Zusammenfassung
Charlotte führt ein Doppelleben. Einerseits ist sie glückliche Mutter und Ehefrau, andererseits und ganz geheim gibt sie sich promiskuitiven Abenteuern und pervers anmutenden sexuellen Inszenierungen hin. Dem Bekanntwerden ihrer Affären und dem damit verbundenen Verlust ihrer ärztlichen Approbation begegnet sie kühl und gelassen, und es gelingt ihr auch, das Zusammenbrechen ihres Familienlebens zu verhindern, wenngleich nun ein schwerer Schatten von Depression und Misstrauen auf ihrem Partner lastet. Kann Charlotte in einer neuen Existenz in einem fremden Land, in das sie mit ihrer mittlerweile größer gewordenen Familie gezogen ist, von ihrer früheren Existenz Abschied nehmen? Was bedeuten ihre Rückzüge in die Nischen und Winkel aus kaltem Sichtbeton, wo sie sich als Frau eines Architekten ihren nun einsamen meditativen Träumereien hingibt? Hinter dem hartnäckigen Schweigen Charlottes in Bezug auf die Motive ihrer Gespaltenheit und ihrer geheimen Leidenschaften finden sich Spuren von Erfahrungen und Phantasmen, über welchen sich allgemeine Diskurse über das Frausein, über das weibliche Genießen und über das Mütterliche einschließlich seiner Bedeutung als Prinzip menschlichen Wohnens und Bauens eröffnen lassen.
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Notes
- 1.
Wie im Film nur angedeutet, ist nun das indische Ahmedabad das Lebenszentrum der Familie, und der neue Arbeitsplatz von Max ist ein Le Corbusier-Bau aus den 1950er Jahren, mit dessen Restaurierung er betraut ist.
- 2.
Diese Formulierung verdanke ich der Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff.
- 3.
Die unweit von Bari gelegene süditalienische Stadt Matera etwa, deren Name hier nicht belanglos ist, lässt die Besucher mit besonderem Nachdruck diese atmosphärischen und assoziativen Zusammenhänge spüren.
- 4.
Freud hatte als erste nichtmedizinische Arbeit im Jahr 1880 John Stuart Mills und Harriet Taylor Mills 1851 herausgebrachten Essay »On the Franchisement of Women« unter dem Titel »Über Frauenemancipation« ins Deutsche übersetzt. (Mill und Mill 11851, 1880).
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Internetquellen
Wikipedia.https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Brownian_Movement&pr. Zugegriffen am 17. Okt 2016
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Ruhs, A. (2017). Nicht alles sagen! Schlupflöcher des Genießens. In: Laszig, P., Gramatikov, L. (eds) Lust und Laster. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53715-2_19
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