Zusammenfassung
Die Berichterstattung über Gesundheitshemen ist vielfältig und reicht vom gesundheitspolitischen Kommentar zum Kostendämpfungsgesetz bis zur Wissenschaftsreportage aus dem biomedizinischen Grundlagenforschungslabor oder der Ratgeberseite mit Diät-Tipps. Über den tatsächlichen Anteil der jeweiligen Teilfelder an der gesamten Gesundheitsberichterstattung ist indes wenig bekannt, allgemein akzeptierte Kategorien zur differenzierten Quantifizierung fehlen. Diese wären aber eine der Voraussetzungen um zu beurteilen, wie gut bzw. in welcher Breite Bevölkerung und Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft durch die Medien über verschiedene Aspekte aus der Welt der Medizin und der Gesundheit informiert sind. In der vorliegenden Arbeit wird ausgehend von existierenden Versuchen der Kategorisierung eine Klassifikation des Berichterstattungsfeldes in sechs Hauptkategorien vorgeschlagen und am Beispiel von 13 Printmedien und einer Nachrichten-Agentur einer empirischen Prüfung unterzogen. Mehr als 95 % der untersuchten Beiträge konnten mit diesen Hauptkategorien erfasst werden. Die Berichterstattung aus dieser Stichprobe ließ sich zu fast gleichen Teilen den drei Bereichen „Gesundheitssystem“, „Public Health“ und „Medizin“ (inklusive Grundlagenforschung) zuordnen, die zusammen fast drei Viertel der Berichterstattung ausmachten. Bei einigen Regionalzeitungen besteht zudem die Tendenz, sich bei der Themenwahl stark an Veranstaltungen von lokalen Medizinern, Kliniken etc. zu orientieren – was zumindest die Frage aufwirft, ob es dabei eher dem Zufall überlassen bleibt, inwieweit ein lokales Ereignis tatsächlich auch internationale medizinische Standards und aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen wiederspiegelt oder der Lokalbezug allein (also unabhängig von der medizinischen Qualität) für die Auswahl ausreicht. Insgesamt aber erscheint die Gesundheitsberichterstattung auf der Basis der vorliegenden Stichprobe aus deutschen Printmedien als durchaus vielfältig, ein auffälliger blinder Fleck lässt sich zumindest quantitativ betrachtet nicht feststellen.
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Notes
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So erscheint „Medical Journalism“ in einschlägigen Werken wie etwa der mehr als 6000 Seiten umfassenden „International Encyclopedia of Communication“ (Donsbach 2008) nicht einmal als eigenes Stichwort, sondern wird meistenteils unter Begriffen wie „Health Communication“ (ebd. 2073 ff.) oder „Health Communication and Journalism“ (ebd. 2096 ff.) mitabgehandelt.
- 2.
Montag: 28.03., 11.07., 19.09; Dienstag: 11.01., 26.04., 16.08.; Mittwoch: 03.08., 13.07., 14.12.; Donnerstag: 17.03., 07.04., 04.08.; Freitag: 04.02., 15.07., 11.11.; Samstag: 07.05., 11.06., 12.11.
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Vgl. den Beitrag von Holger Wormer und Marcus Anhäuser in diesem Band
- 4.
Die Auswahl des „Medien-Doktor“ orientiert sich wiederum an den von Weischenberg et al. (2006) ermittelten Leitmedien und berücksichtigt ferner eine hohe Verbreitung sowie bei den Regionalmedien eine breite Abdeckung möglichst vieler Regionen in Deutschland. Die Stichprobenziehung wurde mittels des Presse Monitors (PMG) durchgeführt. Die konkret untersuchten Medien sind Abb. 2 zu entnehmen.
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Ein Ziel der Studie bestand auch darin abzuschätzen, welcher Anteil der Medizinberichterstattung durch Kataloge von Qualitätskriterien wie jenen des „Medien-Doktor“ erfasst werden. Das Medien-Doktor-Projekt beurteilt vorwiegend Beiträge, die eine Therapie (oder ein Diagnoseverfahren) und eine Behauptung zu deren Wirksamkeit/Sicherheit enthalten. Rund 12 % aller (n = 545) Beiträge in der Stichprobe stellen eine solche Behauptung auf. Legt man nur die medizinjournalistischen Texte im engeren Sinne zu Grunde, so finden sich Aussagen zu Wirksamkeit/Therapien bei etwa der Hälfte dieser Texte – die also im Regelfall durch die Medien-Doktor-Kriterien erfasst werden könnten.
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Mitunter gestaltete sich eine Unterscheidung zwischen den Kategorien „System“ und „Politik“ als schwierig, da sie thematisch eng beieinander liegen und sich teilweise überschneiden können (Beispiel: Ein Bericht, der die Diskussion über ein neues Versorgungsgesetz auf die lokale Ebene bringt, indem er Probleme beschreibt, vor Ort einen „Landarzt“ zu finden.)
- 7.
Gleichwohl wäre hier eine idealtypische Verteilung insbesondere jenseits der Extrembeispiele noch zu definieren und dann nur mit einer deutlich größeren Stichprobe für alle Subgruppen valide zu überprüfen.
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Krause, M., Wormer, H. (2014). Irgendwas mit Medizin? Versuch einer Klassifikation der gesundheitsjournalistischen Berichterstattung und erste empirische Überprüfung. In: Lilienthal, V., Reineck, D., Schnedler, T. (eds) Qualität im Gesundheitsjournalismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02427-7_5
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