Zusammenfassung
Der Beitrag konturiert betriebliche Digitalisierung als komplexes soziales Interaktions- und Diskursfeld. Er verweist dafür anhand theoretischer Überlegungen und empirischer Forschung auf multiple Digitalisierungspfade im Großbetrieb „von oben“ und „von unten“: Anders als häufig angenommen, diffundiert Digitalisierung in Unternehmen nicht entlang der formalen Hierarchie von oben nach unten. Vielmehr bestehen in Großbetrieben mit gewachsenen Mitbestimmungsstrukturen kreative Handlungsräume für Bottom-Up-Widerstand im Top-Down-Prozess. Entgegen technikdeterministischer Perspektiven „von oben“ sind daher informelle (Diskurs-)Praktiken verschiedener Beschäftigtengruppen in der betrieblichen Digitalisierung in den Fokus zu nehmen. Illustriert wird dies anhand von Interviews und Ethnographie in verschiedenen Großunternehmen.
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Dabei wurden im Rahmen der Hauptbefragung 4.132 Interviews innerhalb Deutschlands erhoben und zusätzlich in sechs Bundesländern (Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen Oversamplings bzw. Aufstockungsstichproben mit Erwerbstätigen durchgeführt (Uzbonn 2016: 4). Auf diese Weise ergab sich eine Zahl von 9.341 befragten Beschäftigten.
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Simon, H., Heiland, H., Brinkmann, U., Paulitz, T. (2022). Digitalisierung von unten? Multiple Digitalisierungspfade in Großunternehmen. In: Onnen, C., Stein-Redent, R., Blättel-Mink, B., Noack, T., Opielka, M., Späte, K. (eds) Organisationen in Zeiten der Digitalisierung. Sozialwissenschaften und Berufspraxis . Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36514-1_5
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