Hintergrund und Fragestellung

Prävalenz von Alpträumen

Alpträume sind ein gut bekanntes und in jedem Alter auftretendes Phänomen, wobei die Prävalenzzahlen mit zunehmendem Alter rückläufig und auch stark schwankend sind [1, 2, 24]. Bis zu 43 % der Kinder berichten über wiederkehrende Alpträume, unter regelmäßigen Alpträumen (mindestens 1x/Woche) leiden ca. 4,7 % [1, 19, 23, 24, 26]. Im Jugendalter sinken die Zahlen auf 8 % bis 33 % für das generelle Vorkommen von Alpträumen und auf ca. 3 % (Jungen) bis 6,1 % (Mädchen) für sehr häufig auftretende Alpträume [1, 25]. Die Prävalenzzahlen für das junge Erwachsenenalter schwanken zwischen 1,8 % und 2,4 % für sehr häufige Alpträume [1], 18,5 % für mindestens einmal wöchentlich und 5,8 % für dreimal oder häufiger pro Woche auftretende Alpträume [20]. 2,5 % bis 6 % der Erwachsenen berichten von regelmäßigen wöchentlichen Alpträumen [1, 10]. Einige Studien zeigten einen Geschlechtsunterschied in der Alptraumhäufigkeit, wobei Mädchen (12,3–47,7 %) und Frauen (6,0–11,1 %) häufiger betroffen sind als Jungen (12,7–39,8 %) und Männer (4,5–9,1 %) [1, 10, 18, 23, 26]. Dieser Geschlechtsunterschied zeigte sich auch in der Metaanalyse von Schredl und Reinhard [22]. Die großen Unterschiede in den Prävalenzzahlen für Alpträume lassen sich vor allem auf die unterschiedlich angewandten Kriterien zurückführen. Während einige Studien das generelle Auftreten von Alpträumen erfassten [19, 24], orientierten sich andere Studien an den Kriterien des DSM-5 für eine Alptraumstörung und berichteten Prävalenzzahlen für Alpträume, die mindestens 1x/Woche auftreten [1, 10, 20, 23, 26].

Einfluss von Alptraumhäufigkeit und Alptraumdistress auf das Tagesbefinden

Die Auswirkungen regelmäßiger Alpträume sind umfassend. Oftmals verursachen die Alpträume Distress, der sich auf das Tagesbefinden auswirkt. Im Folgenden wird Alptraumdistress definiert als die durch Alpträume verursachten Beeinträchtigungen des Wohlbefindens während des Tages, zum Beispiel in kognitiven, emotionalen, motivationalen oder physiologischen Bereichen [6, 7]. Einige Studien zeigten, dass eine erhöhte Alptraumhäufigkeit unter anderem mit schlechteren Schulleistungen bei Grundschulkindern [26], vermehrten weiteren Schlafproblemen, wie beispielsweise schlechterer Schlafqualität oder Einschlafproblemen bei Studierenden [20], geringerer Selbstwirksamkeit [20] (d. h. einer geringen Überzeugung, mit dem eigenen Handeln den Ausgang einer bestimmten Situation beeinflussen zu können [3, 4]), geringerem Wohlbefinden [7, 27] und auch einer erhöhten Suizidneigung [17] einhergehen.

Andere Studien, die sowohl die Alptraumhäufigkeit als auch den durch Alpträume verursachten Distress bei Erwachsenen erhoben haben, konnten aufzeigen, dass nicht die reine Alptraumhäufigkeit einen Einfluss auf das Tagesbefinden und das generelle Wohlbefinden der Personen hat, sondern der erlebte Alptraumdistress eine große Rolle zu spielen scheint [5, 7, 12, 15, 16]. Darüber hinaus fanden Levin und Fireman [16] in ihrer Untersuchung an 116 Studenten (85 Frauen; M = 19,8 Jahre) heraus, dass vermehrte Alpträume (>1x/Woche) und Alptraumdistress mit auffälligeren Werten für psychologisches Wohlbefinden einhergingen. Der Einfluss von Alptraumdistress war – nachdem der gemeinsame Einfluss mit der Alptraumhäufigkeit ausgeklammert wurde – größer als der Einfluss der Alptraumhäufigkeit selbst. Dies war vor allem für die Depressions- und Angstkennwerte der Fall [16]. In einer anderen Studie an 147 Personen (124 Frauen; M = 23,76 Jahre; 17–83) konnte gezeigt werden, dass sowohl die Alptraumhäufigkeit als auch der Alptraumdistress mit einem schlechteren allgemeinen Wohlbefinden assoziiert sind [7]. Auch hier war der Zusammenhang von Alptraumdistress und reduziertem Wohlbefinden größer als der zwischen Alptraumhäufigkeit und Wohlbefinden.

Ähnliche Assoziationen fanden auch Kráčmarová und Plháková [12] in ihrer Studie an 344 Erwachsenen (276 Frauen; M = 25,6 Jahre). Alptraumdistress war in dieser Studie ebenfalls mit erhöhten Angst-, Stress-, und Depressionswerten verbunden und verursachte vermehrt körperliche Beschwerden. Zudem berichteten Frauen mit regelmäßig auftretenden Alpträumen über signifikant mehr Auswirkungen durch die Alpträume als Männer [12]. Nach unserem aktuellen Kenntnisstand liegen derzeit keine weiteren Studien zum Zusammenhang von Alptraumdistress und Tagesbefinden bei Jugendlichen vor. Auch haben die meisten Studien eine untere Altersgrenze von 18 Jahren.

Erhebungsinstrumente zur Erfassung von Alptraumhäufigkeit und Alptraumdistress

Die in der Literatur am meisten genutzten Erhebungsinstrumente für Alptraumhäufigkeit sind die direkte Frage nach der Anzahl der Alpträume in einem bestimmten Zeitraum, Traumtagebücher oder auch der Nightmare Frequency Questionnaire (NFQ) [13, 14]. Der NFQ erfasst dabei mit zwei Fragen die Anzahl der Tage, an denen Alpträume oder schlechte Träume auftreten, und die eigentliche Anzahl an Alpträumen bzw. schlechten Träumen. Alptraumdistress hingegen wird unter anderem mit dem Nightmare Distress Questionnaire (NDQ) [6] oder dem Nightmare Effects Survey (NES) [13] erhoben.

Der NDQ ist ein 13 Items umfassender Fragebogen, der verschiedene Aspekte von Alptraumdistress erfasst. Mit diesem Fragebogen werden unter anderem Schlafprobleme, die mit Alpträumen zusammenhängen, der Einfluss der Alpträume auf das generelle Wohlbefinden oder auch die Motivation, sich therapeutische Hilfe gegen die Alpträume zu suchen, erhoben (NDQ) [6]. Die Reliabilität des NDQ liegt in verschiedenen Erwachsenenstichproben mit einem Cronbach’s Alpha zwischen 0,80 und 0,88 im guten Bereich [6, 8].

Mit dem Nightmare Effects Survey (NES) wird mithilfe von 11 Items (Antwortskala 0 = gar nicht bis 4 = sehr stark) der Einfluss von Alpträumen auf verschiedenste Lebensbereiche (z. B. Schlaf, Arbeit, Stimmung, Schule, Beziehungen) erhoben. Die Reliabilität des NES liegt ebenfalls im guten bis sehr guten Bereich mit α = 0,90 [13].

Beide Instrumente diskriminieren jedoch nicht zwischen schlechten Träumen und Alpträumen, und keiner der beiden Fragebögen involviert unterschiedliche Modalitäten bzw. Ebenen des Erlebens. Somit kann festgehalten werden, dass detailliertere Erhebungsinstrumente zur Erfassung der Auswirkungen von Alpträumen auf das Tagesbefinden von Jugendlichen und Erwachsenen auf physiologischer, motivationaler und psychologischer Ebene fehlen. Um diese Lücke zu schließen, wurde der Nightmare Effects Questionnaire (NEQ) entwickelt. In der vorliegenden Pilotstudie wurde der NEQ auf seine Faktorenstruktur und erste psychometrische Kennwerte geprüft.

Material und Methoden

Studiendesign

Der NEQ und Fragen zu soziodemografischen Angaben wurden sowohl im Rahmen einer Onlineerhebung als auch als Papierversion erhoben. An der Onlineerhebung konnten Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren teilnehmen. Die Papierversion wurde an zwei Schulen in Sachsen-Anhalt und an zwei Universitäten eingesetzt. Alle Personen wurden vorher über Ziele und Umfang der Studie informiert und gaben vor dem Ausfüllen ihr schriftliches Einverständnis zur Studienteilnahme. Es bestand jederzeit die Möglichkeit, die Befragung ohne die Angabe von Gründen abzubrechen.

Messinstrumente

Der NEQ erfragt im ersten Teil anhand von vier Fragen mit einer 8‑stufigen Antwortskala die Traumerinnerungshäufigkeit, die Häufigkeit, mit der angenehme Träume und Alpträume erinnert werden, sowie die Häufigkeit von unangenehmen Träumen, die aber nicht zum Erwachen führen. Zudem wird mit zwei Fragen erhoben, wie oft (1- bis 2‑mal am Tag; 3‑ bis 6‑mal am Tag; mehr als 6‑mal am Tag) und wann am Tage (morgens, mittags, abends) an den Alptraum der Nacht zuvor gedacht wird. Im zweiten Teil werden 35 Items mit einem dichotomen Ja- oder-Nein-Antwortformat zu möglichen durch Alpträume verursachten Tagesbeeinträchtigungen dargeboten. Es werden unter anderem physiologische Symptome (z. B. „Am nächsten Tag, nachdem du/Sie einen Alptraum hattest/hatten, hast du/haben Sie Bauchschmerzen.“), Kognitionen (z. B. „Am nächsten Tag, nachdem du/Sie einen Alptraum hattest/hatten, machst du dir/machen Sie sich selber Vorwürfe oder hast/haben Schuldgefühle.“) oder Emotionen/Motivation (z. B. „Am nächsten Tag, nachdem du/Sie einen Alptraum hattest/hatten, bist du/sind Sie besorgt.“) abgefragt. In Tab. 1 sind weitere Beispielitems des NEQ aufgeführt. Insgesamt dauert die Beantwortung des NEQ ungefähr 5 min.

Tab. 1 Beispielitems des Nightmare Effects Questionnaire (NEQ) für alle Subskalen

Stichprobe

Insgesamt gaben 493 Personen ihr schriftliches Einverständnis zur Teilnahme an der Befragung und füllten den Fragebogen aus. Die Einschlusskriterien für die Datenauswertung waren 1) Alter zwischen 14 und 24 Jahren und 2) vollständige Angaben im NEQ, was zu einer Reduktion auf insgesamt 382 nutzbare Datensätze führte. In der Gesamtstichprobe waren 138 Männer (36,1 %) und 244 (63,9 %) Frauen. Das mittlere Alter lag bei M = 19,39 Jahren. 220 (57,6 %) der Teilnehmer besuchten die Schule, 149 (39 %) Teilnehmer absolvierten ein Studium, und für die restlichen 13 fehlten die entsprechenden Angaben. Der überwiegende Teil (59,4 %) der Befragten war Single, und 40,3 % lebten in einer Partnerschaft, mit einer durchschnittlichen Dauer von 20,3 Monaten.

Statistische Analyse

Anhand einer Hauptkomponentenanalyse mit obliquer Rotation (promax) wurde die dem NEQ unterliegende Faktorenstruktur ermittelt. Dieser Ansatz wurde gewählt, da ein intervallskaliertes Antwortformat für eine Hauptkomponentenanalyse keine notwendige Voraussetzung darstellt und diese somit für das dichotome Antwortformat des NEQ geeignet ist [9]. Um die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren festzulegen, wurden zum einen der Eigenwert der Faktoren (Eigenwertkriterium >1) und zum anderen der Scree-Plot untersucht. Nach der Extraktion der Faktoren wurden die Reliabilitäten der Gesamtskala und der einzelnen Faktoren ermittelt. Alle Berechnungen wurden mit dem Programm IBM SPSS Statistics Version 22 durchgeführt.

Ergebnisse

Insgesamt erinnerten sich 11,5 % der Teilnehmer täglich an ihre Träume, 29,3 % der Befragten 2‑ bis 3‑mal und 21,7 % einmal pro Woche, wobei sich 2,9 % weniger als 4‑mal pro Jahr und 3,7 % sogar nie an ihre Träume erinnern konnten. Die Verteilung für erinnerte Alpträume lag bei 2,1 % täglich, 7,3 % 2‑ bis 3‑mal pro Woche, 9,7 % einmal pro Woche, 18,6 % weniger als 4‑mal pro Jahr, und 16,8 % gaben an, sich nie zu erinnern. Die genaue Verteilung der Häufigkeiten für Träume allgemein, angenehme Träume, schlechte Träume ohne Erwachen und Alpträume ist in Tab. 2 dargestellt.

Tab. 2 Häufigkeiten von verschiedenen Arten von Träumen in der Gesamtstichprobe

Um eine aussagekräftige Faktorenstruktur zu erhalten, wurden, angelehnt an die DSM-5-Kriterien für eine Alptraumstörung, nur Personen mit mindestens einmal pro Woche vorkommenden Alpträumen in die Untersuchung der Faktorenstruktur des NEQ einschlossen. Somit wurden die Daten von 73 Personen ausgewertet. Der Kaiser-Meyer-Olkin-Koeffizient (KMO) dient der Prüfung, ob die ausgewählten Items eine Faktorenanalyse erlauben. In der vorliegenden Stichprobe lag der KMO = 0,763 im mittleren Bereich, sodass die Durchführung einer Faktorenanalyse gerechtfertigt ist [11]. Um die Anzahl der zu extrahierenden Faktoren zu bestimmen, wurde eine Hauptkomponentenanalyse ohne Rotation gerechnet. Nach dem Eigenwertkriterium >1 wäre eine Lösung mit 10 Faktoren induziert gewesen, was jedoch aufgrund der geringen Anzahl an Datensätzen und zuzuordnenden Items nicht geeignet schien. Der Scree-Plot (vgl. Abb. 1) war nicht ganz eindeutig und ließ auf eine 3‑ oder 6‑Faktoren-Lösung schließen. Nachdem beide Faktorenlösungen berechnet wurden, wurde die 6‑Faktoren-Lösung gewählt, da die Faktoren homogener und besser interpretierbar waren. Die 6 ermittelten Faktoren sind 1) Emotionsregulation, 2) Stress und Aggressivität, 3) Depression, 4) Aufmerksamkeit/Konzentration, 5) Angst und 6) Hyperaktivität. Da Item 13 (es fällt schwer, Entscheidungen zu treffen) ungünstige Werte zeigte und nicht zu Faktor 6 Hyperaktivität, auf dem es die höchste Faktorladung aufwies, passte, wurde Item 13 eliminiert und die Analyse erneut gerechnet. Die Zuordnung der Items zur Tagesbeeinträchtigung zu den einzelnen Faktoren wird in Tab. 3 dargestellt. Die Items wurden den Faktoren sowohl nach statistischen Kennwerten als auch nach inhaltlichen Gesichtspunkten zugewiesen, sodass nicht alle Items den Faktoren zugeordnet wurden, auf denen sie die höchsten Ladungen aufweisen.

Abb. 1
figure 1

Scree-Plot der Hauptkomponentenanalyse ohne Rotation

Tab. 3 Faktorladungen und Kommunalitäten der Tagesbeeinträchtigungen, Items und Reliabilitäten der einzelnen Faktoren

Nach der Zuordnung der Items zu den einzelnen Faktoren wurden die Reliabilitäten für die Gesamtskala und die einzelnen Faktoren ermittelt. Cronbach’s Alpha für die Gesamtskala liegt bei α = 0,929 und damit im sehr guten Bereich. Die Werte für die Faktoren liegen im guten bis sehr guten Bereich zwischen α = 0,746 und α = 0,863. Einzig der Faktor Hyperaktivität weist nur eine geringe Reliabilität von α = 0,658 auf. Die genaue Darstellung der Reliabilitätswerte der einzelnen Skalen können Tab. 3 entnommen werden.

Diskussion

Der Nightmare Effects Questionnaire (NEQ) wurde entwickelt, um Tagesauswirkungen von Alpträumen umfassend und differenziert zu erfassen und somit die vorhandene Lücke an detaillierten Fragebögen zur Erfassung der Tagesbeeinträchtigungen durch Alpträume bei Jugendlichen und Erwachsenen zu schließen.

Die Reliabilität des NEQ in dieser Piloterhebung erwies sich als sehr gut mit einem Cronbach’s α = 0,929 für die Gesamtskala sowie für die einzelnen Faktoren Reliabilitätswerte im guten bis sehr guten Bereich zwischen α = 0,746 und α = 0,863, wobei der Faktor Hyperaktivität eine mäßige Reliabilität von α = 0,658 aufweist. Die nur mäßige Reliabilität des Faktors Hyperaktivität kann verschiedene Ursachen haben. Eine mögliche Erklärung könnte die geringe Anzahl von nur drei Items sein, die den Faktor Hyperaktivität bilden, oder die geringen Faktorladungen der Items auf den Faktor Hyperaktivität. Dies müsste in einer weiteren Erhebung geprüft werden.

Anforderungen an ein umfassendes Erhebungsinstrument

Alpträume können umfangreiche Auswirkungen auf das Befinden der betroffenen Personen haben. Zu diesen Auswirkungen zählen unter anderem schlechtere Schul- bzw. Unileistungen und vermehrt psychische Probleme bei Schülern und Studenten [20, 26]. Zusätzlich sind Alpträume ein Risikofaktor für eine eingeschränkte psychische Gesundheit, vor allem auch in den Bereichen Ängste, Depression und Stress [5, 7, 12, 15, 16, 20, 27], und können auch zu einer erhöhten Suizidneigung führen [17]. Aufgrund der doch sehr ausgedehnten Auswirkungen von Alpträumen auf das Befinden ist es notwendig, auch möglichst umfassend die verschiedenen Erlebens- und Verhaltensbereiche, die möglicherweise betroffen sein können, zu erfassen, um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten.

Der NEQ gibt eine kurze Definition für Alpträume und schlechte Träume und erfasst neben den Häufigkeiten für verschiedene Traumarten auch die physiologischen, kognitiven, motivationalen und emotionalen Auswirkungen der Alpträume. Diesbezüglich stellt der NEQ ein Instrument dar, das den oben genannten Anforderungen gerecht wird, und bildet sowohl Erlebens- als auch Verhaltensbereiche ab.

Vergleich zwischen NEQ und anderen Erhebungsinstrumenten

Der Nightmare Frequency Questionnaire (NFQ) von Krakow und Kollegen [13, 14] distinguiert im Gegensatz zum NEQ nicht zwischen Alpträumen und schlechten Träumen, sondern erfasst diese gemeinsam in nur einem Item. Dadurch entsteht eine deutliche Unschärfe, da Alpträume per Definitionem zum Erwachen führen müssen, um als solche auch als Störung diagnostiziert werden zu können [2, 21]. In einer Studie von Zadra und Donderi [27] zeigte sich beispielsweise, dass schlechte Träume geringer mit dem Wohlbefinden der Studienteilnehmer korrelieren als die Alptraumhäufigkeit. In zukünftigen Studien könnte und sollte dieser Zusammenhang mithilfe des NEQ genauer untersucht werden, um somit auch qualitativ hochwertige und umfassende Ergebnisse zu generieren, die weitere Kenntnisse über die Zusammenhänge von Alpträumen und Alptraumbelastungen ermöglichen.

Mit dem Nightmare Effects Survey (NES) [13] kann das Ausmaß der Alptraumauswirkungen auf 11 verschiede Lebensbereiche erfasst werden. Mit dem Fragebogen wird jedoch nicht die gesamte Bandbreite der möglichen Alptraumauswirkungen erfasst.

Ähnliches gilt für den Nightmare Distress Questionnaire (NDQ) [6, 8], welcher mit seinen Faktoren „Allgemeiner Alptraumdistress“, „Auswirkungen auf Schlaf“ und „Auswirkungen auf Tagesrealitätswahrnehmung“ zwar deutlich umfassender konstruiert wurde und ebenfalls hauptsächlich kognitive, motivationale und emotionale Einflüsse von Alpträumen erfragt. Um ein vollständiges Bild der Alptraumauswirkungen zu bekommen, sollten jedoch auch die physiologischen Auswirkungen mit erfasst werden. Dieser Bereich wird im NEQ ebenfalls mit erhoben und berücksichtigt. Somit erweitert der NEQ im Vergleich zu den bisher verfügbaren Messinstrumenten die Möglichkeiten, mit einem kurzen und reliablen Fragebogen ein genaueres und umfassendes Bild der Auswirkungen von Alpträumen auf das Tagesbefinden von Jugendlichen und Erwachsenen zu erhalten, als es bisher möglich war.

Limitationen der Studie

Die vorliegende Studie weist ebenfalls einige Einschränkungen auf. Die Faktorenstruktur konnte nur an einer kleinen Stichprobe von 73 Teilnehmern mit regelmäßigen Alpträumen untersucht werden. Um validere Ergebnisse für die Faktorenstruktur zu generieren, ist eine größere Stichprobe notwendig. Die einbezogene Altersspanne von 14 bis 24 Jahren stellt ebenfalls eine Einschränkung für die Aussagekraft des NEQ dar. Um eine Nutzung des NEQ auch bei älteren Personen rechtfertigen zu können, sollte die einbezogene Altersspanne vergrößert werden. Bei der Untersuchung der Kennwerte für die einzelnen Items ist zudem erkennbar geworden, dass einige Items gegebenenfalls eindeutiger formuliert werden sollten, um noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Diese Aspekte sollten in nachfolgenden Studien berücksichtigt werden. Außerdem wurden keine weiteren Daten zu anderen Problembereichen erhoben, sodass keine Prüfung der Validität der einzelnen Skalen möglich war. Dies sollte in folgenden Studien ebenfalls beachtet werden.

Ausblick

Um die Reliabilität und Validität des NEQ weiter zu evaluieren und zu verbessern, ist es in einem nächsten Schritt empfehlenswert einige Items neu bzw. umzuformulieren. Im Zuge dessen sollte gegebenenfalls auch eine direkte Frage zum durch Alpträume verursachten Distress implementiert werden. Dies würde die Aussagekraft des NEQ erweitern, da dann das Spektrum der Tagesbeeinträchtigungsitems um diesen Faktor erweitert wird und dieser zusätzlich direkt abgefragt wird. Weiterhin sollte das dichotome Antwortformat überdacht werden. Um ein genaueres Maß für die Stärke des verursachten Distress auf den einzelnen Skalen zu erhalten, könnte auch ein gestuftes Antwortformat in Betracht gezogen werden. Der Einbezug anderer gängiger und reliabler Messinstrumente, die die Bereiche der einzelnen Faktoren erheben, sind in einer nächsten Erhebung ebenfalls zu implementieren, um auch die Validität des NEQ prüfen zu können. In weiteren Studien sollte darüber hinaus unbedingt eine größere Stichprobe mit einer größeren Altersspanne in der Normalbevölkerung erhoben werden, um so ein valides und reliables Messinstrument für die Gesamtbevölkerung zu haben.

Fazit für die Praxis

Der NEQ weist gute bis sehr gute psychometrische Kennwerte auf. Daher kann er als ein gut einsetzbares Instrument sowohl für die Forschung als auch für die Praxis angesehen werden, um umfassend die Auswirkungen von Alpträumen auf das Tagesbefinden von Jugendlichen und Erwachsenen zu erfassen und somit sowohl zur Diagnostik als auch zur Therapieerfolgserfassung beitragen.