Doulatābādi, Maḥmud: Zavāl-e Kolonel

Zusammenfassung

Der in neupersischer Sprache geschriebene Roman erschien 2009 zuerst in deutscher Übersetzung. In Iran kann er derzeit nicht veröffentlicht werden. Entstanden ist er in der Mitte der 1980er Jahre, als die Begeisterung über die Islamische Revolution einer allgemeinen Enttäuschung, Wut oder Resignation gewichen war. Erzählt wird die Geschichte eines Offiziers aus der Schahzeit und seiner fünf Kinder. In Anspielung auf den iranischen Patrioten Oberst Mohammad Taghi Pessian aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, der allgemein ‚Der Colonel‘ genannt wurde, gibt der Autor seiner Hauptfigur denselben Beinamen. Der royalistische Offizier, seine drei Söhne und seine beiden Töchter stehen für die verschiedenen politischen Positionen im Iran des 20. Jh.s, der Vater für das laizistische, von Reża Šāh oktroyierte Gesellschaftsmodell und die Kinder für die unterschiedlichen, einander befehdenden Oppositionsgruppen. Die Handlung beschränkt sich auf 24 Stunden zur Zeit des Kriegs gegen Irak. Zwei Männer klopfen in einer Regennacht um halb vier Uhr an die Haustür des Colonels, um ihn zur Staatsanwaltschaft zu holen, wo man ihm – gegen Bezahlung – den Leichnam einer seiner Töchter aushändigt. Sie ist in der Haft getötet worden, und noch in der Nacht muss der Vater sie anonym bestatten. Die disziplinierte, gehorsame Reaktion des Colonels ist die eines alten Soldaten, obwohl er aus der kaiserlichen Armee ausgestoßen worden war. Er hatte sich von seiner Frau durch ihre offen zur Schau gestellten Affären und ihren Drogenmissbrauch gedemütigt gefühlt. Als ihm die Erlaubnis verweigert worden war, sich deswegen scheiden zu lassen, hatte er sie getötet und sich damit gleichzeitig einem vom Schah befohlenen Einsatz in Dhofar entzogen, den er als Patriot ablehnte, weil die Kampfhandlungen seiner Meinung nach nur im Interesse der englischen Quasi-Kolonialmacht lagen.

Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH