Zusammenfassung
Werner Sombarts Werk ist eine Brücke von der Geistes- und Sozialwissenschaft des 19. zu jener des 20. Jahrhunderts: Es spiegelt die methodischen und zeitdiagnostischen Diskussionen der Jahrhundertwende, etwa die Überlegungen von Schmoller, Wagner, Weber, Scheler, Simmel, aber auch Marx und Schumpeter. Sombart darf als Pionier einer „verstehenden Sozialwissenschaft“ (und Ökonomie) betrachtet werden, also einer Wirtschaftslehre als Kulturwissenschaft. Seine Wirtschaftsgeschichte will einen theoretischen Rahmen, der insbesondere mit seinem Modell einer „Gestaltidee“ der Epochen („Wirtschaftsstil“) entwickelt wird, mit einer Unmenge von historischem Material füllen; eine zunehmend unmögliche Aufgabe, die Max Weber mit seiner Konzeption des „Idealtypus“ zu lösen versuchte. Sombart bewegt sich in seinen Schriften von einer historisch-psychologischen Orientierung zu einer „geistwissenschaftlichen“, d. h. kulturwissenschaftlichen Betrachtung. Darüber hinaus aber hat er auch einige Aufsätze zur Soziologie, insbesondere zu ihren methodischen Fragen, etwa der Verstehenslehre, anzubieten, und er hat schließlich ein großes philosophisch-soziologisches Werk über den Menschen publiziert, in dem seine Vorliebe zur Verarbeitung jedes nur erdenklichen Materials zum Ausdruck kommt, zugleich aber die klare Linienführung zu wünschen übrig lässt.
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Notes
- 1.
„Noo“ ist ein gebundenes Lexem, stammt vom Altgriechischen nous, d. h. Geist, geistig, Gedanke. Wenn man deshalb die Sombartsche Noo-Soziologie mit „Wissenssoziologie“ übersetzt, liegt man durchaus nicht falsch – und auch inhaltlich beschreitet man damit keinen Irrweg, wenn man die aktuelle hermeneutische Wissenssoziologie mit den Intentionen Sombarts in Verbindung bringt.
- 2.
Die erste Auflage des Modernen Kapitalismus (in zwei Bänden) wurde 1902 publiziert, die wesentlich erweiterte, im Grunde neu geschriebene zweite Auflage erschien zwischen 1916 und 1927. In der Zwischenzeit hatten sich auch die methodischen und thematischen Auffassungen von Sombart wesentlich verändert: in der Beurteilung der kapitalistischen Entwicklung weg von einer stark marxistisch geprägten Position zu einer nationalistischen, manche meinen sogar: antidemokratischen Position; in methodologischer Hinsicht kam es zu einer Übernahme von Perspektiven von Windelband, Rickert, Dilthey, schließlich auch von Max Weber. Die unten genannten Einzelbücher bilden die Brücke zwischen der ersten und der zweiten Auflage.
Literatur
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Prisching, M. (2016). Werner Sombart und die Kultursoziologie. In: Moebius, S., Nungesser, F., Scherke, K. (eds) Handbuch Kultursoziologie. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-08000-6_38-1
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