Eine regelmäßige Ausübung ausdauerorientierter körperlicher Aktivitäten, die mindestens ein Fünftel der Skelettmuskulatur beanspruchen, wie beispielsweise Laufen, Radfahren oder Schwimmen, verbessert die „allgemeine dynamische aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit“ [1]. Dabei vollzieht sich am Bewegungsapparat und kardiorespiratorischen System eine Vielzahl physiologischer Anpassungsprozesse, und es kommt zu einer Verbesserung des Stoffwechsels mit positiver Wirkung für die Gesundheit [1, 2, 3]. In einem epidemiologischen Forschungskontext wird das Ergebnis regelmäßiger aerober körperlicher Aktivität auch mit dem Begriff der „kardiorespiratorischen Fitness“ umschrieben [4, 5], die sich mithilfe objektiver Messverfahren bestimmen lässt [6]. Menschen mit guter kardiorespiratorischer Fitness erkranken im Vergleich zu Personen mit schlechter Fitness seltener an chronischen Krankheiten und sterben seltener an vermeidbaren Todesursachen [3, 4, 7, 8, 9, 10].

In der ersten Erhebungswelle der bundesweiten Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) wurde ein submaximaler Fahrradergometertest eingesetzt, um die kardiorespiratorische Fitness bei 18- bis 64-jährigen Erwachsenen im Querschnitt zu erfassen.

Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, den Stand der kardiorespiratorischen Fitness bei 18- bis 64-jährigen Frauen und Männern nach Altersgruppen und Sozialstatus darzustellen. Des Weiteren wird analysiert, wie sich testtaugliche und testuntaugliche DEGS1-Teilnehmende unterscheiden.

Methoden

Studiendesign

Die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) ist Bestandteil des Gesundheitsmonitorings des Robert Koch-Instituts (RKI). Konzept und Design von DEGS sind an anderer Stelle ausführlich beschrieben [11, 12, 13, 14, 15]. Die erste Erhebungswelle (DEGS1) wurde von 2008 bis 2011 durchgeführt und umfasste Befragungen, Untersuchungen und Tests [16, 17]. Zielpopulation war die in Deutschland lebende Bevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren. DEGS1 hat ein Mischdesign, das gleichzeitig quer- und längsschnittliche Analysen ermöglicht. Hierbei wurde eine Einwohnermeldeamtsstichprobe durch ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bundes-Gesundheitssurveys 1998 (BGS98) ergänzt. Insgesamt nahmen 8152 Personen teil, darunter 4193 Ersteingeladene (Response 42 %) und 3959 ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer des BGS98 (Response 62 %). 7238 Personen besuchten eines der 180 Untersuchungszentren, 914 wurden ausschließlich befragt. Die Nettostichprobe [12] ermöglicht für den Altersbereich von 18 bis 79 Jahren repräsentative Querschnittanalysen und Trendaussagen im Vergleich mit dem BGS98 (n = 7988, davon 7116 in Untersuchungszentren). Die Daten der erneut Teilnehmenden sind für Längsschnittanalysen nutzbar. Die Querschnitt- und Trendanalysen werden mit einem Gewichtungsfaktor durchgeführt, der Abweichungen der Stichprobe von der Bevölkerungsstruktur (Stand 31.12.2010) hinsichtlich Alter, Geschlecht, Region und Staatsangehörigkeit sowie Gemeindetyp und Bildung korrigiert [12]. Für den Untersuchungsteil wurde ein gesonderter Gewichtungsfaktor erstellt. Bei der Berechnung der Gewichtung für die ehemaligen Teilnehmenden des BGS98 wurde die Wiederteilnahmewahrscheinlichkeit, basierend auf einem logistischen Modell, berücksichtigt. Eine Nonresponder-Analyse und der Vergleich einzelner erhobener Indikatoren mit Daten der amtlichen Statistik weisen auf eine hohe Repräsentativität der Stichprobe für die Wohnbevölkerung in Deutschland hin [12]. Um sowohl die Gewichtung als auch die Korrelation der Teilnehmenden innerhalb einer Gemeinde zu berücksichtigen, wurden die Konfidenzintervalle und p-Werte mit den Survey-Prozeduren von STATA SE 12 bestimmt.

Alle Teilnehmenden wurden über die Studieninhalte und -ziele informiert und unterzeichneten eine schriftliche Einwilligungserklärung. Das Studienprotokoll wurde von der Ethikkommission der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie vom Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit geprüft und als unbedenklich eingestuft.

Messmethode

Die kardiorespiratorische Fitness wurde mittels eines standardisierten, submaximalen Fahrradergometertests gemessen. Die Methodik wird in diesem Heft in einem weiteren Beitrag im Detail beschrieben [18]. Einschlusskriterien waren die schriftliche Einwilligungserklärung der Testperson, die Zugehörigkeit zur Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen sowie die Testtauglichkeit, die auf Basis des „Physical Activity Readiness – Questionnaires“ (PAR-Q) [19, 20] ermittelt wurde. Die Testpersonen absolvierten einen stufenförmigen Belastungstest nach dem von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Belastungsschema, das mit 25 Watt Eingangsbelastung beginnt und alle 2 min Belastungssteigerungen von 25 Watt vorsieht [21]. Die Herzfrequenzentwicklung wurde während des Tests kontinuierlich aufgezeichnet. Die Erholungsphase wurde am Ende der Belastungsstufe eingeleitet, in der eine individuell berechnete Herzfrequenz von 85 % der altersbasierten maximalen Herzfrequenz überschritten wurde. Außerdem wurde von den Testpersonen ein selbst auszufüllender Gesundheitsfragebogen beantwortet, der Fragen zu gesundheitsrelevanten Themenbereichen enthielt. Körpergewicht und Größe der Testpersonen wurden ohne Schuhe und in leichter Bekleidung mit kalibrierten Messgeräten standardisiert gemessen.

Variablendefinitionen

Kardiorespiratorische Fitness

Die kardiorespiratorische Fitness wurde auf Basis von Herzfrequenzdaten unter Anwendung des Verfahrens der „Physical Work Capacity“ (PWC) ermittelt [22, 23, 24]. Es wurde die pulsbezogene Leistung in Watt an den Pulsschwellen von 130 und 150 Schlägen pro Minute (PWC130, 150) [24] sowie bei 75 % der altersbasierten maximalen Herzfrequenz (PWC75%) [25] mittels linearer Interpolation berechnet. Anschließend wurden die berechneten PWC-Werte durch das Körpergewicht der Testperson geteilt. Die Auswertungsmethodik wird in diesem Heft in einem weiteren Beitrag detailliert beschrieben [18]. Die Berechnung der PWC130, 150 hat den Vorteil, dass die Ergebnisse mit für diese Schwellen existierenden Normwerten für Deutschland verglichen werden können [24, 26]. Gore et al. [27] haben gezeigt, dass in Bevölkerungsstudien variable Schwellenkonzepte wie die PWC75% plausiblere Ergebnisse im Altersverlauf liefern als fixe Schwellenkonzepte (PWC130, 150), weshalb für die Auswertungen nach Alter und Sozialstatus die PWC75% verwendet wird. Zur Berechnung der PWC75% wurde die altersbasierte maximale Herzfrequenz mit der Formel 208–0,7 * Alter bestimmt [28]. Für Analysen nach Sozialstatus wurde die kontinuierliche PWC75%-Variable in eine binäre Variable umgewandelt, um fragliche Linearitätsannahmen für die Variablenbeziehung zwischen Sozialstatus und kardiorespiratorischer Fitness zu vermeiden, die im Rahmen von linearen Regressionsanalysen angenommen werden müssen. Die Stichprobe wurde hierzu mittels Quintilbildung in 2 Gruppen, 40 % vs. 60 %, aufgeteilt. Das Merkmal „hohe“ kardiorespiratorische Fitness wurde den oberen 40 % der Verteilung der PWC75% zugewiesen. Die Aufteilung erfolgte getrennt für Frauen und Männer. Zur Aufteilung der PWC75% wurden die jeweiligen Obergrenzen des 3. Quintils verwendet, die bei Frauen 1,23 Watt pro kg Körpergewicht und bei Männern 1,60 beträgt.

Sozialstatus

Der Sozialstatus wurde anhand eines Indexes bestimmt, der aus Angaben zu schulischer und beruflicher Ausbildung, beruflicher Stellung sowie Haushaltsnettoeinkommen (bedarfsgewichtet) gebildet wird und der eine Einteilung in niedrige, mittlere und hohe Statusgruppen ermöglicht [29].

Statistische Analyse

Für die deskriptive Darstellung der Ergebnisse (PWC130, 150, 75%) wurden Mittelwerte und Prozentwerte der kardiorespiratorischen Fitness und 95 %-Konfidenzintervalle berechnet. Unterschiede werden als statistisch signifikant angesehen, wenn sich die jeweiligen 95 %-Konfidenzintervalle nicht überschneiden. Unterschiede hinsichtlich der kardiorespiratorischen Fitness (PWC75%) nach Altersgruppen wurden als durchschnittliche prozentuale Abnahme je Lebensdekade zwischen den Gruppen von 18 bis 29 und 50 bis 59 Jahren berechnet. Der Zusammenhang zwischen Sozialstatus und kardiorespiratorischer Fitness (PWC75%) wurde mittels multivariater logistischer Regression altersadjustiert ausgewertet. Für die Altersadjustierung wurden die Altersgruppen 18 bis 29, 30 bis 39, 40 bis 49 und 50 bis 64 Jahre verwendet. Alle Analysen erfolgten gewichtet; die Fallzahlen wurden ungewichtet ausgewiesen. Es wurden Survey-Design-Prozeduren angewendet, die für das Clusterdesign des Surveys adjustieren, indem, verglichen mit einfach randomisierten Stichproben, weiter gefasste Konfidenzintervalle berechnet werden.

Studienstichprobe

Die DEGS1-Gesamtstichprobe für die Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen umfasst 5263 Personen. 316 Personen (6,0 %), wurden als qualitätsneutrale Ausfälle eingestuft und 1836 (34,9 %) aufgrund von Testuntauglichkeit nach PAR-Q ausgeschlossen. Die Gründe, die zum Testausschluss führten, werden in einem weiteren Beitrag in diesem Heft beschrieben [18]. Die häufigste Ursache für einen Testausschluss war die Einnahme von Medikamenten aufgrund von Bluthochdruck, Herz- oder Atemproblemen. 3030 testtaugliche Personen absolvierten den Fahrradergometertest, 1549 Frauen und 1491 Männer. Dies entspricht einer Teilnahmequote von 57,2 % bezogen auf die Gesamtstichprobe und von 97,4 % bezogen auf die testtauglichen Personen (n = 3111). Bei 11,9 % der Teilnehmenden wurde der Test vor Erreichen der festgelegten Zielherzfrequenz vorzeitig abgebrochen. Bei 2843 Testpersonen (93,8 %) konnte die PWC130 bestimmt werden, bei 2827 (93,3 %) die PWC75% und bei 1586 (52,3 %) die PWC150.

Ergebnisse

Teilnehmende

Die 18- bis 64-jährigen testtauglichen Teilnehmenden sind signifikant jünger, häufiger männlich, weniger häufig adipös und weisen einen besseren Gesundheitszustand auf als testuntaugliche Personen. Ferner sind die Testtauglichen häufiger körperlich-sportlich aktiv als testuntaugliche Personen (Tab. 1).

Tab. 1 Prozentwerte (%) und 95 %-Konfidenzintervalle (95 %-KI) ausgewählter Merkmale bei 18- bis 64-jährigen DEGS1-Teilnehmenden (n = 5263) nach Testtauglichkeitsstatus definiert nach dem Physical-Activity-Readiness – Questionnaire (PAR-Q)

Kardiorespiratorische Fitness, Geschlecht und Alter

Frauen erbringen bei einer Herzfrequenz von 130 Schlägen pro Minute durchschnittlich eine Wattleistung pro kg Körpergewicht von 1,04 und bei 150 Schlägen pro Minute von 1,44. Die entsprechenden Leistungswerte bei den Männern liegen bei 1,39 und 1,80 (Tab. 2). Während die PWC130 und PWC150 bei Frauen und Männern nach Altersgruppen weitgehend gleich sind, ist die PWC75% bei Frauen und Männern in höheren Altersgruppen niedriger als bei den Jüngeren (Abb. 1). Die Reduzierung der PWC75% zwischen den Altersgruppen 18 bis 29 und 50 bis 59 beträgt durchschnittlich je Altersdekade 4,2 % bei Männern und 4,8 % bei Frauen.

Abb. 1
figure 1

Pulsbezogene Leistung bei 75 % der maximalen Herzfrequenz in Watt pro kg Körpergewicht bei Männern und Frauen nach Alter. (Mittelwerte mit 95 %-Konfidenzintervallen, n = 2827)

Tab. 2 Mittelwerte (m) und 95 %-Konfidenzintervalle (95 %-KI) der pulsbezogenen Leistung (PWC)a in Watt/kg Körpergewicht nach Geschlecht und Altersgruppen

Kardiorespiratorische Fitness und Sozialstatus

Frauen mit hohem Sozialstatus weisen in allen Altersgruppen eine signifikant höhere Fitness auf als Frauen mit niedrigem Sozialstatus (Tab. 3). Diese Unterschiede sind bei Frauen in den Altersgruppen 30 bis 44 Jahre und 18 bis 29 Jahre stärker ausgeprägt als in der Altersgruppe 45 bis 64 Jahre (Abb. 2). Bei Männern kann nur in der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen ein signifikant höherer Mittelwert bei hohem Sozialstatus im Vergleich zu einem mittleren Sozialstatus beobachtet werden.

Abb. 2
figure 2

Pulsbezogene Leistung bei 75 % der maximalen Herzfrequenz in Watt pro kg Körpergewicht bei Männern und Frauen nach Sozialstatus und Alter. (Mittelwerte mit 95 %-Konfidenzintervallen, n = 2827)

Tab. 3 Mittelwerte (m) der pulsbezogenen Leistung bei 75 % der maximalen Herzfrequenz (PWC75%)a in Watt/kg Körpergewicht, Prozentwerte hoher kardiorespiratorischer Fitness (KRF)b und 95 %-Konfidenzintervalle (95 %-KI) nach Geschlecht, Altersgruppen und Sozialstatus (SES)

Ein steigender Sozialstatus ist altersadjustiert mit einer höheren kardiorespiratorischen Fitness bei Frauen assoziiert. Verglichen mit Frauen mit niedrigem Sozialstatus betragen die Odds Ratios (OR) für hohe Fitness bei Frauen mit mittlerem Sozialstatus 1,9 (95 %-KI, 1,2–3,1; p <0,001) und bei Frauen mit hohem Sozialstatus 3,7 (2,2–6,2; p < 0,001). Im Vergleich zu Frauen mit niedrigem Sozialstatus weisen Frauen mit mittlerem Sozialstatus demnach fast doppelt so häufig eine hohe Fitness auf und Frauen mit hohem Sozialstatus sogar etwa dreieinhalbmal so häufig. Die entsprechenden ORs bei Männern liegen bei 0,7 (0,5–1,1; p = 0,1) und 1,1 (0,7–1,7; p = 0,8). Somit besteht bei Männern kein signifikanter Zusammenhang zwischen Sozialstatus und Fitness.

Diskussion

Die Ergebnisse der bundesweit repräsentativen Querschnittstudie DEGS1 zeigen erwartungsgemäß, dass die kardiorespiratorische Fitness bei Frauen geringer ist als bei Männern und dass sie mit steigendem Alter bei Frauen und Männern kontinuierlich abnimmt. Bei Frauen mit hohem Sozialstatus ist die kardiorespiratorische Fitness höher als bei Frauen mit niedrigem und mittlerem Sozialstatus; in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen steigt die Fitness mit steigendem Sozialstatus. Bei Männern ist kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der Fitness und dem Sozialstatus nachweisbar.

Geschlechts- und Altersunterschiede

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der kardiorespiratorischen Fitness wurden bereits umfassend untersucht und sind zum Teil auf die geringere Muskelmasse bei Frauen im Vergleich zu Männern zurückzuführen. Nach Schätzungen von Rost et al. [26] ist die maximale Leistungsfähigkeit bei Frauen um etwa 20 % geringer als bei Männern. Nach den DEGS1-Daten liegt die Leistungsfähigkeit der Frauen um etwa 24 % unter der von Männern. Außerdem sind Männer gemäß ihren Angaben in einem größeren Umfang körperlich-sportlich aktiv als Frauen [30]. Dies ist ein weiterer Erklärungsansatz für die Geschlechtsunterschiede in der kardiorespiratorischen Fitness.

Auch altersspezifische Unterschiede in der kardiorespiratorischen Leistungsfähigkeit sind umfassend belegt und können einerseits auf geringere körperlich-sportliche Aktivitätsbeteiligung in höheren Altersgruppen zurückzuführen sein [30]. Andererseits schränken mit Alterungsprozessen einhergehende Beeinträchtigungen die Leistungsfähigkeit in höheren Altersgruppen ein [1].

Die in DEGS1 aufgedeckten Geschlechtsunterschiede in der kardiorespiratorischen Fitness entsprechen in ihrer Größenordnung in etwa den Ergebnissen, die in vergleichbaren Bevölkerungsstudien berichtet wurden [27, 31, 32]. Ein Vergleich der in DEGS1 ermittelten Altersgruppenunterschiede in der Fitness mit diesbezüglichen Ergebnissen aus anderer Studien ist jedoch aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden und Stichprobenzusammensetzungen nur einschränkt möglich. Gore et al. [27] berichten auf Basis des australischen Gesundheitssurveys, dass die PWC75% zwischen den Altersgruppen 18 bis 29 und 70 bis 79 Jahren durchschnittlich je Altersdekade bei Männern um 8,1 % und bei Frauen um 9,8 % sinkt. In DEGS1 fällt diese Abnahme bei den Männern ebenfalls etwas geringer aus als bei Frauen, allerdings ist sie in DEGS1 im Durchschnitt je Altersdekade bei beiden Geschlechtern nur etwa halb so groß wie im australischen Gesundheitssurvey.

Unterschiede nach Sozialstatus

Bei Männern könnte für die kardiorespiratorische Fitness eine anstrengende körperliche Arbeit von Bedeutung sein. Diese wird vor allem von Männern mit niedrigem Sozialstatus ausgeübt [33, 34], sodass sich bei ihnen die kardiorespiratorische Fitness verbessert. Andererseits sind aber Männer mit hohem Sozialstatus in der Freizeit sportlich aktiver als Männer mit mittlerem und niedrigem Sozialstatus [30, 33, 35, 36], was wiederum die kardiorespiratorische Fitness der zuerst genannten erhöht. Möglicherweise gleichen sich die Faktoren körperliche Arbeit einerseits und Freizeitsport andererseits aus, sodass sich in DEGS1 zwischen Männern mit hohem und niedrigem Sozialstatus insgesamt keine signifikanten Unterschiede in der kardiorespiratorischen Fitness finden. Jedoch zeigen andere Studien, dass sich die kardiorespiratorische Fitness bei Männern mit steigendem sozioökonomischen Status verbessert [37], was in DEGS1 nur in der Gruppe der 45- bis 64-jährigen Männer beobachtet werden konnte.

Der positive Zusammenhang zwischen Sozialstatus und sportlicher Aktivität ist in Deutschland bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern [35]. Darüber hinaus üben Frauen seltener einen körperlich anstrengenden Beruf aus als Männer [33], sodass bei ihnen der Faktor körperliche Arbeit eine geringere Rolle zu spielen scheint als bei Männern. Diese beiden Aspekte könnten erklären, warum sich bei Frauen – anders als bei den Männern – ein signifikanter Zusammenhang zwischen Sozialstatus und kardiorespiratorischer Fitness findet.

Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte immer bedacht werden, dass die körperliche Fitness außer von verhaltensbezogenen und strukturellen Faktoren auch von genetischen Komponenten beeinflusst wird [1].

Die DEGS1-Querschnittergebnisse lassen keine Rückschlüsse auf kausale Zusammenhänge zu. Auch Kohorteneffekte können bei Sozialstatusanalysen basierend auf Querschnittdaten zu fehlleitenden Annahmen führen, da sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Bildungs-, Berufs- und Einkommenschancen bei Personen unterschiedlicher Jahrgänge in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verändert haben [38].

Einordnung der PWC-Werte in den Forschungskontext

Werden die PWC-Werte mit den Richtwerten nach Rost und Hollmann (PWC130: Frauen 1,25, Männer 1,50; PWC150: Frauen 1,60, Männer 2,00; mittlere Streubreite: ± 0,4) verglichen, so liegen die DEGS1-Werte bei Frauen und Männern für beide Variablen innerhalb der Grenzen der angegebenen mittleren Streubreite [24, 26]. Allerdings liegen die Punktschätzer von Rost und Hollmann tendenziell höher als die in DEGS1 ermittelten Werte. Rost und Hollmann diskutierten bereits 1982 ihre PWC-Werte, die im Vergleich zu den 1957 vom Berliner Arbeitskreis um Dransfeld und Mellerowicz [39] ermittelten Werten geringer waren. Der Trend einer pulsbezogenen Leistungsabnahme über den Zeitverlauf scheint sich somit fortzusetzen. Der zunehmende Medienkonsum und die Technologisierung des Alltags könnten zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit in der Bevölkerung beigetragen haben. Ferner könnte die Zunahme von Übergewicht zu einer Abnahme der pulsbezogenen Leistung geführt haben, da die pulsbezogene Leistung im Rahmen des PWC-Konzepts auf das Körpergewicht normiert wird [24]. Die Vergleichbarkeit der Studienergebnisse im Zeitverlauf kann infrage gestellt werden, da Stichprobeneffekte die Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit einschränken.

Interne und externe Validität der Ergebnisse

Im Rahmen des DEGS1-Belastungstests wurde auch die Laktatkonzentration im Kapillarblut gemessen, die ein robusterer Indikator zur Bestimmung der Ausdauerleistungsfähigkeit als die Herzfrequenzparameter ist [40]. Es ist geplant, die Herzfrequenz- und Laktatwerte in weiterführenden Analysen miteinander zu vergleichen und zu den Selbstangaben zur körperlich-sportlichen Aktivität in Bezug zu setzen, um mehr über die interne Validität der Messparameter zu erfahren.

Die DEGS1-Ergebnisse zur kardiorespiratorischen Fitness sind für die nach PAR-Q testtaugliche erwachsene Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahren verallgemeinerbar. Durch die Anwendung des DEGS1-Gewichtungsfaktors, der sich an der Bevölkerungsstruktur des Mikrozensus orientiert, wird die Wahrscheinlichkeit für auftretende Stichprobeneffekte verringert. Da sich die Testausschlusswahrscheinlichkeit mit steigendem Alter erhöht, ist in höheren Altersgruppen mit einem größeren Selektionsbias zu rechnen.

Testtaugliche und testuntaugliche DEGS1-Teilnehmende unterscheiden sich signifikant im angegebenen Umfang der körperlich-sportlichen Aktivität, sodass davon auszugehen ist, dass testuntaugliche Personen eine geringere kardiorespiratorische Fitness aufweisen als testtaugliche Personen.

Fazit

Erwartungsgemäß weisen Männer eine bessere kardiorespiratorische Fitness auf als Frauen und jüngere Personen eine bessere Fitness als ältere Personen. Die Betrachtung des Sozialstatus kann zur Klärung der Frage beitragen, weshalb bestimmte Personen fitter sind als andere. Diese Erkenntnisse können genutzt werden, um zielgruppenspezifische Gesundheitsförderungsprogramme zur Steigerung der kardiorespiratorischen Fitness zu entwickeln. Die in DEGS1 gemessenen PWC-Werte liegen tendenziell niedriger als die Normwerte von Rost und Hollmann. Es ist geplant, die in DEGS1 gemessenen PWC-Werte zur Erstellung aktueller PWC-Normwerte zu nutzen. Im Rahmen des DEGS1-Belastungstests wurden auch Laktatparameter gemessen, die in zukünftigen Analysen ausgewertet werden sollen.