Zusammenfassung
Nimmt man die von Émile Durkheim (1984) formulierte Forderung ernst, Soziales nur durch Soziales zu erklären, stellt der Begriff der Begabung für die Sozialwissenschaften eine fundamentale Provokation dar. In seinem Alltagsgebrauch scheint er auf all das zu verweisen, was ein Individuum in seiner Einzigartigkeit, seinen Talenten, Vorlieben und Bedürfnissen ausmacht – jenseits gesellschaftlicher Prägungen und Verhältnisse. Entsprechend waren die Themen Begabung und Begabtenförderung lange Zeit weitgehend pädagogischen, bildungspolitischen und psychologischen Auseinandersetzungen vorbehalten. In sozialwissenschaftlichen Diskussionszusammenhängen waren sie von marginaler Bedeutung oder wurden als für eine soziologische Auseinandersetzung irrelevant eingestuft.
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