Zusammenfassung
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof sollte nach Wunsch der maßgeblichen Akteure der Verfassunggebung ein starkes Gericht sein, das die Politik in Thüringen in die Bahnen des Verfassungsrechts lenken können sollte. Zu diesem Zweck hat der Gerichtshof umfängliche Kompetenzen erhalten. Die Analyse zeigt, dass die Thüringer Verfassungsrichter nicht dazu neigen, die vorhandenen Kompetenzen bis zur Neige auszuschöpfen, sondern gerade in den „politischen“ Verfahren eine gewisse Vorsicht walten lassen. Durch die formierende Wirkung seiner Rechtsprechung in einigen Schwerpunktbereichen ist dem Gericht eine über die punktuelle Verfassungskontrolle hinausgehende politische Bedeutung zugewachsen. Darüber hinaus haben die Richter durch verschiedene Funktionen und Rollen Einfluss auf die politischen Akteure genommen: allen voran als Schiedsrichter im Alltag der politischen Auseinandersetzung, aber auch durch das edukatorische Moment gegenüber den parlamentarischen Mehrheiten in der Behandlung des DDR-Unrechtssystems. Urteile des Bundesverfassungsgerichtes stellen die zentrale Quelle für die Rechtsprechung des ThürVerfGH dar, punktuell spielen auch andere Landesverfassungsgerichte eine Rolle. Die europäische Gerichtsbarkeit findet hingegen in Thüringen (noch) keine Anknüpfungspunkte. Insgesamt lässt sich der ThürVerfGH damit als ein „lernendes“ Gericht porträtieren, das sich zunehmend auf die eigene Judikatur stützen kann und in diesem Sinne auch selbstbewusster wird. Angesichts der steigenden Fragmentierung und Polarisierung des Parteiensystems dürfte das aller Voraussicht nach eine gute Nachricht für Thüringen sein.
Ich danke Michael Güpner und Richard Klimaczewski für ihre wertvolle Unterstützung bei der Recherche des Materials für diesen Beitrag.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Similar content being viewed by others
Literaturverzeichnis
Ammon, S. von (2013). Bericht über die Arbeit des Thüringer Verfassungsgerichtshofs in den Jahren 2011 und 2012. Landes- und Kommunalverwaltung 23(8), 354-356.
Ammon, S. von (2014). Die Verfassungsgerichte der neuen Länder. In Die Verfassungsgerichte der Länder Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (Hrsg.), 20 Jahre Verfassungsgerichtsbarkeit in den neuen Ländern (S. 201-228). Berlin: BWV.
Bauer, H.-J. (1996). Der Thüringer Verfassungsgerichtshof. Landes- und Kommunalverwaltung 6(11), 385-388.
Bauer, H-J. (2004). Die Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs zum Parlamentsrecht (1996 bis 2003). In Thüringer Landtag (Hrsg.) [Harald Mittelsdorf: Redaktion], Zehn Jahre Thüringer Landesverfassung (1993-2003) (S. 125-135). Weimar: Wartburg.
Benda, E. (1997). Skandale, immer wieder. Neue Juristische Wochenschrift 50(45), 3004-3006.
Bock, C., & Bock, W. (1991). Zur Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder. Landes-und Kommunalverwaltung 1(6), 182-185.
Boulanger, C. (2013). Hüten, richten, gründen: Rollen der Verfassungsgerichte in der Demokratisierung Deutschlands und Ungarns, FU Berlin [Diss.].
Brenner, M. (2013). Fragerechte des Parlaments und Antwortpflicht der Regierung. In Thüringer Landtag (Hrsg.) [Harald Mittelsdorf: Redaktion], Zwanzig Jahre Thüringer Verfassung. Juristisches Symposium. Das Parlament: Kontrolle, Repräsentation und Integration (S. 33-47). Weimar: Wartburg.
Discher, T. (1997). Die Landesverfassungsgerichte in der bundesstaatlichen Rechtsprechungskompetenzordnung des Grundgesetzes. Zugleich ein Beitrag zur bundesstaatlichen Stufung des Rechts. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Forschung.
Edinger, M. (2000). Verfassungsgebung in der ostdeutschen Transformation. Eine vergleichende Analyse zu Thüringen und Brandenburg. FSU Jena [Diss.].
Fiedler, K. (2006). Verfassungsgerichtsbarkeit im Bundesstaat. Frankfurt/M etc.: Peter Lang.
Gasser, K.-H. (2004). Zeitzeugen im Interview. In Thüringer Landtag (Hrsg.) [Harald Mittelsdorf: Redaktion], Zehn Jahre Thüringer Landesverfassung (1993-2003) (S. 139-188). Weimar: Wartburg.
Hopfe, J. (2004). Die Thüringer Verfassung – ein Gemeinschaftswerk von Verfassungsrechtlern und Abgeordneten. In Thüringer Landtag (Hrsg.) [Harald Mittelsdorf: Redaktion], Zehn Jahre Thüringer Landesverfassung (1993-2003) (S. 43-50). Weimar: Wartburg.
Joritz, S. (2006). Das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofes vom 21.6.2005 zum Kommunalen Finanzausgleich. Kommunaljurist 3(1), 6-10.
Kulke, H.-J. (2014). Länderreport Thüringen. Landes- und Kommunalverwaltung 24(11), 501-506.
Lembcke, O.W. (2007). Hüter der Verfassung. Eine institutionentheoretische Studie zur Autorität des Bundesverfassungsgerichts. Tübingen: Mohr Siebeck.
Lembcke, O.W., Peuker, E., & Seifarth, D. (2007). Finanzwirksame Volksbegehren im Verfassungsstaat. Das Beispiel des Volksbegehrens Für eine bessere Familienpolitik in Thüringen. Thüringer Verwaltungsblätter 16(6), 129-136.
Linck, J. (1994). Einleitung. In J. Linck, S. Jutzi & J. Hopfe (Hrsg.), Die Verfassung des Freistaats Thüringen. Kommentar (S. 29-35). Stuttgart etc.: Boorberg.
Löwer, W., & Menzel, J. (1997). Die Rechtsprechung der neuen Landesverfassungsgerichte zum Kommunalrecht. Zeitschrift für Gesetzgebung 13(1), 90-109.
LT Thür (2000ff.). Landtag Thüringen. Drucksachen und Plenarprotokolle. Parlamentsdokumentation. Online: <http://www.parldok.thueringen.de/ParlDok>.
LVerfGE (1993ff.). Entscheidungen der Verfassungsgerichte der Länder. 1.-26. Band. Berlin etc./ Walter de Gruyter.
Papier, H.-J. (2002). Die Bedeutung der Landesverfassungsgerichtsbarkeit im Verhältnis zur Bundesverfassungsgerichtsbarkeit. In H. Sodan (Hrsg.), Zehn Jahre Berliner Verfassungsgerichtsbarkeit (S. 19-33). Köln: Carl Heymanns.
Rohs-Dressel, M. (2016). Bericht über die Arbeit des Thüringer Verfassungsgerichtshofs in den Jahren 2013 und 2014. Landes- und Kommunalverwaltung 26(2), 65-69.
Rommelfanger, U. (1993). Die Verfassung des Freistaats Thüringen des Jahres 1993. Thüringer Verwaltungsblätter 2(8), 145-150 und 173-184.
Stöffler, D. (2004). Die Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs zum Kommunalrecht. In Thüringer Landtag (Hrsg.) [Harald Mittelsdorf: Redaktion]: Zehn Jahre Thüringer Landesverfassung (1993-2003) (S. 107-123). Weimar: Wartburg.
Storr, S. (1997). Das Grundgesetz als ‚mittelbare‘ Landesverfassung – Zum Prüfungsmaßstab der Landesverfassungsgerichte. Thüringer Verwaltungsblätter 6(6), 121-126.
Thüringen Monitor (2000ff.). Politische Kultur im Freistaat Thüringen. Institut für Politikwissenschaft. Friedrich-Schiller-Universität Jena. Online: <http://www.thueringen.de/th1/tsk/landesregierung/thueringenmonitor/>. (Zugegriffen: 15. Juni 2016).
ThürVerfGH (2016). Homepage des Thüringer Verfassungsgerichtshofes. Mitglieder, Entscheidungen. Online: <http://www.thverfgh.thueringen.de/>.
Vorländer, H. (2011). Verfassungstheorie und demokratischer Transitionsprozess. Der (ost-) deutsche Konstitutionalismus. In A. Lorenz (Hrsg.), Ostdeutschland und die Sozialwissenschaften. Bilanz und Perspektiven 20 Jahre nach der Wiedervereinigung (S. 245-260). Leverkusen: Verlag Barbara Budrich.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2017 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Lembcke, O.W. (2017). Thüringer Verfassungsgerichtshof. In: Reutter, W. (eds) Landesverfassungsgerichte. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16094-4_17
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-16094-4_17
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-16093-7
Online ISBN: 978-3-658-16094-4
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)