Zusammenfassung
Anhand der Praxis eines Kollektivs für Kunstvermittlung und kritische Wissensproduktion wird „Verlernen“ (Spivak) begrifflich entfaltet und konkretisiert. Der Fokus liegt dabei auf Vermittlungsprozessen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, in denen die Fragen der Teilnehmer_innen an ihr Lebensumfeld im Mittelpunkt stehen und davon ausgehend gemeinsam in bestehende Verhältnisse interveniert wird. Dabei wird dem, was ist, Selbstverständlichkeit entzogen und dem, was sein könnte und was in Zwischenräumen entsteht, Raum gegeben. Den Fokus bildet die Frage, wie Lehr-Lern-Verhältnisse gestaltet werden können, um Verlernen für alle Menschen in diesen Verhältnissen möglich zu machen. Wesentlich scheint dafür auf Seiten der Vermittler_innen eine kontinuierliche Reflexion der Machtverhältnisse und Subjektivierungsprozesse, die pädagogische Kontexte durchziehen - als globale Ungleichheit, auf gesellschaftlicher und sozialer Ebene, als „pädagogisches Unverhältnis“ (Sternfeld 2008) und als Verstärkung globaler und gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse in Bildungskontexten. In methodischer Hinsicht wird dabei das Potential der kritischen Kunstvermittlung sowie der partizipativen Forschung für Verlernen ausgelotet. Davon ausgehend problematisiert der Text das In-eins-Fallen von Betrachtung und Erkenntnis, wie es im Begriff des Sehens angelegt ist und stellt dem das Zuhören und Schauen gegenüber, das im Hinblick auf seine Bedeutung für eine „zwangsfreie Neuordnung von Begehren“ (Spivak 2011) umkreist wird.
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Garnitschnig, I. (2019). Sehen verlernen mit kritischer Kunstvermittlung und partizipativer qualitativer Forschung. In: Gottuck, S., Grünheid, I., Mecheril, P., Wolter, J. (eds) Sehen lernen und verlernen: Perspektiven pädagogischer Professionalisierung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19496-3_12
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