Eine gute Investition in das Arbeits- und Betriebsklima Von Führungskräften und Mitarbeitern im Bereich der Pflege wird erwartet, dass Sie 24 Stunden pro Tag professionell kommunizieren, agieren und handeln. Doch kann diese hohe Erwartung erfüllt werden, wenn es jeden Tag eine Unmenge an Herausforderungen zu meistern gilt und wenig Zeit für Kommunikation, Austausch und Reflexion am Arbeitsplatz bleibt?

Wer wird als kommunikations- und konfliktkompetent bezeichnet? Dieses Attribut trifft auf Menschen zu, die klar, wertschätzend, empathisch sowie überzeugend kommunizieren und handeln. Zudem sind sie in der Lage, Person von Sache und Handlung zu trennen, um auf sachlicher Ebene zukunfts- und lösungsorientiert agieren zu können, ohne die Beziehungsebene zu vergessen. Im Gesundheitsbereich können gleichermaßen Führungskräfte, Ärzte sowie Mitarbeiter oder Kollegen der unterschiedlichsten Berufe und Fachbereiche über Kommunikations- und Konfliktkompetenz verfügen.

Eine Vielzahl an Kommunikationstools wie das Sender-Empfänger-Modell, die Bedürfnisebenen von Maslow und Herzberg oder auch das 4-Ohren-Modell haben sich Ärzte, Führungskräfte sowie pflegende und betreuende Berufsgruppen in ihren Ausbildungen angeeignet. Doch theoretisch erworbene Kommunikationskompetenzen in die Praxis beziehungsweise den beruflichen Alltag zu integrieren scheint eine große Herausforderung zu sein.

Kommunikationskompetenzen umsetzen

Die Umsetzung von Kommunikationskompetenzen in die Praxis wird von persönlichen, strukturellen und äußeren Faktoren beeinflusst.

Äußere Einflussfaktoren: Besonders von Bedeutung sein kann ein negativ erlebtes Arbeits- und Betriebsklima. Aber auch schwelende oder tabuisierte Konflikte, hierarchische Strukturen, Altlasten aller Art, mangelnde Zeitressourcen, welche einen kollegialen Austausch minimieren, Stressfaktoren, Überforderung, der Führungsstil, Bewohner, Patienten oder deren Angehörige mit herausforderndem Verhalten nehmen Einfluss auf den Kommunikationsstil und das Konfliktverhalten im Umfeld der Pflege.

Innere Einflussfaktoren: Interkulturalität in Pflegeteams bringt Schwung und eine belebende Vielfalt in den Alltag der Pflege. Doch, egal ob Führungskraft oder Mitarbeiter, jede Person bringt meist unbewusst ihre Werte, Haltung, sozio-kulturelle Prägung, Rollenbilder, Sprach- und erworbene Konfliktmuster oder Erfahrungen in den beruflichen Alltag, in unzähligen Interaktionen ein. Auch Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen spielen dabei eine wesentliche Rolle. "… in diesen für alle sehr herausfordernden Situationen spielen unterschiedliche Interessen und Zielsetzungen, aber auch Wertvorstellungen eine große Rolle.", so Carmen Helbok-Foeger MSc, MBA Geschäftsführerin benevit Vorarlberg.

Die Bedürfnisebenen nach Maslow und Herzberg und ähnliche Modelle sind allen bekannt, doch ihre Bedeutung in Konfliktsituationen wird oft übersehen. Erscheint beispielsweise eine Bedürfniserfüllung am Arbeitsplatz für Mitarbeiter, Bewohner oder Angehörige unmöglich, entsteht eine Defizitsituation und eine Änderung des Kommunikationsverhaltens. Infolgedessen kann es zum Auftreten von Konflikten, zur Demotivation, zu herausforderndem Verhalten bei allen Beteiligten, bis hin zu Kurz- und Langzeitkrankenständen oder sogar zur Kündigung kommen.

Interne unterstützende Möglichkeiten

Es ist erwiesenermaßen hilfreich wenn im Unternehmen Methoden wie Intervision, kollegiale Beratung, Fallbesprechungen, Teamsitzungen, Gesprächsmodelle (z.B. das Mitarbeiterorientierungsgespräch), Einstiegs-und Ausstiegsgespräche, Fördergespräche, Beschwerde- und Konfliktgespräche, Angehörigen- und Patientensprechstunden) implementiert sind und im Alltag gelebt werden. Der Träger muss dafür die notwendigen Rahmenbedingungen, Strukturen und Mittel zur Verfügung stellen, damit eine qualitativ hochwertige Umsetzung stattfinden kann. Die Ausbildung von Pflegepersonal zu Konfliktlotsen kann ein wichtiger Beitrag im Unternehmen sein und einen Kulturwandel in Gang bringen.

Grundlage einer gelingenden Kommunikations- und Konfliktkultur in Unternehmen ist das Training der Team- und Stationsleiter sowie weiterer Führungskräfte. Alexandra Rauch Leitung im Seniorenzentrum Gröbming zählt zu ihren Meetings monatliche ARGE Einrichtungsleitertreffen, Treffen/Austausch der sieben Sozialhilfeverband-Einrichtungen und der Geschäftsführung, monatliche Führungsteam-Treffen, um das aktuelle Geschehen außerhalb der Arbeitssituation zu reflektieren, jährlich eine Hausklausur, zweimal jährlich ein Teamcoaching (im Anlassfall öfter), auch Einzelcoaching, Konfliktstufenplan.

Suchen Sie sich externe Unterstützung

Zum Glück gehört die Vorstellung, dass Führungskräfte nur dann als "gut" bezeichnet wurden, wenn sie alle Herausforderungen allein meistern konnten, Großteils der Vergangenheit an. Mittlerweile ist es selbstverständlich, dass externe Berater und Spezialisten in unterschiedlichsten Fällen hinzugezogen werden. Gerade der "Außenblick" kann Systeme in Bewegung bringen und damit Veränderung möglich machen.

Bewährt hat sich in vielen Einrichtungen die Methode der Supervision - ein Modell, welches beispielsweise bei Fallthemen oder leicht schwelenden Konflikten zum Einsatz kommen kann. Supervision kann aber auch als präventive Maßnahme gesehen werden, da in diesem Rahmen Themen offen angesprochen werden können. Merkmal einer Supervision ist allerdings die freiwillige Teilnahme der Mitarbeiter. Die Praxis zeigt, dass Supervision von am Konfliktgeschehen beteiligten Personen gemieden und damit ein lösungsorientiertes Arbeiten verzögert wird.

Coachings, seien es Führungskräfte-, Einzel- oder Teamcoachings, werden beobachtbar vermehrt in Anspruch genommen. Teamcoaching ermöglicht den Führungskräften, aktuelle Themen einzubringen. Die Teilnahme an einer Teamcoachingeinheit kann auch als verpflichtende Maßnahme in der Dienstzeit gesehen werden. Mediation - insbesondere die Pflegemediation - ist eine wunderbare Erweiterung der externen Begleitung. Wobei die Freiwilligkeit der teilnehmenden Personen einen hohen Stellenwert einnimmt. Coaching und Mediation eignen sich auch zur Konfliktbearbeitung bei höheren Eskalationsstufen. Bei hoch eskalierten Konflikten jedoch braucht es eine Entscheidung auf Führungsebene oder Institutions- und Trägerebene. "Ziel ist es, durch den offenen Umgang mit Fehlern eine ehrliche Kommunikation sicher zu stellen, damit Anregungen und Unklarheiten sofort besprochen und Maßnahmen abgeleitet werden können", so Johann Fuchs, Leitung Seniorenhaus Menda/Hartberg.

Literatur

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  • Glasl F, Weeks D (2008) Die Kernkompetenzen für Mediation und Konfliktmanagement. Ein Praxishandbuch mit Fallbeispielen auf DVD. Concadora, Stuttgart

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  • Mahlmann R (2001) Konflikte managen. Psychologische Grundlagen, Modelle und Fallstudien 2. Aufl. Beltz, Weinheim und Basel

  • Pühl H (Hrsg.) (2003) Mediation in Organisationen: Neue Wege des Konfliktmanagement: Grundlagen und Praxis. Leutner, Berlin

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  • Schulz von Thun F (2013) Miteinander reden 2. Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren in schwierigen Gesprächen. Rowohlt, Hamburg

  • Schulz von Thun F (2013) Miteinander reden 3. Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation: Kommunikation, Person, Situation. Rowohlt, Hamburg