Zusammenfassung
Der Gesellschaft geht die Arbeit aus. So lauteten die vielfach – und bis heute – geteilten Diagnosen von Sozialtheoretikerinnen und Sozialtheoretikern wie Hannah Arendt (Vita Activa oder Vom tätigen Leben, 1981) oder André Gorz (Arbeit zwischen Misere und Utopie, 1999) in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Doch trotz immenser Arbeitslosigkeit und der Erscheinung, dass immer mehr Menschen durch Maschinen ersetzt werden: der Irrtum könnte nicht größer sein. Die Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Vergesellschaftung im Kapitalismus hat nicht ab-, sondern zugenommen. Noch nie in der Nachkriegsgeschichte gingen mehr Menschen einer Lohnarbeit nach, die gesamte Erwerbsbevölkerung war nie größer. Kurzum: Die Lohnarbeit geht nicht auf ihr Ende zu, sie hat erst richtig begonnen.
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Notes
- 1.
Da Marx zu seiner Zeit der vor allem weiblichen Haus- und Reproduktionsarbeit wenig Aufmerksamkeit schenkte, sei darauf hingewiesen, dass in diesem Kapitel die Frage der Lohnarbeit im Werk von Marx dargestellt wird. Die Geschlechterdimensionen von Arbeit werden in Kap. 7 dieses Bandes diskutiert.
- 2.
Historisch galten zunächst Männer, die über Eigentum verfügten und Steuern zahlten, als Bürger. Für die Männer (für die Frauen ohnehin) aus der Arbeiterklasse war es ein langer Weg, bis sie volle Bürgerrechte erlangt hatten. Erst lange nach dem Beginn der Industrialisierung wurde das Dreiklassenwahlrecht abgeschafft und das allgemeine Wahlrecht auch auf Frauen ausgedehnt. Zur Entwicklung der Staatsbürgerrechte vgl. Marshall (1992).
- 3.
Marx interessierte sich vor allem für die allgemeine Formbestimmung des Arbeitslohnes, weniger für innerbetriebliche oder Branchendifferenzen. Einzelne Anmerkungen finden sich verstreut im Kapital (MEW 23, S. 331–557). Den internationalen Differenzen von Löhnen widmete er ein ganzes Kapitel (ebd., S. 583–590).
- 4.
Für eine ausführliche Analyse kapitalistischer Lohnformen in Anschluss an Marx vgl. Schmiede und Schudlich (1981).
- 5.
Die heute in vielen Betrieben eingeführte „Vertrauensarbeitszeit“, die auf eine exakte Messung der geleisteten Arbeitsstunden verzichtet und gleichzeitig eine hohe bzw. Leistungsverausgabung ermöglicht, ist nur ein Beispiel. Vgl. hierzu Menz (2009) und Wagner (2008).
- 6.
Vgl. hierzu auch Nachtwey (2012).
- 7.
Das Verhältnis vom Lohn, Leistung, Arbeitsproduktivität und dem, was wir heute als „Lohnstückkosten“ bezeichnen, wird ausführlich auf der Basis von Marx in Schmiede und Schudlich (1981) diskutiert.
- 8.
Zur Diskussion über Marx’ harsche Kritik am Lumpenproletariat und der von ihm dazu gezählten Gruppen vgl. Bescherer (2010).
- 9.
Wenn es Produktivitätsfortschritte in den Branchen gibt, die in die Reproduktion der Arbeitskräfte eingehen, führt dies ebenfalls zu einer Steigerung des relativen Mehrwerts, da die Kosten der Reproduktion sinken.
- 10.
Für den modernen Kapitalismus kann man nicht von einer allgemeinen Dequalifizierung sprechen. Vielmehr gehen Prozesse der Dequalifizierung mit Prozessen der stärkeren Qualifizierung und Spezialisierung einher. Vielfach wird von einer Polarisierung der Qualifikation ausgegangen. Zu dieser Debatte vgl. Marrs (2010) und Moldaschl (2010).
- 11.
Die Trennung zwischen Hand- und Kopfarbeit ist für Marx und Engels in der Deutschen Ideologie die materielle Grundlage der Verselbstständigung verschiedener Ideologien in der Gesellschaft. Zur Debatte um das Verhältnis von geistiger und körperlicher Arbeit vgl. die einflussreiche Studie von Sohn-Rethel (1970).
- 12.
Zur ausführlichen und differenzierten Analyse der Manufaktur, ihren Formen der Arbeitsteilung und Produktivitätssteigerung vgl. MEW 23, S. 356–390.
- 13.
Zu neueren sozialwissenschaftlichen Anschlüssen an den Entfremdungsbegriff siehe z. B. Jaeggi (2005), Ehrenberg (2011).
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Nachtwey, O. (2014). Arbeit, Lohnarbeit und Industriearbeit. In: Marx für SozialwissenschaftlerInnen. Studienskripten zur Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18865-2_6
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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