Zusammenfassung
Die Ökonomie des Wohnens hat viele Dimensionen. Dazu gehört nicht nur die unterschiedliche Lage, Qualität und Verfügbarkeit von Wohnraum, sondern auch Fragen der Wohnungspolitik, der Bautätigkeit und Bodenfragen, die die Entwicklung der Miet- und Kaufpreise maßgeblich gestalten. So hat die Wohnungspolitik großen Einfluss auf die Nachfrage, da damit Preise und Verfügbarkeit gelenkt werden. Weiterhin sind für die Ökonomie des Wohnens auch Arbeitsbedingungen am Bau und Bodenfragen entscheidend. Seit 2010 sind städtisch Bodenmärkte in Deutschland durch stark steigende Preise und spekulative Entwicklungen geprägt, die dazu beitragen, dass Wohnen immer teurer wird. In vielen Städten bedeutet dies, dass insbesondere Geringverdiener*innen, prekär Beschäftigte, Alleinerziehende und andere Gruppen, die über keine große Zahlungsfähigkeit verfügen, Probleme haben, sich mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Die Ökonomie des Wohnens stellt sich damit als ein komplexes Feld dar, das durch wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungen durchkreuzt wird. Sie ergibt sich nicht aus einem Blick auf Indices der Marktentwicklung. Vielmehr muss gefragt werden, wie Wohnen ökonomisch konstituiert wird. Dazu gehört das historisch spezifische Zusammenspiel von Wohnungspolitik, der Ökonomie von Projektentwicklungen (inklusive Bodenfragen und Arbeitsverhältnissen) und der Kosten des Wohnens in den Blick zu nehmen.
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Notes
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Die Fehlbelegung lässt sich nur schwer quantifizieren, da sie – mit dem Haushaltseinkommen – veränderlich ist. Viele Bundesländer verzichten auf die Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe (Breyer et al. 2018, S. 9 f.).
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Diese Maxime wird von vielen politischen und verbandlichen Vertreter*innen so formuliert: so etwa der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg (Spiegel Online 2018), der Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus im Bericht aus Bonn (ARD) am 24.02.2019 oder der Regionalvorstand des Immobilienverbandes Deutschland, Frank Alexander, in der Werbebroschüre „Top Bauträger & Makler im Rhein-Main-Gebiet“ Anzeigen-Sonderveröffentlichung der RheinMain. Media, April 2019.
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So hat eine Umfrage von Kindergeld.de unter der hausbauwilligen Zielgruppe ergeben, dass nur 9 % das Baukindergeld veranlasst, ein Haus zu bauen bzw. zu kaufen. 91 % hätten dies auch ohne diese Förderung getan (vgl. http://www.elterngeld.de/baukindergeld-umfrage/#gref).
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Investmentanlagen, die diese Anforderungen erfüllen, sind aber nicht nur Wohnimmobilien, sondern auch Infrastrukturbeteiligungen, Private Equity, Unternehmensanleihen etc.
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Sehr ähnliche Bedingungen herrschen in der Fleischindustrie (Weinkopf und Hüttenhoff 2017).
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Vervielfältiger = Kaufpreis : Nettomieteinnahmen. Rendite = 1 : Vervielfältiger
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Heeg, S. (2021). Ökonomie des Wohnens. In: Eckardt, F., Meier, S. (eds) Handbuch Wohnsoziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24724-9_4
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