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Translation und Grenze. Versuch einer translationswissenschaftlichen Neufiguration

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Zusammenfassung

Das Verständnis von Translation als ein Verfahren, das Sprachgrenzen überwindet, führt Denkvoraussetzungen mit, die theoretische und methodische Folgen haben. So verstellt die Annahme der Existenz von Spracheinheiten, die Translationsprozessen vorgeschaltet seien, den Blick auf die Rolle, die Translation in der Konstruktion und Aushandlung von Sprachgrenzen spielen kann. Mit einem Fokus auf die Zuordnung von Sprecher*innen zu Sprachgemeinschaften in asylrelevanten Kontexten eruiert der Beitrag die Möglichkeiten, Translation als Katalysator von Grenzziehungen zu figurieren. Die Begriffsreflexion soll zu einem besseren Verständnis der Funktionen von Translation über ihre rein instrumentelle Bestimmung als Vehikel der (Wieder)Herstellung von Kommunikation hinaus beitragen.

Ich danke Tomasz Rozmyslowicz und Şebnem Bahadır für anregende Gespräche und Kommentare zu dem Beitrag.

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Notes

  1. 1.

    Es besteht in der Literatur weder Einigkeit was die Etymologie des Wortes Schibbolet angeht, noch was die genaue Phonetik und den Unterschied in den Lauten betrifft (vgl. Bail 2004); die Details sind für die Zwecke dieses Aufsatzes irrelevant, wichtig ist hier der Einsatz und die Funktion einer relevant werdenden phonetischen Unterscheidung, die im Zentrum der Erzählung steht.

  2. 2.

    Die Frage nach der Kontingenzhaftigkeit der Annahme, nur (lebendige) Menschen seien sozialitäts- und kommunikationsfähig, sowie die historisch bedeutende Rolle des Kriteriums der Sprachfähigkeit für die Mensch/Tier-Unterscheidung sind für die Zwecke des vorliegenden Beitrags und die hier in den Blick genommene Empirie irrelevant. Anders verhält es sich mit der Frage, was ‚Sprache‘ eigentlich sei, deren je unterschiedliche Abgrenzung von Dialekten, Soziolekten, Mischsprachen usw. in der Wahrnehmung von Sprecher*innen.

  3. 3.

    Zur symbolischen Macht der (normierten) Sprache s. Bourdieu (2012); zum Problem der Spracheinheit s. Derrida (2003).

  4. 4.

    Für die soziologische Bemühung, zu beschreiben, wie Menschen sich und andere kategorisieren, findet Hirschauer (2014, S. 175) die Grenzmetapher wenig fruchtbar. Sie verstelle den Blick auf die „variable Salienz einer Unterscheidung und die Relation zu anderen“. Der Kontingenz sozialer Zugehörigkeiten und Mehrfachzugehörigkeiten werde die Metapher nicht gerecht, wolle man in der Theorie vermeiden, eine spezifische Form dieser Zugehörigkeiten (wie ethnisch, linguistisch, religiös etc.) zu privilegieren.

  5. 5.

    In mehrsprachigen Kontexten wie Indien ist dies eine gängige Praxis in Alltagssituationen, z. B. auf dem Markt oder bei der Arbeit auf einer Baustelle, wo Arbeiter mit unterschiedlichen Sprachrepertoires zusammenkommen, die dann eine für diese Kommunikationssituation brauchbare Sprache basteln. Die Grenzen zwischen National- und Regionalsprache verlieren hier an Relevanz. Vgl. Kothari (2014).

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Dizdar, D. (2020). Translation und Grenze. Versuch einer translationswissenschaftlichen Neufiguration. In: Engel, N., Köngeter, S. (eds) Übersetzung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20321-4_4

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