Die Studie zur Verlegungspaxis Sterbender schließt an eigene Vorarbeiten zu den Sterbebedingungen in deutschen Krankenhäusern aus den Jahren 1988 und 2012/13, den Sterbebedingungen in den stationären Pflegeeinrichtungen 2014 und in Hospizen 2015 an [1, 2]. In diesen Studien wurden in einem breiteren Screening die psychosozialen und medizinisch-pflegerischen Versorgungsbedingungen Schwerstkranker und Sterbender durch Befragung von über 4.000 Mitarbeitern aus 894 Einrichtungen ermittelt. Es wurden u. a. auch die Schnittstellen bzw. sektoralen Übergänge der Versorgung zwischen den Versorgungspartnern erkennbar. Ganz unzweifelhaft besitzen diese Übergänge, mit diesen verbundene Überleitungen bzw. Verlegungen von Sterbenden eine besondere Bedeutung für die insgesamt angestrebte Betreuungsqualität.

Alle Experten sind sich dahingehend einig, dass Sterbende unabhängig vom Sterbeort bestmöglich versorgt werden sollten (z. B. Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen) [3], ganz gleich ob deren Sterbeort das Krankenhaus, die Pflegeeinrichtung, das häusliche Umfeld oder auch das Hospiz ist. Unnötige Verlegungen sollten als solche erkannt und vermieden werden.

Auch wenn sich eine überwiegende Anzahl der Bundesbürger wünscht zu Hause zu versterben [3], nicht zuletzt weil in diesem häuslichen Milieu weitreichend Kontrollmöglichkeit und Privatheit vermutet wird, zeigt die Lebenswirklichkeit, dass auch an den anderen Sterbeorten eine — die zentralen Postulate menschlicher Würde gewährleistende — Sterbekultur und Sterbepraxis ermöglicht werden muss.

Patientenverlegungen gelten grundsätzlich als kritische Phase der Versorgung, die einer besonderen Planung und Steuerung bedarf [5, 6]. Um die hiermit verbundenen Risiken zu mindern, ist in den Krankenhäusern in aller Regel ein interdisziplinär gestalteter Überleitungsprozess identifiziert, in welchen neben der medizinischen und pflegerischen Kompetenz insbesondere auch die Sozialarbeit einbezogen ist (Tab. 1).

Tab. 1 Verlegungsmöglichkeiten

Verlegungen von sterbenden Patienten müssen grundsätzlich problematisiert werden, auch wenn diese begründet sein können. Kosten- bzw. ökonomische Gründe, wie sie sich etwa aus dem DRG-Abrechnungssystem ergeben, dürfen keinesfalls eine Verlegungsbegründung darstellen, auch wenn dieses Entgeltsystem in diesem Kontext — zuletzt etwa im Positionspapier des Ethikrates 2015 [7] — problematisiert wird. Über die näheren Bedingungen der Verlegung von Sterbenden in Krankenhäusern und Pflegeheimen, gibt es im deutschsprachigen Raum keine empirischen Studienergebnisse.

Studienziele

Ziel dieser Studie ist es, zu einer näheren Erfassung von Häufigkeit, Verlegungsziel und Begründung der Verlegung Sterbender in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu gelangen.

METHODE

Mit Hilfe eines schriftlichen und Online-Fragebogens wurden Einstellungsdaten betroffener Mitarbeiter erhoben. Da bisher keine weiteren empirischen Ergebnisse vorliegen, und aufgrund des inhaltlichen Zuschnitts des Fragebogens und auch der Art der Datenerhebung, besitzt die Studie einen insgesamt explorativen Charakter.

Fragebogen und Zielgruppe

Insgesamt umfasst der Fragebogen 31 Fragen, die 5-stufig-likertskaliert sind:

  1. a)

    7 Fragen zu Beruf, Einrichtungsart, Art des Arbeitsplatzes, Größe der Einrichtung, Bundesland, Berufserfahrung, Funktion, Erfahrung;

  2. b)

    4 Fragen zu Ausmaß, Zielort der Verlegung, Uhrzeit und Wochentag;

  3. c)

    20 inhaltliche Fragen (davon 3 offene Items).

Angesprochen wurden die mit der praktischen Versorgung Sterbender betroffenen Mitarbeiter (Pflegekräfte und Ärzte) beider Einrichtungsarten.

Ansprache der Zielgruppen und Rücklauf

Auf die Studie wurde in den Fachmedien und durch gezielte Ansprache beider Einrichtungsarten — unterschiedlicher Größe, Trägerschaft und Bundesland — aufmerksam gemacht. Die Rücklaufquote der versandten Fragebogen lag bei ca.10%. Über 40% der Fragebögen waren nicht vollständig ausgefüllt (mehr als 3 fehlende Fragen) und wurden nicht in der statistischen Auswertung berücksichtigt.

Stichprobenbeschreibung

545 Personen haben den Fragebogen bearbeitet. Nach Selektion von Personen mit unzureichend ausgefülltem Fragebogen und durchgeführter Clusterung gelangten 166 Organisationen — 65 Pflegeeinrichtungen und 101 Krankenhäuser — in die statistische Auswertung. Die Clusterung wurde aus methodischen und inhaltlichen Begründungen durchgeführt, d. h. jede Einrichtung erhält für die statistische Auswertung nur einen — aus der Summe der teilnehmenden Mitarbeiter — ermittelten Durchschnittswert pro Item. In den Pflegeheimen waren 58% aller Befragten examinierte Pflegekräfte, 42% entstammten anderen Berufsgruppen. In den Krankenhäusern waren 64% der Befragten Pflegende, 23% Ärzte und 13% andere Berufsgruppen. Es wurden Einrichtungen aus 16 Bundesländern erreicht. Die weit überwiegende Mehrzahl (77%) der Krankenhäuser verfügen dabei über mehr als 200 Betten. 53% der Pflegeeinrichtungen verfügen über 50–100 Plätze, mehr als 101–200 Plätze halten 32% der in die Studie einbezogenen Einrichtungen vor. In gemeinnützig-konfessionellen Pflegeeinrichtungen arbeiten 67% der befragten Mitarbeiter, in öffentlicher 11% und in privater Trägerschaft 22%. In gemeinnützig-konfessionellen Krankenhäusern arbeiten 55% der Befragten, in öffentlichen 34% und in 11% privaten Trägerschaft. 76% der befragten Mitarbeiter in Pflegeheimen verfügen über eine mehr als 4-jährige Berufserfahrung, in den Krankenhäusern sind dies ca. 70%.

ERGEBNISSE

Tab. 2zeigt die Häufigkeit von Verlegungen. Die Angaben zu den Verlegungsorten sind in Tab. 3 zusammengefasst.

Tab. 2 Verlegungshäufigkeit am eigenen Arbeitsplatz (Prozentwerte)
Tab. 3 Verlegungsorte (Prozentwerte)

In den Pflegeeinrichtungen sind keine besonders relevanten Wochentage bzw. Uhrzeiten zu identifizieren, anlässlich derer es zu Verlegungen kommt. In den Krankenhäusern geben ca. 20% der Mitarbeiter an, dass vermehrt die Zeit bis mittags genutzt wird. Donnerstag und Freitag werden häufiger als die anderen Wochentage als Verlegungstage benannt.

Körperliche Begründungen für eine Verlegung

• Atmung. Für knapp 80% der in Pflegeeinrichtungen Befragten ist eine sich einstellende Beeinträchtigung der Atmung bzw. Atemnot ein ausgesprochen wichtiger Grund, der zur Verlegung von Bewohnern führt. Ungefähr 40% aller befragten Krankenhausmitarbeiter bewerten dies als gleichermaßen bedeutsam.

• Schmerzen. Für 39% der befragten Krankenhausmitarbeiter sind Schmerzen ein wichtiger Grund, der zur Patientenverlegung führen kann. Demgegenüber stehen 51% der befragten Pflegeheimmitarbeiter, die dies angeben (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Schmerzen als Verlegungsbegründung.

• Grunderkrankung. Ein zusehends schwieriger Verlauf der bestehenden Grunderkrankung ist nach Aussage von 52% aller befragten Krankenhausmitarbeiter eine wichtige Verlegungsbegründung. In den stationären Pflegeeinrichtungen wird eine allgemeine Verschlechterung der Situation aufgrund einer bestehenden Grunderkrankung von 30% aller Befragten als wichtig bzw. sehr wichtig bewertet.

• Akute Erkrankung. Eine akut auftretende zusätzliche Erkrankung ist nach Aussage von 94% der Pflegeheim- und 43% der Krankenhausmitarbeiter eine wichtige/sehr wichtige Begründung für eine Verlegung (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Akute Erkrankung als Verlegungsbegründung.

Mentale bzw. psychische Begründungen

• Angst. 80% der Befragten aus den Pflegeheimen geben an, das Patientenängste für eine mögliche Verlegung keine bzw. nur sehr geringe Bedeutung besitzen würden. Demgegenüber sind es 64% der Krankenhausmitarbeiter, die angeben, dass diese durchaus wichtig für mögliche Verlegungen wären.

Abb. 3
figure 3

Personalausstattung als Verlegungsbegründung.

• Traurigkeit. 90% der Befragten der Pflegeeinrichtungen geben an, dass Traurigkeit bzw. eine mögliche Depression des Sterbenden keinen Einfluss auf eine mögliche Verlegung besitzten würden. 74% der Krankenhausmitarbeiter beschreiben dies als für ihren Arbeitsplatz gültig.

• Verwirrtheit. Verwirrtheit und Unruhe des Bewohners wird durch 12% der Mitarbeiter in den Pflegeeinrichtungen als wichtige/sehr wichtige Verlegungsbegründung formuliert. Demgegenüber erachten 30% der Krankenhausmitarbeiter diese Symptomatik für eine Verlegung als wichtig /sehr wichtig.

Faktor Strukturqualität

• Personalausstattung. Dass das Ausmaß der Personalausstattung eine große bzw. sehr große Bedeutung für die Verlegungspraxis besitzt, geben 33% der Pflegeheim- und 46% der Krankenhausmitarbeiter an (Abb. 3).

• Akuter Personalmangel wird von 14% der Krankenhaus- und 5% der Pflegeheimmitarbeiter als ein wichtiger Faktor darstellt.

• Personalqualifikation. 45% der befragten Pflegeheim- und 58% der Krankenhausmitarbeiter geben an, dass die Qualifikation der in der Sterbebetreuung eingesetzten Mitarbeiter für die Verlegungspraxis wichtig bzw. sehr wichtig ist.

• Benötige Ressourcen. Unzureichende materielle Ressourcen nennen 22% der befragten Krankenhaus- und 15% der Pflegeheimmitarbeiter als eine wichtige bzw. sehr wichtige Verlegungsbegründung.

Faktor Angehörige

• Angehörige wünschen Verlegung. Wenn Angehörige auf die Verlegung hinwirken, ist dies eine wichtige/sehr wichtige Einflussgröße nach Einschätzung von 81% der Krankenhaus- und 71% der Pflegeheimmitarbeiter.

• Zusammenarbeit mit Angehörigen. Dass die Qualität der Zusammenarbeit mit den Angehörigen sehr wichtig/wichtig für das Verlegungsverhalten ist, geben 90% der Krankenhaus- und 85% der Pflegeheimmitarbeiter an.

Faktor Versorgungspartner

• Hausärzte wünschen Verlegung. 54% der Krankenhaus- und 68% der Pflegeheimmitarbeiter geben an, dass als bedeutsame/sehr bedeutsame Einflussgröße zu bewerten ist, wenn ein Hausarzt auf die Verlegung hinwirkt.

• Zusammenarbeit mit Hausarzt. Die Qualität der Zusammenarbeit mit dem Hausarzt geben 64% der Krankenhaus- und 90% der Pflegeheimmitarbeiter als sehr wichtig/wichtig für ein mögliches Verlegungsverhalten an (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Einfluss einer Kooperation mit dem Hausarzt.

• Bedeutung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV). Die Qualität der Zusammenarbeit mit SAPV-Leistungsanbietern nennen 77% der Krankenhaus- und 56% der Pflegeheimmitarbeiter sehr wichtig/wichtig für das Verlegungsverhalten (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Einfluss einer Kooperation mit spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (SAPV).

• Bedeutung von Hospizgruppen. Die Qualität der Zusammenarbeit mit einer Hospizgruppe ist laut 72% der Krankenhaus- und 54% der Pflegeheimmitarbeiter sehr wichtig/wichtig für das Verlegungsverhalten (Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Einfluss einer Kooperation mit einer Hospizgruppe.

Faktor Verfügung

Das Vorliegen einer Patienten-/Bewohnerverfügung hat laut 77% der Krankenhaus- und 89% der Pflegeheimmitarbeiter auf die geübte Verlegungspraxis einen großen/sehr großen Einfluss (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Einfluss einer Patienten-/Bewohnerverfügung.

Mittelwertvergleich Krankenhaus und Pflegeeinrichtung

Tab. 4 zeigt einen Mittelwertvergleich von Krankenhaus und Pflegeeinrichtung. Von 18 inhaltlich-standardisierten Fragen werden 14 hochsignifikant unterschiedlich eingeschätzt.

Tab. 4 Mittelwertvergleich Krankenhaus und Pflegeeinrichtung

Offene Fragen

Die 3 offenen Items wurden von 20–25% der Mitarbeiter beantwortet.

1. Welche zusätzlichen Begründungen führen zur Verlegung Sterbender?

· Antworten der Pflegeheimmitarbeiter: Aggression, Fremd- und Selbstgefährdung, Akutsituationen, die vor Ort nicht behandelt werden, ausdrücklicher Wunsch der Angehörigen, die eine Einweisung fordern, Hausarzt überfordert, hohe Entzündungswerte, Wunsch der Bezugspersonen, Symptome unklarer Genese, Unsicherheit des Pflegepersonals aus Angst von Konsequenzen seitens der Angehörigen.

· Antworten der Krankenhausmitarbeiter: Bettenmangel auf Station, unbeherrschbare Symptome (Blutungen, Übelkeit, Erbrechen, Erschöpfung, Wunsch des Patienten bzw. der mutmaßliche Wille, Wunsch der Angehörigen bei auftretenden Symptomen, Nichtabsehbarkeit eines baldigen Versterbens, unklare Weiterversorgung, chirurgische Intervention z. B. bei Ileus, Wunsch des Patienten im häuslichen Umfeld zu sterben, Wunsch nach Entlastung, finale Phase zu Hause erleben.

2. Welche Ressourcen fehlen?

· Antworten der Pflegeheimmitarbeiter: Sauerstoffzugang, Arzt nicht dauerhaft da, Medikamente nachts nicht erhältlich, Nachtdienst der Ärzte kennt Bewohner nicht und weist per se ein, telefonische Anweisung von Ärzten zur Verlegung, keine ärztliche und nicht hinreichende Notfallkompetenz, Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus funktioniert nicht.

· Antworten der Krankenhausmitarbeiter: Räumlichkeiten (fehlend oder gänzlich ungeeignet), fehlende Monitoringmöglichkeiten.

3. Welche Empfehlungen geben Sie?

Folgende Handlungsfelder wurden — absteigend in der Häufigkeit ihrer Benennung — von den Befragten ausgeführt: vorausschauende Planung, häusliches Versterben gezielt ermöglichen, Ausbau der Hospizkooperationen, Verbesserung der medikamentösen Einstellung, Verbesserung der Wirksamkeit von Patientenverfügungen, Ärzte besser ausbilden, Ärzte beraten Patienten und Angehörige nicht in deren Interesse, Verhinderung eines unangemessenen Einsatzes der Intensivmedizin, Räumlichkeiten anpassen, Aufbau von Ethikteams, Klinikärzte kennen SAPV nicht, Angehörigenaufklärung verbessern.

INTERPRETATION

Verlegungshäufigkeit, Verlegungsorte und Verlegungszeiten

Sterbende werden weit häufiger als wünschenswert sowohl innerhalb der Krankenhäuser als auch von den stationären Pflegeeinrichtungen in die Krankenhäuser verlegt. Dies könnte eine Gesamtzahl von bis zu 150.000 sterbenden Menschen betreffen. Sollten diese Zahlen gültig sein, würde dies für 2015 bedeuten, dass, bei insgesamt 925.239 Verstorbenen, 427.201 (46%) in den Krankenhäusern, ca. 280.000 (30%) Bewohner von Pflegeheimen und ca. 220.000 (24%) im häuslichen Umfeld verstorben sind.

Akzentuiert wird der Befund durch das Ergebnis, dass es nur in sehr wenigen Fällen zu Verlegungen nach Hause kommt. Die Verlegung vom Krankenhaus in eine hospizliche Versorgung besitzt ebenfalls eine eher geringe Bedeutung. Die Verlegungen innerhalb des Krankenhauses finden in Richtung Intensivstation (intensive care unit, ICU) bzw. Intensivüberwachungspflege (intermediate care, IMC) statt. Die Verlegungsbegründung „akute Zustandsverschlechterung“ weist ebenso darauf hin wie die Antworten auf die offenen Fragen, und nicht zuletzt verfügen bis heute nur ca. 15% aller Krankenhäuser über eine Palliativstation.

Wenig überraschend ist der Befund, dass die Verlegung in ein Hospiz von Pflegeeinrichtungen nochmals seltener in Anspruch genommen wird als von den Kliniken. Gleiches gilt für die Verlegung nach Hause, die nur in sehr seltenen Fällen eingeleitet wird, obwohl diese den Wunsch der Sterbenden und Angehörigen am stärksten begründen sollte. Bedeutsamste Verlegungsadresse ist anstelle dessen das Krankenhaus: „Es gibt ärztliche Notdienste, die auch ohne den Bewohner gesehen zu haben, auf eine Klinikeinweisung drängen“. Eine Übersicht über die Verlegungen gibt Abb. 8.

Abb. 8
figure 8

Übersicht über die Verlegungen Sterbender.

Symptome und Krankheitsverlauf

Eine akut auftretende, zusätzliche Erkrankung ist der am häufigsten zu identifizierende Grund für Verlegungen in den Pflegeheimen. Begrenzte Möglichkeit eines Symptommonitorings und vor allem auch geeigneter Interventionsmöglichkeiten unterstreichen dies. Auch in den Krankenhäusern führen zusätzlich akute Zustandsverschlechterungen zu Verlegungsverhalten.

Die nicht hinreichende Möglichkeit der Schmerzkontrolle bildet eine vergleichsweise untergeordnete Bedeutung. Gegenüber den physischen Einflussgrößen stehen psychische Beeinträchtigungen überraschend zurück. Dabei lösen Angst, Trauer oder Verwirrtheit in den Pflegeheimen weniger Druck auf ein mögliches Verlegungsverhalten aus als dies in den Krankenhäusern der Fall ist.

Strukturqualität

Die prinzipiell bestehende als unzureichend gekennzeichnete Personalausstattung besitzt einen deutlich größeren Einfluss auf die Verlegungspraxis als der akute Personalmangel. Die Notwendigkeit der hinreichenden Qualifizierung der Mitarbeiter als auch die notwendige Ausstattung mit benötigten Ressourcen wird durch die Krankenhausmitarbeiter als mögliche Einflussgröße akzentuierter formuliert. Die dünne Personaldecke und auch die Probleme, die sich aus dem Personalschlüssel, der Relation von examiniertem zu angelerntem Personal, etc. ergeben, sind regelmäßiger Gegenstand entsprechender Veröffentlichungen und waren zuletzt auch anlässlich der Pflegestärkungsgesetze I–III [8] und des Hospiz- und Palliativgesetztes [9] in dem politischen und Expertendiskurs.

Einfluss Angehörige

Wenn Angehörige auf die Verlegung eines Sterbenden hinwirken, besitzt dies eine — kaum überraschende — hohe Bedeutung, so wie die Qualität der Integration von Angehörigen insgesamt. Die Stärkung des Angehörigen und zugleich die Herstellung weitreichender Verbindlichkeit — gerade auch für die Situation der letzten Tage und Stunden — ist eine weiter bestehende Herausforderung.

Einfluss der Versorgungspartner

Die potentiell hervorragende Bedeutung des Hausarztes und auch der SAPV-Einbindung, insbesondere in den Pflegheimen, wird deutlich [10]. Die Mitarbeiter der Krankenhäuser beschreiben eine geringere Versorgungbeeinflussung durch diese Partner. Die Kooperation mit Hospizgruppen wird von den Pflegeheimen als weniger bedeutungsvoll beschrieben, dies stimmt mit dem gering ausgeprägten Verlegungsverhalten in diese Einrichtungsform überein.

Bedeutung von Patienten- bzw. Bewohnerverfügungen

Wenn eine Patienten- bzw. Bewohnerverfügung vorliegt, besitzt diese nach Aussagen der Befragten einen deutlichen Einfluss auf das geübte Verlegungsverhalten. Wobei dieser Einfluss noch deutlich steigerbar wäre, insbesondere in den Krankenhäusern. Auch wenn hier bereits heute eindeutige rechtliche und fachliche Festlegungen bestehen, bestätigt die vorliegende Studie die Berechtigung für die Einführung einer erweiterten Kommunikation und Festlegung im Sinne eines „Advanced Care Planing“ Prozesses [11].

Vergleich Krankenhaus Pflegeeinrichtung

Der größte Unterschied der Einrichtungsarten wird beim Auftreten einer akuten Erkrankung deutlich. Dieser Fall führt in den Pflegeheimen zu einem weit höheren Verlegungsverhalten als in den Krankenhäusern, obwohl es in diesem Fall auch in Letzteren zu Verlegungen (z. B. auf die Intensivstation) kommt. Dies sollte als ein bedeutsamer Hinweis dahingehend verstanden werden, dass beide Versorgungseinrichtungen aufgefordert sind, ihr Notfallmanagement kritisch zu prüfen.

EMPFEHLUNGEN

Spezifisches Risikomanagement verhindert unnötige Verlegungen

Seit einigen Jahren gewinnt die international geführte Methode der Patientensicherheit auch im europäischen Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung, denn deren Verfahren sind als relativ präzise Qualitätsinstrumente erkannt [12]. Ziel — etwa des kritischen Ereignismeldungsprinzips — ist es, über systematisch ermittelte Fehler, diesen präventiv entgegenzutreten. Organisatorische Fehler, die zu einer Verlegung eines Sterbenden führen, sind nach den vorliegenden Ergebnissen nicht gleichmäßig über alle Versorgungsbereiche verteilt. Vielmehr existieren typische Gefährdungslagen bzw. Risiken (Tab. 5).

Tab. 5 Prävention möglicher Verlegungsrisiken

Einführung Case Management

Die Etablierung eines individuellen Patientenleitsystems (Gate-Keeping), wie es durch Case Management oder Primary Nursing idealtypisch ermöglicht wird, ist für die Betreuung Sterbender besonders notwendig [13]. Darauf weisen auch die vorliegenden Studienergebnisse hin. Dass sich diese fallorientierte Organisationsform in der Regelversorgung bis heute nicht flächendeckend durchgesetzt hat, wirkt sich problematisch für die Betreuung zahlreicher Sterbender aus; insbesondere dann, wenn die ärztliche Betreuung, die Einbindung der Angehörigen und die vorausschauenden Planungen hinter den Erfordernissen zurückbleiben, palliative Versorgungsangebote nicht bestehen bzw. nicht in Anspruch genommen werden.

Weiterreichende Versorgungsforschung

Die ermittelten Faktoren, die mehr oder weniger stark moderierend auf die Verlegungspraxis Sterbender einwirken, und die mit dieser verbundenen potentiellen Risiken stellen eher das Resultat als den Ausgangspunkt organisatorischer und fachlicher Leistungsfähigkeit der stationären Versorgungsdienstleister dar. Um die sich verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Zahl der involvierten Spezialisten und Versorgungspartner, die hierdurch entstehenden Prozessabläufe usw. sowohl in den Krankenhäusern als auch in den stationären Pflegeeinrichtungen zugunsten einer sich verbessernden Patienten- bzw. Sterbebetreuung zu koordinieren, bietet die Versorgungsforschung geeignete Methoden an. In diesem Sinn sollten die vorliegenden, insgesamt als explorativ zu bewertenden Ergebnisse einer Ergänzung und Prüfung für einzelne Versorgungssituationen (etwa der Verlegungspraxis innerhalb eines Krankenhauses) dienen. Hierfür wären weitere quantitative Studien, qualitativ zu führende Interviews, Beobachtungen und auch die Sekundärdatenauswertung geeignet.

Hospiz- und Palliativgesetz als Chance

Dass 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung (HPG) [9] ist durchaus geeignet, Frequenz und Qualität von Verlegungen sterbender Menschen zu reduzieren. Zahlreiche Teileinlassungen des Gesetzes haben dies direkt und indirekt zum Gegenstand und betreffen sowohl

  • die häusliche Versorgungssituation: z. B. verbesserte Vergütung der Pflegedienste und Hausärzte, Selektivverträge,

  • die Versorgung im Krankenhaus: z. B. erweiterte und angepasste Möglichkeit der Abrechnung palliativer Leistungen, Kooperationen mit ambulanten Versorgungspartnern,

  • die Versorgung in der Pflegeeinrichtung: z. B. verbindliche Einbindung der Hausärzte, Planung des Lebensendes (Advance Care Planing).

Aktuell gilt es abzuwarten, welche Ergebnisse die auf Landesebene vollzogene Willensbildung der beteiligten Handlungspartner im Sinne eines Top-Down-Prozesses entstehen werden bzw. welche Motivation und Möglichkeit zur Umsetzung durch die betroffenen Akteure und Einrichtungen vor Ort (Bottom-Up) formuliert werden.