Zusammenfassung
Unternehmen sind immer mit einer komplexen Umwelt verwoben, in der zunehmend gesellschaftliche Verantwortung eingefordert wird. Modernes Management muss heute zunehmend auch die normative Perspektive in den Blick nehmen, und dafür gibt es mindestens zwei Gründe: Zum einen beobachten wir im Umfeld von Organisationen dynamische Wandlungs- und Veränderungsprozesse. Diese führen dazu, dass längerfristige, belastbare Prognosen und Planungen quasi unmöglich geworden sind und nachgerade zu einem Erstarren der Organisation führen müssten. Zum anderen ergibt sich die notwendige Änderung der Perspektive daraus, dass die Dimension normativer Verantwortung in den eingeübten klassischen Instrumenten des strategischen Managements nicht ohne weiteres abgebildet werden kann. Wie können Unternehmen in einer unberechenbaren und nicht planbaren Welt ihrer Verantwortung gerecht werden?
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Notes
- 1.
An dieser Stelle sei auf die alte, aber erstaunlicherweise immer noch virulente wirtschaftsethische Diskussion verwiesen, ob unternehmerische Verantwortung möglichst ein „business case“ im Sinne von „It pays to be good“ sein sollte (vgl. Hajduk und Quandt 2011, S. 106, 113). Motivational ist eine solche strategische Sichtweise unbestritten hilfreich, um Verantwortung als Kategorie in einem Unternehmen zu etablieren. Sie gerät jedoch unter beträchtlichen Druck oder kann sogar jegliche Bemühungen um CSR in einer Organisation desavouieren, wenn sich empirisch eben kein „business case“ beschreiben lässt, wenn es sich also für das Unternehmen beispielsweise monetär rechnet, in chinesischen Straflagern zu produzieren, den Klimawandel durch CO-Emissionen zu befeuern, Ozeane zu überfischen oder den Regenwald abzuholzen.
- 2.
Die hier geäußerte Forderung, auf unterkomplexe Zielprojektionen zu verzichten, soll im Übrigen – um diesen Einwand nicht unbeachtet zu lassen – keinesfalls einer normativen Beliebigkeit das Wort reden. Dem steht ja nachgerade unser oben ausgeführtes Plädoyer für eine normative Unternehmenslogik angesichts unerwarteter gesellschaftlicher Herausforderungen wie beispielsweise der Flüchtlingssituation entgegen. Die Forderung, kein strategisch oder – im gesellschaftlichen Maßstab – quasi historisch unausweichliches Telos zu formulieren, liegt vielmehr in der Einsicht begründet, dass solch unterkomplexe Antworten einer hyperkomplexen Realität ohne normative Letztinstanz nicht gerecht werden können (vgl. Schmidt und Quandt 2017b; Hajduk und Quandt 2011, S. 163–167).
Literatur
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Hajduk, Thomas/Quandt, Jan Hendrik (2011): Regulierung, Normativität und Rhetorik. Alte Erkenntnisprobleme in der jungen CSR-Forschung, in: Hajduk, T./Quandt, J.H./Beschorner, T. (Hrsg.): Globale Standards: Zwischen Regulierung, Normativität und Rhetorik, Bd. 12, München und Mering: Rainer Hampp Verlag, 104–116
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Schmidt, M., Quandt, J.H. (2017). Verantwortung oder Pragmatismus? Zeitgemäßes Management in dynamischen Gesellschaften. In: Führung in Verantwortung. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16833-9_1
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