Nachdem sich die Bundesregierung jüngst in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt hat, wettkampfmäßige Computerspiele, den sog. eSport, als Sportart anzuerkennen und sich auch für eine Aufnahme in das olympische Programm einzusetzen, lassen sich in den Medien immer häufiger Berichte finden, die suggerieren, dass es sich bei eSport um Sport im eigentlichen Sinne handelt. Dabei wird mehr und mehr der Eindruck erweckt, dass eSport tatsächlich Merkmale aufweise, die seine Einordnung als Sport rechtfertigten. Auch wenn damit in der öffentlichen Meinung zunehmend Druck erzeugt wird, wettkampfmäßige Computerspiele unter das Dach des organisierten Sports aufzunehmen, gibt es für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und seine Mitgliedsverbände gute Gründe, diesem Druck nicht zu erliegen und sich als Sport klar vom eSport abzugrenzen.

eSport ist kein Sport

Folgt man einer Definition von Stichweh (1990), dann geht es im Sport um die Kommunikation körperlicher Leistungen, die keinen Zweck außer sich selbst haben. Wir beobachten solche körperlichen Leistungen und wir können unterscheiden, ob es sich um Sport handelt oder nicht. Wir können beispielsweise unterscheiden, ob jemand joggt oder ob er nur rennt, um den Bus noch zu erreichen. Wir können erkennen, ob jemand Leichtathletik macht oder ob er den Speer wirft, um ein Tier zu erlegen. Diese Beispiele verdeutlichen, dass längst nicht jede körperliche Aktivität Sport ist. Ein Pianist erbringt zweifellos hochkomplexe körperliche Leistungen, aber er kommuniziert doch nicht, wie virtuos er die Tasten bedient, er macht also keinen Sport, sondern er macht Musik. Sportliche Kommunikationen sind demgegenüber körperbezogene Handlungen, die keinen Zweck außer sich selbst haben, die einer eigenen Logik folgen und damit ein eigenes Sozialsystem Sport konstituieren.

eSport ist in diesem Sinne kein Sport. Beim eSport gibt es zwar eine körperbezogene Handlung, nämlich die Bedienung eines Controllers, aber bei dieser Handlung handelt es sich nicht, wie in der Aufnahmeordnung des DOSB gefordert, um eine sportartbestimmende motorische Aktivität. eSportler kommunizieren ja nicht, „Ich kann klicken!“ oder „Ich kann besser klicken als Du!“, sondern Sinn bekommt ihre Handlung erst durch das virtuelle Geschehen, also durch die Bewegungen eines Avatars. Das heißt: Die motorische Aktivität ist entkoppelt vom eigentlichen Spielgeschehen. Die Zuteilung von Sieg und Niederlage erfolgt im eSport nicht darüber, wie viele Klicks pro Minute jemand schafft oder welche Tastenkombinationen koordinativ bewältigt werden, sondern darüber, wie viele Tore ein Avatar bei der Fußballsimulation schießt, wie viele gegnerische Monster getötet, Terroristen erschossen oder Panzer vernichtet werden, um Geländegewinne zu erzielen und die gegnerische Basis zu erobern. Man sieht in eSport-Übertragungen überhaupt nicht die motorische Aktivität der Spieler, sondern nur das virtuelle Geschehen an der Videowand, das auch von den Zuschauern vor Ort beobachtet wird. Die motorische Aktivität spielt also für die Beobachtung des eSports keine Rolle, was ihn fundamental vom Sport unterscheidet. Die motorische Aktivität des Klickens taugt damit nicht, wettkampfmäßige Computerspiele als Sportart zu identifizieren. Wie sollte diese Sportart denn auch heißen? „Mausklicken“ oder „Tastaturdrücken“?

Die Einheit des Sports ist bislang gekennzeichnet durch unmittelbares, körperbezogenes, authentisches Handeln. Die Integration wettkampfmäßiger Computerspiele würde diese Einheit des Sports aufheben.

eSport gefährdet die gesellschaftliche Legitimation des Sports

Der Sport ist für die Gesellschaft nicht zuletzt aufgrund seiner gesundheitlichen und erzieherischen Wirkungen ein bedeutsames Gut, weshalb er auch von staatlicher Seite gefördert wird. Bei einer Anerkennung des eSports liefe der organisierte Sport Gefahr, einen gesellschaftlichen Legitimationsverlust zu erleiden. Computerspiele werden ja häufig mit Gewalt, Sexismus, Spielsucht, Übergewicht, Bewegungsarmut sowie motorischen Defiziten von Kindern und Jugendlichen in Verbindung gebracht, und diese Negativkommunikation schadet dem Image eines gesundheitsförderlichen und pädagogisch wertvollen Sports. Umgekehrt ist für eSport-Organisationen eine Aufnahme in den organisierten Sport vor allem deshalb erstrebenswert, weil man dadurch nicht nur die Möglichkeit erhalten würde, an der öffentlichen Sportförderung zu partizipieren, sondern man würde auch einen deutlichen Legitimations- und Imagegewinn erzielen. In Zeiten, in denen wissenschaftliche Studien ein ums andere Mal Bewegungsmangel und motorische Defizite als wesentliche Probleme der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen markieren, wäre es im Hinblick auf die gesellschaftliche Legitimation des Sports geradezu fahrlässig, über eine Aufnahme von Computerspielen, die auf die Bewegung der Finger beschränkt sind und welche die allgemeine Bewegungsarmut durch das Sitzen vor den Bildschirmen noch fördern, überhaupt nachzudenken.

Hinzu kommen pädagogische Legitimationsprobleme, die vor allem daraus resultieren, dass diejenigen Computerspiele, die die Wettkampfszene im eSport dominieren, die kommerziell am erfolgreichsten sind und die meisten Spieler und Zuschauer anziehen, diejenigen Spiele sind, in denen es um Töten, Zerstören und Erobern geht, also um Sinn-Kontexte, die mit Sport nichts – aber auch gar nichts! – zu tun haben und die sich mit seinen ethischen Werten nicht vereinbaren lassen. Nach Angaben der Electronic Sports League (ESL, 2018, Folie 12) sind League of Legends (Multi-Online-Battle-Arena[MOBA]-Spiel), DOTA 2 (MOBA-Spiel), Playerunknown’s Battlegrounds (Shooter-Spiel), Overwatch (Shooter-Spiel) und Counter Strike Global offensiv (Shooter-Spiel) die weltweit erfolgreichsten SpieleFootnote 1, die monatlich mehr als 8 Mio. aktive Spieler aufweisen, mehr als 5 Mio. US-Dollar an jährlichen Preisgeldern ausschütten und auf mehr als 20 Mio. monatliche Zuschauerstunden kommen. Im zweiten Rang der weltweit erfolgreichsten Spiele folgen mit über 1,5 Mio. Spielern, über 1 Mio. US-Dollar Preisgeldern und über 2 Mio. monatliche Zuschauerstunden Call of Duty (Shooter-Spiel), Heroes of the Storm (MOBA-Spiel), Smite (MOBA-Spiel), Starcraft (Echtzeit-Strategiespiel), Halo (Ego-Shooter), Hearthstone (Online-Sammelkartenspiel) und World of Tanks (Shooter-Spiel). Den dritten Rang bilden mit über 500.000 monatlichen Spielern, über 100.000 US Dollar Preisgeldern und über 200.000 monatlichen Zuschauerstunden Rocket League (Autoballspiel), Super Smash Bros (Fighting Game), Cross Fire (Shooter-Spiel) und Vainglory (MOBA-Spiel). Unter den 16 erfolgreichsten Spielen befinden sich also allein 13 Spiele, in denen das virtuelle Zerstören, Erobern und Töten zentral ist für die Operationalisierung von Sieg und Niederlage. Dabei macht es in der Sache gar keinen Unterschied, ob es um das Töten von Fantasiefiguren (wie in den MOBA-Spielen) oder menschlichen Avataren (wie in den meisten Shooter-Spielen) geht, sondern das Problem besteht darin, dass hier getötet wird, und Töten – in welcher Form auch immer – generell nichts mit Sport zu tun hat. Folgt man der Aufnahmeordnung des DOSB, dann lässt sich somit auch mit Bezug auf den Punkt der „Einhaltung ethischer Werte des Sports“ eine Aufnahme des eSports nicht vertreten.

Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass sich unter den 16 weltweit erfolgreichsten eSport-Titeln keine einzige Sportsimulation befindet, wenn man einmal davon absieht, dass es sich bei Rocket League um ein Spiel handelt, bei dem Autos gegeneinander Fußball spielen. Das Massenphänomen eSport beruht nicht auf Sportsimulationen, die ja durch die Darstellung sportlicher Handlungen zumindest noch eine Analogie zum Sport aufweisen, auch wenn bei diesen Spielen keine sportartbestimmende motorische Aktivität erkennbar ist, sondern in erster Linie auf solchen Spielen, bei denen über die Simulation von Tötungshandlungen entschieden wird, wer gewinnt oder verliert.Footnote 2

eSport passt nicht in die Organisationsstrukturen des Sports

Die Organisationsstrukturen des eSports genügen nicht den in der Aufnahmeordnung des DOSB geforderten Anforderungen. Es hat sich im letzten Jahr zwar der eSport-Bund Deutschland e.V. (ESBD) gegründet, der für sich in Anspruch nimmt, bundesweit den organisierten eSport zu repräsentieren, dieser Verband hat jedoch überhaupt keinen Einfluss auf die Regeln, Inhalte und Wettkampfstrukturen des eSports, die vollständig in den Händen von Wirtschaftsunternehmen liegen, die die Spiele verlegen und die Wettkampfserien veranstalten und vermarkten. Zudem verfügt der organisierte eSport bislang bei weitem nicht über die notwendige Mindestmitgliederzahl, er ist nicht in den Landessportbünden vertreten, und er ist auch nicht gemeinnützig im Sinne der Abgabenordnung. Diese strukturellen Voraussetzungen schließen ebenfalls eine Aufnahme des e‑Sports unter das Dach des organisierten Sports aus.

Strategien im Umgang mit eSport

Der Umgang des organisierten Sports in Deutschland mit wettkampfmäßigen Computerspielen lässt sich aktuell am Beispiel des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen (LSB NRW), die sich in einer öffentlichen Stellungnahme positioniert haben, beschreiben. Der Deutsche Fußball-Bund hat im April 2018 eine Erklärung zum Thema eSport veröffentlicht, in der bekannt gegeben wird, dass man sich „gemeinsam mit seinen Regional- und Landesverbänden auf einen einheitlichen Umgang mit dem Thema E‑Sport verständigt“ habe. Es bestehe Konsens darin, „dass die unter dem allgemeinen Begriff E‑Sport praktizierten Gewalt‑, Kriegs- und Killerspiele nicht zu den satzungsgemäßen Werten passen, die der DFB sowie seine Mitgliedsverbände Kindern und Jugendlichen vermitteln wollen“. Der DFB wolle sich daher ausschließlich im Bereich „fußballbezogener Spiele“ engagieren und diese unter dem Begriff „E-Soccer“ fassen, um eine klare Abgrenzung von anderen Computerspielen deutlich zu machen. Voraussetzung für die Mitgliedschaft von E‑Sport-Vereinen im DFB sei die Anerkennung durch die jeweiligen Landessportbünde und den DOSB. Der DFB überlässt es damit seinen Regional- und Landesverbänden, ob und inwiefern sie sich im E‑Soccer engagieren, betont aber zugleich, dass „das übergeordnete gemeinsame Ziel für die Fußballverbände [bleibt], E‑Soccer als eine Ergänzung des bisherigen Vereinslebens zu betrachten, dem Freizeitverhalten gerecht zu werden und auch über die Begeisterung für digitale Spielformen am Ende mehr Kinder und Jugendliche dazu zu bewegen, selber aktiv auf dem Rasen Fußball zu spielen“ (DFB, 2018).

Der Landessportbund Nordrhein-Westfalen hat im Mai 2018 ein Positionspapier zum Thema eSport veröffentlicht, in dem er erstens erklärt, dass eSport kein Sport sei, was damit begründet wird, dass der eSport „keine spezifische, sportartbestimmende körperliche Aktivität“ aufweise, sondern durch die motorische Aktivität nur Avatare in einer virtuellen Welt gesteuert würden, der Wettstreit also in einer Simulation stattfände, während „klassische Sportler/innen unmittelbar – auch körperlich – mit den Folgen ihres Handelns konfrontiert“ würden. Zweitens stellt der LSB NRW fest, dass eSport Teil einer modernen Jugendkultur sei, weshalb sich „insbesondere die Akteure im Kinder- und Jugendsport damit auseinandersetzen [sollten], inwieweit Computerspiel-Wettbewerbe als außersportliche Jugendarbeit Eingang in Sportvereine und -verbände finden können“. Drittens erklärt der LSB NRW, dass First-Person-Shooter mit den Werten des Sports unvereinbar seien, was vor allem damit begründet wird, dass die „Vernichtung des Gegners entscheidend [sei], um das strategische Spielziel zu erreichen“. Und viertens stellt der LSB NRW fest, dass eSport überwiegend kommerziell ausgerichtet sei und die Wettkampfstrukturen und das Regelwerk nicht von einem Verband, sondern von den Herausgebern der Spiele gesteuert würden (LSB NRW, 2018).

Reflektiert man beide Positionen zusammenfassend, dann zeigt sich erstens, dass beide Verbände eine Anerkennung von eSport als Sport(art) ablehnen. Eine mögliche Integration könne ausschließlich in Form einer „Ergänzung des bisherigen Vereinslebens“ (DFB) bzw. als „außersportliche Jugendarbeit“ (LSB NRW) Eingang in die Sportvereine finden. Zweitens lehnen beide Verbände gewaltbezogene Spiele als nicht vereinbar mit den ethischen Werten des Sports ab. Und drittens deuten beide Verbände an, dass man offen dafür sei, nichtgewaltbezogene – im Falle des DFB ausschließlich fußballbezogene Spiele – in die Jugendarbeit zu integrieren, was man damit begründet, dass man die „Begeisterung für digitale Spiele“ dazu nutzen wolle, Kinder und Jugendliche für den Fußball auf dem grünen Rasen zu gewinnen (DFB) bzw. dass man nicht ignorieren könne, dass eSport Teil einer modernen Jugendkultur sei und man davon ausgehen müsse, dass sich eSport weiter etabliere (LSB NRW).

Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Probleme, ist es zunächst einmal zu begrüßen, dass sich beide Verbände deutlich gegen eine Anerkennung von eSport als Sport aussprechen und sich vor allem auch von den gewaltbezogenen Inhalten der Spiele distanzieren. Zu hinterfragen ist allerdings, inwiefern sich die Teilintegration im Sinne einer Ergänzung der Jugendarbeit als funktionale Strategie erweisen kann. Mindestens 3 Gründe sprechen dagegen:

  1. 1.

    Man will an die Lebenswelt und Kultur von Jugendlichen anschließen und diese an den organisierten Sport binden, schließt aber gerade diejenigen – gewaltbezogenen – Computerspiele aus, die bei den eSportlern ganz offensichtlich die größte Faszination ausmachen und damit das Massenphänomen eSport erst begründen. Mit einer Beschränkung auf Sportsimulationen, die zudem durch pädagogische Maßnahmen flankiert werden, wird der organisierte Sport das Gros der eSportler mit Sicherheit nicht für eine Mitgliedschaft im Sportverein gewinnen können.

  2. 2.

    Man geht davon aus, dass man eSport als Medium nutzen kann, um Kinder und Jugendliche für Sportangebote zu gewinnen und an diese zu binden. Warum aber sollten Jugendliche, die vom eSport fasziniert sind und deswegen in die Vereine kommen, dann plötzlich in analoge Sportarten wechseln oder bei diesen bleiben? Die Argumentation des DFB, den Fußball über E‑Soccer für Jugendliche attraktiver zu machen, scheint unplausibel und auch gefährlich, weil bei einer strukturellen Integration – es gibt im DFB immerhin schon Überlegungen, neue Wettbewerbe zu kreieren, bei denen man eine Halbzeit auf dem Rasen und eine Halbzeit an der Konsole spieltFootnote 3 – das Risiko besteht, eine interne Konkurrenz zum eigentlichen Kerngeschäft Fußball zu etablieren. Dadurch gewinnt man keine Spieler, sondern man verliert sie, und zwar an Aktivitäten, die mit Sport nichts zu tun haben. Der Fußball kann seine Inklusionsfähigkeit nur aus sich heraus behaupten: Wenn man die Kinder und Jugendlichen auf dem grünen Rasen halten will, gilt es, die Sportart selbst weiterhin attraktiv zu gestalten, nicht aber elektronische Konkurrenzangebote zu etablieren. Unabhängig davon ist es doch jedem Fußballverein ohnehin freigestellt, im Clubhaus eine Konsole aufzustellen oder im Trainingslager eine Runde FIFA zu spielen, dafür braucht man aber keine strukturelle Integration von E‑Soccer.

  3. 3.

    In der aktuellen Debatte kann man leicht den Eindruck gewinnen, dass der organisierte Sport sich vor allem deshalb mit einer möglichen Integration von eSport auseinandersetzt, weil er Angst davor hat, als „unmodern“, „verkrustet“ und „traditionell“ zu gelten, wenn er dies nicht tut. Dabei unterwirft er sich der Annahme, dass erst einmal alles, was mit Digitalisierung und technischem Fortschritt zu tun hat, modern ist. In diesem Sinne solle der eSport dazu beitragen, dem organisierten Sport in der zunehmend digitalisierten Welt, das Image einer modernen sozialen Bewegung zu verleihen. Anstatt solchen Mythen der Modernität zu folgen, gilt es jedoch vielmehr zu reflektieren, inwiefern sich eSport überhaupt mit dem Selbstverständnis eines modernen Sportvereins vereinbaren lässt. Blickt man nämlich auf die Tatsache, dass 79% der eSportler in Deutschland männlich sind (ESL, 2018, Folie 8) und verschafft sich im Internet einen Einblick in die sexistischen und gewaltverherrlichenden Kommentare der Spieler gewaltgeprägter Spiele, dann kann man auf eine solche Modernität leicht verzichten.

Der organisierte Sport steht aktuell vor der Herausforderung, dass sich außerhalb seiner Grenzen ein immer weiter wachsendes soziales Phänomen etabliert, das im Hinblick auf die Zielgruppen Kinder, Jugendliche und jungen Erwachsene eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellt. Aufgrund der bereits in der Bezeichnung „eSport“ angelegten begrifflichen Analogie scheint es verlockend, dieses Phänomen im Sinne von Wachstumsstrategien, die Zugriff auf neue Mitglieder, die Bindung vorhandener Mitglieder sowie Möglichkeiten der Vermarktung und der Gewinnung von Sponsoren versprechen, zu nutzen. Ein solches Vorgehen ist jedoch bei genauerem Hinsehen und unter Bezug auf die genannten Probleme für den organisierten Sport äußerst gefährlich. Dieser ist daher schlecht beraten, auf bloße Maximierungsstrategien und ein Wachstum um jeden Preis zu setzen. Gerade vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung in der Gesellschaft erscheint es für den Fortbestand des Sports vielmehr funktional, dass sich dieser als Refugium gegenüber der digitalen Welt profiliert. Denn eines ist doch sicher: Der Mensch ist und bleibt ein analoges Wesen, und Vieles spricht dafür, dass die Faszination des Sports gerade darin liegt, dass man hier mithilfe des Körpers noch Unmittelbarkeit und Authentizität erfahren kann, was in anderen Gesellschaftsbereichen eben zunehmend verdrängt wird (siehe hierzu bereits Bette, 1999, S. 158). Diese gesellschaftliche Besonderheit sollte der Sport nicht leichtfertig aufs Spiel setzen und sich daher konsequent und aktiv vom digitalen Sport abgrenzen. Im Gegenteil: Die Faszination der Menschen für den (echten) Sport ist nach wie vor so groß, dass er der Konkurrenz durch Computerspiele selbstbewusst begegnen kann.