Zusammenfassung
Die Geschichte der Weimarer Republik steht zwangsläufig im Zeichen ihres Scheiterns. Ihr Ende gab der deutschen und europäischen Geschichte eine katastrophale Wendung. Die Frage nach den Gründen des Scheiterns hat seitdem das historische Interesse und die Forschung dauerhaft beschäftigt. In seinem 1955 erschienenen Werk über die Auflösung der Weimarer Republik legte Karl Dietrich Bracher eine erste bahnbrechende Analyse dieses Themas vor. In einem ersten Teil, der einer Strukturgeschichte der Weimarer Republik gleicht, analysiert er „Probleme der Machtstruktur“, insbesondere Parlament und Parteien, Ideologie und Protestbewegung, Militär und Bürokratie. Als wichtigsten Krisenmechanismus identifizierte Bracher die durchgehende Tendenz zur Entmachtung des Parlaments, begründet unter anderem in einem problematischen verfassungsrechtlichen „Dualismus“ zwischen dem Reichstag und dem direkt gewählten Reichspräsidenten. Der Reichspräsident verfügte über das Recht zur Ernennung und Entlassung des Reichskanzlers, zur Auflösung des Reichstages sowie zum Erlass von Notverordnungen. Erst die Kombination dieser drei Kompetenzen, die sich anfangs freilich kaum voraussehen ließ, potenzierte die Machtfülle des Reichspräsidenten. Diese Machtfülle entsprang letztlich einem „missglückten Kompromiss“, der Elemente der konstitutionellen Monarchie mit dem demokratischen Parlamentarismus zu verbinden suchte. Sie wurde ab 1929/30 im antiparlamentarischen Sinne genutzt und bewirkte den „Trend zur Ablösung des parlamentarischen Systems durch eine demokratisch-plebiszitär verhüllte Diktatur“. Diese Ergebnisse sind begrifflich als „präsidentielle Reserveverfassung“ und „Semi-Parlamentarismus“ der Weimarer Republik in die Forschungsgeschichte eingegangen.
Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH
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Bibliographie
Literatur
W. Conze: Brünings Politik unter dem Druck der großen Krise, in: Historische Zeitschrift 199, 1964, 529–550.
E. Kolb: Die Weimarer Republik, 62002.
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Wirsching, A. (2020). Bracher, Karl Dietrich: Die Auflösung der Weimarer Republik. In: Arnold, H.L. (eds) Kindlers Literatur Lexikon (KLL). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_11843-1
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