebnisse mit bestehenden nationalen und internationalen Studien. Die entwickelten Indikatoren demonstrieren, dass bei sorgfältiger Abbildung der Endpunkte Routinedaten zur Erfassung und Beobachtung von Komplikationsereignissen nach Schilddrüsenoperationen geeignet sind und stärker in der Forschung genutzt werden sollten.