Zusammenfassung
Mitunter aufgeregte Zeitdiagnosen engagierter Forschung bergen das Problem, dass ihre Plausibilität in prozessorientierter Perspektive letztlich erst retrospektiv zu klären ist. Zeitdiagnosen wie etwa Prekarisierungs- oder postfordistische Gesellschaft profilieren sich jedoch durch die Abgrenzung von vorhergehenden Gesellschaften. Zudem behandeln ungeachtet ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung weder körpersoziologische Arbeiten noch einschlägige soziologische Werke explizit den arbeitenden Körper. Im Grobschnitt bleiben häufig sowohl eine gewisse soziologisch-historische Detailtreue ausgeblendet als auch spezifische körper-, emotions- und prozesssoziologische Perspektiven des Arbeitens. Der Blickwinkel dieses spezifischen Zugangs reicht vom aktuellen Feelgood-Management und Lifelogging, Gamification und Googleness in virtuellen Coworking Spaces, die jüngst in die vielfältigen Arbeitswelten eingezogen sind über eigene Fallanalysen bis hin zurück zum Schreibtischproblem in standardisierten Bürowelten des frühen 20. Jahrhunderts. Dadurch werden zum einen die erweiterten Zugriffe auf menschliches Arbeitsvermögen im Wandel der Arbeitsgesellschaft sichtbar. Zum anderen kann die bereits bestehende Dimensionierung in reklamierende, kompensatorische, ideologisierende und aktiv strukturierende Subjektivierung um emotionalisierte Subjektivierung als erweiterten Zugriff auf Arbeitskraft erweitert werden.
Nina Baur, Jannis Hergesell und Maria Norkus danke ich für hilfreiche Anregungen.
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