Vorbemerkungen

Unter dem ulnaren Impaktionssyndrom versteht man eine schmerzhafte, ulnokarpale Kompressionssymptomatik, welche durch eine Stauchung des triangulären fibrokartilaginären Komplexes (TFCC) zwischen dem Ulnakopf und dem lunotriquetralen Bereich bedingt ist (Abb. 1). In späteren Stadien kann es zu einer degenerativen, zentroradialen TFCC-Ruptur, ggf. begleitet von einer Verletzung lunotriquetraler Bandstrukturen kommen [1].

Abb. 1
figure 1

Ulnokarpaler Bandkomplex TFCC

Eine seltene Begleitpathologie des ulnaren Impaktionssyndroms stellt das Hamatumspitzensyndrom bzw. in späteren Stadien die Arthrose der Hamatumspitze dar. Wie letztlich die Impaktion zwischen Lunatum und Hamatumsspitze zustande kommt, ist noch nicht gänzlich geklärt. Doch findet sich nebst der Korrelation zu anatomischen Facettenvarianten des Lunatums zum Hamatum hin auch eine starke Korrelation von 89–91 % zu Ligamentum-lunotriquetrum-Rupturen (LT-Bandrupturen), was wiederum einen kausalen Zusammenhang zum ulnaren Impaktionssyndrom im Sinne einer Fortleitung der Impaktion von ulno- nach mediokarpal suggeriert [2, 3].

Auch hinsichtlich der therapeutischen Konsequenz ist davon die akute, traumatisch bedingte ulnokarpale Impaktion zu unterscheiden, bei der es zu einer abrupten axialen Stauchung des Ellenkopfs mit dem lunotriquetralen Bereich kommt [1].

Die operative Versorgung des ulnaren Impaktionssyndroms zielt darauf ab, eine Druckentlastung des ulnokarpalen Kompartiments herbeizuführen.

Neben kausaltherapeutischen Ansätzen wie der Radiuskorrekturosteotomie bei in Verkürzung ausgeheilten Radiusfrakturen, sind hier zwei häufig verwendete Verfahren sinnvoll: die Ulnaverkürzungsosteotomie und die Teilresektion des Ulnakopfs („wafer procedure“). Letztere kann wiederum offen chirurgisch oder arthroskopisch erfolgen. Die Indikationen und die Operationstechnik der Ulnaverkürzungsosteotomie sind in der Literatur beschrieben und es handelt sich um ein bekanntes Verfahren [4].

Die arthroskopische „wafer procedure“ stellt hingegen eine Weiterentwicklung der erstmals 1992 durch Paul Feldon und Kollegen beschriebenen Technik der Ulnakopfteilresektion dar, welche über einen dorsalen Zugang zum distalen Radioulnargelenk (DRUG) nach Bowers erfolgt [5, 6].

Bei der Entscheidungsfindung, welches der beiden o. g. Verfahren zur Anwendung kommen soll, sind mehrere Faktoren relevant (Tab. 1). Von entscheidender Bedeutung ist hier sicher die Dimension der Ulna-plus-Variante. Auch gilt es, zu berücksichtigen, dass das arthroskopische Verfahren für den Patienten das leichtere Verfahren mit kürzerer Nachbehandlungszeit darstellt. Das zwar seltene aber sehr komplizierte Problem der Pseudoarthrose und der möglichen Inkongruenz des DRUG sind gefürchtete Komplikationen der Verkürzungsosteotomie.

Tab. 1 Operative Indikationsstellung bei ulnarem Impaktionssyndrom [1]

Ein ulnares Impaktionssyndrom schädigt den TFCC per Definition. Ist ein intakter TFCC vorhanden, sollte dieser besser nicht perforiert werden, um den Ellenkopf arthroskopisch zu resezieren [7]. Ein laxer TFCC könnte durch die Verkürzungsosteotomie gespannt werden. Besonderes Augenmerk sollte auch auf die Typologie des DRUG gelegt werden. In Anlehnung an Tolat et al. kann man in einer vereinfachten Darstellung drei verschiedene DRUG-Typen unterscheiden (Abb. 2; [8]). Beim Typ A verläuft die Incisura ulnaris des Radius schräg von proximal radial nach distal ulnar. Beim Typ B verläuft die Incisura ulnaris parallel zum Ulnakopf, während sie beim Typ C von proximal ulnar nach distal radial verläuft. Eine Verkürzungsosteotomie der Elle bei einem DRUG vom Typ C würde demnach mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Inkongruenz und Drucküberlastung des Ulnakopfs im DRUG führen.

Abb. 2a–c
figure 2

DRUG-Varianten Typ A–C

Eine zusammenfassende Hilfestellung zur Entscheidungsfindung, welches der beiden Verfahren wann zur Anwendung kommen soll, ist in Tab. 1 gegeben.

Operationsprinzip und -ziel

Ziel ist die Druckentlastung des ulnokarpalen Komplexes durch arthroskopische, partielle, semizirkuläre Resektion des Ulnakopfs mittels einer Kugelkopffräse im Sinne einer schräg-helikoidalen Osteotomie unter Schonung des DRUG sowie der dorsalen und palmaren radioulnaren Bänder.

Vorteile

  • Minimal-invasiver Eingriff im Rahmen einer diagnostischen Arthroskopie

  • Durch die vorausgehende diagnostische Arthroskopie ergibt sich unter allen Verfahren der bestmögliche Überblick über ulno- und mediokarpale Begleitpathologien (TFCC, Chondromalazie von Ulnakopf, Lunatum, Triquetrum, Hamatumspitze, LT-Bandruptur)

  • Begleitschäden können im Rahmen desselben Eingriffs saniert werden

  • Erhalt der ursprünglichen Gelenkkonturen des DRUG

  • Kurze, nichtaufwändige Nachbehandlung

  • Sehr gute klinische Ergebnisse bei korrekter Indikationsstellung

Nachteile

  • Nur dann durchführbar, wenn der TFCC einen zentralen Schaden aufweist, durch den der Ulnakopf für die Kugelkopffräse zugänglich ist

  • Operationsindikation bei Minderjährigen und Jugendlichen sehr zurückhaltend stellen

Indikationen

  • Ulna-plus-Situation mit einer Überlänge von bis zu 3 mm

  • Vorbestehender, zentroradialer TFCC-Schaden

  • DRUG Typ C

Kontraindikationen

  • Intakter TFCC

  • Ulna-plus-Variante über 3 mm

Patientenaufklärung

  • Allgemeine Operationsrisiken

  • Verletzung dorsaler Nervenäste der Nn. radialis und ulnaris im Bereich der Portale

  • Verletzung von Strecksehnen und dorsalen Venen im Bereich der Portale

  • Gelenkinfektion

  • Zweizeitiges Vorgehen, sollte sich intraoperativ ein intakter TFCC zeigen

  • Durchschnittliche Dauer von 4 Monaten postoperativ bis sich ein gutes Ergebnis einstellt

  • Gleichzeitige Therapie von Begleitpathologien je nach intraoperativem Befund

Operationsvorbereitung

  • Eingehende Anamnese mit besonderem Augenmerk auf die Schmerzgenese (akut/chronisch)

  • Eingehende Untersuchung des gesamten Handgelenks, insbesondere in Hinblick auf:

    • einen positiven ulnaren Handgelenkkompressionstest

    • eine schmerzhafte Pro-/Supination unter Belastung

    • Vorliegen eines TFCC-Schadens (Load-Test)

    • Vorliegen einer Instabilität des DRUG mittels Ballottement-Test

    • Druckschmerzhaftigkeit über dem Lunatum, dem LT-Intervall sowie ggf. Vorliegen eines LT-Ballottements

    • Druckschmerzhaftigkeit über der Hamatumspitze

    • Vorliegen einer mediokarpalen Schublade

  • Konventionelle Röntgenaufnahmen (a.-p., seitlich sowie Belastungs- und Funktionsaufnahmen in Radial- und/oder Ulnarabduktion). Hierbei genaue Bestimmung der Ulnavarianz sowie der Konfiguration des DRUG (Typ A–C)

  • Ein Ödem proximal-ulnar am Lunatum sichtbar im MRT des Handgelenks mit intravenöser Kontrastmittelverabreichung ist pathognomonisch für das Krankheitsbild. Ggf. kommt auch eine TFCC-Perforation zur Darstellung. Ein Ödem an der Hamatumspitze erhärtet den Verdacht auf das zeitgleiche Bestehen eines Hamatumspitzensyndroms.

Instrumentarium

  • Sterilisierbares Handtraktionssystem (z. B. KLS Martin, Tuttlingen), welches eine Pro-/Supination des Handgelenks im Aushang ermöglicht

  • Armgurt mit Einhängevorrichtung für 5 kg Gewicht

  • Arthroskopieeinheit bestehend aus einem Turm mit Monitor, einer Kaltlichtquelle und einem Handgelenkirrigationssystem

  • 3,2-mm-Einführungstrokar mit Obturator

  • 2,4-mm-30°-Weitwinkel-Optik (z. B. Hopkins-II-Optiken, Firma Karl Storz, Tuttlingen, Deutschland)

  • Motorsystem mit Schnellkupplungsverschluss für einen 3,5-mm-Shaver und eine 4,2-mm-Kugelkopffräse

  • Instrumentensatz: 70-mm-Kanüle, Inzisionsskalpell, stumpfe Klemme, Tasthäkchen, Fasszange

  • Bildwandler

Anästhesie und Lagerung

  • Rückenlagerung

  • Plexusanästhesie oder Vollnarkose

  • Aufbauen der Vorrichtung zur vertikalen Handgelenktraktion

  • Anlage der Manschette für die Blutsperre

  • Anlage des Armgurts

  • Dreimaliges Abwaschen und steriles Abdecken

  • Einhängen des Arms in die Traktionsvorrichtung bei 90° abduziertem Oberarm, 90°-Ellenbogenflexion und Handgelenk in Neutral-Null-Stellung

  • Auswickeln und Anlage der Blutleere

  • Anbringen des Gewichts am Armgurt (5 kg)

Diagnostischer Rundgang

Zunächst erfolgt eine routinemäßige Handgelenkspiegelung des radio-, ulno- und mediokarpalen Handgelenkkompartiments über die Portale 3/4, 6R, MCR und MCU. Die entsprechende Operationstechnik für den diagnostischen Rundgang ist bereits an anderer Stelle beschrieben [9].

Besonderer Wert muss beim ulnaren Impaktionssyndrom auf die Evaluation folgender Begleitschäden gelegt werden:

  • TFCC-Perforation/-Riss, TFCC-Stabilität (Hook-Test, Trampolin-Test)

  • LT-Bandläsionen (Beurteilung von ulno- und mediokarpal)

  • Chondromalazie des Lunatums und Triquetrums sowie des Ulnakopfs (6R-Portal)

  • Chondromalazie der Hamatumspitze (MCU-Portal)

Nach erfolgtem diagnostischem Rundgang kann nun zur „wafer procedure“ übergegangen werden. Hierfür wird der Unterarm in die Neutral-Null-Stellung gebracht, wodurch die geringste Torsionsspannung auf den TFCC wirkt.

Operationstechnik

(Abb. 345)

Abb. 3a,b
figure 3

Die 30°-Optik wird durch das ¾‑Portal eingebracht und auf den TFCC gerichtet. Zunächst wird ein Tasthäkchen über das 6R-Portal eingebracht und der TFCC auf Stabilität (Hook-Test, Trampolin-Test), Konsistenz und Rissbildungen überprüft. Typischerweise findet sich ein zentroradialer Schaden

Abb. 4a,b
figure 4

Der TFCC wird nun ausgehend vom zentralen Riss zunächst mit der Resektionszange und anschließend mit einem 3,5-mm-Shaver vorsichtig débridiert, bis der darunterliegende Ulnakopf für die anschließende „wafer procedure“ ausreichend freigelegt ist. Hierbei muss darauf geachtet werden, die palmaren und dorsalen radioulnaren Bänder nicht zu verletzen

Abb. 5a–d
figure 5

Anschließend wird eine 4,2-mm-Fräse eingebracht und der Ulnakopf unter Supination und Pronation reseziert, sodass eine homogene, semizirkuläre Resektionsfläche von etwa 2 mm Tiefe entsteht. Es wird immer wieder mit dem Shaver nachgearbeitet, um die weichteiligen, überschüssigen TFCC- und Synovialreste aus dem distalen Radioulnar- und Ulnokarpalgelenk zu resezierten. Schließlich erfolgt die Glättung des partiell resezierten Ellenkopfs mit dem Shaver. Hierbei muss darauf geachtet werden, keine Knorpelanteile am Ulnakopf zu resezieren, welche im DRUG artikulieren. Die intraoperative Überprüfung auf eine ausreichende Resektion mittels Bildwandler empfiehlt sich, kann jedoch mit zunehmender Erfahrung des Operateurs durch die arthroskopische Beurteilung ersetzt werden. Abschließend wird das Gelenk einmal gespült, die Portale mit Steristrips geschlossen und eine kurze palmare Handgelenkgipsschiene angelegt

Postoperative Behandlung

  • Palmare Handgelenkgipsschiene für eine Woche, erster Verbandwechsel am 2. postoperativen Tag

  • Sofortige Beübung der Pro-/Supination unter krankengymnastischer Anleitung

  • Schmerzadaptierter funktioneller Belastungsaufbau

Fehler, Gefahren, Komplikationen

  • Verletzung von Knorpelanteilen des DRUG und sekundäre Arthrose des DRUG

  • Zu geringe Resektion des Doms des Ulnakopfs mit ungenügender Druckentlastung

  • Verletzungen des Lig. radioulnare mit sekundärer Instabilität des DRUG

Ergebnisse

Es erfolgte eine klinische Nachuntersuchung im Rahmen einer retrospektiven Qualitätssicherungsstudie, in der alle 24 Patienten (62,5 % Frauen und 37,5 % Männer) eingeschlossen wurden, welche zwischen 2008 und 2010 im Anschluss an eine diagnostische Arthroskopie eine Teilresektion des Ulnakopfs („wafer procedure“) erhalten hatten. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit betrug im Kollektiv 13,25 Monate (Spanne 6,8–41,4 Monate), das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 58 Jahre (Spanne 34–79 Jahre).

In 93 % der Fälle war die dominante, rechte Hand betroffen. Die Dauer der Schmerzanamnese bis zur operativen Versorgung betrug im Durchschnitt 4,06 Jahre (Spanne 0,34–12,2 Jahre).

Bei der Nachuntersuchung zeigten sich 23 von 24 Patienten sehr zufrieden, der DASH-Score betrug im Mittel 13,4 (Spanne 5–21,7).

In der klinischen Nachuntersuchung fand sich – wie in Tab. 2 ersichtlich – keine relevante Bewegungseinschränkung für die Pro-/Supination sowie für die Extension/Flexion im Vergleich zur Gegenseite.

Tab. 2 Postoperative Ergebnisse

Die an der operierten Hand mit dem Baseline-Dynamometer gemessene Griffkraft zeigte sich postoperativ, verglichen zu präoperativ, im Durchschnitt um 2,71 kg gesteigert. Der ulnare Handgelenkkompressionstest war bei 23 der 24 Patienten negativ. Auf einer visuellen Analogskala (0–10) betrug im Gesamtkollektiv die durchschnittliche Schmerzhaftigkeit 1,16 in Ruhe und 4,5 unter Belastung. Bei der röntgenologischen Kontrolluntersuchung fand sich eine durchschnittliche Resektion des Doms des Ulnakopfs von 2,5 mm (Spanne 2–3 mm) im Vergleich zum präoperativen Röntgenbild.

Es wurden keine relevanten Komplikationen festgestellt. In 2 Fällen trat eine protrahierte Tendinitis des M. extensor carpi ulnaris auf.

Zusammenfassend stellt die arthroskopische Ulnakopfteilresektion eine valide Alternative zur Ulnaverkürzungsosteotomie dar. Die in der Literatur beschriebene Erfolgsquote liegt zwischen 80 und 85 % und ist somit mit jener der Ulnaverkürzungsosteotomie – welche bei durchschnittlichen 87 % liegt – vergleichbar [1013].

Ein entscheidender Vorteil der arthroskopischen Ulnakopfteilresektion liegt in der Komplikationsarmut; die möglichen Komplikationen sind selten schwerwiegend [14].

Dem gegenüber weist die Ulnaverkürzungsosteotomie ein nicht unerhebliches Pseudoarthroserisiko von etwa 10 % auf [4, 15]. Auch kann es im Rahmen der Ulnaverkürzungsosteotomie zu einer Inkongruenz des DRUG kommen, mit daraus resultierender Sekundärarthrose [4].

Ein weiterer Vorteil der arthroskopischen Ulnakopfteilresektion liegt in der kurzen Nachbehandlungsdauer und der kurzen postoperativen Ruhigstellung.