Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) ist eine Manifestation der systemischen Arteriosklerose, die ihrerseits das gesamte arterielle Gefäßsystem betreffen kann. Patienten mit pAVK weisen multiple arteriosklerotische Risikofaktoren und ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall u. a.) auf.

Die aktuellen Empfehlungen zahlreicher Konsensuspapiere einschließlich der Leitlinien des American College of Cardiology/American Heart Association (ACC/AHA) zur pAVK bezeichnen Patienten mit pAVK als Hochrisikopopulationen [5].

Im „Reduction of Atherothrombosis for Continued Health (REACH)“-Register lag die Prävalenz einer Mitbeteilung der Koronar- und/oder zerebralen Zirkulation bei bestehender symptomatischer pAVK im Bereich der unteren Extremitäten bei 15,9% [1]. Während Patienten mit isolierter pAVK eine kardiovaskuläre 1-Jahres-Ereignisrate von 17,4% aufwiesen, lag diese bei zusätzlich bestehender koronarer Herzkrankheit (KHK) bei 23,1% und bei pAVK plus KHK und zerebraler arterieller Verschlusskrankheit (cAVK) bei 26,3%. Somit gehört die Erfassung des gesamten Gefäßstatus zur Prognosebeurteilung und Risikostratifizierung bei Patienten mit pAVK [4].

Warum ein Positionspapier der DGK zu dieser Thematik?

Interdisziplinäre Berührungspunkte ergeben sich somit durch die Koinzidenz der betroffenen Gefäßgebiete sowie durch die historisch radiologisch, angiologisch und kardiologisch geprägten methodischen Entwicklungen in der Gefäßdiagnostik und -therapie.

Die zunehmende Verbreitung der PTA in der Kardiologie und Angiologie erfordert eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK): Unter Berücksichtigung der Versorgungswirklichkeit hinsichtlich der Durchführung von PTA peripher-arteriell und renovaskulär in Kliniken und Praxen in Deutschland und auch der Situation im Ausland soll dargestellt werden, in welchem Umfang periphere PTAs in den Arbeitsbereich der Kardiologie fallen, um daraus die Erfordernis zur Anpassung der Weiterbildungsordnung abzuleiten.

Methodik

Anhand eines zwischen März und Mai 2008 versandten Fragebogens (Tab. 1) wurde der Ist-Status hinsichtlich der Durchführung von PTA peripher-arteriell und renovaskulär in universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren in Deutschland evaluiert. Es wurden 41 universitäre Zentren für Kardiologie bzw. Kardiologie und Angiologie befragt. Der Rücklauf der Fragebögen betrug 95%. Hierbei ging es sowohl um die alleinige manuelle Durchführung der peripheren Katheterintervention als auch um die Indikationsstellung sowie die peri- und postinterventionelle Patientenversorgung. Evaluiert wurde insbesondere, wer die Indikation zur PTA stellt, wer für die Notfallversorgung während der PTA zuständig ist, wer die Patientenversorgung peri- und postinterventionell gewährleistet und durch wen das postinterventionelle Konzept und die medikamentöse Langzeittherapie festgelegt werden.

Tab. 1 Ergebnisse der perkutanen transluminalen Angioplastien (PTA) peripher-arteriell und renovaskulär an universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren (n=41) in Deutschland 2007 laut Erhebung mittels Fragebogen

Die Ergebnisse der Durchführung von PTA peripher-arteriell und renovaskulär an universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren in Deutschland 2007 laut Erhebung mittels Fragebogen sind in Tab. 1 dargestellt.

Einen Vergleich der Anzahl der PTA peripher-arteriell und renovaskulär an universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren in Deutschland 2007 laut Erhebung mittels Fragebogen mit der Gesamtanzahl der PTA in den 486 invasiv tätigen kardiologischen Kliniken und Praxen in Deutschland 2005 zeigt Tab. 2

Tab. 2 Anzahl der perkutanen transluminalen Angioplastien (PTA) peripher-arteriell und renovaskulär an universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren in Deutschland 2007 laut Erhebung mittels Fragebogen im Vergleich zu der Gesamtanzahl der PTA in den 486 invasiv tätigen kardiologischen Kliniken und Praxen in Deutschland 2005

Eine Auswertung der Daten vom Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) anhand der Operationen-Prozeduren-Schlüssel (OPS) hinsichtlich der Gesamtzahl der peripheren PTA für Deutschland im Jahr 2006 und die Aufteilung auf die verschiedenen Gefäßgebiete zeigt Tab. 3.

Tab. 3 Auswertung der §-21-Daten vom Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) anhand der Operationen-Prozeduren-Schlüssel (OPS) hinsichtlich der Gesamtzahl der peripheren PTA (ohne viszeral) für Deutschland im Jahr 2006 (Zahlen für Normallieger)

Somit kamen insgesamt 3 Patientengruppen und Zeiträume zur Auswertung:

  1. 1.

    die universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren in Deutschland 2007 laut Erhebung mittels Fragebogen (Tab. 1),

  2. 2.

    die 486 invasiv tätigen kardiologischen Kliniken und Praxen in Deutschland 2005 laut Erhebung von Horstkotte et al. (Tab. 2),

  3. 3.

    eine Auswertung der Daten vom Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) anhand der Operationen-Prozeduren-Schlüssel (OPS) der peripheren PTA für Deutschland im Jahr 2006 (Tab. 3).

Indikationsstellung und Versorgungsstrukturen bei PTAs in Deutschland

Dass die endovaskuläre Therapie der pAVK international Einzug in die interventionelle Kardiologie gehalten hat und von dieser geprägt wird, zeigt das kürzlich publizierte evidenzbasierte Review über endovaskuläre Therapien der pAVK [2].

Die in den USA über 5 Jahre von 1997–2002 durchgeführte Analyse der Verteilung von peripheren Katheterinterventionen anhand der Operationen-Prozeduren-Schlüssel ergab einen maßgeblichen Anteil der Kardiologen: So betrug in den USA 2002 der Anteil der Radiologen 42%, der Kardiologen 36,3% und der Gefäßchirurgen 10,3% an dem Gesamtpool der peripheren, nichtkardialen Katheterinterventionen [7].

Die Leitlinien und Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der pAVK sind international auch durch die amerikanischen kardiologischen Fachgesellschaften American College of Cardiology (ACC) und American Heart Association (AHA) erarbeitet worden [3, 5].

Die interventionell tätigen Kardiologen beherrschen nicht nur das breite Spektrum der koronaren Katheterinterventionen (inklusiver spezieller Katheterverfahren, wie z. B. Laser-PTCA, Atherektomie und Rotablation), sondern haben während der letzten Dekaden auch maßgeblich die Fortschritte auf dem Gebiet der peripheren Katheterinterventionen geprägt [6, 9, 10, 11].

Daten vom Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK)

Eine Auswertung der Daten vom Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) anhand der Operationen-Prozeduren-Schlüssel (OPS) ergab für Deutschland im Jahr 2006 eine Gesamtzahl an peripheren PTA (Gefäße abdominal, Gefäße Oberschenkel, Gefäße Unterschenkel) von 53.558 (Tab. 3). In Relation zu den Leistungszahlen der Erwachsenenkardiologie für Deutschland im Jahr 2005 mit einer Gesamtzahl von 11.693 peripheren PTA (ohne Karotis und ohne Sonstige) ergibt sich ein Anteil von 22% (Tab. 2).

Daten der universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren in Deutschland 2007 laut Erhebung mittels Fragebogen

Die aktuell durchgeführte Evaluierung des Ist-Status hinsichtlich der Durchführung von PTA peripher-arteriell und renovaskulär an universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren in Deutschland anhand eines Fragebogens ergab einen überwiegenden Anteil der Kardiologen und Angiologen sowohl bei der Indikationsstellung als auch bei der Durchführung (inklusive der ggf. notwendigen Notfallversorgung) der peripheren Angioplastien ebenso wie bei der peri- und postinterventionellen Versorgung sowie der medikamentösen Langzeittherapie.

In Deutschland werden an der überwiegenden Mehrzahl der universitären Kliniken für Kardiologie bzw. Kardiologie und Angiologie PTAs vorgenommen, in 82% der Zentren erfolgen peripher-arterielle und in 87% der Zentren renovaskuläre PTAs.

Allein an den universitären Kliniken für Kardiologie bzw. Kardiologie und Angiologie wurden im Jahr 2007 in Deutschland 5909 peripher-arterielle und 1149 renovaskuläre PTA durchgeführt. Diese Katheterinterventionen erfolgten überwiegend unter stationären Bedingungen (die peripher-arteriellen PTA wurden in 87% der Zentren und die renovaskulären PTA in 92% der Zentren stationär durchgeführt).

Ein gefäßchirurgisches Standby erfolgte im Falle von komplexen Katheterinterventionen in 36% der universitären kardiologischen und kardiologisch-angiologischen Zentren bei peripher-arteriellen PTA und in 41% der Zentren bei renovaskulären PTA.

Die Indikationsstellung zur peripher-arteriellen und renovaskulären PTA erfolgt in ca. zwei Drittel der Fälle entweder durch einen Kardiologen und/oder einen Angiologen, in ca. einem Drittel der Fälle sind auch Radiologen an der Indikationsstellung, meistens im Rahmen einer Gefäßkonferenz, beteiligt. Bei der Indikationsstellung zur renovaskulären PTA sind zudem in ca. 26% Internisten (Nephrologen) involviert. Bei der Indikationsstellung zur peripheren PTA sind Allgemein-Internisten in ca. 13% beteiligt.

Die Patientenversorgung peri- und postinterventionell, das Festlegen des postinterventionellen Konzepts und der medikamentösen Langzeittherapie sowie die Nachsorge nach peripherer Angioplastie erfolgt, basierend auf der aktuellen Erhebung mittels Fragebogen, in der Mehrzahl durch die Kardiologen und/oder Angiologen.

Zusammenfassung

Unter Berücksichtigung der Versorgungswirklichkeit in Deutschland und im internationalen Vergleich fallen die Indikationsstellung und Durchführung von peripheren Angioplastien als ein Bestandteil einer umfassenden Patientenversorgung maßgeblich in den Arbeitsbereich der Kardiologie und Angiologie. Dies begründet sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass mehr als 60% der pAVK-Patienten an einem kardialen Ereignis versterben und somit die kardiale Manifestation der Arteriosklerose die Gesamtprognose des pAVK-Patienten wesentlich bestimmt. Dies gilt auch für die Karotisangioplastie, die ebenfalls den Arbeitsbereich der Kardiologie und Angiologie berührt und die bereits in einem separaten Positionspapier der DGK behandelt wird [8].

Für eine krankheitsgerechte Patientenversorgung sind somit die Risikostratifizierung von pAVK-Patienten, die therapeutische Modifikation bestehender kardiovaskulärer Risikofaktoren und die mittels nichtinvasiver Verlaufsuntersuchungen und Parameter gesteuerte medikamentöse Therapie zur symptomatischen Verbesserung sowie zum Erreichen einer Rezidiv- und Risikoreduktion wesentlich. Dies wird heutzutage bereits maßgeblich durch Kardiologen und auch Angiologen gewährleistet, die eine besonders hohe Expertise in der Beherrschung der Kathetertechniken, der Logistik von Komplikationen und der intensivmedizinischen Akutversorgung aufweisen.

Aufgrund der bei einer pAVK häufig vorliegenden systemischen Arteriosklerose, die ihrerseits das gesamte arterielle Gefäßsystem betreffen kann, und den hieraus resultierenden Berührungspunkten bei der Gefäßdiagnostik und -therapie ist hinsichtlich einer optimalen Versorgung der Patienten die Organisation innerhalb einer Klinik im Sinne einer interdisziplinären Gefäßkonferenz zu empfehlen.

Zur Verbesserung der ärztlich-kardiologischen und/oder angiologischen Weiterbildung sowie zur Umsetzung der tatsächlichen Versorgungswirklichkeit ergibt sich der dringende Bedarf zur Anpassung des Weiterbildungskatalogs der Kardiologie und Angiologie mit Aufnahme der peripheren Angioplastie und der Einführung einer Zusatzbezeichnung „Periphere Angioplastie“ für die Kardiologen, Angiologen, Radiologen und Gefäßchirurgen. Alternativ wäre auch die Einführung einer Zusatzqualifikation „Periphere Angioplastie“ für Kardiologen, Angiologen, Radiologen und Gefäßchirurgen unter Berücksichtigung eines systemorientierten Therapie- und Präventionseinsatzes sinnvoll.