Kreuzreaktive Kohlenhydratdeterminanten

Glykoproteine können N- oder O-Glykosylierungen aufweisen, wobei die am besten untersuchten Kohlenhydratdeterminanten auf einer Fukose oder einer Xylose basieren, die an N-Glykane gebunden sind (Kohlenhydratepitope vom MMXF- und MUXF-Typ) (Abb. 1). Glykoproteine von Pflanzen und Invertebraten enthalten ähnliche fukosylierte und/oder xylosylierte N-Glykane. Da diese Modifikationen bei Säugetieren nicht vorkommen, besitzen sie eine ausgeprägte Immunogenität. Das weit verbreitete Vorkommen von Fukose und Xylose auf pflanzlichen N-Glykanen, aber auch auf solchen von Invertebraten, erklärt die ausgeprägte Kreuzreaktivität, die ihnen den Namen gibt: kreuzreaktive Kohlenhydratdeterminanten („cross-reactive carbohydrate determinants“, CCD) [1]. Das erste allergene Protein, welches im Detail im Hinblick auf seine N-verknüpften Kohlenhydrate untersucht worden ist, war seinerzeit die Phospholipase A2 des Bienengifts [2]. Inzwischen gilt es als erwiesen, dass Xylose- und Fukosereste bedeutsame Elemente sowohl für die Immunglobulin-E(IgE)-Bindung an pflanzliche Glykoproteine als auch für die Kreuzreaktivität darstellen [zitiert in 3, 4, 5]. Ein neu identifiziertes Allergen im Säugetierfleisch, welches mit schweren allergischen Reaktionen, z. T. einer verzögert auftretenden Anaphylaxie, assoziiert ist [6], ist kein Protein, sondern ebenfalls ein Kohlenhydratepitop. Dieses erst vor relativ kurzer Zeit entdeckte Phänomen leitete einen Paradigmenwechsel bezüglich der als eher geringgradig eingeschätzten klinischen Bedeutung der Kohlenhydratepitope ein.

Abb. 1
figure 1

Graphische Übersicht der verschiedenen Glykanstrukturen ([37], modifi ziert nach http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1917/)

Im Folgenden werden die wichtigsten Charakteristika der allergologisch relevanten Kohlenhydratdeterminanten dargestellt.

Allergenquellen

Die „klassischen“ CCD

Die „klassischen“ CCD kommen in Pollen, pflanzlichen Nahrungsmitteln, Gliedertieren, Mollusken und einigen pathogenen Helminthen vor (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Darstellung von Allergenquellen und Einzelallergenen mit IgE-bindenden Kohlenhydratstrukturen. Die Allergenquellen wurden gruppiert in die N- und O-Glykane sowie in zusammengehörige Untergruppen, soweit die IgE-bindenden Epitope bereits identifi ziert worden sind.

Galactose-α-1,3-Galactose

Galactose-α-1,3-Galactose (α-Gal) ist eine ubiquitäre Zuckerstruktur auf Zellen und Geweben aller Säugetiere, die keine Primaten sind, bei Neuweltaffen und Halbaffen [zitiert in 7]. Daher ist die Allergenquelle Säugetierfleisch, nicht Fisch oder Geflügel. Eine zweite Allergenquelle können Therapieantikörper sein. Der „Fragment-antigen-binding“(Fab)-Anteil der schweren Kette von Cetuximab ist mit einer Reihe von Zuckern bei N88 glykosyliert, einschließlich α-Gal und der Sialinsäure N-Glykolylneuramin-Säure [8]. Des Weiteren wurde beschrieben, dass einige Patienten mit einer Katzenallergie spezifisches IgE gegen ein Kohlenhydratepitop auf Katzen-IgA (Immunglobulin A) haben, bei welchem es sich um α-Gal handelt [zitiert in 7].

Strukturinformationen

Die „klassischen“ CCD

Im Wesentlichen lassen sich CCD des Pflanzenreichs, der Gliedertiere und Mollusken in zwei Typen, MMXF und MUXF, unterscheiden. Es handelt sich um N-Glykane mit α-1,3-gebundener Fukose, wie sie insbesondere bei Insekten und im gesamten Pflanzenreich, nicht aber bei Säugetieren, weit verbreitet sind. Bei Pflanzen kann zusätzlich Xylose an der 2-Position des Glykangrundgerüsts eine antigene Determinante darstellen (Abb. 1).

Galactose-α-1,3-Galactose

Das Epitop α-Gal ist ein Disaccharid, welches wiederum Bestandteil von Oligosacchariden ist. α-Gal-Verknüpfungen finden sich auch im Blutgruppenantigen B der niederen Säuger.

Häufigkeit der Sensibilisierung und Allergenität

Die „klassischen“ CCD

Allergene Glykoproteine können bis zu 30% Kohlenhydratseitenketten aufweisen. Die CCD vom MMXF- und MUXF-Typ sind Panallergene. Daher finden sich Anti-CCD-IgE-Antikörper in Seren von Patienten mit Sensibilisierungen gegen verschiedene pflanzliche Allergene. Es gibt noch keine gesicherten Daten darüber, ob CCD primär einen Menschen sensibilisieren können. Bislang kennt man die Inhalation von Gräser- sowie Ambrosiapollenallergenen, die besonders glykoproteinreich sind [zitiert in 4], und Hymenopterenstiche als Sensibilisierungswege für die Produktion spezifischer IgE-Antikörper gegen CCD [zitiert in 4]. Hierunter scheinen die Insektengifte das höhere Sensibilisierungspotenzial aufzuweisen, da die natürliche Exposition — also die mittels „Feldstich“ — offenbar zu einem vorübergehenden Anstieg der Anti-CCD-IgE führt, während die Exposition gegenüber Pollenallergenen während der relevanten Saison einen entsprechenden Anstieg nicht verursacht [zitiert in 3].

Die Angaben zur Häufigkeit, in der Insektengiftallergiker IgE gegen CCD aufweisen, variieren je nach Studie. Eigenen Untersuchungen zufolge sind bis zu 72 % der Insektengiftallergiker anti-CCD-IgE-positiv [9].

Zur Prävalenz der Anti-CCD-IgE bei Patienten mit Nahrungsmittelallergie gibt es nur wenige Daten. Zehn bis 50 % derjenigen, die auf Zucchini, Sellerie, Karotte und Tomate sensibilisiert waren, hatten Anti-CCD-IgE im Serum [zitiert in 4].

Auch zur Prävalenz und klinischen Relevanz von Anti-CCD-IgE bei Patienten mit berufsbedingter Inhalationsallergie sind die Daten rar. Während „echte“ Latexallergiker aus dem Gesundheitswesen nur zu einem sehr geringen Prozentsatz spezifische IgE-Reaktionen auf CCD [10] aufwiesen, haben polysensibilisierte Personen mit latexspezifischen IgE-Antikörpern ohne nachweisbare Latexexposition häufig Anti-CCD-IgE im Serum. Auch bei Beschäftigten aus der holzverarbeitenden Industrie mit IgE-Antikörpern gegen Buchenholz und Kiefernholz konnten insbesondere bei allen Doppelsensibilisierten auch spezifische IgE-Antikörper gegen CCD detektiert werden [11]. Die weitere Charakterisierung zeigte, dass bei Beschäftigten ohne allergische Symptome die IgE-Bindung überwiegend auf Glykanstrukturen beruhte. Bei Beschäftigten mit allergischen Symptomen variierte die IgE-Bindung auf Holzstaub und wurde sowohl ausschließlich auf Proteine, gemischt auf Proteine und Glykanstrukturen, als auch ausschließlich auf Glykanstrukturen festgestellt [12].

Galactose-α-1,3-Galactose

α-Gal ist eine ubiquitäre Zuckerstruktur auf Zellen und Geweben aller Säugetiere, die keine Primaten sind, sowie bei Neuweltaffen und Halbaffen [zitiert in 7]. Bei höheren Primaten und Menschen ist das die α-1,3-Galactosyltransferase kodierende Gen nicht funktional, daher können diese Spezies α-Gal nicht produzieren. Im Gegenteil produzieren die α-Gal-negativen Tiere Immunglobulin-G(IgG)-Antikörper, die spezifisch für dieses Oligosaccharid sind [zitiert in 7]. Das natürlich vorkommende IgG gegen α-Gal ist für die hyperakute Abstoßungsreaktion von Xenotransplantationen vom Schwein auf den Primaten verantwortlich [zitiert in 7]. Die Allergenität wurde erkannt, als in den USA anaphylaktische Reaktionen nach Erstapplikation des Therapieantikörpers Cetuximab auf IgE-Antikörper gegen α-Gal zurückgeführt werden konnten [6]. Cetuximab ist ein chimärer Maus-Mensch-IgG-1-monoklonaler Antikörper gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor, der in Mausmyelomzellen produziert wird und der auf seinem murinen Teil α-Gal trägt. Die Patienten wiesen bereits vor der Therapie Anti-α-Gal-IgE auf, und es fiel hinsichtlich der Reaktionen auf den Therapieantikörper Cetuximab eine geographische Häufung in Tennessee, Arkansas, North Carolina, Missouri und Virginia auf, was zu Untersuchungen nach dem Sensibilisierungsweg Anlass gab. Die Tatsache, dass α-Gal auf beiden Fab-Segmenten des Cetuximab-Antikörpers vorliegt, könnte die effiziente, paarweise Vernetzung der IgE auf Mastzellen begünstigen.

Derzeit häufen sich Hinweise für rotes Säugetierfleisch, Zeckenstiche und Helminthenbefall als Ursache der Sensibilisierung gegen α-Gal [resumiert in 7].

Einordnung als Major- bzw Minorallergen

CCD vom MMXF- und MUXF-Typ wurden bislang nicht in Major- bzw. Minorallergene kategorisiert, sondern die entsprechend glykosylierten Allergene (Glykoproteine), wie z. B. das Ara h 1, ein Speicherprotein der Erdnuss (Abb. 2). Act d 2 der Kiwifrucht, kürzlich als ein Majorallergen bei spanischen Erwachsenen mit Kiwifruchtallergie identifiziert [13], ist ein glykosyliertes Allergen. Act d 2 ist genau wie das thaumatinähnliche Allergen des Apfels, Mal d 2, ein Glykoprotein mit komplexen asparaginverknüpften Glykanen. Allergene im Naturlatex (Hev b 2) [zitiert in 14] und in Olivenpollen (Ole e 9) [zitiert in 14] hingegen sind N-glykosylierte Glukanasen. Sie scheinen eine Rolle bei der Kreuzreaktivität zwischen Latex bzw. Pollen und pflanzlichen Nahrungsmittelallergenen zu spielen und stellen allgemein Minorallergene dar, obwohl die Sensibilisierung gegen Ole e 9 in geographischen Arealen mit sehr hoher Olivenpollenexposition signifikant ansteigt [zitiert in 14].

Für α-Gal wurde eine solche Unterteilung noch nicht vorgenommen. Die Tendenz bei zunehmender Datenfülle geht allerdings in Richtung der möglichen Klassifizierung als Majorallergen.

Klinische Einschätzung der Allergenität

Die „klassischen“ CCD

CCD sind laut Altmann [15] diejenigen Epitope, gegenüber denen Menschen am häufigsten exponiert sind, die aber nicht in Wirbeltieren vorkommen. Das macht sie so immunogen.

Die Allergenität (potenziell klinisch relevant werdende Sensibilisierung) wird dabei u. a. durch das multivalente Vorliegen von Kohlenhydratdeterminanten in einem Protein bestimmt. Dieses ermöglicht, dass spezifisch gegen diese Strukturen gerichtete IgE-Antikörper zur Quervernetzung führen und es somit zu einer Mediatorfreisetzung kommt.

Ein additiver Faktor der Sensibilisierung scheint Alkoholkonsum zu sein. Seren von Alkoholikern weisen eine hohe Prävalenz von IgE-Antikörpern gegenüber Pollen, Insektengiften [16] und Latex [17] auf und zeigen in Multiallergen-IgE-Tests [18] häufiger eine positive Reaktion. Mehrere Studien konnten einen erhöhten IgE-Titer gegenüber CCD bei Alkoholikern nachweisen [16, 17, 19], wobei die Mechanismen und auch die biologische Relevanz dieser Beobachtung bislang ungeklärt sind. Alkohol (Äthanol) ist ein starker Immunmodulator, welcher die Immunreaktionen in Richtung Th2-Antwort verändern kann [20, 21]. Alkoholkonsum ist mit ansteigenden Konzentrationen des Gesamt-IgE im Serum sowohl bei Menschen als auch im Rahmen tierexperimenteller Studien assoziiert. Theoretisch könnte der Glykoproteingehalt alkoholischer Getränke eine Rolle spielen. Trauben und Weine enthalten Proteine, die in seltenen Fällen allergische Sensibilisierungen auslösen können [22, 23]. Zusätzlich könnten Hymenopterengiftallergene während der ersten Prozessierungsschritte in den Wein gelangt sein [24]. Die Studie von Gonzales-Quintela und Koautoren [25] gibt Hinweise darauf, dass ein nennenswerter Anteil von Alkoholikern, welche hospitalisiert wurden, IgE-Reaktivität gegenüber den N-Glykanen von Weinglykoproteinen aufweist. Darüber hinaus konnten N-Glykane und Weinglykoproteinextrakte eine Basophilenaktivierung bei Alkoholikern, welche hochgradig gegenüber N-Glykanen sensibilisiert waren, induzieren. Methodisch ist allerdings wichtig zu erwähnen, dass nicht die N-Glykane, sondern Glykankonjugate (an ein Trägerprotein gekoppelte N-Glykane), eingesetzt wurden. Spezifische Mechanismen, die die CCD-Exposition bei Alkoholikern und somit die Nahrungsmittelsensibilisierung fördern, könnten eine gesteigerte intestinale Permeabilität oder der verminderte Proteinverdau durch einen veränderten gastrischen Verdau sein [26]. Auch die endotheliale Dysfunktion könnte bei der CCD-Sensibilisierung von Alkoholikern eine Rolle spielen [27]. Eine alkoholinduzierte Gastritis z. B. steigert die Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmittelallergenen bei Mäusen [28]. Insgesamt bestätigten die Daten der Studie von Gonzales-Quintela und Koautoren im Jahr 2011 allerdings die Beobachtung, dass CCD eher eine geringgradige biologische Aktivität in vivo aufweisen. Kein Patient dieser Studie mit CCD-Sensibilisierung wies Symptome einer Nahrungsmittelallergie auf, nachdem er CCD-haltige Nahrungsmittel oder alkoholische Getränke konsumiert hatte [25]. Darüber hinaus waren Pricktests mit CCD-tragenden Allergenen bei Patienten mit spezifischen IgE gegenüber diesen Allergenen negativ. Die Diskrepanz zwischen starker In-vitro-Aktivität im Basophilenaktivierungstest und fehlender In-vivo-Aktivität der Anti-CCD-IgE interpretieren Gonzales-Quintela und Koautoren im Sinn bislang unbekannter Toleranzmechanismen [25]. Insgesamt gibt es also Hinweise für beides: Alkoholkonsum, der mit asymptomatischer Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmitteln einhergeht, aber auch mit symptomatischer Nahrungsmittelallergie assoziiert sein kann [29].

Galactose-α-1,3-Galactose

Zuerst wurden Patienten mit allergischen Reaktionen gegenüber Rindfleisch auf IgE-Antikörper gegen α-Gal untersucht [30]. Commins und Koautoren identifizierten 24 Patienten, die wiederholte Ereignisse einer Anaphylaxie, von Angioödemen und Urtikaria infolge des Genusses von Säugetierfleisch entwickelt und IgE gegen α-Gal hatten. Sie wiesen zudem eine um mehrere Stunden verzögerte Entwicklung der schwereren systemischen Symptome auf. Nur drei von 24 Seren waren IgE-positiv gegen das „klassische“ CCD des Bromelain. Andererseits zeigten Seren, die gegen Bromelain hochtitrig IgE-positiv waren, keine IgE gegen α-Gal.

Derzeit noch unbeantwortete Fragen

Angesichts der Tatsache, dass Alkoholgenuss ein additiver Faktor zu sein scheint, ist zu überprüfen, ob sich die klassischen CCD der Glykoproteine in Nahrungsmittelallergenquellen nicht zu Majorallergenen entwickeln könnten.

Bezüglich der Anti-α-Gal-IgE ist offen, in welcher Konstellation und in welcher Konzentration sie für Allergiesymptome verantwortlich sind. Des Weiteren scheint die Assoziation von α-Gal zu benachbarten Peptidstrukturen bezüglich der IgE-Bindung relevant zu sein (Jappe, persönliche Mitteilung). Die Ursache der mit Anti-α-Gal-IgE einhergehenden, verzögert auftretenden Anaphylaxie nach Fleisch- und Innereiengenuss ist bislang ebenfalls ungeklärt. Die Aufklärung der Sensibilisierungswege ist noch nicht abgeschlossen. Ein möglicher Einfluss von Alkoholgenuss, wie für die klassischen CCD beschrieben, wurde bislang nicht untersucht.

Die Frage, ob diese Patienten Säugetierfleisch meiden sollten, ist ebenfalls noch nicht endgültig geklärt. Es gibt Hinweise auf eine Dosisabhängigkeit der Fleischallergie. Unklar sind aber noch die Größe der Portionen sowie der Einfluss der Prozessierung und der Aufbereitung für die klinische Reaktion.

Bedeutung für die allergologische Diagnostik, Verfügbarkeit für In-vitro- bzw. In-vivo-Tests

Die „klassischen“ CCD

CCD stehen als solches für die In-vivo-Testung nicht zur Verfügung. Für die In-vitro-Diagnostik haben sich Bromelain und Meerrettichperoxidase („horseradish peroxidase“, HRP) als Screening-Tools bewährt, wobei letzteres die höhere Sensitivität hat [9]. MUXF, die Glykankomponente des Bromelain, welche bereits ohne den Peptidanteil für die In-vitro-Diagnostik zur Verfügung steht, ist der HRP an Sensitivität sowie Spezifität unterlegen (Jappe, persönliche Mitteilung). Inhibitionstests sowie der Einsatz rekombinanter Allergene können die Testspezifität deutlich erhöhen (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Flowchart zum diagnostischen Vorgehen bei Nachweis von Anti-CCD-IgE im Serum. Die rot hervorgehobenen Einzelallergene des Latex stützen die klinische Diagnose der Latex allergie [38].

Galactose-α-1,3-Galactose

Seit Kurzem ist in Deutschland mittels Immunoblot auf der Basis des Therapieantikörpers Cetuximab als Zielantigen [31] sowie mittels CAP(„capsulated hydrophilic carrier polymer“)-FEIA(„fluorescent enzyme immunoassay“) der Nachweis von Anti-α-Gal-IgE-Antikörpern im Serum von Patienten mit dem Verdacht auf Fleischallergie möglich.

Einschätzung der klinischen Relevanz

Die „klassischen“ CCD

Die klinische Bedeutung der IgE-Antikörper, die spezifisch gegen CCD vom MMXF- und MUXF-Typ gerichtet sind, liegt im Wesentlichen in ihrer Spezifitätsminderung der allergologischen In-vitro-Diagnostik. Sie scheinen nur in Einzelfällen für die klinische Ausprägung einer Allergie (Insektengift-, Latex-, Pollen- und Nahrungsmittelallergie) verantwortlich zu sein. Hinweise für eine mögliche biologische Aktivität von Glykanstrukturen auf bestimmten Allergenen lieferten hierbei zelluläre Funktionstests. Im Basophilenaktivierungstest waren z. B. Versuche mit natürlichem Lyc e 2, einem glykosylierten Allergen der Tomate, im Gegensatz zu Versuchen mit rekombinantem Lyc e 2 ohne CCD positiv [zitiert in 3]. Es finden sich weitere solche Beispiele der indirekt aufgrund von Ergebnissen der zellulären Funktionsdiagnostik vermuteten klinischen Relevanz (tabellarisch resümiert in [3]).

Alkoholiker haben eine erhöhte IgE-Reaktivität gegen Erdnüsse. Keiner der betreffenden Patienten dieser Studie hatte allerdings Symptome einer Erdnussallergie nach Genuss dieser Leguminose [19], sodass vermutet wird, dass die IgE-Reaktivität gegen Erdnüsse bei Alkoholikern auf CCD zurückzuführen ist. Vidal und Koautoren sehen die besondere Bedeutung dieses diagnostischen Phänomens in der Tatsache, dass der Erdnusskonsum weit verbreitet ist und die Erdnuss zudem eine Hochrisikoallergenquelle darstellt. Bei Risikoallergenquellen wird durch Kliniker vornehmlich auf die In-vitro-Allergiediagnostik zurückgegriffen, da die diagnostische Allergenexposition als zu riskant eingeschätzt wird. Nun erreichen IgE-Titer bei Alkoholikern zum Teil Konzentrationen, welche einem >95%-positiven prädiktiven Wert für klinische Reaktionen nach Erdnussprovokation bei Patienten mit einer konsistenten Erdnussallergieanamnese vergleichbar sind [32, 33]. Dies kann zur Empfehlung der Meidung sowie der Verordnung eines Notfallsets führen, obwohl der IgE-Wert auf der Bindung an CCD beruht und klinisch kaum Relevanz hat. In dieser Konstellation wird die Beeinträchtigung der Spezifität der Labordiagnostik durch die CCD sehr deutlich. Die Lösung wäre neben dem Einsatz der CCD-Screening-Tools auch die Durchführung eines Inhibitionstests zur Abschätzung der klinischen Relevanz.

Das Bananenallergen β-1,3-Glukanase (Mus a 5) ist gemeinsam mit dem „thaumatin-like-protein“ eine der stärksten IgE-bindenden Komponenten des Bananenextrakts, besitzt aber nur eine geringe In-vivo-Potenz [14]. Mus a 5 ist glykosyliert. Da CCD eine große Rolle bei der IgE-Bindungskapazität des Mus a 5 spielen, erklärt sich teilweise die große Differenz zwischen seiner In-vitro- und In-vivo-Reaktivität. Die Bedeutsamkeit der Bananenallergie liegt darin, dass die Frucht bereits sehr früh in die Diät von Kleinkindern eingeführt wird und Erwachsene sie sehr intensiv konsumieren. Darüber hinaus ist die Banane auch beim Latex-Frucht-Syndrom von Bedeutung. Vergleichbares konnte für andere glykosylierte Allergene pflanzlicher Nahrungsmittel beobachtet werden, wie z. B. das germinähnliche Glykoprotein der Orange (Cit s 1) [zitiert in 14].

Palacin und Mitarbeiter [14] detektierten Patienten mit Monosensibilisierung gegen Mus a 5, und IgE-reaktive Peptidepitope auf Mus a 5, was dessen allergene Potenz stützt. Darüber hinaus könnte eine Kreuzreaktivität über andere allergene pflanzliche β-1,3-Glukanasen, welche auch N-glykosyliert sind, wie z. B. das Hev b 2 des Naturlatex und des Ole e 9 der Olivenpollen, ein möglicher relevanter und bislang unbekannter Faktor der Kosensibilisierung zwischen pflanzlichen Nahrungsmitteln und Pollen sein, wobei sowohl CCD- als auch Proteinepitope berücksichtigt werden sollten. Insgesamt hatten die meisten Kinder mit Bananenallergie IgE-Antikörper gegenüber Allergenen vieler verschiedener Proteinfamilien und eine besonders große Anzahl war gegen CCD sensibilisiert.

Unter den berufsbedingten Soforttypallergien konnte für die Inhalationsallergie gegen Holzstäube [11] sowie gegen Latex [10] keine klinische Relevanz der Anti-CCD-IgE gezeigt werden. Zudem scheinen CCD in der Regel keine für das Latex-Frucht-Syndrom relevanten Strukturen zu sein, wenn sich das auch in Einzelfällen, wie z. B. der Kreuzreaktion zwischen Latex — Kiwi — Banane anders darstellen kann (s. unten). IgE gegenüber Latex durch die Bindung an CCD spielen eine Rolle bei der Verminderung der Spezifität des IgE-Nachweises bei Patienten mit Insektengiftallergie. Hier waren alle Patienten, die Latex-IgE aufgrund der CCD-Spezifität aufwiesen, nicht von einer klinisch manifesten Latexallergie betroffen (Jappe, persönliche Mitteilung). Eine polnische Studie mit 81 Arbeitern (Bäckern, Farmern, Zimmerern und Beschäftigten im Gesundheitswesen) mit dem Verdacht auf eine beruflich bedingte respiratorische Allergie zeigte, dass der Nachweis von Anti-CCD-IgE nicht bedeutete, dass die Patienten ein echtes berufsbedingtes Asthma entwickelten und dass die zusätzliche Sensibilisierung auf häufige Inhalationsallergene über eine unabhängige Sensibilisierung eher der Grund für einen entsprechenden IgE-Antikörper-Nachweis war als das Phänomen der Kreuzreaktivität [34]. In einer spanischen Studie über Bäckerasthmapatienten mit einer hohen Prävalenz (35 %) einer parallel bestehenden Kiwiallergie wurden erstmalig Thiolproteasen und CCD als mögliche Induktoren der Weizen-Kiwi-Kreuzreaktion identifiziert [13]. Die Rolle der CCD in den Weizenallergenen für die Sensibilisierung und die Ausprägung klinischer Symptome bei Patienten mit berufsbedingter Allergie gegen Weizenmehl muss noch geklärt werden [13, 35].

Galactose-α-1,3-Galactose

Die anti-α-Gal-IgE-assoziierte Allergie auf Säugetierfleisch und -innereien mit der um drei bis acht Stunden verzögert auftretenden Anaphylaxie ist nicht nur auf einige Regionen der USA und Australien beschränkt, sondern wird inzwischen ebenfalls in Frankreich, Spanien und Deutschland beobachtet [resumiert in 7].

Fazit

Während sich die Mitteilungen zur Assoziation von Anti-α-Gal-IgE mit schweren und/oder verzögerten Reaktionen häufen, wurde bis jetzt unseres Wissens kein Fall beschrieben, in welchem Anti-CCD-IgE eine eindeutige klinische Relevanz klar zugeordnet werden konnte, obwohl vorsichtige Allergologen immer wieder äußern, dass solche Fälle vorkommen könnten [9, 36].

Anti-CCD-IgE können falsch-positive IgE-Bestimmungen in allen Testvarianten verursachen, die lediglich die Bindung von IgE-Antikörpern an Allergenextrakte detektieren.

Im Wesentlichen scheinen sie eine die Spezifität der Diagnostik einschränkende Wirkung zu haben. Hier müssen dann jeweils weitere Schritte in die In-vitro-Diagnostik aufgenommen werden, um die Spezifität der Tests zu erhöhen (Abb. 3).

In Einzelfällen scheinen sie mit schweren anaphylaktischen Reaktionen, z. B. gegenüber Hymenopterenstichen, aber auch gegenüber einigen Nahrungsmitteln, assoziiert zu sein.