1 Emotionsarbeit

Ungefähr 74 % aller Beschäftigten in Deutschland sind im Dienstleistungssektor tätig (Destatis 2015). In diesem Bereich stehen Aufgaben im Vordergrund, die Interaktionen mit Dritten wie Kunden, Klienten oder Patienten beinhalten. Emotionsarbeit ist diesen Tätigkeitsformen inhärent und wird beschrieben als „the management of feeling to create a publicly observable facial and bodily display […] for a wage“ (Hochschild 1983, S. 7). Es gibt eine Vielzahl von Theorien bzw. Modellen zu Emotionsarbeit (Ashforth und Humphrey 1993; Diefendorff und Richard 2003; Grandey 2000; Morris und Feldman 1997; Zapf 2002). Laut theoretischem Rahmenmodell von Grandey (2000) findet Emotionsregulation als Antwort auf bestimmte emotionale Ereignisse oder Interaktionsanforderungen statt. Letztere stellen bedingungsbezogene Aspekte von Emotionsarbeit dar und setzen sich zusammen aus Darstellungsregeln sowie der Häufigkeit, Dauer und Variabilität des geforderten Emotionsausdrucks. Dabei spezifizieren Darstellungsregeln, welche Emotionen in bestimmten Situationen angemessen sind und wie diese ausgedrückt werden sollten. So existieren Darstellungsregeln, die das Zeigen positiver oder negativer Emotionen vorgeben oder das Unterdrücken dieser verlangen (Rubin et al. 2005). Auch das Vorliegen einer Kombination dieser unterschiedlichen Anforderungen ist möglich. Derartige Regeln werden entweder implizit wahrgenommen oder explizit durch den Arbeitgeber mittels Handbüchern oder Schulungen vorgegeben. Nach Hochschild (1983) gibt es zwei mögliche Emotionsregulationsstrategien, um Darstellungsregeln einzuhalten – Surface Acting (Oberflächenhandeln) und Deep Acting (Tiefenhandeln). Surface Acting ist gekennzeichnet durch das äußere Darstellen erwünschter Emotionen unabhängig von eigenen erlebten Gefühlen und kann zum Beispiel durch die Anpassung von Mimik und Gestik hergestellt werden (Grandey 2000). Deep Acting bezeichnet hingegen das Verändern des Gefühlslebens in Richtung der (wahrgenommenen) Vorgaben und wird beispielsweise durch kognitive Uminterpretation erzeugt (Grandey 2000). Im Zentrum vieler Modelle steht zusätzlich der Zustand der emotionalen Dissonanz (z. B. Zapf 2002), wobei der Begriff in der Literatur unterschiedlich verwendet wird. Im Sinne von Emotion-Rule Dissonance entspricht die geforderte Emotion nicht den eigenen Gefühlen (Holman et al. 2008). Im Gegensatz dazu beschreibt Emotion-Display Dissonance, dass die gefühlte Emotion nicht dem gezeigten Emotionsausdruck gleicht.

1.1 Emotionsarbeit und Beanspruchungsfolgen

Bisherige Überblicksarbeiten und Metaanalysen liefern eine Zusammenschau über die Beziehungen von Emotionsarbeit mit Zielgrößen wie (psychischer) Gesundheit, Befinden, Arbeitszufriedenheit und Motivation (Hülsheger und Schewe 2011; Kenworthy et al. 2014; Mesmer-Magnus et al. 2012; Schöllgen und Schulz 2016). Demnach geht häufigeres Surface Acting mit höheren Ausprägungen der Burnout-Facetten (emotionale) Erschöpfung und Depersonalisation einher und steht ebenfalls in Zusammenhang mit geringerer Arbeitszufriedenheit. Ebenso geht der häufige Einsatz der Strategie des Surface Acting mit einer stärkeren Beeinträchtigung des körperlichen Befindens einher. Ein Großteil vorliegender Studien deutet darauf hin, dass häufigeres Deep Acting mit etwas weniger reduzierter Leistungsfähigkeit einhergeht (Burnout-Facette). Weitere Zusammenhänge von Deep Acting mit anderen Befindensindikatoren sind wenig konsistent und oftmals nicht vorhanden. Was den Zustand der emotionalen Dissonanz betrifft, liegen sowohl statistisch gesicherte Zusammenhänge mit stärkerer emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation vor als auch mit geringerer Arbeitszufriedenheit sowie schlechterem mentalen und körperlichen Befinden. Gesicherte Erkenntnisse bestehen ebenfalls für den bedingungsbezogenen Aspekt der Darstellungsregeln. Stärker ausgeprägte oder wahrgenommene Darstellungsregeln hinsichtlich des Unterdrückens negativer Emotionen gehen dabei mit etwas mehr (emotionaler) Erschöpfung einher. Weitere Facetten von Emotionsarbeit sind bisher kaum untersucht worden.

Ein Großteil bisheriger Forschung basiert auf Querschnittstudien und es liegen nur wenige Längsschnittuntersuchungen vor, welche zudem inkonsistente Ergebnisse aufweisen (für Details siehe Schöllgen und Schulz 2016). So konnten zum Beispiel Hülsheger und Kollegen (2010) einen zeitversetzten Effekt von Surface Acting auf emotionale Irritation belegen. Weitere Studien fanden im Lagged-Modell keine Wirkung von Surface Acting auf spätere emotionale Erschöpfung (Philipp und Schüpbach 2010). Hingegen zeigte sich ein Effekt von Deep Acting auf spätere emotionale Erschöpfung (Philipp und Schüpbach 2010), nicht jedoch auf spätere emotionale Irritation (Hülsheger et al. 2010). Es konnten außerdem keine zeitversetzten Wirkungen von emotionaler Dissonanz auf Befinden gefunden werden (Diestel und Schmidt 2012). Zusammenfassend existiert zwar gesicherte Evidenz für Zusammenhänge zwischen Facetten von Emotionsarbeit und Beanspruchungsfolgen. Es lassen sich bis dato jedoch keine gesicherten kausalen Wirkrichtungen feststellen.

1.2 Emotionsarbeit und Arbeitsgestaltung

Wie zuvor erläutert besteht eine Vielzahl an Studien über Zusammenhänge einzelner Facetten von Emotionsarbeit mit unterschiedlichen Outcomes. In den meisten Fällen enthalten diese Studien auch auf die Praxis bezogene Vorschläge zur Arbeitsgestaltung oder erproben diese mitunter in entsprechenden Untersuchungen. Es scheint bisher jedoch keine Überblicksarbeit zu existieren, welche die in der Literatur vorgeschlagenen Möglichkeiten der personen- und bedingungsbezogenen Gestaltung von Emotionsarbeit sowie deren Umsetzung analysiert. Zu diesem Zwecke soll das vorliegende Review dienen. In diesem Zusammenhang soll untersucht werden, auf welche Faktoren sich die in vorliegenden Studien getroffenen Gestaltungsaussagen beziehen. Die erste zentrale Forschungsfrage des vorliegenden Reviews lautet demzufolge:

F1:

Welche Gestaltungsaussagen werden in Studien zum Thema Emotionsarbeit getroffen?

In Verbindung mit der ersten Forschungsfrage soll ebenfalls geklärt werden, welchen Grad der empirischen Absicherung die in Studien veröffentlichten Empfehlungen zur praktischen Gestaltung aufweisen. Hierbei kann zwischen Gestaltungswissen, Gestaltungsempfehlungen und Gestaltungshinweisen unterschieden werden (BAuA 2014). Wenn die Wirkung einer Arbeitsgestaltungsmaßnahme gezielt erforscht und bestätigt wird, kann daraus gesichertes Gestaltungswissen abgeleitet werden. Aus Studien ohne Intervention, jedoch mit klarem wissenschaftlichem Befund können Gestaltungsempfehlungen resultieren. Hingegen beinhalten Gestaltungshinweise plausible Annahmen zur Arbeitsgestaltung, die jedoch nicht durch einen klaren empirischen Befund begründet sind. Um zu ermitteln, inwiefern die in Studien getätigten Gestaltungsaussagen für Emotionsarbeit auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, soll folgende Forschungsfrage untersucht werden:

F2:

Welche empirische Absicherung weisen die gefundenen Gestaltungsaussagen in Studien zum Thema Emotionsarbeit auf?

2 Methode

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde eine bereits vorhandene Literatursammlung verwendet, die zur Ermittlung des aktuellen Forschungsstands zum Thema Emotionsarbeit angelegt wurde und auf einer datenbankgestützten Literaturrecherche (in Medline, PsycINFO, PSYNDEX sowie WISO) basiert, die mit zentralen Begriffen zu Emotionsarbeit durchgeführt wurde. Dabei erfolgte mithilfe ausgewählter Suchstrings eine Einschränkung auf den Arbeitskontext (Suchstrings bei Schöllgen und Schulz 2016). In die Auswertung wurden zunächst 128 Studien eingeschlossen. Diese enthalten 5 Metaanalysen mit Zusammenfassungen des Forschungsstands vor dem Jahr 2010 sowie 123 Primärpublikationen, die ab Januar 2010 bis Oktober 2014 veröffentlicht wurden.

3 Ergebnisse

Von den 128 Artikeln enthielten 114 Artikel Gestaltungsaussagen und wurden somit in die vorliegende Arbeit einbezogen (berücksichtigte Artikel siehe Schöllgen und Schulz 2016). Da im Rahmen dieser Auswertung nur 9 Arbeiten gefunden wurden, die gezielt die Wirkung von Arbeitsgestaltungsmaßnahmen primär laborexperimentell untersucht hatten, wurde eine zusätzliche Handsuche durchgeführt. Diese erbrachte 7 weitere Interventionsstudien aus den Jahren 2006 bis 2015, die in der vorliegenden Auswertung berücksichtigt wurden. Dabei handelt es sich um Gestaltungmaßnahmen in Form von Trainings, die in Tab. 1 im Anhang aufgeführt sind. Die Summe der in die Analyse eingeflossenen Studien beläuft sich damit auf N = 121. Die ausgewerteten Gestaltungsvorschläge beziehen sich sowohl auf einzelne Facetten von Emotionsarbeit als auch auf weitere gestaltbare Faktoren und lassen sich in (1) personenbezogene sowie (2) bedingungsbezogene Gestaltungsaussagen einteilen.

3.1 Personenbezogene Gestaltungsaussagen

Die unter personenbezogenen Gestaltungsaussagen zusammengefassten Praxisempfehlungen setzen beim einzelnen Mitarbeiter an und beinhalten entweder Vorschläge für die Praxis der Personalentwicklung oder der Personalauswahl.

3.1.1 Personalentwicklung

Studien mit Hinweisen für die Personalentwicklung benennen häufig unterschiedliche Möglichkeiten zur Durchführung von Trainings. Diese beziehen sich entweder direkt auf einzelne Facetten von Emotionsarbeit oder betreffen individuelle Ressourcen für den Umgang mit Dritten.

In einem Großteil der ausgewerteten Studien wird dafür plädiert, Mitarbeiter durch Trainings zu mehr Deep Acting zu ermutigen (z. B. Cheung und Tang 2010a; Gabriel et al. 2015; Gopalan et al. 2013). Dieser Rat basiert primär auf Erkenntnissen aus Querschnittstudien, in denen sich nur geringe beeinträchtigende Effekte dieser Regulationsstrategie zeigen. Mit dem Vorschlag des verstärkten Einsatzes von Deep Acting gehen konkrete Anregungen für Techniken zum Erlernen dieser Regulationsstrategie einher. Zum Beispiel wird für dessen Einübung zu Rollenspielen geraten (z. B. Blau et al. 2012). Weitere Trainingshinweise beziehen sich auf das Erlernen kognitiver Neubewertungen, der Perspektivübernahme oder der Aufmerksamkeitsverschiebung bei Interaktionssituationen (z. B. Cheung und Tang 2010b; Grandey et al. 2013). Tatsächliche Wirksamkeitsüberprüfungen dieser Empfehlungen werden jedoch in nur wenigen Interventionsstudien vorgenommen. Diese berichten über positive Trainingseffekte hinsichtlich des Befindens (Berking et al. 2010; Feldman 2009; Richard 2006; Tiffert 2006). Was die Wirkung auf Leistung betrifft, werden entweder positive Effekte (Hülsheger et al. 2015) oder ausbleibende Interventionserfolge (Tiffert 2006) berichtet. Dies könnte u. a. an der jeweils unterschiedlichen Operationalisierung von Leistung (z. B. Trinkgeldhöhe vs. Verkaufserfolg per Selbsteinschätzung) liegen. Neben der Befürwortung der Einübung von Deep Acting gibt es auch Autoren, die diesbezüglich zur Vorsicht raten. Prentice et al. (2013) berufen sich zum Beispiel auf Ashforth und Humphrey (1993), die eine Gefahr in der vermehrten Ausübung von Tiefenhandeln durch drohende Selbstentfremdung sowie den damit verbundenen psychischen und physischen Beeinträchtigungen sehen.

Die häufige Empfehlung, Deep Acting zu fördern geht bei einigen Studien mit dem Rat einher, Surface Acting auf ein Minimum zu reduzieren (Gabriel et al. 2015; Kim et al. 2012). Als Begründung für diesen Vorschlag werden vornehmlich negative Zusammenhänge von Surface Acting mit Beanspruchungsindikatoren angeführt. Im Rahmen eines Achtsamkeitstrainings ließ sich das Oberflächenhandeln erfolgreich verringern (Hülsheger et al. 2013). Da jedoch weitere Studien zur Absicherung der Ergebnisse vonnöten sind, werden seitens der Autoren keine konkreten Praxisempfehlungen ausgesprochen. Im Gegensatz zum Rat der Minimierung von Surface Acting, wird aufgrund einzelner Beobachtungen angenommen, dass dessen Ausübung für Personen mit bestimmten Merkmalsausprägungen, wie stärkerer Extraversion, sogar leistungsförderlich sein könnte (Chi et al. 2011). Daneben wird trotz fehlender empirischer Belege teilweise vermutet, dass ein durch Training automatisiertes Oberflächenhandeln mit weniger Aufwand und Stresserleben einhergehen könnte (Beal et al. 2013; Goodwin et al. 2011).

Neben Empfehlungen für die beiden Emotionsregulationsstrategien Deep und Surface Acting wird auch gefordert, den Ausdruck authentischer Emotionen durch entsprechende Trainings zu unterstützen. Anstatt das Regulieren von Emotionen einzuüben, sollen die eigenen, natürlich entstandenen Emotionen akzeptiert werden (z. B. Biron und van Veldhoven 2012; Cheung und Cheung 2013; Gabriel et al. 2015). Positive Zusammenhänge zwischen dem Zeigen authentischer Emotionen und der Arbeitszufriedenheit konnten bereits festgestellt werden (z. B. Yin et al. 2013). In einigen Studien wird die Forderung eines authentischen Emotionsausdrucks weiter spezifiziert und die Unterstützung unverfälschter positiver Emotionen empfohlen (z. B. Sliter et al. 2010; Wang und Groth 2014; Yagil 2014). Allerdings werden auch Zweifel an Trainings mit dem Ziel des freien Emotionsausdrucks geäußert. So geben Kinman et al. (2011) zu bedenken, dass der Ausdruck authentischer Emotionen nicht auf alle beruflichen Kontexte übertragbar sein dürfte (z. B. auf den Beruf des Lehrers). In einer Studie wird auch vorgeschlagen, die Schaffung einer emotionalen Distanz zu ermöglichen (Detached Concern; Hunter und Penney 2014). Dabei handelt es sich um eine Bewältigungsstrategie, die sich durch Empathie und Zugewandtheit im Umgang mit Dritten auszeichnet, jedoch gleichzeitig eine ausreichende persönliche Abgrenzung sicherstellt.

Darüber hinaus werden in vielen Studien Trainings zur Bewältigung von Emotionsarbeit vorgeschlagen oder deren Wirksamkeit überprüft. So wurden zum Beispiel angehende Pflegekräfte einem Training unterzogen, welches den angemessenen Umgang mit eigenen Emotionen zum Ziel hatte (Herms 2012). Neben der Psychoedukation zum Thema Emotionsarbeit wurde auf die Erarbeitung individueller Strategien für den Umgang mit eigenen Emotionen fokussiert, ohne dass hierbei jedoch konkrete Vorgehensweisen vorgegeben wurden. Im Ergebnis konnten keine signifikanten Veränderungen von Emotionsregulationskompetenzen oder Befindensindikatoren nach Abschluss des Trainings belegt werden. Auf den Gebrauch von Resilienz- bzw. Stressmanagementtrainings wird ebenfalls in einigen Studien verwiesen (z. B. Adams und Buck 2010). Ein damit stark verwandter Ansatz wurde von Berking et al. (2010) in einem Training für Polizeibeamte erprobt, in dem die Bewältigung negativer Emotionen mithilfe unterschiedlicher Techniken wie Entspannungsübungen oder der Identifikation von Auslösern für emotionale Reaktionen im Zentrum stand. Eine statistisch signifikante Verbesserung der Akzeptanz und Toleranz negativer Emotionen konnte u. a. unmittelbar nach Beendigung des Trainings festgestellt werden.

Weitere Vorschläge beziehen sich auf die Steigerung von individuellen Ressourcen. So werden zum Beispiel Interventionen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz diskutiert, wie etwa Konfliktmanagement- und Kommunikationstrainings (z. B. Kinman et al. 2011; Lee et al. 2010; Noor und Zainuddin 2011). Konkretere Empfehlungen zielen auf die Förderung spezifischer Aspekte wie Selbstkontrollfähigkeiten (Diestel und Schmidt 2011, 2012). Die Basis für diesen Ratschlag bilden zwei längsschnittlich angelegte Studien, die u. a. eine Verschlimmerung der negativen Auswirkungen von emotionaler Dissonanz im Falle geringer Selbstkontrollfähigkeiten feststellen konnten. Trainings zur Stärkung der emotionalen Intelligenz werden vor allem auf Basis querschnittlicher Studien empfohlen, die eine mildernde Wirkung auf negative Beziehungen zwischen Emotionsregulationsstrategien und Beanspruchungsfolgen finden konnten (z. B. Karimi et al. 2014; Lee und Ok 2014). Hierzu zählt zum Beispiel der Rat zur Einübung der korrekten Wahrnehmung und Interpretation von Emotionen des Gegenübers (z. B. Bechtoldt et al. 2011). Weitere Vorschläge beinhalten die Förderung von Komponenten des sogenannten Psychologischen Kapitals wie Optimismus oder Selbstwirksamkeitserwartungen (Cheung et al. 2011), da diese Komponenten die negativen Effekte der Emotionsregulation offenbar mildern können (Pugh et al. 2011; Xanthopoulou et al. 2013). Allerdings fehlen mehrheitlich in den entsprechenden Empfehlungen präzise Aussagen zu inhaltlichen Elementen dieser Maßnahmen sowie Angaben zu ihrer tatsächlichen Wirksamkeit.

3.1.2 Personalauswahl

Ermittelte Studien mit Vorschlägen für die Personalauswahl fokussieren hauptsächlich auf Merkmale, die als förderlich für die Ausübung von Emotionsarbeit eingeschätzt werden, wobei insbesondere die Beachtung verschiedener Persönlichkeitsmerkmale im Rahmen von Auswahlprozessen thematisiert wird.

Diese Empfehlungen basieren auf den Befunden einzelner Studien, in denen bestimmte Merkmale in Verbindung mit Facetten von Emotionsarbeit betrachtet wurden. Auf Grundlage festgestellter Interaktionseffekte wird zum Beispiel dazu geraten, Personen für Tätigkeiten mit Kundenkontakt auszuwählen, die über eine stärkere positive und eine geringere negative Affektivität verfügen (Adil und Kamal 2013). Diese Merkmalsausprägungen erwiesen sich als Schutz vor beeinträchtigenden Beanspruchungsfolgen. Meta-analytische Ergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass Personen mit höher ausgeprägter negativer Affektivität Darstellungsregeln zum Unterdrücken negativer Emotionen stärker wahrnehmen und mehr Surface Acting betreiben (Kammeyer‐Mueller et al. 2013). Im Gegensatz dazu scheint eine höher ausgeprägte positive Affektivität mit einer stärkeren Wahrnehmung von Darstellungsregeln zum Zeigen positiver Emotionen und mehr Deep Acting einherzugehen. Basierend auf positiven Zusammenhängen mit Deep Acting werden hohe Ausprägungen von Extraversion, emotionaler Stabilität und Verträglichkeit ebenso als günstig beschrieben (Kiffin-Petersen et al. 2011). Häufig wird auch darauf verwiesen, dass Personen mit hoher emotionaler Intelligenz bereits bei der Personalauswahl berücksichtigt und für Tätigkeiten mit Emotionsarbeit bevorzugt eingestellt werden sollten (Psilopanagioti et al. 2012; Sliter et al. 2013). Dies ist auf die bereits erwähnte mildernde Wirkung der emotionalen Intelligenz zurückzuführen, welche negative Effekte von Emotionsregulationsstrategien auf Beanspruchungsfolgen abschwächen kann. Insgesamt mangelt es an wissenschaftlichen Erkenntnissen, ob die Berücksichtigung der genannten Faktoren bei der Personalauswahl später tatsächlich die gewünschten Effekte im Sinne geringerer Befindensbeeinträchtigungen und besserer Leistung erzielt.

3.2 Bedingungsbezogene Gestaltungsaussagen

Die unter bedingungsbezogenen Gestaltungsaussagen zusammengefassten Praxisempfehlungen zielen entweder auf bedingungsbezogene Aspekte von Emotionsarbeit oder auf die Veränderung von Arbeitsbedingungen im Allgemeinen.

Ratschläge zum Umgang mit Darstellungsregeln als bedingungsbezogenen Aspekt von Emotionsarbeit konnten nur selten gefunden werden. Lediglich basierend auf Ergebnissen eines Laborexperiments wird die eindeutige Empfehlung ausgesprochen, Darstellungsregeln nur in Richtung des Zeigens positiver Emotionen zu formulieren und nicht das Unterdrücken negativer Emotionen explizit zu betonen (Hopp et al. 2012). Bisher existiert nur eine geringe Anzahl an Erkenntnissen zu Auswirkungen positiv gerichteter Darstellungsregeln, welche meist mittels laborexperimenteller Untersuchungen gewonnen wurden. Diese weisen zum Beispiel keine einheitlichen Befunde zu Effekten auf die Strategien Surface und Deep Acting auf (Buckner V und Mahoney 2012; Rohrmann et al. 2011). Christoforou und Ashforth (2014) regen zu einem Mittelweg zwischen klar vorgegebenen Darstellungsregeln und der Möglichkeit einer situativen Anpassung dieser an. Dieser Rat basiert auf ihren Untersuchungsergebnissen, in denen sich eine besonders hohe und auch niedrige Deutlichkeit von Darstellungsregeln ungünstig auf erwünschte Verhaltensweisen (z. B. Serviceverhalten) auswirkten. Diefendorff et al. (2011) raten zu einer sogenannten Bottom-Up-Entwicklung von Darstellungsregeln mithilfe der Partizipation von Mitarbeitern. Dabei soll ein gemeinsames Verständnis für Handlungsmöglichkeiten durch den Austausch über gut funktionierende Verhaltensweisen in prototypischen Situationen entwickelt werden. Die Basis für diese Empfehlung ist allerdings unklar.

Weitere über Emotionsarbeit hinausgehende Empfehlungen beziehen sich häufig auf Entlastungsmöglichkeiten durch die gezielte Stärkung sozialer Ressourcen. Dabei wird die Erhöhung der sozialen Unterstützung durch die eigene Organisation, Vorgesetzte und Kollegen gefordert sowie die Verbesserung der allgemeinen Kooperation innerhalb von Teams (z. B. Adams und Buck 2010; Chou et al. 2012). Nur in den seltensten Fällen basieren diese Empfehlungen auf empirisch belegbaren Interaktionseffekten (z. B. Chen et al. 2012). Ähnliche Vorschläge beinhalten die Verbesserung des Organisationsklimas, dessen puffernde Effekte ebenfalls nur vereinzelt in Querschnittstudien geprüft wurden (z. B. Cheng et al. 2013). Die Schaffung einer Atmosphäre des Vertrauens soll einen freien und authentischen Emotionsausdruck im Kollegenkreis ermöglichen sowie den Austausch über frustrierende Kundenerlebnisse und potenzielle Lösungsansätze erleichtern (z. B. Gabriel et al. 2015; Gillespie et al. 2011). Ein authentisch ausgeprägtes Betriebsklima scheint zum Beispiel den Effekt von Surface Acting auf emotionale Erschöpfung abzumildern (Grandey et al. 2012). Über die genannten Vorschläge hinaus wird in einigen Studien zu der Einrichtung von Mentoring- und Peer-Support-Programmen geraten, deren Wirkung jedoch nicht im Rahmen von Emotionsarbeit erforscht wurde (z. B. Hsieh et al. 2012; Karatepe 2011). Daneben wird auch die Durchführung von Führungskräftetrainings zur Förderung sozialer Unterstützung und konstruktivem Feedback gefordert (Chou et al. 2012; Karatepe 2011). Die Förderung ethischen Führungsverhaltens (Wertschätzung, Fairness, Vertrauen etc.) wird auf Basis eines Studienergebnisses gefordert, in der ethische Führung mildernd auf negative Effekte durch Surface Acting wirkte (Lu und Guy 2014). Auch zu transformationaler Führung (Vorbildfunktion, individuelle Unterstützung, intellektuelle Anregung) wird geraten (Bartram et al. 2012). Die auf den entsprechenden Empfehlungen beruhende Studie untersucht jedoch transformationale Führung nur als Bestandteil eines breiteren Konzeptes (High Performance Work Systems) und wird in ihrer Wirkung nicht separat untersucht. Hinweise zur Ausbildung stärkerer Beziehungen zu Kunden (z. B. Kontakthäufigkeit) werden ebenfalls gegeben (Wang und Groth 2014). Die Wichtigkeit guter Kundenbeziehungen wurde bereits im theoretischen Modell von Grandey und Diamond (2010) als wichtiger Faktor benannt und deren Pufferfunktion für negative Effekte durch Emotionsregulationsstrategien (Surface Acting) vereinzelt belegt (z. B. Wang und Groth 2014).

Die Schaffung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen bei der Gestaltung von Emotionsarbeit wird zwar sehr häufig betont (z. B. Gopalan et al. 2013; Jiang et al. 2013; Karatepe 2011; Niven et al. 2013; Stächele 2012), jedoch liegen nur wenige Untersuchungen vor, die der entlastenden Funktion dieses Merkmals nachgehen. Eine Ausnahme bildet hier die Forderung nach der Gewährung situativer Kontrollspielräume – wie etwa Freiheiten bei der zeitlichen Organisation sowie der Art und Weise der Aufgabenbearbeitung – die auf empirisch identifizierten Moderatoreffekten basiert (Freund et al. 2012).

Neben dem Handlungs- und Entscheidungsspielraum ist die Bereitstellung von Pausen ein ebenso häufig diskutierter Faktor. Es wird dazu geraten, Mitarbeitern die Möglichkeit einzuräumen, sich von Phasen der Emotionsregulation zu erholen (z. B. Diefendorff et al. 2011; Gabriel et al. 2015; Grandey et al. 2012). Ruhepausen während der Arbeitszeit sollen somit die Gelegenheit bieten, verbrauchte Ressourcen aufzufüllen (Sliter et al. 2010). Diese Empfehlungen basieren meist auf einer Studie von Trougakos et al. (2008), in der die Wichtigkeit von Pausen mit wenig Anforderungen an die Emotions- bzw. Selbstregulation herausgestellt wird. Dabei wird häufig die Bedeutsamkeit betont, sich während der Pausen mit Kollegen über kritische Situationen austauschen und Emotionen unverfälscht zeigen zu können, was zum Beispiel auch durch Ergebnisse eines Laborexperiments untermauert wird (McCance et al. 2013). Regulationspausen werden teilweise gemeinsam mit vorübergehendem Wechsel des Arbeitsplatzes angesprochen (Job Rotation; z. B. Scott und Barnes 2011; Wagner et al. 2014). Dies kann beispielsweise durch den Vorgesetzten eingeleitet werden (Scott und Barnes 2011). Auch die Freiheit über den Zeitpunkt der Auszeit selbst zu entscheiden, wird als wichtig erachtet (Sliter et al. 2010). Eine empirische Erprobung fehlt allerdings bislang.

Belohnungen werden ebenso als Gestaltungsmöglichkeit erwähnt, um einerseits das Befolgen von Darstellungsregeln zu verstärken (Chou et al. 2012; Hsieh et al. 2012; Lee und Ok 2014) und andererseits negative Effekte der Emotionsregulation abzumildern. Jedoch wurde die Pufferwirkung von Belohnungen bisher in nur einer Studie getestet (Grandey et al. 2013). Finanzielle Belohnungen schwächten dabei negative Effekte von Surface Acting ab.

4 Diskussion

Dieses Review liefert eine Übersicht der in der Literatur vorhandenen Vorschläge zur Arbeitsgestaltung bei Tätigkeiten, die Emotionsarbeit umfassen. Zunächst wurde die Forschungsfrage untersucht, welche gestaltungsrelevanten Aussagen sich in vorliegenden Studien zum Thema Emotionsarbeit finden. In Verbindung mit dieser Fragestellung wurde ebenfalls ermittelt, inwiefern die getroffenen Praxisempfehlungen auf empirischen Erkenntnissen basieren. Allgemein ließ sich feststellen, dass die in der Literatur ermittelten Vorschläge sowohl personen- als auch bedingungsbezogene Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf Emotionsarbeit umfassen.

Personenbezogene Gestaltungsaussagen beziehen sich vor allem auf verhaltensbezogene Aspekte, wie Facetten der Emotionsregulation oder weitere persönliche Ressourcen, die durch Trainings optimiert oder bereits bei der Personalauswahl berücksichtigt werden sollten. Oftmals enthalten die Publikationen Interventionsvorschläge für die Strategien Surface Acting und Deep Acting. Die festgestellte Häufung dieser Empfehlungen dürfte darin begründet liegen, dass sich ein Großteil der bisherigen Forschung mit diesen beiden Facetten und ihren Zusammenhängen zu Beanspruchungsfolgen beschäftigt. Ungeachtet des Fehlens statistisch gesicherter Belege für ursächliche Wirkungen der beiden Emotionsregulationsstrategien wird mehrheitlich zur Minimierung von Surface Acting und zum Einüben von Deep Acting geraten. Diese Empfehlung deckt sich auch mit Hinweisen, die in Praxisleitfäden zum Thema Emotionsarbeit gegeben werden (z. B. Schweer et al. 2011). Bisher wurde jedoch die Wirksamkeit der gezielten Einübung von Deep Acting und der Reduktion von Surface Acting in Form von Interventions- oder Simulationsstudien nur selten untersucht. Zudem wird zunehmend angeraten die natürlich empfundenen, authentischen Emotionen zu zeigen. Basis hierfür bilden Ergebnisse neuerer Studien, die positive Effekte der sogenannten Automatic Regulation auf das Befinden zeigen konnten (z. B. Martínez-Iñigo et al. 2007; Yin et al. 2013). Künftige Untersuchungen sollten stärker berücksichtigen, welche Rolle der jeweilige Kontext für die Auswirkungen des authentischen Emotionsausdrucks spielt und inwiefern dieser gefördert werden kann. Neben den Facetten von Emotionsarbeit i. e. S. wird oftmals die Berücksichtigung von Persönlichkeitsmerkmalen, wie emotionaler Intelligenz oder Extraversion, bei der Personalauswahl gefordert. Auch in diesem Fall basiert ein Großteil der Empfehlungen nicht auf Längsschnittuntersuchungen, sodass hier keine kausalen Schlüsse gezogen werden können. Außerdem wird der Einsatz von Persönlichkeitstests im Rahmen der Berufseignungsdiagnostik aus diversen Gründen, zum Beispiel wegen Zweifeln an ihrer prognostischen Validität, kontrovers diskutiert (z. B. Morgeson et al. 2007). Zusammenfassend lässt sich für personenbezogene Gestaltungsaussagen feststellen, dass bisher vor allem Gestaltungsempfehlungen auf Basis primär querschnittlich angelegter Studien sowie über diese Befunde hinausgehende Gestaltungshinweise in der Literatur vorliegen. Aufgrund nur selten durchgeführter Interventionsstudien herrscht bislang ein Mangel an gesichertem Gestaltungswissen in diesem Bereich.

Bedingungsbezogene Gestaltungsaussagen konnten seltener in der ausgewerteten Literatur gefunden werden und umfassen eine große Bandbreite an verhältnisbezogenen Aspekten. So wird bezüglich der Darstellungsregeln als Aspekt von Emotionsarbeit lediglich in einer Untersuchung die klare Empfehlung ausgesprochen, Regeln ausschließlich für das Zeigen positiver Emotionen aufzustellen (Hopp et al. 2012). Dies erscheint zwar angesichts der dazugehörigen Studienbefunde nachvollziehbar. Für gesichertes Gestaltungswissen fehlt jedoch die Replikation dieser Befunde anhand weiterer Studien. Ein Großteil der ausgewerteten Arbeiten betont andere Entlastungsmöglichkeiten durch die Gestaltung von Arbeitsbedingungen, unter denen Emotionsarbeit erfolgt. Vorschläge zur Stärkung sozialer Ressourcen, der Einführung bedarfsorientierter Pausenregelungen sowie der Schaffung angemessener Handlungs- und Entscheidungsspielräume sind Beispiele hierfür. Diesen Faktoren wird oftmals eine moderierende Wirkung unterstellt, durch welche negative Effekte von Emotionsarbeit auf das Befinden abgeschwächt werden sollten. Bei genauer Betrachtung ist jedoch auffällig, dass diese Faktoren zwar häufig genannt werden, die Anzahl entsprechender empirischer Untersuchungen im Zusammenhang mit Emotionsarbeit jedoch eher gering ist. Auch in Praxisratgebern werden diese Faktoren für Gestaltungsanregungen herangezogen (z. B. Schweer et al. 2011; Zapf et al. 2009). Einige der genannten Aspekte sind zudem in den Vorschlägen zur Ausgestaltung von Interaktionsarbeit nach Böhle und Kollegen (2015) enthaltenFootnote 1. Resümierend lässt sich auch bezüglich bedingungsbezogener Gestaltungsaussagen für Emotionsarbeit feststellen, dass in der Literatur vorwiegend Gestaltungshinweise und vereinzelte Gestaltungsempfehlungen existieren. Ein Mangel an gesichertem Gestaltungswissen liegt auch hier aufgrund kaum vorhandener Interventionsstudien vor.

Bei allgemeiner Betrachtung der ermittelten Gestaltungsaussagen fällt weiterhin auf, dass die inhaltliche Ausgestaltung und Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen weitestgehend unklar bleibt. Dies mag auch der Tatsache geschuldet sein, dass es sich bei den meisten Untersuchungen um Studien ohne Interventionsvorhaben handelt und Gestaltungsaussagen nicht den Fokus der Untersuchung ausmachen. Selbst bei Studien, die gezielt der Wirkung des Trainings bestimmter Aspekte von Emotionsarbeit nachgehen, finden sich meist eher vage Aussagen ohne klare Handlungsanleitungen für Interventionen. Eine Ausnahme bilden hierbei die wenigen Simulationsstudien, in denen die Methodik und Durchführung einzelner Interventionen ausführlich erklärt werden. Um künftige Interventionsstudien replizieren zu können, wäre die genaue Beschreibung und Dokumentation dieser Aspekte jedoch wichtig.

5 Zusammenfassende Bewertung und Ausblick

Allgemein lässt sich feststellen, dass bis dato kein gesichertes Gestaltungswissen in Bezug auf Emotionsarbeit existiert. Ein Großteil der in der Literatur vorhandenen Gestaltungsvorschläge liegt in Form von plausiblen Annahmen zur Arbeitsgestaltung vor oder basiert auf empirischen Studien ohne Intervention. Nur selten wird die Wirkung der vorgeschlagenen Arbeitsgestaltungsmaßnahmen tatsächlich erprobt. Für die künftige Forschung bleibt somit zu prüfen, ob die empfohlenen personen- und bedingungsbezogenen Maßnahmen tatsächlich ihre vermutete Wirkung zeigen. Entsprechend sind in Zukunft gezielte Interventionsstudien notwendig, um gesichertes Gestaltungswissen ableiten zu können. Dabei sollte die Entwicklung und Evaluation dieser Maßnahmen auf die Spezifika einzelner Branchen zugeschnitten sein, um dem jeweiligen Qualifizierungsbedarf für Emotionsarbeit gerecht zu werden.