Zusammenfassung
In der Auseinandersetzung der transformatorischen Bildungstheorie, wie sie insbesondere von Hans-Christoph Koller entwickelt wurde, ergibt sich die Frage, ob der Bildungsbegriff in rein deskriptiver Weise oder als normatives Konzept verstanden werden sollte. Dieser Beitrag weist zunächst darauf hin, dass Koller dieses Konzept in einer spezifischen Funktion verwendet, nämlich zur Rekonstruktion biografischer Prozesse und nicht als pädagogischen Begriff. Versetzt man den Begriff in den pädagogischen Kontext, stellen sich in Hinblick auf seinen normativen Gehalt bestimmte Fragen, die in der Debatte um Kollers Bildungsauffassung ausgeblendet bleiben. Der vorliegende Beitrag erörtert, wie eine Konzeption transformatorischer Bildung in pädagogischer Perspektive aussehen könnte. Die Grundidee besteht darin, dass Heranwachsende in transformatorische Bildungspraktiken eingeführt werden sollen, die sie in die Lage versetzen, ihr Welt- und Selbstverständnis angesichts neuer Problemlagen umzugestalten.
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Giesinger, J. (2022). Transformation und Normativität. Zur Pädagogisierung des Bildungsbegriffs. In: Yacek, D. (eds) Bildung und Transformation. Kindheit – Bildung – Erziehung. Philosophische Perspektiven. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64829-2_3
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