1 Einleitung

In der Diskussion zur Qualität der Lehrerbildung ist die Frage zentral, wie Lehrpersonen die Kompetenzen erwerben, die sie für die Ausübung ihres Berufs benötigen, und welche Rolle dabei unter anderem die universitäre Lehrerbildung spielt (Hascher 2014). Einen wesentlichen Bestandteil professioneller Kompetenz von Lehrkräften stellt dabei, neben dem fachdidaktischen und fachlichen Wissen, das pädagogische Wissen dar (Baumert und Kunter 2006). Es handelt sich dabei um „those broad principles and strategies of classroom management and organization that appear to transcend subject matter“ (Shulman 1987, S. 8). In der Folge wird der universitären Lehrerausbildung eine zentrale Rolle zugeschrieben, wenn die Vermittlung professionsbezogenen Wissens und dadurch auch pädagogischen Wissens zur Debatte steht (Terhart 2012). Inwieweit dabei die Wissenserwerbsprozesse der angehenden Lehrkräfte durch formelle Lerngelegenheiten (s. Abschn. 2.2) in der Universität beeinflusst werden, ist angesichts aktueller Reformfragen zur Wirksamkeit von Lehrer/innenbildung zwar eine hoch relevante, jedoch bislang eine noch wenig bearbeitete Fragestellung. Dass dieses Forschungsdesiderat besteht, liegt unter anderem daran, dass es an einer präzisen und extensiven Messung von Lerngelegenheiten der universitären Ausbildung mangelt (vgl. im Überblick König et al. 2017b).

An dieser Problemstellung setzt die vorhandene Studie an, die auf folgende drei Fragestellungen fokussiert: Erstens wird gefragt, ob es signifikante Unterschiede im pädagogischen Wissen zwischen Bachelor- und Master-Lehramtsstudierenden gibt. Hier ist die Annahme leitend, dass mit fortschreitender Ausbildung angehende Lehrkräfte auch über ein umfangreicheres Wissen verfügen. Zweitens wird mithilfe von regressionsanalytischen Strukturgleichungsmodellen der Einfluss der Lerngelegenheiten – bezogen einerseits auf die in Vorlesungen und Seminaren erworbenen pädagogischen Ausbildungsinhalte sowie andererseits auf die lernprozessbezogenen schulpraktischen Tätigkeiten (s. Abschn. 2.3 und 3.2.2) – auf das pädagogische Wissen untersucht. Drittens wird der Vermittlungseffekt der Lerngelegenheiten in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Ausbildungsabschnitt (Bachelor vs. Master) und pädagogischem Wissen aufgegriffen. Unsere Fragestellungen zielen also darauf ab, sowohl die curriculare Validität des pädagogischen Wissens als auch die allgemein postulierte Wirksamkeit der Lehramtsausbildung zu prüfen.

1.1 Theoretischer Hintergrund

1.1.1 Pädagogisches Wissen und Lehrerexpertise

Pädagogisches Wissen stellt neben fachdidaktischem Wissen und Fachwissen einen wesentlichen Bestandteil des professionellen Wissens von Lehrkräften (Grossman und Richert 1988; Terhart 1993; Bromme 1997) sowie einen Kernbereich ihrer professionellen Kompetenz (Baumert und Kunter 2006) dar. Diese Unterscheidung geht auf die Arbeiten von Shulman (1986, 1987) zurück und hat sich weitgehend in der Fachliteratur durchgesetzt (Baumert und Kunter 2006). An seine Definition vom pädagogischen Wissen (s. oben) schließen die Standards für die Lehrerbildung der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2004 an: „Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen. Ihre Kernaufgabe ist die gezielte und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltete Planung, Organisation und Reflexion von Lehr- und Lernprozessen sowie ihre individuelle Bewertung und systemische Evaluation. Die berufliche Qualität von Lehrkräften entscheidet sich an der Qualität ihres Unterrichts“ (KMK 2004, S. 3). Die in der KMK (2004) formulierten Standards für die Lehrerausbildung markieren zugleich eine Ergänzung der Input- um die Output-Orientierung der Lehrerausbildung in Deutschland. Dadurch werden nicht nur Zielsetzungen festgelegt, die während der Lehrerausbildung erreicht werden sollen, sondern es geht, zumindest konzeptionell, auch um die Frage, ob und inwiefern die gesetzten Ziele nach einem bestimmten Ausbildungsabschnitt tatsächlich erreicht werden, d. h., ob die Lehrerbildung ihre Ziele erreicht (Terhart 2012). Insofern stellt sich die Frage, ob das für die erfolgreiche Ausübung des Lehrerberufs benötigte pädagogische Wissen während der universitären Lehrerausbildung von den Studierenden erworben wird.

Im Einklang mit den Ausführungen von Shulman (1987) stehen die Annahmen und Befunde der Forschung zur Lehrerexpertise (s. Baumert und Kunter 2006), wonach „die (erfolgreiche) Tätigkeit von Lehrkräften auf Wissen und Können beruht, das in der Ausbildung in theoretischen und praktischen Phasen gewonnen und dann durch die Berufserfahrung weiter entwickelt wurde“ (Bromme 2008, S. 159). Lehrpersonen gelten als Experten, wenn Sie über einen längeren Zeitraum hinweg in ihrem Gebiet beruhend auf ihrem Wissen herausragende Leistungen erbringen (Gruber 2001). Dabei gilt Lehrerexpertise nicht als eine angeborene Eigenschaft des Individuums, sondern sie besteht aus erworbenen Fähigkeiten.

Sehr prominent in diesem Zusammenhang ist ein Modell zur Entwicklung der Lehrerexpertise, das von Berliner (2001, 2004) basierend auf die Arbeit von Dreyfus und Dreyfus (1986) aufgestellt worden ist (vgl. z. B. detailliert König et al. 2010). Demnach weist Lehrerexpertise folgende Stadien auf: 1. Novize (novice), 2. Fortgeschrittener Anfänger (advanced beginner), 3. Kompetent Handelnder (competent performer), 4. Profilierter (proficiency) und 5. Experte (expertise). Studienanfänger können laut diesem Modell vor allem aufgrund ihrer fehlenden Unterrichtserfahrungen in Bezug auf ihr pädagogisches Wissen als Novizen bezeichnet werden, die sich ein Grundverständnis von Unterricht (z. B. wesentliche Begriffe und Konzepte) aneignen müssen. Sie sollten bis zum Ende ihrer Ausbildung das zweite Stadium des Fortgeschrittenen Anfängers erreicht haben. Während des Berufseinstiegs kann dann die dritte Stufe des Kompetent Handelnden, der auch volle Verantwortung für sein Unterrichtshandeln übernimmt, erreicht werden, auf die dann weitere Stufen folgen (s. Berliner 2001, 2004). Da die Basis der Expertise theoretisch-formales Wissen ist, das häufig anhand der Unterteilung von Shulman (1986) operationalisiert wird (s. Bromme 2008), und da pädagogisches Wissen einen wesentlichen Bestandteil dieses theoretisch-formalen Wissens darstellt (Baumert und Kunter 2006), kann man anhand des Lehrerexpertise-Ansatzes erwarten, dass im Laufe der Lehrerausbildung das pädagogische Wissen der Studierenden zunimmt.

1.1.2 Universitäre Lerngelegenheiten und der Erwerb von pädagogischem Wissen

Lerngelegenheiten lassen sich im Allgemeinen in formelle und informelle Lerngelegenheiten unterteilen (Kunina-Habenicht et al. 2013). Die formellen Lerngelegenheiten, auf die nachfolgend fokussiert wird, beziehen sich auf institutionalisierte Bildungseinrichtungen, die qualifizierte Abschlüsse ermöglichen. Sie lassen sich in das intendierte, implementierte und erreichte Curriculum unterteilen (Hascher 2014). Das intendierte Curriculum wird üblicherweise in Studien- und Prüfungsordnungen konkretisiert und verbindlich definiert. Es kann als Angebot betrachtet werden, auf welches angehende Lehrkräfte in ihrer Ausbildung treffen (König et al. 2010). Das implementierte Curriculum fokussiert hingegen auf die individuelle Nutzung des Lehrangebots durch die Studierenden. Das erreichte Curriculum wiederum resultiert aus dem intendierten und implementierten Curriculum. In der vorliegenden Studie erfassen wir es durch das getestete pädagogische Wissen.

Theoretisch lässt sich der Einfluss der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen mithilfe von Angebots-Nutzungs-Modellen sehr gut begründen (s. Kunter et al. 2011; König und Seifert 2012). Der Grundgedanke dabei ist (s. Abb. 1), dass die universitäre Lehrerausbildung ein Angebot darstellt, das nicht direkt zur Entwicklung der professionellen Kompetenz der angehenden Lehrkräfte führt, sondern vermittelt wird über die individuelle Nutzung dieses Angebots durch die Studierenden. Somit dient uns nachfolgend das in Abb. 1 dargestellte Modell als Grundlage, Merkmale der Lerngelegenheiten über die Berichte der angehenden Lehrkräfte zu erfassen und in ihrer individuellen Ausprägung als Prädiktor für das zu erwerbende Wissen zu verwenden.

Abb. 1
figure 1

Untersuchungsmodell zum Einfluss des Ausbildungsabschnitts und der Merkmale der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen

Im Fokus unserer Studie steht also die subjektive Wahrnehmung der angehenden Lehrkräfte bezüglich der dargebotenen Lerngelegenheiten. Das lässt sich dadurch begründen, dass im Lehramtsstudium je nach Ausbildungsabschnitt, Ausbildungsgang und Standort den Studierenden eine große Wahlfreiheit in Bezug auf die zu besuchenden Veranstaltungen eingeräumt wird, die zum Erwerb von professionellen Kompetenzen führen soll (Terhart 2012). Bezogen auf den Erwerb von pädagogischem Wissen dürften solche Komponenten der Lehrausbildung von Bedeutung sein, die sich auf fachübergreifende und schulpraktische Lerngelegenheiten beziehen. Diese sind einerseits die pädagogischen Ausbildungsinhalte und andererseits die lernprozessbezogenen schulpraktischen Tätigkeiten (s. Abb. 1), da beide Lerngelegenheitsbereiche die curriculare Struktur zentraler Komponenten der Lehrerausbildung in Zusammenhang mit dem Erwerb von pädagogischem Wissens widerspiegeln (Cochran-Smith und Zeichner 2005). Während die pädagogischen Ausbildungsinhalte zentrale Aspekte der pädagogischen Ausbildung umfassen, zielen die lernprozessbezogenen schulpraktischen Tätigkeiten vorwiegend auf die Erprobung des Unterrichtens. Da sowohl die pädagogischen Ausbildungsinhalte als auch die schulpraktischen Tätigkeiten die curriculare Struktur zentraler Komponenten der Lehrerausbildung in Zusammenhang mit dem Erwerb von pädagogischem Wissen widerspiegeln (Cochran-Smith und Zeichner 2005; Schmidt et al. 2011), kann erwartet werden, dass die individuelle Nutzung dieser beiden Lerngelegenheitsbereiche positiv mit dem Erwerb pädagogischen Wissens zusammenhängt.

Des Weiteren postulieren die Angebots-Nutzungs-Modelle, dass die individuellen Eingangsvoraussetzungen die professionelle Kompetenz der (angehenden) Lehrkräfte sowohl direkt als auch indirekt über die individuelle Nutzung der Lerngelegenheiten beeinflussen (Terhart 2012; König und Seifert 2012; Kunina-Habenicht et al. 2013) und somit interindividuelle Unterschiede in der professionellen Kompetenz von Lehrkräften erklären können. Diese Eingangsvoraussetzungen umfassen sowohl soziodemografische Merkmale (wie z. B. das Geschlecht, Alter, soziökonomische Status) als auch kognitive Leistungsvoraussetzungen (gemessen z. B. anhand des Indikators Abiturnote). Da der Fokus dieses Artikels auf dem Einfluss von Merkmalen der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen liegt, werden wir in den folgenden Analysen (s. Abschn. 3.2.3) Kontrollvariablen einbeziehen, die die individuellen Eingangsvoraussetzungen betreffen.

1.2 Forschungsstand

Bezogen auf die Forschung zum pädagogischen Wissen sind erst in der letzten Dekade nennenswerte Projekte durchgeführt worden (Voss et al. 2015). Zu erwähnen sind vor allem internationale Studien wie MT21 (s. Blömeke et al. 2008), TEDS-M (s. Blömeke et al. 2010) und EMW (s. König und Rothland 2015), wie auch nationale (deutsche) Studien wie SPEE (s. Seifert und Schaper 2010), COACTIV-R (s. Kleickmann und Anders 2011), LEK (s. König und Seifert 2012) und BilWiss (s. Kunina-Habenicht et al. 2013). Manche von diesen Studien (COACTIV-R, MT21, TEDS-M) fokussieren auf das pädagogische Wissen von Lehramtsstudierenden des Faches Mathematik, während andere (MT21, LEK, EMW) auf die zeitliche Entwicklung des pädagogischen Wissens abzielen, wobei ein Vergleich zwischen Lehramtsstudierenden je nach Ausbildungsabschnitt nur von den Studien MT21, LEK und EMW geleistet wird. Dieser Vergleich ist aber wichtig, wenn man genauer den Erfolg der universitären Lehrerausbildung beurteilen will.

Die Forschungslage zum Einfluss der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen lässt sich (vorausgesetzt man lässt Selbsteinschätzungsstudien außer Acht, s. König und Tachtsoglou 2012) als äußerst defizitär charakterisieren (Voss et al. 2015). So sprechen empirische Befunde aus TEDS-M (König und Blömeke 2010), COACTIV-R (Kleickmann und Anders 2011), LEK (König 2012) und EMW (König und Rothland 2015) für den Einfluss von strukturellen Unterschieden in der universitären Lehrerausbildung (also Ausbildungsabschnitt oder Ausbildungsgang) auf das pädagogische Wissen. Bezogen auf den Effekt von Merkmalen der Lerngelegenheiten auf die Entwicklung des pädagogischen Wissens zeigen die Befunde aus der LEK-Studie (König et al. 2012), dass diese einen positiven Effekt auf die längsschnittliche Entwicklung des pädagogischen Wissens haben können. Dies gilt auch für den Effekt der durch die Studierenden durchgeführten schulpraktischen Tätigkeiten, wie mit den Befunden der EMW-Studie (König und Klemenz 2015) belegt werden kann. Dagegen fanden Kunina-Habenicht et al. (2013) anhand der BilWiss-Daten, dass es keinen Zusammenhang zwischen der belegten Veranstaltungsanzahl, welche sich auf die pädagogischen Inhaltsbereiche beziehen, und dem getesteten Wert des pädagogischen Wissens gibt. Dies könnte ein wichtiger Hinweis sein, dass weniger die Anzahl von besuchten Lehrveranstaltungen, sondern vielmehr die studierten Inhalte valide Indikatoren zur Beschreibung des Curriculums darstellen (vgl. die Befunde der LEK-Studie, König et al. 2012). Ferner fanden Großschedl et al. (2015) keinen signifikanten Zusammenhang zwischen strukturellen Unterschieden in der universitären Lehrerausbildung (Ausbildungsgang) bzw. zwischen Aspekte des implementierten Curriculums (Unterrichtsplanung und -erfahrung während der universitären Lehrerausbildung) und dem pädagogischen Wissen angehen der Biologielehrkräfte.

1.3 Fragestellungen und Hypothesen

Vor dem Hintergrund des dargelegten Forschungsstandes stehen drei Fragen im Fokus dieser Studie:

  1. 1.

    Gibt es Unterschiede bezüglich des pädagogischen Wissens zwischen den Bachelor- und Master-Studierenden?

Basierend auf den obigen Ausführungen zur Lehrer-Expertise und angesichts der Variation in der organisatorisch-curricularen Gestaltung des Lehramtsstudiums (Bachelor, Master) sowie der daraus resultierenden Unterschiede in den dargebotenen formellen Lerngelegenheiten werden höhere Werte des pädagogischen Wissens für die Master-Studierenden erwartet (Hypothese 1, abgekürzt als H1).

  1. 2.

    Welchen Einfluss haben die Merkmale der Lerngelegenheiten auf das Niveau des pädagogischen Wissens der Studierenden?

Da der Ausbildungsabschnitt (Bachelor vs. Master) nur einen distalen Indikator der Lerngelegenheiten darstellt, werden wir auch Skalen zur Erfassung von behandelten pädagogischen Ausbildungsinhalten und lernprozessbezogenen schulpraktischen Lerngelegenheiten als proximale Indikatoren einbeziehen. Während Vorlesungen und Seminare, die sich auf pädagogische Themen beziehen, den Erwerb von hauptsächlich deklarativ-konzeptuellem pädagogischen Wissen (s. Absch. 3.2.1) unterstützen dürften, bieten lernprozessbezogene schulpraktische Tätigkeiten den Studierenden die Möglichkeit, ihr pädagogisches Wissen weiter zu strukturieren und zu prozeduralisieren (Voss et al. 2015). Somit vermuten wir mit unserem in Abb. 1 dargestellten Untersuchungsmodell, dass mit größerem Umfang von pädagogischen Ausbildungsinhalten und lernprozessbezogenen schulpraktischen Tätigkeiten auch ein höheres Niveau des pädagogischen Wissens einhergeht (Hypothese 2, nachfolgend abgekürzt als H2).

  1. 3.

    Lässt sich der positive Einfluss des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen durch die Merkmale der Lerngelegenheiten vermitteln?

Diesbezüglich erwarten wir basierend auf dem Untersuchungsmodell in Abb. 1 erstens, dass der Ausbildungsabschnitt die Merkmale der Lerngelegenheiten positiv beeinflusst (H3a), und zweitens, dass der Einfluss des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen durch die Merkmale der Lerngelegenheiten vermittelt wird (H3b).

2 Methode

Zur Prüfung der ersten Hypothese berechnen wir konfirmatorische Faktorenanalysen als Multigruppenmodelle mithilfe von Mplus (Muthén und Muthén 1998–2015). Durch eine vorherige Prüfung der Messinvarianz (s. Christ und Schlüter 2012) stellen wir sicher, dass die Bedeutung der zu messenden Konstrukte zwischen den Bachelor- und Masterstudierenden vergleichbar ist. Um unsere Hypothesen auf multivariater Ebene zu prüfen, verwenden wir ein latentes Mediationsmodell, das in seinen Grundzügen in Abb. 1 und 2 schematisch dargestellt ist. Dabei stellt der Ausbildungsabschnitt einen Prädiktor dar, welcher das Niveau pädagogischen Wissens als Outcome-Variable vorhersagt. Als Mediatorvariablen dienen in diesem Modell die individuelle Nutzung von pädagogischen Ausbildungsinhalten und schulpraktischen Tätigkeiten. Zuerst prüfen wir also auf multivariater Ebene die Geltung von H1, indem wir ein regressionsanalytisches Strukturgleichungsmodell berechnen. In diesem Modell betrachten wir neben den Kontrollvariablen (s. Abschn. 3.2.3) auch Merkmale der Lerngelegenheiten (s. Abschn. 3.2.2) als unabhängige Variablen, um den bereinigten Effekt des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen zu ermitteln. Zugleich eignet sich dieses Modell zur Überprüfung der zweiten Hypothese (H2). Zur Überprüfung der dritten Fragestellung berechnen wir ein weiteres Strukturgleichungsmodell, das neben dem pädagogischen Wissen auch Merkmale der Lerngelegenheiten als abhängige Variablen berücksichtigt. Hierbei wird erwartet, dass der Ausbildungsabschnitt die Merkmale der Lerngelegenheiten positiv beeinflusst (H3a). Des Weiteren soll im Einklang mit der Hypothese 3b der Effekt des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen an Stärke verliert. Dies soll als Beweis für den von uns angenommenen Vermittlungseffekt dienen (vgl. z. B. Field 2013). Dagegen sollte der indirekte Effekt des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen über die Merkmale der Lerngelegenheiten stärker sein als der direkte Effekt. Abb. 2 fasst die vermuteten und zu analysierenden Beziehungen als Pfadmodell zusammen, wobei sich die Zahlen neben den Pfaden auf die zu berücksichtigenden Analysen pro Modell beziehen. Die Kontrollvariablen, welche sich auf die Erfassung der individuellen Eingangsvoraussetzungen beziehen, befinden sich dabei auf der rechten Seite.

Abb. 2
figure 2

Pfadmodell zu Untersuchung des Einflusses des Ausbildungsabschnitts und der Merkmale der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen

In beiden Strukturgleichungsmodellen werden fehlende Werte mithilfe der Methode der full-information-maximum-likelihood modellbasiert geschätzt, d. h. der Behandlung fehlender Werte wird dadurch Rechnung getragen, dass Analyse- und Imputationsmodell identisch sind (vgl. Lüdtke et al. 2007).

2.1 Stichprobe

Datengrundlage unserer Studie bildet eine Stichprobe von Lehramtsstudierenden der Universität zu Köln, die im Rahmen eines hochschulweiten Bildungsmonitorings im Sommer 2016 befragt bzw. getestet wurden. Dieses Bildungsmonitoring wurde im Projekt Zukunftsstrategie Lehrer*innenbildung Köln – Heterogenität und Inklusion gestalten (ZuS)Footnote 1 realisiert. Die Stichprobe besteht aus Studierenden aller Lehrämter im 2. Semester Bachelor (n = 791) sowie 2. Semester Master (n = 341), die für eine Population von N = 1554 Bachelor- bzw. N = 594 Master-Studierenden stehen (Rücklaufquote: 51,2 % bzw. 56,9 %; vgl. detailliert König et al. 2017a).Bei den Bachelor-Studierenden kommt am häufigsten der Ausbildungsgang Lehramt an sonderpädagogische Förderung (40,6 %) vor, gefolgt von den Ausbildungsgängen Lehramt an Gymnasium/Gesamtschule (33,2 %), Lehramt an Haupt‑/Real‑/Gesamtschule (15,8 %), Lehramt an Grundschulen (7,7 %) und Lehramt an Berufskollegs (2,8 %). Bei den Masterstudierenden dominiert der Ausbildungsgang Lehramt an Gymnasium/Gesamtschule (39,6 %) gefolgt von den Ausbildungsgängen Lehramt an sonderpädagogische Förderung (31,7 %), Lehramt an Grundschulen (13,8 %), Lehramt an Haupt‑/Real‑/Gesamtschule (13,2 %) und Lehramt an Berufskollegs (1,8 %). Tab. 1 enthält Basisinformationen zu den Stichproben.

Tab. 1 Stichprobemerkmale

2.2 Instrumente

2.2.1 Pädagogisches Wissen

Die Erhebung des pädagogischen Wissens basiert auf dem in TEDS-M entwickelten Testinstrument. Als standardisierter Papier-Bleistift-Test wurde der Test schon sehr detailliert in mehreren Publikationen beschrieben (s. König und Blömeke 2009; König 2012; König und Klemenz 2015), sodass wir an dieser Stelle nur die Grundzüge des Testinstruments wiedergeben.

Determinierend für die Konzeption und Strukturierung des Tests war die auf der Allgemeinen Didaktik und basierende Erkenntnis, dass das Unterrichten die Kernaufgabe von Lehrpersonen ist (KMK 2004; König und Blömeke 2010). Die in dieser Studie verwendete Testversion besteht aus insgesamt 42 Items, welche indikativ für die Erfassung von vier beruflichen Anforderungen sind, mit denen sich Lehrpersonen aus fachübergreifender, pädagogischer Perspektive beim Unterrichten konfrontiert sehen: Umgang mit Heterogenität, Strukturierung von Unterricht, Klassenführung/Motivierung und Leistungsbeurteilung. Neben diesen Inhaltsbereichen unterscheidet das Testinstrument drei Dimensionen kognitiver Prozesse, die aus der von Anderson und Krathwohl (2001) revidierten und erweiterten Bloomsche Taxonomie stammen: Erinnern, Verstehen/Analysieren und Kreieren, wobei aus forschungsökonomischen Gründen weitere Dimensionen kognitiver Prozesse nicht einbezogen wurden (vgl. detailliert König und Blömeke 2010). Berufsbezogene Inhaltsbereiche und Dimensionen kognitiver Prozesse bilden somit eine Matrix (s. Abb. 3), welche die Basis zur Messung von pädagogischem Wissen darstellen. Durch das Messinstrument werden also zentrale Komponenten der professionellen Kompetenz von angehenden Lehrkräften erfasst. Ferner können Abb. 456 und 7 Beispielitems zu unserem Messinstrument entnommen werden.

Abb. 3
figure 3

Inhaltsdimensionen und Kognitive Prozesse von pädagogischem Wissen

Abb. 4
figure 4

Testaufgabe zur Erfassung von Wissen zur Leistungsbeurteilung mit der kognitiven Anforderung „erinnern“ sowie korrekte Lösung (1 Punkt) (Autoren 2010a)

Abb. 5
figure 5

Testaufgabe zur Erfassung von Wissen über Motivation mit der kognitiven Anforderung „verstehen/analysieren“ (jeweils 1 Punkt pro richtiger Antwort) (König und Blömeke 2010)

Abb. 6
figure 6

Testaufgabe zur Erfassung von Wissen zur beruflichen Anforderung Umgang mit Heterogenität mit der kognitiven Anforderung „kreieren/generieren von Handlungsoptionen“ (Antwortkasten in verkleinerter Darstellung) sowie Originalantworten mit Punktvergabe (Autoren 2010a)

Abb. 7
figure 7

Testaufgabe zur Erfassung von Wissen zur Strukturierung von Unterricht mit der kognitiven Anforderung „kreieren/generieren von Handlungsoptionen“ (Autoren 2010a)

Die Skalierung des pädagogischen Wissens im Rahmen unserer Studie ist in König et al. (2017a) sehr detailliert dargestellt. Es wurde eine mehrdimensionale IRT-Skalierung mithilfe der Software ConQuest (Version 4.0, Wu 2006) eingesetzt, um die Struktur (vierdimensionales Modell) des pädagogischen Wissens (Abb. 4) zu testen. Die Reliabilitäten der vier Subskalen, die sich auf die oben erwähnten vier beruflichen Anforderungen beziehen, liegen im akzeptablen bis guten Bereich (0,84/0,83/0,67/0,59). Die Item-Diskrimination beträgt im Durchschnitt 0,41 und die Varianz der Fähigkeitswerte der Studierenden (Theta-Varianz) 1,06.

Basierend auf unserer Skalierung stellen die EAP-Werte (Expected A Posteriori estimation, s. De Ayala et al. 1995) die Personenparameter zur Operationalisierung des pädagogischen Wissens in Bezug auf die folgenden bivariaten Analysen (4.1) dar. Für die Überprüfung unserer Hypothesen erfassen wir das pädagogische Wissen auf latenter Ebene anhand der tatsächlichen Testleistung der Studierenden zu den vier Subdimensionen des pädagogischen Wissens, nämlich Umgang mit Heterogenität, Strukturierung von Unterricht, Klassenführung/Motivierung und Leistungsbeurteilung. Die vier Subdimensionen gehen somit als Mittelwerte der Items in das Strukturgleichungsmodell ein (s. Abb. 2).

2.2.2 Skalen zur Erfassung von Merkmalen der Lerngelegenheiten

Zur Erfassung von Merkmalen der Lerngelegenheiten verwenden wir einerseits ein Messinstrument zur Erfassung der behandelten pädagogischen Ausbildungsinhalte und andererseits ein weiteres Messinstrument zur Erfassung der lernprozessbezogenen schulpraktischen Lerngelegenheiten. Beide Messinstrumente wurden im Rahmen der EMW-Studie konzipiert und realisiert (s. detailliert König et al. 2014, 2017b).

Das erste Messinstrument (pädagogische Ausbildungsinhalte) besteht aus insgesamt 37 Items, die sich zu vier Skalen zusammenfassen lassen: Umgang mit Heterogenität, Strukturierung von Unterricht, Klassenführung/Motivierung und Leistungsbeurteilung. Die Items weisen ein dichotomes Antwortformat (0 = nein/1 = ja) auf und wurden im Fragebogen mit der folgenden Frage eingeleitet: „Wurden folgende bildungswissenschaftliche Ausbildungsinhalte bisher in Ihrem Studium behandelt?“. Die einzelnen Dimensionen weisen eine Item-Anzahl von zwischen 8 und 11 auf, wie man anhand der Tab. 2 feststellen kann. Die gebildeten Skalen bestehen nun aus dem Durchschnittswert der einzelnen Items.

Tab. 2 Beispiel-Items zur Messung von Dimensionen pädagogischen Ausbildungsinhalte bei angehenden Lehrkräften und Reliabilität der Skalen (Cronbachs Alpha)

Das zweite Messinstrument (schulpraktische Tätigkeiten) besteht aus insgesamt 74 Items, die sich zu fünf Skalen zusammenfassen lassen (s. Tab. 3). Die Items weisen ein dichotomes Antwortformat (0 = nein/1 = ja) auf und wurden im Fragebogen mit der folgenden Frage eingeleitet: „Haben Sie im Rahmen Ihrer bisherigen Schulpraktika/in Ihrer bisherigen Schulpraxis folgende Tätigkeiten durchgeführt?“. Die einzelnen Dimensionen weisen eine Item-Anzahl zwischen 9 und 31 auf, wie man anhand der Tab. 3 feststellen kann. Die berechneten Skalen bestehen ebenfalls aus dem Durchschnittswert der einzelnen Items.

Tab. 3 Beispiel-Items zur Messung von Dimensionen schulpraktischer Tätigkeiten bei angehenden Lehrkräften und Reliabilität der Skalen (Cronbachs Alpha)

Die vorliegende Erfassung von Merkmalen der Lerngelegenheiten besteht somit aus den beiden latenten Konstrukten pädagogische Ausbildungsinhalte und schulpraktische Tätigkeiten. D. h., sie wurde anhand eines zweifaktoriellen Messmodells operationalisiert (vgl. Abb. 2).

2.2.3 Kontrollvariablen

Die Kontrollvariablen stellen Facetten der individuellen Eingangsvoraussetzungen dar. Wir betrachten hierbei das Geschlecht, das Alter, die Abiturnote und den Besuch des Leistungskurses Pädagogik in der Sekundarstufe II. Abiturnote wird als Indikator für allgemeine kognitive Grundfähigkeiten einbezogen. Außerdem kontrollieren wir den Effekt des Ausbildungsgangs, um Unterschiede in der curricularen Struktur des jeweiligen Ausbildungsgangs zu berücksichtigen.

3 Ergebnisse

3.1 Deskriptive Befunde

Tab. 4 sind die deskriptiven Kennwerte Mittelwert, Standardabweichung und Standardfehler des Mittewertes für die Skalen zur Erfassung der behandelten pädagogischen Ausbildungsinhalte und lernprozessbezogenen schulpraktischen Tätigkeiten zu entnehmen. In Bezug auf die Inhalte geben diese Mittelwerte gleichzeitig den Anteil der angehenden Lehrkräfte wieder (wegen der 0/1 Kodierung), welcher angab, dass die jeweiligen Inhalte bisher im Studium behandelt worden waren. Bezogen auf die schulpraktischen Tätigkeiten geben die Mittelwerte in Tab. 4 den Anteil der Studierenden wieder, welcher berichtete, dass die jeweiligen Tätigkeiten in der bisherigen Schulpraxis bzw. in bisherigen Schulpraktika durchgeführt worden waren. Der Anteil variiert für die Skalen zur Erfassung der Inhalte zwischen 27 % (Leistungsbeurteilung) und 40 % (Strukturierung), für die Skalen zu Tätigkeiten zwischen 25 % (Komplexität über forschungsmethodische Zugänge erkunden) und 52 % (pädagogische Handlungssituationen durchführen).

Tab. 4 Deskriptive Kennwerte für Skalen zur Erfassung von Merkmalen der Lerngelegenheiten und standardisierte Faktorladungen

In der letzten Spalte in Tab. 4 sind die Faktorladungen der entsprechenden manifesten Skalen zu betrachten, welche anhand einer konfirmatorischen Faktorenanalyse (zweifaktorielle Lösung) in Mplus berechnet wurden. In Bezug auf die latente Variable pädagogische Ausbildungsinhalte beträgt die niedrigste Faktorladung 0,68 (Skala Klassenführung/Motivierung) und die höchste 0,87 (Skala Strukturierung). Entsprechend fallen die Faktorladungen in Bezug auf die latente Variable schulpraktische Tätigkeiten. Insgesamt weist die konfirmatorische Faktorenanalyse – mit Ausnahme den Wert von RMSEA – eine gute Modell-Fit-Statistik auf (CFI = 0,95, RMSEA = 0,10, SRMR = 0,05). Die Korrelation zwischen den beiden latenten Variablen beträgt 0,73 und rechtfertigt die Messung dieser Merkmale der Lerngelegenheiten mithilfe von pädagogischen Ausbildungsinhalten und schulpraktischen Tätigkeiten (s. Abb. 2). Insgesamt sprechen diese Analyseergebnisse für die Eignung der jeweiligen manifesten Skalen zur Erfassung der beiden latenten Konstrukte.

Tab. 5 enthält die Ergebnisse der Messinvarianzprüfung für die vier Subskalen des pädagogischen Wissens (s. rechter Teil von Abb. 8). Es wurden sukzessiv die konfigurale, metrische und skalare Messinvarianz geprüft. Wie man Tab. 5 entnehmen kann, weist das Modell zur Prüfung konfiguraler Invarianz ein gutes Modell-Fit auf. Damit ist man sicher, dass zwischen Bachelor- und Masterstudierenden die Anzahl der Subdimensionen und das Ladungsmuster der Subdimensionen zu dem latenten pädagogischen Wissen identisch sind. Das Modell zur Prüfung der metrischen Invarianz ist zwar etwas schlechter als das vorige Modell, weist aber immer noch ein gutes Modell-Fit auf. D. h., man kann davon ausgehen, dass die Faktorladungen zwischen den beiden Substichproben auch identisch sind. Das Modell zu Prüfung der skalaren Invarianz weist zwar ein akzeptables Modell-Fit auf, ist aber schlechter als die beiden vorigen Modelle. Die Ergebnisse der Multigruppenanalysen sprechen also für das Vorhandensein von metrischer Invarianz. Des Weiteren ist der latente Mittelwert des pädagogischen Wissens bei den Master-Studierenden um 2,22 Standardabweichungen (Ergebnis in Tab. 5 nicht dargestellt) höher als bei den Bachelor-Studierenden. Dieses Ergebnis spricht (trotz der kritischen skalaren Invarianzwerte) für die Geltung von Hypothese 1.

Tab. 5 Prüfung der Messinvarianz der Subskalen des pädagogischen Wissens für Bachelor- und Masterstudierenden
Abb. 8
figure 8

Schematische Darstellung des eindimensionalen Modells (links) und des vierdimensionalen Modells (rechts) pädagogischen Wissens

3.2 Befunde aus regressionsanalytischen Strukturgleichungsmodellen

Abb. 9 enthält die Analyseergebnisse des erstens Modells.Footnote 2 Zunächst ist wieder der Effekt des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen erkennbar (0,42). Darüber hinaus lassen sich signifikante Effekte für die pädagogischen Ausbildungsinhalte (0,46) und schulpraktischen Tätigkeiten (0,13) feststellen, wobei der Effekt der schulpraktischen Tätigkeiten eher klein ist. Insgesamt erklären die in diesem Modell betrachteten Größen (R2) 53 % der Varianz von pädagogischem Wissen. Allerdings weist dieses Modell eine schlechte Modell-Fit-Statistik auf (χ 2 /df = 16,32; CFI = 0,81; RMSEA = 0,12; SRMR = 0,16).

Abb. 9
figure 9

Regressionsanalytische Strukturgleichungsmodell (Modell 1) zur empirischen Testung von H1und H2 (standardisierte Regressionsgewichte und Standardfehler). Anmerkungen: ** p < 0,01, * p < 0,05, ( ) Standardfehler, Geschlecht Weibliche Studierende bilden die Referenzkategorie

Im zweiten Modell (s. Abb. 10) wurden alle Variablen berücksichtigt. Hierbei beträgt der Effekt des Ausbildungsabschnitts auf die beiden Merkmale der Lerngelegenheiten 0,77 bzw. 0,75 und ist statistisch signifikant. Dies gilt auch für die Koeffizienten der beiden Merkmale der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen, welche kaum von den entsprechenden Koeffizienten im Modell 1 abweichen. Dagegen ist der direkte Effekt des Ausbildungsabschnitts kleiner als im Modell 1 und beträgt 0,26. Der indirekte Effekt des Ausbildungsabschnitts über die Merkmale der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen beträgt 0,45 (in Abb. 10 nicht dargestellt) und ist statistisch signifikantFootnote 3 von Null (p < 0,01) verschieden. Insgesamt erklären die in diesem Modell betrachteten Größen (R2) 65 % der Varianz von pädagogischem Wissen. Zudem weist das zweite Modell eine akzeptable Modell-Fit-Statistik auf (χ 2 /df = 6,6; CFI = 0,93; RMSEA = 0,07; SRMR = 0,04).

Abb. 10
figure 10

Regressionsanalytische Strukturgleichungsmodell (Modell 2) zur empirischen Testung von H3a und H3b (standardisierte Regressionsgewichte und Standardfehler). Anmerkungen: ** p < 0,01, * p < 0,05, ( ) Standardfehler, Geschlecht Weibliche Studierende bilden die Referenzkategorie

4 Diskussion

Der vorliegende Beitrag hatte zum Ziel, mögliche Einflüsse der Lerngelegenheiten in der Lehramtsausbildung auf das pädagogische Wissen zu untersuchen. In diesem Zusammenhang sprechen unserer Analyseergebnisse für die vermutete Lernwirksamkeit der Lehrerausbildung: Das pädagogische Wissen von Master-Studierenden ist mehr als zwei Standardabweichungen höher als das der Bachelor-Studierenden. Insofern spricht dies für die Geltung der H1 und ist vor allem im Einklang mit bisherigen Analyseergebnissen zum Zuwachs an pädagogischem Wissen, die im Rahmen echter Längsschnittstudien (König und Seifert 2012; König und Klemenz 2015) berichtet wurden. Auf der multivariaten Ebene konnte H1 ebenfalls bestätigt werden. Darüber hinaus fanden wir im Einklang mit Studien wie LEK, EMW und BilWiss, dass H2 ebenfalls gilt, denn die Merkmale der Lerngelegenheiten haben einen signifikanten Einfluss auf das pädagogische Wissen, wobei dieser bei den pädagogischen Inhalten stärker als bei den schulpraktischen Tätigkeiten ausgeprägt ist. Ebenfalls als bestätigt kann H3a angesehen werden, denn unserer Analysenergebnisse zeigen, dass es einen starken signifikanten Effekt des Ausbildungsabschnitts auf die Merkmale der Lerngelegenheiten gibt (s. Abb. 10). Dieser Effekt ist auch ein Beleg für die Validität der Messinstrumente zur Erfassung von Ausbildungsinhalten und schulpraktischen Tätigkeiten.

Das wichtigste Ergebnis der vorliegenden Analyse dürfte allerdings die Bestätigung der Hypothese 3b darstellen: Der Effekt des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen wird durch die Merkmale der Lerngelegenheiten im Bereich der Inhalte und schulpraktischen Tätigkeiten vermittelt, da der standardisierte direkte Effekt des Ausbildungsabschnitts auf das pädagogische Wissen nur 0,26 beträgt (s. Abb. 10). Er ist somit im Vergleich zu dem direkten Effekt des Ausbildungsabschnitts im Model 1 (Abb. 9), welcher den indirekten Pfad zu dem Einfluss des Ausbildungsabschnitts auf die Merkmale von Lerngelegenheiten außer Acht lässt, um ca. 37 % niedriger. Ebenfalls lässt sich in Modell 2 der signifikante Effekt der Merkmale der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen feststellen. Zudem ist der indirekte Effekt des Ausbildungsabschnitts über die Merkmale der Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen signifikant. Auch die Tatsache, dass Modell 2 eine bessere Modell-Fit-Statistik aufweist als Modell 1, spricht für die Geltung des in Abb. 1 dargestellten Mediationsmodells. Bezogen auf die Ausgangsfrage kann man also mit den Ergebnissen schlussfolgern, dass die Lehrerbildung am untersuchten Standort wirksam sein dürfte und die individuelle Nutzung von Lerngelegenheiten (das implementierte Curriculum also) hierbei eine wichtige Rolle spielt.

Obwohl unserer Analyseergebnisse vielversprechend sind, sind auch Limitierungen zu nennen. Bezogen auf die Erhebung der Lerngelegenheiten können wir nicht ausschließen, dass informelle Lerngelegenheiten ebenfalls den Erwerb vom pädagogischen Wissen vermittelt haben. Beispielsweise zeigten die Ergebnisse der LEK-Studie (s. König et al. 2012), dass pädagogische Vorerfahrungen (wie z. B. das Erteilen von Nachhilfeunterricht) neben formellen Lerngelegenheiten die Entwicklung des pädagogischen Wissens beeinflussen. Insofern sollte die künftige Forschung neben der Erfassung von formellen auch auf die Erfassung von informellen Lerngelegenheiten für Effektanalysen wie die vorliegende berücksichtigen.

Außerdem sollten unserer Analyseergebnisse mithilfe von Paneldaten repliziert werden. Auf diese Weise können nicht nur Unterschiede in Bezug auf das Niveau vom pädagogischen Wissen oder in Bezug auf den Erklärungsbeitrag der formellen Lerngelegenheiten auf das pädagogische Wissen untersucht werden, sondern es können auch Entwicklungsverläufe auf intraindividueller Ebene aufgedeckt werden. Dies würde eine noch differenziertere als die hier geleistete Analyse zum Einfluss von Merkmalen der Lerngelegenheiten auf den Erwerb professionellen Wissens während der Lehramtsausbildung ermöglichen.