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Franck, Julia: Die Mittagsfrau

  • Living reference work entry
  • First Online:
Kindlers Literatur Lexikon (KLL)
  • 22 Accesses

Zusammenfassung

Der 2007 erschienene Roman spielt innerhalb der Zeitspanne von kurz vor dem Ersten bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg und schildert die Geschichte einer Mutter, die ihr Kind verlässt. Mit den Worten „Ich bin gleich zurück, wart hier“ setzt Francks Protagonistin Helene ihren siebenjährigen Sohn Peter kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Flucht aus Stettin auf einem Bahnsteig ab und kehrt nicht wieder zurück. Was aus der Perspektive des Kindes, die Franck in diesem Prolog zunächst einnimmt, als unfassbare Tat erscheint, wird im Laufe der folgenden Schilderung der Vergangenheit als notwendige Konsequenz prägender Erlebnisse und Schicksalsschläge deutlich. So wird Helene bereits in eine Leerstelle hineingeboren, die ihre kurz nach der Geburt gestorbenen Brüder hinterlassen haben und die zu füllen ihr allein wegen ihres Geschlechts unmöglich ist. Helenes Kindheit ist daher vor allem geprägt durch mütterliche Ablehnung in Form unberechenbarer Wutausbrüche und vernichtender Beschimpfungen. In der Notgemeinschaft mit ihrer neun Jahre älteren Schwester Martha lässt sie sich auf deren Machtspiele und sexuelle Annäherungen ein, um den Mangel an Aufmerksamkeit, Liebe und Zuwendung zu kompensieren. Während der kriegsbedingten Abwesenheit des Vaters Ernst Ludwig Würsich schottet sich seine Frau Selma – aufgrund ihrer jüdischen Herkunft seit jeher aus der Bautzener Dorfgemeinschaft ausgeschlossen – zunehmend ab und überlässt die Töchter sich selbst. Martha beginnt eine Krankenschwesternausbildung und geht eine heimliche Beziehung mit ihrer Freundin und Kollegin Leontine ein. Helene wird nach dem vergeblichen Versuch, die Druckerei des Vaters aufrecht zu erhalten, ebenfalls Schwesternschülerin, ist wie bereits zu Schulzeiten den anderen stets voraus und träumt von einem Medizinstudium. Als der Vater verstümmelt aus dem Krieg zurückkehrt und kurz darauf stirbt, nehmen die Schwestern Kontakt zu ihrer Tante Fanny in Berlin auf und erhalten bald eine Einladung auf unbegrenzte Zeit. Martha kann in der Hauptstadt an ihre Beziehung zu Leontine anknüpfen und wird schnell in Fannys vergnügungssüchtigen Freundeskreis integriert, Helene bleibt hingegen ausgeschlossen. Durch den Einfluss der Tante finden beide Mädchen bald Arbeit. An ihrem 19. Geburtstag lernt Helene den Philosophiestudenten Carl Wertheimer kennen, mit dem sie vier Jahre lang eine glückliche und erstmals gleichberechtigte Liebe erlebt, zusammenzieht und die Zukunft plant. Als Carl tödlich verunglückt, fällt Helene in einen apathischen Zustand, in dem sie fortan nur noch funktioniert. In dieser Situation trifft sie auf den nationalsozialistisch gesinnten Wilhelm, der so lange um sie wirbt, bis sie nachgibt, sich von ihm aufgrund ihrer zunehmend gefährlicher werdenden jüdischen Herkunft neue Papiere besorgen und fortan Alice nennen lässt, ihn heiratet und mit ihm nach Stettin zieht. Wilhelms Entdeckung in der Hochzeitsnacht, dass Helene keine Jungfrau mehr ist, veranlasst ihn zu Zornanfällen und Demütigungen, die die Ehe daraufhin prägen. Trotz ihrer Vorkehrungen wird Helene schwanger und bringt einen Sohn zur Welt. Von Wilhelm allein gelassen und finanziell auf sich gestellt, gibt Helene Peter früh in fremde Hände, um ihrer Tätigkeit als Krankenschwester nachgehen zu können.

Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH

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Hollerweger, E. (2021). Franck, Julia: Die Mittagsfrau. In: Arnold, H.L. (eds) Kindlers Literatur Lexikon (KLL). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_6371-1

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