„Die Entwöhnung beginnt nach der Intubation“. Auf dem Boden der Erkenntnis, dass die maschinelle Beatmung des Patienten mit erheblichen „Kollateralschäden“ einhergeht, kommt der Bemühung, die Beatmungszeit auf das kürzest mögliche Maß zu beschränken, höchste Bedeutung zu. Dieses oft geäußerte Credo ist allerdings häufig schwierig zu realisieren, und das erfolgreiche Weaning erfordert ein über die optimierte Beatmung hinausgehendes Gesamtkonzept, zu dem auch adaptierte Modi der unterstützten Spontanatmung gehören.

Hintergrund

Die maschinelle Beatmung ist häufig die einzige therapeutische Option zur Sicherung der Vitalfunktion „Gasaustausch“ bei Störungen des Atemantriebs, bei Versagen der muskulären Atempumpe oder bei Funktionsverlust des Lungenparenchyms. Künstliche Beatmung stellt somit in der Regel eine lebenserhaltende „Rescue“-Maßnahme dar. Allerdings ist in den letzten Jahren zunehmend klar geworden, dass die positive Druckbeatmung zahlreiche unerwünschte und schädliche Aspekte enthält [1]. Zu diesen zählen insbesondere die beatmungsinduzierte Lungenschädigung („ventilator-induced lung injury“, VILI, [2]) und beatmungsinduzierte Pneumonien, Weichteilschäden im Gesicht (Maske), Irritationen laryngealer und trachealer Strukturen, Folgeschäden der Sedierung (Hypotonie, Entzugssyndrom, Delir) und – „last but not least“ – der Funktionsverlust der muskulären Atempumpe sowie allgemeine Folgen der Immobilisierung [3].

In einer eindrucksvollen Studie an hirntoten Organspendern wurde gezeigt, dass die Dauer einer kontrollierten Beatmung von 24 h zu einem gravierenden Funktionsverlust der Muskelstruktur des Diaphragmas führt [4]. In Anlehnung an VILI wird heute akzeptiert, dass die (kontrollierte) positive Druckbeatmung nicht nur das Lungenparenchym, sondern die muskuläre Atempumpe nachhaltig schädigt („ventilator-induced diaphragmatic dysfunction“, VIDD, [5]).

Die Ausprägung all dieser beschriebenen „Kollateralschäden“ der maschinellen Beatmung ist abhängig vom Grad der Beatmungsinvasivität sowie von Dauer und Schwere der zugrunde liegenden Erkrankung. In einer großen prospektiven Kohortenstudie an über 2000 beatmeten Patienten konnte gezeigt werden, dass die Dauer der Beatmung per se – unabhängig von der Grunderkrankung – ein mortalitätserhöhender Faktor ist. Statistisch gesehen ist eine Beatmungszeit von 3 Wochen und länger mit einer 50 %igen Mortalität verknüpft – unabhängig von der Schwere der Grunderkrankung [6].

Zahlreiche wissenschaftliche Beiträge zur Entwöhnung von der Beatmung (Weaning) legen nahe, dass dieser Aspekt der Intensivbehandlung oft eine klinische Hürde darstellt, zumal die Probleme der Entwöhnung vielschichtig sind (Herz-Kreislauf-Instabilität, nichtausreichende Vigilanz, Delir, Fieber, Katabolie) und ein erfolgreiches Weaning ein über die optimierte Beatmung hinausgehendes Gesamtkonzept erfordert. In einer Internationalen Konsensuskonferenz [7] wurde 2005 ein strukturiertes Vorgehen beim Weaning vorgeschlagen; darüber hinaus wurden 3 Formen der Entwöhnung entsprechend des erzielten Erfolgs definiert (einfach, erschwert und prolongiert).

Erfolgreiche Entwöhnung von der (Langzeit-)Beatmung

Penuelas et al. [8] haben kürzlich in einer umfangreichen prospektiven Untersuchung an 2714 Patienten, die mindestens 12 h beatmet waren, eine Kategorisierung der Entwöhnungsbedingungen vorgenommen:

  • Einfache Entwöhnung: Es ließen sich 50 % der Patienten unterschiedlicher Intensivstationen problemlos nach dem ersten Spontanatmungsversuch extubieren. [Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung („chronic obstructive pulmonary disease“, COPD) waren ausgeschlossen.]

  • Erschwerte Entwöhnung: Bei 39 % der Patienten waren bis zu 3 Spontanatmungsversuche an aufeinanderfolgenden Tagen notwendig.

  • Prolongierte Entwöhnung: Bei 154 Patienten (6 %) waren mehr als 3 Spontanatmungsversuche erfolglos.

Überschritt die Entwöhnungsphase die Zeitdauer von 7 Tagen, stieg die Mortalität von 6 auf 12 % an. In der Multivarianzanalyse wurden als Risikofaktoren einer prolongierten Entwöhnung das hohe Patientenalter, die erhöhte Erkrankungsschwere (Simplified Acute Physiology Score, SAPS-II), ein hoher positiver endexspiratorischer Druck („positive end-expiratory pressure“, PEEP) und die Dauer der Beatmung vor Weaning-Beginn identifiziert. Da die Dauer der Beatmung mit den entsprechenden nachteiligen Effekten auf die Atemmuskulatur als Risikofaktor für erschwertes oder erfolgloses Weaning gilt [9], kommt der effizienten unterstützten Spontanatmung eine supportive Bedeutung zu. Xirouchaki et al. [10] konnten in einer randomisierten Studie an 208 Patienten belegen, dass die unterstützte Spontanatmung mithilfe eines bedarfsadaptierten Modus („proportional assist ventilation“, PAV) bezüglich der Schnelligkeit der Entwöhnung der „klassischen“ druckunterstützten Beatmung überlegen war. Der frühzeitige Einsatz solcher Verfahren sollte daher in einem „Weaning-Bündel“ Platz finden ([11, 12]; Tab. 1).

Tab. 1 „Weaning bundle“ zur erfolgreichen Entwöhnung von der Beatmung. (Modifiziert nach [11, 12])

Die Frage, welches unterstützte Spontanatmungsverfahren (uSpA) bzw. welche Entwöhnungsprozedur am günstigsten für das Training der muskulären Atempumpe und die erfolgreiche Extubation ist, ist in den letzten Jahrzehnten Gegenstand zahlreicher klinischer Untersuchungen gewesen (Übersicht in [9]). Die durchgehende Anwendung der klassischen druckunterstützten Beatmung („pressure support ventilation“, PSV) mit gradueller Reduktion und die intermittierende Anwendung von beatmungsfreien Intervallen mit Sauerstoffinsufflation („T-Stück“) wurden in ähnlicher Weise als Weaning-Methode der Wahl angesehen, während die „historischen“ gemischten kontrolliert-spontanen Beatmungsmodi („synchronized intermittent mandatory ventilation“, SIMV) nicht mehr angewendet werden sollen. Entscheidende Steigerungen der Rate erfolgreicher Entwöhnungen wurden erst durch Maßnahmen geschaffen, die nicht unmittelbar mit dem Beatmungsmodus assoziiert waren: Die tägliche Unterbrechung der Sedierung [11, 12] mit Aufwachversuch [13] und die Einführung von Entwöhnungsprotokollen oder „Weaning-Algorithmen“ [14] haben erheblich zur Verbesserung der Entwöhnung beigetragen und das praktische Vorgehen beeinflusst.

Die Rolle von PSV als der „klassischen“ uSpA wird derzeit unter neueren atemphysiologischen Erkenntnissen kritischer gesehen, da man annimmt, dass eine gleichförmige, voreingestellte Druckunterstützung einem variablen „Breath-by-breath“-Atemmuster des „trainierenden“ Patienten nicht ausreichend gerecht wird. Außerdem ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass die Synchronisierung zwischen Beatmungsgerät und Patient ein hohes Qualitätskriterium der uSpA darstellt, da die eingeschränkte Abstimmung („Dyssynchronie“) oder gar die komplette Ingruenz („Asynchronie“) der Aktivitäten von Ventilator und Patient die Atemarbeit deutlich erhöhen [15] und den beatmungsinduzierten Lungenschaden steigern [16].

Eingeschränkte oder fehlende Synchronie von Beatmungsgerät und Patient

Die Interaktion von Patient und Beatmungsgerät stand in den letzten Jahrzehnten immer wieder im Fokus wissenschaftlicher Studien und technischer Entwicklungen. In letzter Zeit wird diesem speziellen Aspekt der Beatmung allerdings erheblich mehr Interesse gewidmet, seit die Begriffe „beatmungsinduzierter Lungenschaden“, „Dysfunktion und Atrophie der muskulären Atempumpe“ sowie „frühe unterstützte Spontanatmung“ die Diskussion beherrschen. Auf der einen Seite besteht die Forderung, in (nahezu) jeder Phase der Beatmung eine aktive Beteiligung der Atemmuskeln zu gewährleisten. Auf der anderen Seite wurde deutlich, dass eine unzureichende oder fehlende Abstimmung solcher Aktivität mit derjenigen des Beatmungsgeräts („patient-ventilator asynchrony“) zur ineffektiven Beatmung führt, die eine Verschlechterung des Gasaustausches, eine Überblähung der Lungen, eine erhöhte Atemarbeit sowie Dyskomfort des Patienten mit Unruhe und Stress induzieren kann [17]. In klinischer Konsequenz und ohne Kenntnis des zugrunde liegenden Mechanismus ist das Behandlungsteam häufig geneigt, die Sedierung zu vertiefen, den kontrollierten Beatmungsanteil zu erhöhen und somit die Beatmungszeit mit allen unerwünschten „Kollateralschäden“ zu verlängern. Als Elemente einer gestörten Interaktion zwischen Patient und Ventilator wurden identifiziert (Abb. 1; [18]):

  • aktiver Abbruch der Inspiration (ungenügender Atemhub),

  • aktive Exspiration („Pressen“ gegen den Respirator),

  • ineffektives Triggering (zeitliche Verzögerung. „trigger delay“),

  • Überbeatmung („overflow“) und

  • unzureichende Unterstützung („underflow“).

Abb. 1
figure 1

Gasfluss, Beatmungs- und Ösophagusdruck bei einem Patienten mit akutem Lungenversagen, der kontrolliert beatmet wird („assist/control“). Beim ersten Atemzug beginnt der Patient während der vom Ventilator gesteuerten Ausatemphase frühzeitig mit der Inspiration (Pfeile) und löst eine Asynchronie aus. Beim zweiten Atemzug findet eine „doppelte“ Inspiration statt, die die „Atemarchitektur“ massiv stört. (Aus [18])

Der gesamte Beatmungsdruck während künstlicher Beatmung kann durch folgende Gleichung ausgedrückt werden [16]:

Gleichung 1:

(Equ1)

wobei „ptotal“ den gesamten Beatmungsdruck darstellt, der sich aus dem Produkt des Lungenvolumens („V“) und der „elastance“ des respiratorischen Systems („E“) plus dem Produkt aus Gasfluss („V̇“) und Atemwegswiderstand („R“) ergibt.

Wenn Patienten zusätzlich zur Aktivität des Beatmungsgeräts an der Atmung teilnehmen, besteht ptotal aus 2 Komponenten [Druck des Beatmungsgeräts („pVent“) und Druck der Patientenatmung („pPat“)]. Diese addieren sich, sodass die Bedeutung der Dyssynchronie zwischen Beatmungsgerät und Patient folgendermaßen gefasst werden kann:

Gleichung 2:

(Equ2)

mit der Folge, dass sich die Beatmungsdrücke durch Asynchronie summieren und eine schädliche Dimension erreichen können.

Wie häufig sind Asynchronien/Dyssynchronien im klinischen Alltag, und wie sind sie zu bewerten [19]? In einer Analyse der Inzidenz von Asynchronien, erfasst durch Ableitung der diaphragmalen elektrischen Aktivität konnten Nava et al. [20] ein gehäuftes Auftreten ineffektiver Atemanstrengungen als Ausdruck der Asynchronie bei 100 % der beatmeten Patienten mit COPD und Überblähung feststellen. Die Häufigkeit solcher asynchroner Ereignisse war bei „Acute-respiratory-distress-syndrome“(ARDS)-Patienten (30 %) und bei postoperativ beatmeten Patienten (42 %) insgesamt niedriger, aber von klinischer Relevanz. Bezüglich der Art der Asynchronie wurden am häufigsten die verzögerte Beendigung der Inspiration („delayed cycling“, 23 %), gefolgt von doppelter Triggerung (15 %), Autotriggerung (13 %), ineffektiver Unterstützung (12 %) und zu früher Beendigung der Inspiration (12 %) gefunden. Die Bedeutung von häufigen Asynchronieepisoden für das Patienten-Outcome ist derzeit noch nicht ausreichend untersucht. In einer prospektiven Beobachtungsstudie [21] an einer kleinen Patientenzahl wurden Hinweise gefunden, dass eine Häufigkeit ineffektiver Atemanstrengungen mit Dyssynchronie („ineffective-effort index“) von mehr als 10 % mit einem schlechteren Überleben verknüpft war: Patienten mit einem Dyssynchronieindex > 10 % hatten eine längere Beatmungszeit (6 vs. 2 Tage, p < 0,05), einen längeren Intensivstationsaufenthalt (8 vs. 4 Tage, p < 0,05) und einen Trend zur höheren Hospitalmortalität (30 % vs. 20 %) im Vergleich zu Patienten mit geringerem Index. Obwohl hier noch große Studien mit eindeutig interpretierbaren Daten fehlen, ist dieser Hinweis von klinischer Bedeutung. Als Fazit ist die Forderung abzuleiten, dass besonders die Beatmungsformen mit Spontanatmungsteil kritisch auf die Kompetenz zu überprüfen sind, ob und in welchem Ausmaß das Kriterium „Synchronizität zwischen Patient und Beatmungsgerät“ eingehalten wird.

Druckunterstützte Spontanatmung

Das PSV-Konzept mit den Synonymen „assisted spontaneous breathing“ (ASB), „inspiratory pressure support“ (IPS) oder „inspiratory flow assistance“ (IFA) besteht darin, dass jede Einatembemühung des Patienten einen Gasstrom auslöst, der bis zum Erreichen eines vorgewählten inspiratorischen Druckniveaus beibehalten wird, wobei anschließend eine „flow“- oder druckgesteuerte Umschaltung in die Exspiration erfolgt. Diese Methode ist nur bei intaktem Atemantrieb anwendbar. Sie gilt bisher als die „klassische“ Weaning-Methode, da ein Training der muskulären Atempumpe durch dieses Verfahren angenommen wird, und theoretisch die schrittweise Reduktion des inspiratorischen Unterstützungsdrucks eine „graduelle“ Übertragung der Ventilation auf den Patienten ermöglicht, bis die Extubation vorgenommen werden kann. Eine adäquate Entwöhnung mithilfe der PSV setzt also die engmaschige Überwachung und Titrierung des Unterstützungsdrucks voraus, um den Trainingseffekt beim Patienten sowie die verbesserte Atemmechanik zu erkennen und im Beatmungsmodus umzusetzen.

Als Nachteil von PSV wird seit Längerem erkannt, dass die Höhe der Druckunterstützung im klinischen Alltag willkürlich und subjektiv eingestellt oder nach dem erzielten Tidalvolumen „getriggert“ wird [22]. Hierbei bleibt allerdings unklar, ob die gewählte uniforme Druckunterstützung den aktuellen und adäquaten Trainingsbedarf der muskulären Pumpe des Patienten überhaupt trifft, oder ob nicht bei einem Großteil der Atemexkursionen entweder ein Überangebot („overflow“) ohne Trainingseffekt oder eine Unterversorgung („underflow“) mit erhöhter Atemanstrengung vorliegt. Beide Phänomene sind in der Entwöhnungsphase unerwünscht und kontraproduktiv, da sie entweder einer kontrollierten Beatmung gleichen (Overflow) oder „Lufthunger“ und Stress induzieren (Underflow).

„Proportional assist ventilation“

Bei der unterstützenden Beatmungsform PAV (Synonym „proportional pressure support“, PPS) handelt es sich um die Modifikation einer augmentierenden Spontanventilation, die 1992 erstmalig durch Younes [23] vorgestellt wurde. Mithilfe einer ausgefeilten Mikroprozessortechnik wird die „Ad-hoc“-Analyse der aktuellen Dehnbarkeit (dynamische „compliance“) und des Atemwegswiderstands („resistance“) auf einer Breath-by-breath-Ebene vorgenommen und diese Analyse unmittelbar in die Beatmung umgesetzt. Die Rationale hierbei ist die Etablierung einer rasch reagierenden und besser auf die individuelle aktuelle Atemarbeit des Patienten eingestellten Unterstützung durch den Respirator. Ziele sind die Reduktion der Atemarbeit und die Verbesserung der Synchronizität zwischen Patient und Beatmungsgerät.

Als physiologische Grundlage für diesen Beatmungsmodus dient folgende Gleichung, die die Atemmechanik unter Spontanatmung beschreibt [24]:

Gleichung 3:

(Equ3)

Den durch die muskuläre Atempumpe in Summe generierten Druck drückt „pmus“ aus. „V̇“ entspricht dem inspiratorischen Gasfluss und „Rrs“ sowie „Ers“ der Resistance und Elastance des respiratorischen Systems. „V“ bezeichnet das Gasvolumen oberhalb des endexspiratorischen Volumens (näherungsweise: endexspiratorischer PEEP) und „PelEE“ den elastischen Rückstelldruck am Ende der Exspiration. Bei beatmeten Patienten wird die Gleichung 3 nun in die Druckverhältnisse des gesamten Beatmungssystems („ptot“) eingefügt:

Gleichung 4:

(Equ4)

Dies bedeutet, dass der mechanisch erzeugte inspiratorische Druck sich zu „pmus“ addiert. Mit PAV wird „paw“ durch elektronische Rückkopplung zu einer Funktion des inspiratorischen Gasflusses („V̇“) und des endexspiratorisch verbleibenden Volumens („V“) nach Gleichung 5 und Abb. 2:

Gleichung 5:

(Equ5)
Abb. 2
figure 2

Schematische Darstellung von „proportional assist ventilation“ als Konzept, durch modulierte Fluss- (FA „flow assist“) und Volumenunterstützung (VA „volume assist“) eine bedarfsadaptierte unterstützende Beatmung zu ermöglichen. (Modifiziert nach [24])

wobei „VA“ einem durch PAV applizierten „volume assist“ (cm H2O/l) und FA einem „flow assist“ (cm H2O/l/s) entspricht.

In die praktische Anwendung umgesetzt bedeutet dies, dass PAV durch die ständige Messung der Compliance und Resistance die aktuelle graduelle Atemanstrengung des Patienten (pmus) näherungsweise nach einem hinterlegten mathematischen Modell erfasst und Breath-by-breath eine graduelle Unterstützung mithilfe von flow assist und volume assist anbietet. Vereinfacht kann man PAV auch als eingebaute „Servolenkung“ der unterstützten Spontanatmung bezeichnen: Eine starke Atemanstrengung (pmus↑) wird mit hoher Fluss-/Volumenunterstützung beantwortet, während eine geringe Atemanstrengung (pmus↓) von einem geringen Assist gefolgt wird. Hiermit sollen Over- und Underflow reduziert oder vermieden werden. Die „Härte“ der Servolenkung kann graduell durch prozentualen Support eingestellt werden. Auf dem Display des Beatmungsgeräts (Bennett 840, Fa. Covidien, Deutschland) ist visuell das aktuelle „work of breathing“ (WOB) dynamisch ablesbar. Hiermit kann der für den individuellen Patienten optimale generelle Unterstützungsgrad von PAV ermittelt werden. Proportional assist ventilation ist allerdings nicht erfolgreich einsetzbar bei hohem intrinsischem PEEP mit Überblähung, bei klinisch wirksamen Leckagen (z. B. Parenchymfisteln), bei ausgeprägter Muskelschwäche der Atempumpe (z. B. „Critical-illness“-Poly-/Myopathie) sowie bei schwerer COPD, da unter diesen Bedingungen der mathematische PAV-Algorithmus versagt. Die differenzierte Einstellung der PAV-Unterstützung erfordert ein sorgfältiges Vorgehen, da eine über die Patientenbedürfnisse hinausgehende zu hohe Einstellung der Unterstützung ein „Runaway-Phänomen“ produzieren kann, das sich in der Fortführung der Gasfluss- und Druckapplikation äußert, obwohl der Patient bereit zur Ausatmung ist.

„Neurally adjusted ventilatory assist“

Neurally adjusted ventilatory assist (NAVA) stellt einen innovativen Ansatz zur unterstützten Beatmung dar, der sich dadurch auszeichnet, dass die elektrische Aktivität des Zwerchfells („electrical activity of diaphragm“, Edi) mithilfe der Sensoren einer speziellen Sonde, die nasogastral platziert wird, erfasst und die unterstützende Aktivität des Beatmungsgeräts hierüber gesteuert wird [25]. Über NAVA wurde von Moerer et al. [26] in einer umfassenden Übersicht berichtet. Die direkte Kopplung zwischen der diaphragmalen Aktivität des Patienten und der angepassten Applikation einer entsprechenden Unterstützung durch den Respirator dient dem Erhalt der Biovariabilität des Atemmusters. Die erfolgreiche Anwendung von NAVA erfordert die korrekte Platzierung der mit Ringelektroden versehenen Sonde; diese sollte auch bei zunehmend mobilen und im Weaning-Prozess befindlichen Patienten nicht dislozieren, um eine gute Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Der für den NAVA-Betrieb ausgestattete Respirator (Servo i, Fa. Maquet, Schweden) verfügt über eine elektronische Platzierungshilfe.

In mehreren Studien (zusammengefasst in [27]) wurde gezeigt, dass die unterstützende Beatmung mit NAVA günstige Effekte auf die „Ökonomisierung“ der Atemarbeit im Sinne der Reduktion ineffektiver Atemaktionen zeigt, und die Synchronisation zwischen Patient und Beatmung deutlich verbessert wird. Neurally adjusted ventilatory assist stellt ein attraktives und „physiologisches“ Konzept zur unterstützten Spontanatmung dar, allerdings weist dieses Verfahren auch Limitationen auf: Der kontinuierliche und störungsfreie NAVA-Betrieb setzt die Platzierung und den „In-situ“-Verbleib der speziellen Sonde voraus. Hierfür sind ein gewisses Training sowie erhöhte pflegende und ärztliche Zuwendung zum Patienten notwendig. Darüber hinaus gibt es Patientengruppen, die möglicherweise von NAVA nicht profitieren: In Situationen mit gesteigertem Atemantrieb (neurologische Erkrankungen, ausgeprägtes Delir) kann durch NAVA eine inadäquate Hyperventilation provoziert werden. Patienten mit schwerwiegender Schädigung der muskulären Atempumpe, z. B. bei Langzeitbeatmung, können zunächst mit der NAVA-Beatmung überfordert sein. Auf der anderen Seite erwies sich NAVA im Einsatz bei postoperativen Patienten, z. B. nach kardiochirurgischen Eingriffen, oder bei akuter respiratorischer Insuffizienz bei COPD („acute-on-chronic“) als überlegen und patientenverträglicher im Vergleich zu anderen unterstützenden Spontanatmungsformen [28].

„Adaptive support ventilation“

Das Konzept der Adaptive support ventilation (ASV) beinhaltet ein computergestütztes „Closed-loop“-Modell, das auf der Basis vorgegebener Variablen (ideales Körpergewicht, minimal gewünschtes Atemminutenvolumen, Druckbegrenzung) innerhalb eines gesetzten Rahmens kontrollierte und unterstützte Atemhübe abgibt. Hierbei wird – ähnlich wie bei PAV – engmaschig automatisiert die Atemmechanik des Patienten näherungsweise bestimmt (dynamische Compliance, exspiratorischer Gasfluss, [29]). Ein mathematischer Algorithmus gibt ständig das Tidalvolumen und die Atemfrequenz entsprechend der aktuellen Atemmechanik vor, mit dem Ziel, innerhalb der gesetzten Grenzen die Atemarbeit („work of breathing“) zu optimieren.

Im Vergleich zu PAV muss der Anwender von ASV zunächst „Sicherheitsgrenzen“ (z. B. minimales Atemminutenvolumen, maximale Atemfrequenz) vorgeben und Beatmungsziele definieren. Vom theoretischen Anspruch ist ASV sowohl bei kompletter Inaktivität des Patienten im kontrollierten Modus als auch beim wachen Patienten mit uneingeschränkter Spontanatmung einsetzbar, da ASV – im Gegensatz zu PAV oder NAVA – bei Apnoe das „Kommando“ übernimmt. Adaptive support ventilation soll somit einen fließenden kontinuierlichen Übergang ermöglichen – ohne die Notwendigkeit der Änderung des Beatmungsmodus. Da auch bei dieser Beatmungstechnik rasch erkannt wurde, dass ein solches einfaches Closed-loop-System nicht für alle Patienten zuverlässig anwendbar ist und unter bestimmten Bedingungen (z. B. erhöhter Totraum bei hohem PEEP) dieses System fehlgesteuert wird, wurden zusätzliche Stellgrößen integriert (Kapnographie, Pulsoxymetrie), Adaptive support ventilation ist allerdings nach wie vor nicht zuverlässig einsetzbar bei Patienten mit komplexen Formen des Lungenversagens oder mit Störungen des Atemantriebs (z. B. neurologische Erkrankungen, Delir), denn auch bei diesem Verfahren ist ein Runaway-Phänomen möglich. Im Weaning-Prozess wurde im Vergleich zur PSV-Beatmung in kleineren Studien die Überlegenheit von ASV bezüglich Weaning-Dauer und -Erfolg gezeigt [30, 31, 32].

Wissenschaftliche und klinische Bewertung

Für die dargestellten neueren Verfahren werden verschiedene Vorteile propagiert (verbesserte Synchronizität, Lungenprotektion, Steigerung von Atemmechanik und Gasaustausch sowie verbesserte Entwöhnung), die im Folgenden anhand der klinisch-wissenschaftlichen Daten kritisch bewertet werden (Tab. 2).

Tab. 2 Neuere Modi unterstützter Spontanatmung

Die Bedeutung der eingeschränkten Synchronizität oder fehlenden Patient-Ventilator-Interaktion wurde oben dargestellt. Verschiedene klinische Studien haben Quantität und Qualität von Dyssynchronien bei beatmeten Intensivpatienten untersucht, indem die Untersucher die über Elektroden abgeleitete Zwerchfellaktivität mit der Aktivität des Beatmungsgeräts zeitsynchron verglichen. Als „Kontrollgruppe“ für neuere uSpA-Modi wurde meist die „klassische“ PSV-Beatmung herangezogen. In einer Untersuchung von Grasso et al. [22] an beatmeten Patienten mit akuter respiratorischer Insuffizienz wurde während PAV-Beatmung nicht nur eine verbesserte Atemmechanik, sondern auch eine gesteigerte Synchronizität im Vergleich zu PSV beobachtet. Bosma et al. [33] zeigten mit ähnlichem Ergebnis einen niedrigeren Asynchronieindex während PAV, verbunden mit einer gesteigerten Qualität des Schlafs von Intensivpatienten. In mehreren Studien (zusammengefasst in [27]) wurden eine höhere Biovariabilität, ein physiologischeres Atemmuster und ein größerer Patientenkomfort bei PAV im Vergleich zu PSV gefunden. In einer weiteren Studie an Patienten mit erschwertem Weaning wurde während PAV+-Beatmung (Weiterentwicklung von PAV) nahezu kein Auftreten einer wirksamen Asynchronie festgestellt, während unter PSV der Asynchronieindex > 10 % betrug [34].

Für ASV ist die Studienlage eingeschränkt: In einer randomisierten Studie wurde eine verbesserte Patient-Ventilator-Interaktion mit ASV in Vergleich mit SIMV festgestellt, das bei vielen Anwendern bereits als „historisches“ Weaning-Verfahren gilt [35]. In einer weiteren Studie an Patienten nach kardio- oder thoraxchirurgischen Operationen wurde ASV als geeignet zum „automatisierten Weaning“ befunden [30], allerdings wurde keine Verkürzung der Beatmungszeit im Vergleich zu PSV nachgewiesen.

Ebenfalls noch wenige, aber durchaus überzeugende Ergebnisse klinischer Studien liegen für den Einsatz von NAVA vor: Im Vergleich zu PSV wurden in mehreren Studien [36, 37, 38] während NAVA-Anwendung eine deutlich gesteigerte Synchronizität und Harmonisierung der Interaktion von Patient und Beatmungsgerät sowie eine bessere Schlafqualität beatmeter Patienten erreicht. In letzter Zeit werden zunehmend positive Ergebnisse des NAVA im nichtinvasiven Modus mit Maskenapplikation berichtet [39]. Allerdings fehlen für NAVA noch überzeugende prospektive randomisierte Outcome-Studien mit dem Nachweis eines effizienteren Weanings in Form einer Verkürzung der Beatmungsdauer.

Fazit für die Praxis

  • Beatmungsformen mit Spontanatmungsteil sind kritisch auf die Kompetenz zu überprüfen, ob und in welchem Ausmaß das Kriterium „Synchronizität zwischen Patient und Beatmungsgerät“ eingehalten wird.

  • Obwohl für die beschriebenen, aktuell diskutierten uSpA-Verfahren noch kein Nachweis einer qualitativen Verbesserung (Verkürzung der Beatmungszeit, Senkung der Mortalität) im Vergleich zum „klassischen“ PSV erbracht wurde, bieten diese Beatmungsmodi einen physiologisch überzeugenden und klinisch attraktiven Weg in Richtung eines differenziert unterstützenden Weanings an.

  • Angesichts einer zunehmend älteren und komplexer erkrankten Patientenpopulation in der Intensivmedizin ist dieser Weg wichtig im Zusammenhang mit einer auf den individuellen Patienten zugeschnittenen Behandlung (frühe Mobilisation, Physiotherapie, Förderung der zielgerichteten Vigilanz). Er sollte mit klinisch-wissenschaftlichem Nachdruck fortgeführt werden.