Zusammenfassung
Der Wertbegriff besitzt in der theoretischen und der praktischen Philosophie eine zentrale Rolle. Ethische, epistemologische und ästhetische Werte liegen vielen einflussreichen philosophischen Theorien zugrunde oder sollen durch sie als erstrebenswert erwiesen werden. In dem vorliegenden Beitrag werden maßgebliche Theorien und Ideen skizziert, die das Profil der philosophischen Behandlung von Werten konstituieren. Im Mittelpunkt stehen dabei sowohl ein historisch-systematischer Überblick über geistesgeschichtliche Wegmarken als auch problemorientierte Rekonstruktionen spezifischer aktueller Diskurse z. B. über Werterkenntnis und Wertbegründung oder Reflexionen über die Implikationen von zeitgenössischen Ansätzen des Naturalismus. Insbesondere herausgestellt wird die Bedeutung von aktuellen handlungstheoretischen Konzepten für eine praktische und anthropologisch fundierte Theorie der Wertsetzung und Wertanerkennung angesichts der Herausforderung der multikulturellen und pluralistischen Gesellschaften in Gegenwart und Zukunft.
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Notes
- 1.
Vgl. zur soziologischen Perspektive auf den Prozess der Wertebildung als Entwicklung von individuellen Werthaltungen Verwiebe et al. (2018) sowie Thome in diesem Band. Die genuin philosophische Rekonstruktion und Analyse dieser oftmals institutionell vermittelten Vorgänge zielt in der Regel auf die Herausarbeitung von konzeptuellen und handlungslogischen Aspekten und Implikationen der Wertebildung im genannten Sinne ab, die nicht ohne weiteres durch primär empirische Analysen erfasst werden können.
- 2.
Vgl. zu Hegels Idealismus und den Naturwissenschaften Wandschneider (1982).
- 3.
Diese Position findet ihren paradigmatischen Ausdruck in Churchlands „eliminativem Materialismus“ (1997).
- 4.
Vgl. darüber hinaus zur ethischen Relevanz des Werts der Wahrheit Illies (2003).
- 5.
Diese Argumentationsstrategie findet man z. B. bei Alan Gewirth, der unter Rekurs auf die Determinismus-Debatte anmerkt, dass zumindest ein starker Determinismus deswegen unplausibel sei, weil er die Gültigkeit von wahren Urteilen inhaltlich bestreite, jedoch zugleich implizit als Theorie mit Anspruch auf Geltung (d. h. Wahrheit) als Sinnbedingung notwendig voraussetze (vgl. Gewirth 1978, S. 36).
- 6.
Ein klassisches Argument gegen die Begründungsmöglichkeit von intrinsischen Werten stammt von George E. Moore: Intrinsische Werte seien nur durch Intuitionen erkennbar, da eine weiterführende Rechtfertigung ihrer Existenz und Verbindlichkeit auf zusätzliche Gründe verweisen würde – damit gestehe man jedoch immer schon ein, dass der jeweilige Wert nicht der Sache selbst zukomme, sondern ihr durch den jeweiligen Rechtfertigungsgrund verliehen werde (vgl. Moore 1970).
- 7.
Vgl. dazu die instruktiven Ausführungen von Sensen (2011, S. 29, 53 ff.).
- 8.
Exemplarisch erläutert Kant seine Methode der Wertbegründung im „Paradoxon der Methode“ (vgl. Bambauer 2011, S. 346 ff.).
- 9.
An dieser Stelle sei auf Max Webers Konzeption des wertrationalen Handelns verwiesen (Weber 1976, S. 12). Bei dem wertrationalen Handeln geht der Akteur nach Weber von der intrinsischen Werthaftigkeit seiner Handlungen aus, d. h. im Handeln selbst sollen bestimmte Werte verwirklicht werden. Demgegenüber spricht Weber von einem zweckrationalen Handeln dann, wenn der Akteur durch sein Handeln Elemente der Welt auf nachvollziehbare Weise dergestalt beeinflusst bzw. in das Handeln einbindet, dass die von dem Akteur anvisierten Zwecke effektiv verfolgt werden. Im Folgenden wird aus philosophischer Sicht im Anschluss an Christine Korsgaard eine Argumentation nachgezeichnet, die grundsätzlich bei Webers begrifflicher Differenzierung ansetzt, jedoch über sie hinausgeht, indem ein impliziter konstitutionstheoretischer Zusammenhang von Zwecken und Werten herausgearbeitet und für anthropologisch relevant befunden wird.
- 10.
An dieser Stelle existieren Berührungspunkte zu einer soziologischen Auffassung der Bedeutung von Norm- bzw. Wertinternalisierung für die Konstitution der eigenen praktischen Identität; vgl. dazu den diesbezüglichen Beitrag von H. Thome in vorliegendem Band (bes. Abschn. 3). Die von Korsgaard fokussierte Form der praktischen Identität kommt allerdings im Unterschied zu spezifischen Identitäten individueller Akteure allen Handelnden zu, da es ihr um die Akteuridentität als solche geht.
- 11.
- 12.
Vgl. Betzler (2007).
- 13.
Vgl. auch Schubarth in diesem Band, der unter „Wertebildung“ nicht nur die Vermittlung von Werten, sondern auch die Ausbildung der moralischen Urteilskraft versteht.
- 14.
Vgl. Sturma (2000).
- 15.
Vgl. zu Konzept und Bedeutung von religiösen Werten den Beitrag von Polak in diesem Sammelband.
- 16.
In diesem Kontext droht die Gefahr, dass sich das Problem des heterogenen Charakters von religiösen und nichtreligiösen Ansprüchen auf der nächsthöheren Reflexionsebene schlicht reproduziert und daher nicht konstruktiv in Angriff genommen werden kann.
- 17.
Zwar spielt an dieser Stelle auch die Tugend der Toleranz eine gewisse Rolle, doch sollte darüber hinaus auch der Grund für die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Toleranz vermittelt und kritisch diskutiert werden, damit die diesbezüglichen pädagogischen Bemühungen nicht auf eine oberflächliche Indoktrination hinauslaufen, die später keiner substantiellen Kritik wird standhalten können (vgl. Forst 2003, S. 588 ff.).
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Bambauer, C. (2019). Werte aus philosophischer Perspektive. In: Verwiebe, R. (eds) Werte und Wertebildung aus interdisziplinärer Perspektive. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21976-5_2
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