Zusammenfassung
Machinimas sind heute fixer Bestandteil der Fankulturen im Internet. Mit ihnen werden Mischformen und Mischgenres im Feld der Computerspiele, Videos, Filme und Comics bezeichnet. Machinimas können als Filmformate gesehen werden, die mit der Game Engine von Consumer-Hardware, In-Game-Technologien und Animationstools hergestellt werden. Das herausragende Charaktermerkmal der Machinimas liegt in ihrer Mashup-Ästhetik: Die User experimentieren mit den Gegebenheiten einer indisponiblen Spielewelt, indem sie diegetische, fiktionale oder narrative Bedeutungen des Spiels mehr oder weniger modifizieren und dabei alternative Strategien eines Mediengebrauchs aufzeigen. In diesem Zusammenhang nutzen sie nicht nur die im Game Design festgeschriebenen kreativen Freiräume, sondern erschaffen in ihren Mashup-Praktiken Gegen-Narrative, die nicht nur eine andersartige Bedeutungsproduktion in Gang setzen, sondern auch einen medienreflexiven Beitrag zur theoretischen Situierung von hegemonialen Narrativen und Gegen-Narrativen leisten. Der Aufsatz versucht, die medialen und kulturellen Techniken, die den Machinimas zugrunde liegen, in Bezug auf die fankulturellen Gebrauchsweisen medialer Angebote theoretisch zu verorten. In diesem Zusammenhang können die ästhetischen Möglichkeiten der Modifikation durch die User immer auch im Wechselverhältnis zu den verfügbaren Medien und Technologien reflektiert werden.
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Notes
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Hersteller-Text, Maxis (Will Wright): The Sims, Emeryville Kalifornien (EA Games) 2000.
- 2.
Mod ist die Abkürzung für Modification und bedeutet die Veränderung eines ursprünglichen Spielinhaltes.
- 3.
Das 2007 produzierte Sims-Machinima The Sims 2 Karma Police Machinima wurde beispielsweise von einem 22-jährigen Gamer aus den USA hergestellt. Das Machinima Sims 2– Bring me to life produzierte eine 15-jährige Gamerin aus den Niederlanden.
- 4.
Der hier artikulierte Begriff der „Kulturellen Formation“ grenzt sich von Jan Assmanns vertretener Gleichsetzung von „kultureller Formation“ und „kulturellem Gedächtnis“ ab. Für ihn fungiert die kulturelle Formation als Garant der Zusammengehörigkeit und stabilisiert damit die kulturelle Kontinuierung bzw. Traditionsbildung: „Einer kollektiven Identität entspricht, sie fundierend und – vor allem – reproduzierend, eine kulturelle Formation. Die kulturelle Formation ist das Medium, durch das eine kollektive Identität aufgebaut und über Generationen hinweg aufrechterhalten wird.“ (Assmann 1992, S. 139) Diese Theorie der kulturellen Formationen vernachlässigt sowohl die Handlungskapazitäten als auch die divergierenden Interpretationsleistungen der Akteure.
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Reichert, R. (2015). Sims Revisited. Die digitale Ästhetik von Machinima Mashups. In: Mundhenke, F., Ramos Arenas, F., Wilke, T. (eds) Mashups. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05753-4_15
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