Zusammenfassung
Der Beitrag analysiert die Positionen der Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl 2021. Dabei werden die beiden Online-Wahlhilfen WahlSwiper und Wahl-O-Mat zur Datengewinnung verwendet, die die wichtigsten programmatischen Streitfragen vor der Bundestagswahl abgebildet und erfasst haben. Mittels Zusammenhangsmaßen, Clusteranalysen sowie multidimensionaler Skalierung werden die Befunde zur relativen Ähnlichkeit und den Positionierungen der Parteien gewonnen. Von zentralem Interesse ist dabei, welche Strukturen und Lager sich auf der Basis der verwendeten Daten ergeben. Darüber hinaus werden zentrale Politikfelder näher betrachtet. Es zeigt sich vor allem bei klassischen Links-Rechts-Streitfragen wie der Steuerpolitik, dass sich deutlichere Unterschiede ergeben als etwa bei der Umweltpolitik, der Moralpolitik und der Außen- und Sicherheitspolitik. Schließlich wird noch auf Basis des WahlSwipers analysiert, welche Parteien sich im Koalitionsvertrag am stärksten durchgesetzt haben.
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Notes
- 1.
Beim Wahl-O-Mat erarbeitet eine, von Experten betreute, Redaktion aus Erstwählern die Fragen. Beim WahlSwiper ist es eine Gruppe von rund zehn Politikwissenschaftlern der Universität Freiburg, die die Fragen erarbeitet.
- 2.
Ein weiterer Anspruch des WahlSwipers war die politische Bildung migrantischer Bevölkerung in Deutschland. So wurde der WahlSwiper auf Englisch, Türkisch, Russisch, Arabisch, Persisch und Kurdisch übersetzt und war damit in sieben Sprachen (inklusive der Erklärtexte und Videos) verfügbar.
- 3.
Brian Everitt, Cluster Analysis, Bd. 11, 2. Auflage Aufl., New York 1981 (Reviews of current research/Social Science Research Council); Uwe Wagschal, Statistik für Politikwissenschaftler, München 1999; Johann Bacher et al., Clusteranalyse: anwendungsorientierte Einführung in Klassifikationsverfahren, 3., erg., vollst. überarb. u. neu gestalt. Aufl., München 2010.
- 4.
Vor der Anwendung einer Clusteranalyse müssen die Originaldaten eine einheitliche Skala aufweisen, d. h. standardisiert werden.
- 5.
Das verwendete Verfahren ist PROXSCAL in SPSS, durchgeführt mit Torgerson-Start und bei Voraussetzung von euklidischer Metrik und als robuster angenommenen ordinalen Transformationen.
- 6.
Das Politikpanel Deutschland ist eine Online-Befragung der Universität Freiburg unter der Leitung von Uwe Wagschal und Sebastian Jäckle, die seit der Bundestagswahl 2017 in unregelmäßigen Abständen durchgeführt wird. Dabei wurden bislang mehrere zehntausende Personen befragt. Die vorliegende Nachwahlbefragung zur Bundestagswahl wurde im Zeitraum vom 28.09.–01.10.2021 durchgeführt. Insgesamt wurden 9634 Personen online befragt, wobei 9234 den Fragebogen beendeten (vgl. https://www.politikpanel.uni-freiburg.de/). Die Daten wurden nach soziodemographischen Merkmalen gewichtet.
- 7.
Die soziodemographische Verteilung der Daten zeigt, dass 64 Prozent der Befragten männlich sind, 52 Prozent haben einen Hochschulabschluss, was jeweils deutlich vom Bevölkerungsdurchschnitt abweicht. Im Hinblick auf die Altersverteilung sind 55,2 Prozent älter als 40 Jahre, was Nahe am Bevölkerungsdurchschnitt von 56,1 Prozent liegt.
- 8.
Der SSW wird bei dieser Auswertung auf Grund seiner geringen Größe nicht weiter betrachtet. CDU und CSU werden mit ihrem gemeinsamen Wahlprogramm zusammen bewertet.
- 9.
Die niedrigeren Erfolgsquoten beim Wahl-O-Mat liegt an der höheren Zahl der Antwortmöglichkeiten (3) im Vergleich zum WahlSwiper (2).
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Wagschal, U., Waldvogel, T. (2022). Die Parteipositionen bei der Bundestagswahl 2021. In: Korte, KR., Schiffers, M., von Schuckmann, A., Plümer, S. (eds) Die Bundestagswahl 2021. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35758-0_14-1
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