Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden Visualität und Gefühl unter besonderer Beachtung der technischen Entwicklung audiovisueller Medientexte in einen Zusammenhang gestellt. Es wird umrissen, wie die durch Audiovisionen erzeugten Atmosphären untersucht und gefühlsmäßig beschrieben werden können. Dabei richtet sich die Betrachtung auf die visuell-technischen Möglichkeiten einer Zeit und auf das in Filmen erzeugte Gefühl. Dazu werden die Verwendung von Technik zur Erzeugung eines Seheindruckes sowie die damit verbundene Sehtechnik untersucht. Im Zentrum des Beitrages steht zunächst die Darstellung des Erkenntnisinteresses und der theoretischen Grundlagen sowie die Präsentation des methodischen Vorgehens unter Verwendung der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack und die Präsentation erster Ergebnisse der empirischen Fallstudie eines Filmvergleichs von vier Generationen des Märchens „Das tapfere Schneiderlein“.
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Notes
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Zur Abgrenzung von Emotionen und Gefühlen: Emotionen werden hier als konkrete psychische und physische Zustände betrachtet, die durch ein inneres oder äußeres Ereignis hervorgerufen werden können. Dieser Zustand kann durch den Erlebenden genau benannt werden und ist von kurzfristiger Natur. Gefühl hingegen soll die moralfreie Disposition einer Person bezeichnen. Dieser eher ungenaue und diffuse psychische und physische Zustand ist nur ungenau von dem Erlebenden benennbar. Ein Gefühl ist ein länger andauernder Zustand (Engelen 2007, S. 5).
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„Gruppe von Rezipierenden, deren Mitglieder (a) bestimmte Genrepräferenzen teilen, (b) bestimmte Raster des Verständnisses von Medienprodukten und (c) bestimmte Formen oder Praktiken des Umgangs mit ihnen haben“ (Hepp 2010, S. 274).
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Audiovisuelle Medientexte werden hier als bewegte, zusammenhängende Bildreihen, die mit akustischen Elementen wie Sprache, Musik und Geräuschen wiedergegeben werden, verstanden. Dies geschieht im Kontext der alltäglichen Aneignung von Medientexten, welche hier als „[k]ulturelle Produkte [verstanden werden], die konventionell als Einheit von unterschiedlich miteinander „verwobenen“ Elementen wahrgenommen werden. Als Text lässt sich entsprechend nicht nur Gedrucktes charakterisieren, sondern es lassen sich beispielsweise auch Fernsehsendungen einschließlich aller auditiven und visuellen Elemente“ (Hepp 2010, S. 280).
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„Akt des Konsums von Medienprodukten/-texten im engeren Sinne, also das Lesen, (Fern-)Sehen oder Hören und damit die Phase des ‚Medienkontakts‘. Rezeption muss als Aneignung verstanden werden, d. h. sie selbst ist ein aktiver Vermittlungsprozess“ (Hepp 2010, S. 279).
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Stimmungen haben keinen konkreten Anlass oder folgen einer spezifischen Intention. Sie erscheinen ursachenlos und sind von andauernder, geringer Intensität (Engelen 2007, S. 11).
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„Kultur gehört nicht einzelnen Individuen oder zeichnet sie aus, vielmehr ist sie das Medium, mittels dessen gefühlte Bedeutung, Rituale, soziale Gemeinschaften und Identitäten produziert werden“ (Winter 2006, S. 423).
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Normen werden als Richtschnur des Handelns verstanden. Sie sind ethisch-moralische Zielvorstellungen, also Verhaltensanforderungen der sozialen Umwelt (Hillmann 1994, S. 615).
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Zur Bestimmung des Filmbestandes wurden die Daten der ImDB (http://www.imdb.com/) herangezogen.
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Eine Realverfilumg bezeichnet hier die audiovisuelle Umsetzung eines Drehbuches in Bewegtbildern mit menschlichen Darstellenden.
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Um das Material zu erhalten, wurde Kontakt mit dem Rechtinhaber aufgenommen.
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Um das Material zu erhalten, wurde die im Handel erhältliche DVD erworben.
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Um das Material zu erhalten, wurde Kontakt mit dem Rechtinhaber aufgenommen.
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Um das Material zu erhalten, wurde die im Handel erhältliche DVD erworben.
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Die Filmaufnahmen erfolgen aus einer Perspektive, die dem Zusehenden den Eindruck vermittelt, er befände sich auf Augenhöhe mit den Figuren.
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Die Filmaufnahmen erfolgen aus einer Perspektive, die dem Zusehenden den Eindruck vermittelt, er würde zu den Figuren hinaufsehen.
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Die Filmaufnahmen erfolgen aus einer Perspektive, die dem Zusehenden den Eindruck vermittelt, er würde zu den Figuren hinabsehen.
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Ganzheitlichkeit bezeichnet eine Vollständigkeit bzw. eine organische Einheit mit phänomeneigenen Eigengesetzlichkeiten (Hillmann 1994, S. 255).
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Erzählzeit beschreibt die Dauer des Filmes.
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Bei der erzählten Zeit handelt es sich um die im Film wiedergegebene Handlung.
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Die beigefügten Transkripte dieser Situation in den vier audiovisuellen Medientexten sollen einen Eindruck des jeweiligen filmischen Zusammenhangs vermitteln.
Literatur
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Eckardt, I. (2018). Auf den ersten Blick – Das technisch vermittelte Lebensgefühl. In: Moritz, C., Corsten, M. (eds) Handbuch Qualitative Videoanalyse. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15894-1_34
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