Zusammenfassung
Der persische Sufi-Mystiker Rūmī ist weit über die Grenzen der mehrheitlich muslimischen Länder hinaus bekannt. Er erlangte mit seinen Gedichten – insbesondere jenen aus dem Mas̱navī-ye Maʿnavī (übersetzbar mit „spirituelle Zweizeiler“) – nicht zuletzt durch die Nachdichtungen von Coleman Barks auf der Basis der noch heute hoch angesehenen englischen Übersetzung von Reynold Nicholson in der westlichen Welt Berühmtheit wie kaum ein anderer muslimischer Dichter. Aber nicht nur die anhaltende Popularität seiner Gedichte ist ein verbindendes Element zwischen Ost und West, auch geographisch situiert sich Rūmī zwischen der christlichen und der muslimischen Welt: Das Konya des 13. Jahrhunderts, in dem er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte, war durch die muslimischen Seldschuken vom Byzantinischen Reich erobert worden – hier lebten zu Rūmīs Zeiten Christen, Muslime und Juden miteinander. Und auch in den Geschichten des Mas̱navī-ye Maʿnavī, das in diesem multireligiösen und multikulturellen Setting entstand, finden sich die unterschiedlichsten Akteure: Historische und islamische Persönlichkeiten bis hin zu Personen aus dem jüdischen und christlichen Kontext stehen im Zentrum von Rūmīs Gedichten.
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Notes
- 1.
Die Transkriptionen aus dem Arabisch und Persischen folgen der DMG-Umschrift.
- 2.
Auch wenn Barks Publikationen zu Rūmīs Gedichten vielmehr als selbstständige Werke zu betrachten sind und nicht der Fehler begangen werden sollte, diese für genaue Übersetzungen zu halten, ist dennoch der Beitrag Barks zur Popularität Rūmīs in der heutigen westlichen Welt – insbesondere in den USA – nicht abzustreiten.
- 3.
Dieses Werk, das auf eine lange Überlieferungskette zurückblickt und dessen Wurzeln u. a. im indischen Pañcatantra liegen, war bereits im Mittelalter auch in der westlichen Welt weit verbreitet und bekannt. Die Hauptintention ist die Vermittlung von guten Ratschlägen zur Herrschafts- und Lebensführung durch den Einsatz von Erzählungen, vor allem Tierfabeln, wobei die Tiere eine spezielle Funktion in den Geschichten übernehmen. Sie stehen repräsentativ für Personen unterschiedlichen sozialen Ranges und treten als Könige, Wesire, Richter und gemeines Volk auf, wobei die Namensgeber des Werks, die beiden Schakale Kalīla und Dimna, nur in den ersten beiden Geschichten der Sammlung vorkommen. Die beiden Schakale leben am Hof des Löwen-Königs. Dimna ist ein begnadeter Redner, der durch den Einsatz von List und Verstand versucht, einen hohen Rang am Hof zu erlangen. Die äußerste Rahmengeschichte erzählt vom König Dābšalīm, welcher durch den weisen Brahmanen Bīdpāī mittels lehrreicher Geschichten erlernt, wie sich ein guter Herrscher zu verhalten hat und wie gewisse Situationen am besten zu bewältigen sind (siehe Monšī, 2015).
- 4.
Die Entstehung der Äsop zugeschriebenen Fabeln (wobei dessen Identität und Autorschaft nicht historisch gesichert sind) wird im sechsten Jahrhundert vor Christus vermutet, Verbreitung erfuhren sie jedoch erst seit den Aufzeichnungen und Bearbeitungen von Phädrus (erstes Jahrhundert), Babrios (zweites Jahrhundert) und Avianus (ca. fünftes Jahrhundert).
- 5.
Die Angabe genauer Textstellen des Mas̱navī-ye Maʿnavī erfolgt hier und in weiterer Folge nach dem Schema: (Mas̱navī Buch, Zeile).
- 6.
„48. Und Er wird ihn das Buch und die Weisheit und die Thora und das Evangelium lehren 49. Und ihn zu den Kindern Israels entsenden: ‚Siehe, ich komme mit einem Zeichen von eurem Herrn zu euch. Wahrlich, ich will euch aus Ton die Gestalt eines Vogels formen und in sie hauchen. Und mit Allahs Erlaubnis soll sie ein Vogel werden. Und ich will den Blindgeborenen und Aussätzigen heilen und mit Allahs Erlaubnis die Toten lebendig machen, und ich will euch verkünden, was ihr essen und was ihr in euren Häusern aufspeichern sollt. Siehe, hierin ist wahrlich ein Zeichen für euch, wenn ihr gläubig seid.“
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Der Titel der Geschichte lautet auf Persisch:
- 8.
Der Titel auf Persisch lautet:
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Nili-Freudenschuß, T., Nili-Freudenschuß, R. (2024). Die Stellung der Christen in Rūmīs Mas̱navī-ye Maʿnavī. In: Erşan Akkılıç, E., Ratkowitsch, C. (eds) Christentum und Islam in der Geschichte. Wiener Beiträge zur Islamforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33137-5_6
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