Zusammenfassung
Welche Vorstellungen von Menschen, die Angebote Sozialer Arbeit nutzen, bestimmen mehrheitlich sozialarbeiterische Interpretationen und Handlungen? Ist es eher der Blick auf Menschen als handlungsmächtige Akteur_innen, die Lebenslagen aktiv bewältigen und eigene Vorstellungen vom ‚guten Leben‘ sowie von Hilfebedarfen haben? Oder werden sie vor allem als Angehörige hilfsbedürftiger Zielgruppen (z.B. Behinderte, Flüchtlinge, Frauen) gesehen, über deren Unterstützungsbedarfe Professionelle urteilen? Die verbreitete Nutzung des Begriffes ‚Klient_in‘ scheint nahe zu legen, dass über Deutungen von Lebenslagen und hiermit verbundene Hilfebedarfe oft nicht ‚auf Augenhöhe‘ verhandelt wird. So impliziert der aus dem Lateinischen abgeleitete Begriff (cliens: Hörig_r, Halbfreie_r) „eine Abhängigkeitsbeziehung“ (Loewenstein 2016, S. 156), die nicht zur im internationalen Verständnis Sozialer Arbeit verankerten Zielvorstellungen der „Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen“ (IFSW 2014) passt. Auch wenn die „Alternativbezeichnung ‚Adressatin‘ […] da schon weniger wertend [ist], reduziert sie Menschen, die Soziale Arbeit in Anspruch nehmen, aber weiterhin auf eben jene Rollen der Leistungsempfangenden oder der Hilfebedürftigen“ (Loewenstein 2016, S. 156). Dies zeigt sich deutlich in der Sozialen Arbeit im Kontext von Flucht, da häufig über Geflüchtete und ihr angebliches ‚So-Sein‘ gesprochen wird, womit sich in erster Linie negative Zuschreibungen sowie Assoziationen von Hilfsbedürftigkeit verknüpfen.
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