Zusammenfassung
Unsere Demokratien sind in einer Sackgasse angekommen. Die Anreize für Politiker im gegebenen demokratischen System lauten: Machterhalt und Wiederwahl. Auch die Bürger versuchen in der Demokratie meist ihre eigenen kurzzeitigen Interessen, z. B. weniger Steuern, weniger Vorschriften und weniger Arbeitsplatzunsicherheit durchzusetzen. Sie ruinieren beide die Umwelt und die globale soziale Gerechtigkeit nachhaltig. Lobbyismus treibt die Politik vor sich her. Die Folge ist: Es siegt nicht das wichtigste, sondern das am besten organisierte Interesse. Die Demokratien bedürfen also institutioneller Erneuerungen, um zukunftsfähig zu werden.
Worüber man nachdenken sollte, sind demokratisch legitimierte Anwälte der Interessen zukünftiger Generationen, die schon in den heutigen Entscheidungsgremien ein Stimmrecht haben. So erhält die Zukunft eine Lobby in der Gegenwart. Man kann sich vorstellen, einen Rat von Zukunftsanwälten direkt zu wählen oder einzelne Personen von der Regierung ernennen zu lassen, wie schon in Ungarn, Israel und anderen Staaten geschehen. Diese „Ombudspersonen“ hatten dort ein Recht, Gesetzesinitiativen und Volksentscheide zu starten, Informationen zu sammeln und an die Öffentlichkeit weiterzuleiten, gegen Gesetze zu klagen sowie ein aufschiebendes bzw. umfassendes Vetorecht bei Gesetzen, welche die Nachhaltigkeit betreffen. Dafür plädiert dieser Text.
Der Text ist eine Überarbeitung des 4. Kapitels meines Buches „Wirtschaftsethik und Menschenrechte“, Tübingen 2016 und wird mit freundlicher Genehmigung des Mohr-Siebeck Verlages neu abgedruckt.
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Gesang, B. (2018). Wie sollte eine Demokratie aussehen, die Nachhaltigkeit kann?. In: Mannewitz, T. (eds) Die Demokratie und ihre Defekte. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20848-6_5
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