Seit dem 01.01.1993 dürfen Patienten auch im Krankenhaus ambulant operiert werden. Paragraph 115 b Abs. 1 SGB V regelt seit dem 01.01.2005 die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Durchführung ambulanter Operationen als stationsersetzende Eingriffe. Hierdurch soll eine patientengerechte und vor allen Dingen wirtschaftliche Versorgung gesichert werden. Da Deutschland mit einem ambulanten Operationsanteil von 37% bei den niedergelassenen Vertragsärzten und lediglich 3% im Krankenhausbereich (Tab. 1) weit unter dem vergleichbarer Industrieländer liegt (USA 2004, 80%), kann von einer Umsetzung dieser gesetzlich geforderten Ziele nicht gesprochen werden [3].

Tab. 1 Entwicklung ambulanter Operationen in Deutschland über 10 Jahre laut IAAS-Umfrage

Während in Deutschland die Versorgung von Leistenhernien überwiegend stationär erfolgt, werden in europäischen Nachbarländern derzeit 2 von 3 Hernienoperationen ambulant durchgeführt [16]. In etwa einem Drittel erfolgt die Leistenbruchversorgung hierzulande mit einer minimal-invasiven Methode, entweder mittels transperitonealem (TAPP) oder total extraperitonealem (TEP) Bruchlückenverschluss [21]. Als Argumente gegen eine ambulante Hernienoperation werden unabhängig von der Diskussion um die Methodenwahl eine unzureichende Patientensicherheit, Patientenvorbehalte, hohes Infektionspotenzial und zu hohe Kosten genannt [5]. Weiterhin bedeutet ambulante Chirurgie für ein vorwiegend auf den stationären Betrieb ausgerichtetes Krankenhaus erhebliche organisatorische Herausforderungen, um durch straffe Ablauforganisationen die Effizienz zu steigern, damit der enge ökonomische Rahmen ambulanter Vergütungen nicht gesprengt wird.

Diese ökonomischen Vorgaben stellen die unterschiedlichen operativen Verfahren zur Leistenhernienversorgung auf den Prüfstand, da sich durch Einführung des EBM2000plus (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) keine Verbesserung der Vergütung ambulanter Leistungen eingestellt hat. Der fortwährende Methodenstreit um die Versorgung des Leistenbruches scheint zu Ungunsten der minimal-invasiven Methoden auszugehen. Hierin besteht aber ein Widerspruch, da sich minimal-invasive Verfahren gerade wegen der geringen postoperativen Beschwerden und frühen Belastungsfähigkeit in besonderem Maße für den ambulanten Einsatz eignen. Eigene Erfahrungen aus dem stationären Patientenkollektiv zeigten, dass sich viele Patienten nach einem total extraperitonealen Bruchlückenverschluss (TEP-BLV) bereits am 1. postoperativen Tag entlassungsfähig fühlen.

Es wurde daher ein Konzept entwickelt diesem Patientenwunsch zu entsprechen. Die vorliegende Arbeit untersucht in zwei Krankhausbetrieben unterschiedlicher Kostenträger (Knappschaft und kirchliche Trägerschaft) in einem Einjahreszeitraum die Patientenzufriedenheit und das Outcome der ambulanten minimal-invasiven Leistenhernienversorgung. In dem ambulanten Operationszentrum des St.-Josef-Hospitals (A-OPZ BO) wurde darüber hinaus eine betriebswirtschaftliche Vorkalkulation zur Kosten- und Erlössituation durchgeführt.

Patienten und Methoden

Insgesamt wurden 139 Patienten bis August 2005 durch die beiden Operationszentren Knappschaftskrankenhaus Dortmund (KKH-DO) und A-OPZ BO eingeschlossen. Die Operationen erfolgten in standardisierter Technik mittels TEP-BLV. Durch pflegerische und ärztliche Dokumentation wurden perioperative Komplikationen erfasst.

Die Patientenzufriedenheit wurde durch eine Befragung innerhalb von 6 Wochen postoperativ anhand eines standardisierten Fragebogens erhoben. Dieser Fragebogen umfasste 21 Fragen, die in 5 Fragenkomplexen zusammengefasst wurden. Die verschiedenen Komplexe erfragen die subjektive Einschätzung so genannter Patientenvorbehalte, Wahrnehmung des betreuenden Umfeldes und des postoperativen Verlaufes in Bezug auf Schmerzfreiheit, Belastungs- und Arbeitsfähigkeit. Eingeschlossen in die Studie wurden alle Patienten, die sich innerhalb des definierten Studienzeitraums in den Operationszentren KKH-D oder A-OPZ BO zur Durchführung einer Leistenbruchoperation in der minimal-invasiven Technik vorstellten und nicht die allgemeinen Tatbestände erfüllten, die eine stationäre Durchführung der Operation erforderlich machen [18]. Für dieses Pilotprojekt wurden abgesehen von zwei Ausnahmen nur Patienten eingeschlossen, die den Kriterien ASA I entsprachen (American Society of Anesthesiologists, ASA I= Patienten ohne zusätzliche Erkrankung). Ausschlusskriterien waren nicht reponierbare Hernien, ausgedehnte Skrotalbrüche und der Patientenwunsch gegen eine ambulante Behandlung. Relative Ausschlusskriterien waren beidseitige Hernien und Rezidivhernien. Ein Status nach komplikationsloser Appendektomie mit Narben im rechten Unterbauch war kein Ausschlusskriterium.

Anästhesie und postoperative Analgesie

Bis 2 h vor der Narkoseeinleitung war den Patienten erlaubt klare Flüssigkeiten zu trinken. Die Prämedikation erfolgte p.o. mit 7,5 mg Midazolam (Dormicum®) und 25 mg Dexketoprofen (Sympal®). Die Einleitung der Narkose wurde mit 2–2,5 mg/kg KG Propofol und Fentanyl (0,1–0,2 mg) vorgenommen und bei entsprechender Anamnese 4 mg Dexamethason zur antiemetischen Prophylaxe verabreicht. Zur Intubation wurde Atracurium 0,5 mg/kg KG injiziert. Die Fortführung der Intubationsnarkose erfolgte inhalativ mit einem Gemisch aus Sevoflurane, O2 und Raumluft.

Während der Narkose wurden zur postoperativen Analgesie 2,5 g Novalgin i.v. gegeben und zum Ende der Operation der Patient ggf. mit Atropin 0,5 mg und Neostigmin 1 mg antagonisiert. Die Analgesie im Bereich der Aufwachzone erfolgte mit Dipidolor® i.v. (3,75–7,5 mg). Zur postoperativen Analgesie in häuslicher Umgebung wurden Novalgin-Tabletten empfohlen und ggf. mitgegeben.

Operationstechnik

In beiden Operationszentren (KKH-DO und A-OPZ BO) kam die TEP-BLV zur Versorgung der Leistenhernie zur Anwendung. Der Zugang zum präperitonealen Raum erfolgt auf dem hinteren Rektusscheidenblatt mit nachfolgender Dissektion durch einen Spacemaker unter Kamerasicht. Nach Wechseln gegen einen 12-mm-Trokar wird CO2 insuffliert mit einer Druckbegrenzung von 12 mmHg. Der präperitoneale Raum wird medial bis zur Symphyse und lateral bis in Höhe der Spina iliaca superior entwickelt. Ein 5-mm-Trokar wird 2 1/2 Querfinger unterhalb des Nabel in der Medianlinie sowie ein weiterer 5-mm-Trokar im lateralen Unterbauch positioniert.

Nach Bruchsackdissektion und Präparation von medialem und lateralem Netzlager wird ein 15×15 cm großes Netz auf die Größe 9×12 cm und 6×12 cm zugeschnitten. Das größere Basis-Mesh wird geschlitzt unter den zuvor präparierten Samenstrang durchgezogen. Zur Vermeidung einer Schlitzhernierung wird das zweite Netz als Double-Mesh so aufgelegt, dass eine insgesamt abgedeckte Fläche von etwa 12×13 cm resultiert. Anschließend wird das Gas unter Sicht und Anmodellierung des Peritoneums an das Netz desuffliert. Der Faszien- und Hautverschluss erfolgt in Standardtechnik.

Perioperative Betreuung

Die Patienten wurden postoperativ mindestens 6 h klinisch überwacht. Nach postoperativer Kontrolle im Aufwachraum erfolgte eine abschließende Untersuchung und Dokumentation unmittelbar vor Entlassung am Nachmittag und am Vormittag des 1. postoperativen Tages in der ambulanten Sprechstunde. Erfasst wurden subjektive klinische Beschwerden, Zeichen einer Nachblutung und die Verträglichkeit der Vollnarkose. Nach frühestens 6 Wochen erhielten die Patienten einen Fragebogen und ggf. eine erneute klinische Untersuchung und Befragung bei Angabe von Beschwerden.

Betriebswirtschaftliche Vorkalkulation (A-OPZ BO)

Zur wirtschaftlichen Einschätzung ambulanter TEP-Operationen im A-OPZ BO wurde ein klinischer Behandlungspfad mit vollständigem Ablauf beginnend von der Administration über Operation bis zur Entlassung erstellt, um alle Kosten auf Vollkostenbasis zu ermitteln (Abb. 1). Zusätzlich zum Personal- und Sachkostenaufwand wurden ein Infrastrukturzuschlag und ein Wagniszuschlag kalkuliert.

Abb. 1
figure 1

Krankenhausspezifischer klinischer Pfad zur TEP-Operation im ambulanten Operationszentrum (A-OPZ)

Der Infrastrukturzuschlag deckt alle Kosten ab, die nicht direkt dem Patienten zuzuordnen sind (z. B. Verwaltung, Hauswirtschaft, Haus- und Medizintechnik, Sterilisation, Betriebskosten, Reinigungskosten, Abschreibung). Die Höhe dieses Zuschlags ist aus der Kalkulation des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) für die DRG G24Z „Eingriffe bei Bauchwandhernien, Nabelhernien und anderen Hernien, Alter >0 Jahre oder beidseitige Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter >0 Jahre und <56 Jahre oder Eingriffe bei Leisten und Schenkelhernien, Alter >55 Jahre“ entnommen. Hier beträgt der Anteil der sog. medizinischen und nicht medizinischen Infrastrukturkosten 30%. Mit dem Wagniszuschlag werden spezielle Risiken, wie Forderungsverluste durch Nichtzahlungen der Krankenkassen, aber auch Mehrkosten- und Ausschusswagnisse abgedeckt.

Diese theoretischen Vorgaben wurden zur Deckungsbeitragsrechnung genutzt und bildeten das kostenrechnerische Gerüst der ambulanten TEP-Operation (Tab. 2).

Tab. 2 Betriebswirtschaftliche Vorkalkulation entsprechend dem krankenhausspezifischen klinischen Pfad für eine Leistenhernienoperation im ambulanten OP-Zentrum

Statistik

Berechnet wurde der arithmetische Mittelwert (MW) mit der Standardabweichung (±SD). Die unteren und oberen Grenzbereiche von Alter und Operationszeit werden als Minimum und Maximum in Klammern nach dem Mittelwert angegeben. Ein signifikanter Unterschied wurde ab einem p<0,05 nach dem Student-T-Test angenommen.

Ergebnisse

Patientenkollektiv

In den Operationszentren KKH-DO und dem A-OPZ BO wurden in einem Zeitraum von 12 Monaten 571 TEP-Hernienoperationen durchgeführt. Durch die ASA-I-Selektion erfolgten 24% (n=139) der TEP-Versorgungen ambulant (KKH-DO n=94, A-OPZ BO n=45). In 94% wurden Männer (n=131) und in 6% Frauen (n=8) operiert. Das mittlere Alter betrug 46 Jahre (Range 18–83 Jahre). Die im KKH-DO ambulant durchgeführten Operationen erfolgten im stationären Routinebetrieb, die im St.-Josef-Hospital Bochum vorgenommen Eingriffe in einem separaten ambulant ausgerichteten Operationszentrum (A-OPZ BO) außerhalb des zentralen Operationstraktes. Von 139 operierten Patienten konnten im Verlauf von einem Jahr 133 Fälle nachkontrolliert werden. Dies entspricht einer Follow-up-Rate von 96% (Tab. 3).

Tab. 3 Verteilung des Gesamtkollektivs auf die Operationszentren KKH-DO und A-OPZ BO

OP-Daten und Komplikationen

Alle einbezogenen Patienten wurden in standardisierter TEP-BLV-Technik von zwei Operateuren operiert, eine Konversion war in keinem Fall notwendig. Die Operationszeit betrug durchschnittlich 34 min (20–60 min) und ist in beiden Zentren vergleichbar. Eine lokale Wundinfektion trat einmal auf, nicht revisionspflichtige Hämatome im Bereich des infraumbilikalen Zugangs wurden bei 5% beobachtet. Punktionswürdige Serome oder Netzinfektionen traten nicht auf, zum Zeitpunkt der Befragung wurde kein Rezidiv festgestellt (Tab. 4).

Tab. 4 Perioperativer Verlauf und Komplikationsrate

Von den ambulant geplanten Patienten konnten 134 (96,4%) entlassen werden, eine Wiederaufnahme oder stationäre Überwachung wegen Nachblutungsverdacht war in keinem Fall notwendig. Von den 5 (3,6%) stationär überwachten Patienten wurden zwei nach Nikotingenuss präkollaptisch und daher für eine Nacht beobachtet. Drei Patienten wurde wegen einer zum Operationszeitpunkt nicht sichergestellten häuslichen Überwachung geraten, die Nacht stationär zu verbringen.

Ergebnisse der Fragenkomplexe

Bei der Evaluation möglicher Patientenvorbehalte in Bezug auf ausreichende postoperative Beschwerdefreiheit und Bedenken vor häuslichen Komplikationen zeigte sich, dass 84% der Patienten keine Bedenken vor häuslichen Komplikationen hatten und sich 70% ausreichend beschwerdefrei fühlten. Eine adäquate Aufklärung über das ambulante Vorgehen bestätigten 98% der Patienten (Abb. 2). Die perioperative Betreuung, Organisation und die Verträglichkeit der Vollnarkose wurde in mehr als 85–97% der Fälle mit gut bis sehr gut beurteilt (Abb. 3). Schmerzfreiheit gaben 76% der Patienten bereits nach einer Woche nach der TEP-BLV an, mehr als die Hälfte (54%) waren nach 1–2 Wochen wieder voll arbeitsfähig. 29% der Patienten waren schon nach weniger als 7 Tagen ihrer beruflichen Tätigkeit nachgegangen (Abb. 4). Über 90% sind mit dem Operationsverfahren insgesamt als auch unter kosmetischen Aspekten zufrieden (Abb. 5).

Abb. 2
figure 2

Fragenkomplex 1: Ergebnisse der Patientenbefragung zu möglichen Patientenvorbehalten bei ambulanten TEP-Operationen

Abb. 3
figure 3

Fragenkomplex 2: Ergebnisse der Patientenbefragung zu Verträglichkeit der Narkose, Betreuung durch ärztliches (Anästhesist, Chirurg) und pflegerisches Personal sowie Organisation

Abb. 4
figure 4

Fragenkomplex 3: Ergebnisse der Patientenbefragung zum postoperativem Verlauf in Bezug auf Schmerzfreiheit, Vollbelastung und Arbeitsunfähigkeit

Abb. 5
figure 5

Fragenkomplex 4: Ergebnisse der Patientenbefragung zur Beurteilung des Operationsverfahren

Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Fragenkomplexe würden 89% der operierten Patienten sich erneut ambulant mittels TEP-BLV operieren lassen, 66% schätzten die ambulante Versorgung dabei kostendeckend ein (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Fragenkomplex 5: Ergebnisse der Patientenbefragung zur Beurteilung der Verfahrenswahl unter Berücksichtigung der gemachten Erfahrungen in den Fragenkomplexen 1–4 und Einschätzung der Ökonomie

Erlössituation nach ambulanter TEP-BLV

Die Vergütung nach EBM2000plus sieht die für eine minimal-invasive Hernienoperation die GBO-Ziffer 31163 mit 5835 Punkten vor. Des Weiteren ist eine Anästhesie (GBO-Ziffer 31823), die postoperative Überwachung (GBO-Ziffer 31505) sowie Ordination und Konsultation, Labor- und Materialkosten abrechnungsfähig. Durchschnittlich betragen die Erlöse nach EBM2000plus der im A-OPZ BO operierten Patienten 565,96 Euro. Demgegenüber stehen Kosten entsprechend der Vorkalkulation nach dem klinischen Behandlungspfad in Höhe von 709,34 Euro. Es besteht damit eine Unterdeckung von 20% pro ambulant durchgeführte TEP-Operation. Im stationären Bereich beträgt derzeit je nach Base-Rate die Erlössituation nach der DRG G24Z circa 2000 Euro (Tab. 5).

Tab. 5 Vergleich der Erlöse [Euro] stationärer und ambulanter TEP-Operationen

Diskussion

Durch konsequente Forderungen der Krankenkassen nach Umsetzung der im Vertragswerk § 115b SGB V vereinbarten ambulanten und stationsersetzenden Leistungen geraten die Krankenhäuser zunehmend unter Druck. Die fehlende Motivation zur Vertragserfüllung ist nicht zuletzt auf die geringen Leistungsvergütungen zurückzuführen. Anzumerken ist jedoch, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft als einer der Vertragspartner im § 20 Abs. 3 des Rahmenvertrages § 115 b SGB V mitbeabsichtigte, dass zum 01.01.2005 ein pauschaliertes Entgeltsystem vorzunehmen ist, bei dem die Angabe des Operations- und Diagnoseschlüssels zwingende Voraussetzung zu Leistungsabrechnung wird. Da gekennzeichnete Leistungen wie Varizen- und Leistenhernienoperationen künftig regelhaft ambulant erbracht werden sollen (§ 3Abs. 2, § 115 b SGB V), ist eine Reorganisation struktureller und prozessorientierter Abläufe im Krankenhaus kein vorgezogener Gehorsam vor den Kostenträgern, sondern die Einstellung auf vertragliche Vereinbarungen im Bereich der ambulanten Tageschirurgie. Das Argument, dass die Kernkompetenz von Krankenhäusern in der stationären Therapie liegt, wird haltlos und bedeutet zudem, dass häufige Krankheitsbilder dem stationären Budget entzogen werden. Dieses kann zu fatalen wirtschaftlichen Konsequenzen führen.

Bei dem fortwährenden Vergleich von den in Deutschland erbrachten ambulanten Operationszahlen mit denen benachbarter Länder sollte deren erheblich bessere Vergütung bei ambulanten Leistungen in Betracht gezogen werden. So zeigt ein Vergleich von Kostenberechnungen nach der OP-Blockierungszeit-Methode (OBZ) zu der US-Gebührenordnung (RBRVS), das die unrealistisch niedrige Vergütung in Deutschland durch die Komplexgebührabrechung im EBM2000plus noch geringer ausfällt und hat deshalb alle chirurgisch tätigen Kollegen enttäuscht. Unsere eigenen Kostenkalkulationen haben für die ambulante Versorgung der Leistenhernie trotz optimaler Prozess- und Strukturqualität eine nicht akzeptable Unterdeckung von mindestens 20% gezeigt. Nicht mit einberechnet in die Kosten ist die Tatsache, dass sich der durchführende Chirurg die entsprechende Expertise, zum Beispiel für eine TEP-BLV, erst aneignen muss. Daher entspricht die nach InEK GmbH kalkulierte Vergütung von 49,80 Euro pro Facharztstunde (0,83 Euro/min) nach unserem Erachten in keiner Weise der notwendigen, mindestens 8-jährigen Ausbildung zum Viszeralchirurgen, der es Bedarf, um diese Operation in der geforderten Qualität und Sicherheit durchführen zu können.

Unabhängig von der Wirtschaftlichkeit geben unsere Ergebnisse ein klares Bild über den tatsächlichen Patientenwunsch. Die häufig angeführten angeblichen Patientenvorbehalte in Bezug auf postoperative Beschwerden, Narkoseverträglichkeit und Bedenken vor häuslichen Komplikationen waren in den Antworten unserer Patienten nicht erkennbar. Im Gegenteil war die Zufriedenheit mit dem Operationsverfahren und der raschen Rekonvaleszenz so hoch, dass sich 89% der Patienten erneut ambulant mittels TEP-BLV wieder versorgen lassen würden. Nach Ablauf von 14 Tagen gingen bereits 75% der Patienten ihrer beruflichen Tätigkeit nach, wobei sich zwei Drittel auch sportlich als vollbelastbar einstuften. Bei der Bewertung muss aber berücksichtigt werden, dass es sich in der vorliegenden Untersuchung entsprechend der ASA-Klassifikation um ein hochselektioniertes Patientengut ohne Begleitmorbiditäten, also um ASA-I-Patienten handelt. Zweifellos können Patienten mit einer ASA-II-Einstufung (Patienten mit leichter Allgemeinerkrankung ohne Einschränkung) ebenfalls ambulant mit einer TEP-BLV versorgt werden. Bei einer methodenvergleichenden Veterians Affair Study [10] zeigte sich, dass 47% der Patienten mit Leistenhernien nach ASA II eingestuft wurden. Allein durch Erweiterung dieses Selektionskriterium wäre dann aber eine Verdoppelung des Patientenaufkommens denkbar, die für eine ambulante TEP in Frage kommen.

Das Komplikationspotenzial minimal-invasiver Hernienoperationen ist bei entsprechender chirurgischer Erfahrung als gering einzustufen [15, 20]. Metaanalysen zeigen sogar, dass die absolute postoperative Morbidität nach minimal-invasiver Hernienversorgung signifikant geringer ist als nach Durchführung eines konventionellen Verfahrens nach Shouldice [3]. Der wichtigste Faktor für die Patientensicherheit ist dabei ein hohes Maß an Expertise bei minimal-invasiven Operationsverfahren [2]. Hierbei manifestiert sich die Nachblutung als schwerste Komplikation im unmittelbaren postoperativen Verlauf oder aber spätestens bis zum nächsten Morgen [4]. Durch klinische Untersuchung, Laborkontrolle und Sonographie lässt sich diese Komplikation sicher ausschließen. Nach unserer Erfahrung ist ein wesentlicher Aspekt im Sicherheitsstandard, dass der Operateur unmittelbar postoperativ und vor Entlassung eine klinische Kontrolle selbst vorgenommen hat. Bei unauffälligem klinischem Erscheinungsbild über mindestens 6 h postoperativ ist nach unkomplizierter Operation ein weiterer Aufenthalt des Patienten in häuslicher Umgebung unkritisch. Bei revisionspflichtigen Nachblutungen gehen intraoperative Unwegbarkeiten voraus, in solchen Fällen verbietet sich eine Entlassung am OP-Tag. Die in unserem Kollektiv nicht ambulant weitergeführten Patienten (n=5) waren ausschließlich wegen einer orthostatischen Kollapsneigung oder nicht sichergestellter häuslicher Versorgung stationär verblieben.

Wichtige Voraussetzungen für die Patientensicherheit ambulanter Operationen sind die ständige pflegerische und ärztliche Präsenz, die von den Patienten auch als Ausdruck intensiver Betreuung wahrgenommen wird und neben rascher Rekonvaleszenz und gutem medizinischem Umfeld der Grund für die gute bis sehr gute Beurteilung des Operationsverfahrens insgesamt ist. Dieses deckt sich mit einer Befragung zu Patientenerwartungen vor elektiven Leistenhernienoperationen, bei der als wichtigste Punkte Rezidivfreiheit, das persönliche Arztgespräch, geringe postoperative Beschwerden, gutes medizinisches Umfeld und kurze Rekonvaleszenz identifiziert wurden [22]. Vorbehalte bezüglich eines erhöhten lokalen Infektionsrisikos bei ambulanten Hernienoperationen widerlegen die Daten der AMBU-KISS-Qualitätskontrolle [9]. Eine grundsätzliche Ablehnung minimal-invasiver ambulanter Operationen sollte es nicht geben, da die Argumente zum Teil vorgeschoben erscheinen und in angelsächsischen Ländern viele Untersuchungen die Machbarkeit und Sicherheit ambulanter laparoskopischer Cholezystektomien bei 40–60% aller Elektivpatienten gezeigt haben [8, 12, 17].

Unabhängig von Studienergebnissen scheinen letztendlich die ökonomischen Rahmenbedingungen die Methodenwahl der ambulanten Leistenbruchoperation maßgeblich zu beeinflussen. Auch wenn die Durchführbarkeit ambulanter minimal-invasiver Hernienoperationen belegt wurde [6, 11], bleibt in Deutschland unter den derzeitigen EBM2000plus- und DRG-Bedingungen der ökonomische Zwang einer stationären Behandlung, da keine kostendeckende Situation für die ambulante TEP-BLV besteht, wenn auf der anderen Seite bei der stationären Behandlung der DRG-Erlös bei knapp 2.000 Euro liegt. Dies dürfte auch für die anderen offenen Techniken der Leistenbruchversorgungen der Fall sein. Aber auch für die stationäre Versorgung ist unklar, inwieweit die Vergütung ausreichend kostendeckend abgebildet wird, da belastbare Kostenerhebungen für operative Leistungen im stationären Sektor durch Kostenträgerrechnungen nicht zur Verfügung stehen [14]. Im ambulanten Bereich geht man derzeit davon aus, dass abhängig von der Fachrichtung durchschnittlich nur 31% der Kosten einer ambulanten Operation abgebildet werden [7]. Es ist also problematisch bei der bestehenden Mindervergütung mit der TEP-BLV ein Operationsverfahren auszuwählen, das perioperativ zwar weniger Beschwerden macht, aber deutlich teurer als konventionelle Verfahren ist [19]. Diesen ökonomischen Vorgaben steht der Wunsch von knapp einem Drittel aller Patienten (139/571) in unserem Beobachtungszeitraum gegenüber, ambulant mit dieser Technik operiert zu werden. Trotz der Möglichkeit diesem Wunsch entsprechen zu können, kollidiert die ambulante Durchführung der minimal-invasiven Hernie mit den Vorgaben der Kostenträger. Der Gesetzgeber ist hier aufgefordert, die Erlössituation deutlich zu verbessern.

Ein Ausweg aus dieser Situation ist beispielsweise durch Ausgleichzahlungen für laparoskopische Operationen zu erreichen (im EBM2000plus ist wegen einer Kategorisierung der Operationen der laparoskopische Zuschlag entfallen). Hier kommen zwei Möglichkeiten in Betracht. Der Ausgleich könnte z. B. durch eine patientenseitige Zuzahlung ähnlich dem Versorgungssystem von Zahnersatz erfolgen. Hierdurch würde aber nicht nur das eigentliche Ziel des § 115 b verfehlt, sondern auch einer Zweiklassenmedizin ein Vorschub geleistet. Eine andere Möglichkeit wäre die Wiedereinführung eines laparoskopischen Zuschlages, damit in spezialisierten Zentren die TEP-BLV ambulant durchgeführt werden kann. Da in Metaanalysen [1, 13] für Patienten nach minimal-invasiver Operation eine signifikant (p<0,00001) raschere Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit im Vergleich zu allen konventionellen Verfahren mit und ohne Netzimplantation nachgewiesen wurde, ist von einer Art volkswirtschaftlichen Gegenfinanzierung auszugehen.

Fazit für die Praxis

Die Rechtslage zum ambulanten Operieren ist eindeutig. Es gilt nach § 115 b Abs. 1 SGB V der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Durch Verbesserung operativer und anästhesiologischer Techniken ist die ambulante TEP-Operation für Patienten ohne zusätzliche Erkrankungen (ASA I) sicher und mit hoher Patientenzufriedenheit durchführbar. Bei Erweiterung der Patientenselektion auf ASA II wären bis zu 50% der Leistenhernienoperationen als ambulante TEP-BLV durchführbar. Ökonomische Voraussetzung dafür ist eine Effizienzsteigerung durch Verbesserungen von Struktur- und Prozessqualität im Krankenhaussektor. Ambulante TEP-Hernienchirurgie ist aber derzeit auch unter optimalen Voraussetzungen nicht kostendeckend umsetzbar. Weil eine adäquate Vergütung für ambulante TEP-Operationen nicht stattfindet, bleibt weiterhin zu befürchten, dass ambulante minimal-invasive Operationen nur zögerlich eingeführt werden. Bei einem gut selektionierten Patientenkollektiv dürfen sich Patientenwunsch und ambulante minimal-invasive Chirurgie nicht gegenseitig ausschließen. Dies gilt insbesondere für berufstätige und ansonsten gesunde Patienten, die eine rasche Wiederaufnahme Ihrer beruflichen Tätigkeit wünschen. Die auch in Bezug auf Rezidivrate und Versorgungsqualität den konventionellen Methoden signifikant überlegene TEP-Operationstechnik sollte in spezialisierten Zentren als ambulante Therapieoption angeboten werden. Zur praxisbezogenen Umsetzung ambulanter minimal-invasiver Operationen ist eine Punktwertanhebung der entsprechenden GBO-Ziffer im EBM2000plus dringend zu fordern, um die derzeit bestehende Unterdeckung von 20% aufzuheben und den betriebswirtschaftlich notwendigen Mindesterlös erreichen zu können.