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Sadaf Koohkan

Abteilung Ernährung, Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Freiburg

_ Erkenntnisse aus neueren Studien zur Initiierung der antihypertensiven Therapie haben dazu geführt, dass für Personen mit grenzwertigen Blutdruckwerten (systolischer Blutdruck bei 130–139 mmHg und diastolischer Blutdruck bei 85–89 mmHg) und Patienten mit Hypertonie Grad 1 (systolischer Blutdruck bei 140–159 mmHg und diastolischer Blutrdruck bei 90–99 mmHg) strikte Therapieempfehlungen aufgegeben wurden und stattdessen zunächst umfassende Lebensstiländerungen im Vordergrund stehen [1]. Neben regelmäßigem Ausdauertraining und der Beendigung des Rauchens kommt bei diesen therapeutischen Lebensstil­än­derungen der Modifizierung von Ernährungsgewohnheiten, wenn notwendig verbunden mit dem Ziel der Gewichtsabnahme, nach wie vor eine besondere Bedeutung zu.

So lassen sich Blutdrucksenkungen von bis zu 20 mmHg erzielen [2]. Dabei ist die Kombination mehrerer blutdrucksenkender Lebensstilmaßnahmen am effektivsten, wobei die Wirkungen der einzelnen Maßnahmen durchgehend sowohl hinsichtlich des Nachweises der erreichten Blutdrucksenkung, als auch bezüglich zu beobachtenden Reduktion von kardiovaskulären Endpunkten evident (Evidenzgrad I A bzw. I B) sind [1].

Proteinzufuhr und Blutdruck

Untersuchungen aus den letzten Jahren legen nahe, dass im Rahmen der diätetischen Empfehlungen auch die Qualität und Quantität der Eiweißzufuhr beachtet werden sollte. So kann eine eiweißbetonte Kost im Austausch gegen Kohlenhydrate den Blutdruck senken [3]. Schon die Ergebnisse der INTERSALT-Studie unterstützten die Hypothese, dass eine proteinreichere Ernährung einen günstigen Einfluss auf den Blutdruck hat.

Diesem Zusammenhang wurde auch in der 2006 publizierten INTERMAP-Studie (International Study of Macro/Micronutrients and Blood Pressure) [4] nachgegangen.

In diese epidemiologische Studie wurden 4680 Männer und Frauen mit normalem Blutdruck aus vier Ländern (Großbritannien, USA, China, Japan) im Alter zwischen 49 und 59 Jahren einbezogen und zum Ess- und Trinkverhalten befragt. Es zeigte sich, dass eine gesteigerte Eiweißzufuhr aus pflanzlichen Lebensmitteln einen positiven Einfluss auf den Blutdruck hat. Tierische Eiweißquellen besaßen diesen regulierenden Effekt nicht. Sie hatten aber auch keinen spezifischen negativen Einfluss.

Auch wenn die INTERMAP-Studie als Querschnittsstudie eine nur begrenzte Evidenz besitzt, unterstreichen die Ergebnisse die Empfehlungen für eine gemüsereiche, laktovegetabile Kost. Es bleibt allerdings die Frage offen, wie die molekularen Mechanismen der pflanzlichen Eiweißbestandteile zur Blutdrucksenkung zu verstehen sind.

Blutdrucksenkung durch biologisch aktive Peptide

Aktuell häufen sich Publikationen, die auf die gesundheitsfördernde, blutdrucksenkende Wirkung von biologisch aktiven Peptiden, sogenannten PAB´s (Abb. 1), aus vornehmlich pflanzlichen Lebensmitteln hinweisen [5, 6]. Vor allem wird auf die Freisetzung und intestinale Resorption von nutritiven Peptiden mit hemmender Wirkung auf das Angiotensin-I-Converting-Enzyme-(ACE-)System verwiesen [7, 8].

Abb. 1
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Bioaktive Eigenschaften von nutritiven Peptiden und ihre Relevanz für die Gesunderhaltung.

© Mod. n. Udenigwe CC und Aluko RE, 2012

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Die Proteine aus diesem leckeren Bissen eignen sich eher nicht zur Hochdrucksenkung.

© istockphoto (c) Bernd Juergens

Dabei scheinen unter den pflanzlichen Eiweißen Sojaprodukte für die Blutdrucksenkung besonders wirkungsvoll zu sein [9]. Vergleichbar mit Sojapeptiden wird auch Milchpeptiden eine blutdrucksenkende Wirkung zugewiesen. Diese entstehen durch die enzymatische Spaltung oder Fermentierung von Milcheiweiß [9] und haben einen ACE-Hemmer-ähnlichen dämpfenden Effekt auf das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Kontrollierte Studien an Hypertonikern zeigten den zunächst tierexperimentell beschriebenen Wirkansatz auch für den Menschen und sollen den Nutzen spezieller Produkte mit angereicherten bioaktiven Milchpeptiden (Laktotripeptide) als dauerhafte nicht-medikamentöse Behandlung bei leichter Hypertonie oder auch als Ergänzung zur Arzneimitteltherapie bestätigen [10].

Gewichtsenkung am wichtigsten

Für die Praxis der blutdrucksenkenden Maßnahmen sind sich die Experten einig: Unter allen Maßnahmen zur Blutdrucksenkung ist die Reduktion des Körpergewichtes die effektivste [2]. Zehn Kilogramm Gewichtsabnahme reduzieren den Blutdruck nachweislich im Durchschnitt um 12 mmHg systolisch und 8 mmHg diastolisch; zudem wirkt sich die Gewichtsabnahme positiv auch auf die anderen Faktoren des metabolischen Syndroms aus, und so können zuvor erhöhte Blutfette und Blutzuckerwerte bereits nach einer kurzeitigen Interventionsdauer ebenfalls signifikant erniedrigt werden [11]. Hervorzuheben ist auch, dass Personen im dritten Lebensdrittel mit bereits fixierten Risikofaktoren von der gezielten Gewichtsabnahme bezüglich ihres Risikoprofils besonders stark profitieren.

So wurden in einer kontrollierten Studie mit 50 übergewichtigen, postmenopausalen Frauen [12] unter dem Einsatz einer Mahlzeitenersatzstrategie über sechs Monate neben der Gewichtsreduktion auch signifikante Verbesserungen in den Faktoren des metabolischen Syndrom und somit auch im Blutdruckverhalten erzielt. Unter dem Aspekt der Proteinqualität ist es interessant, dass die Verbesserungen im Risikoprofil unter dem Einsatz des Mahlzeitenersatzes auf Soja-Joghurt-Honig-Basis deutlicher ausgeprägt waren, als man auf Grund der Gewichtsabnahme erwartet hätte [13]. Entsprechend führen die Autoren die positiven metabolischen Verbesserungen wie auch die zu beobachtende Blutdrucksenkung nicht nur auf die erreichte Gewichtsabnahme, sondern auch auf die in der benutzten Vitalkost enthaltenen bioaktiven Peptide aus dem Sojaproteinisolat und dem Joghurt zurück.